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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.11.2003
Aktenzeichen: 1Z BR 92/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1960
Die Anordnung einer Nachlasspflegschaft kann gerechtfertigt sein, wenn das Nachlassgericht es für geboten erachtet, wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles (hier: gewaltsamer Tod des Erblassers und strafrechtliche Ermittlungen gegen die als Alleinerbin eingesetzte Ehefrau) vor der Erteilung des Erbscheins andere möglicherweise als Erben in Betracht kommende Personen zu ermitteln und anzuhören.
Gründe:

I.

Der kinderlose Erblasser verstarb am 28.3.2003 im Alter von 76 Jahren an den Folgen der Verletzungen, die ihm am 5.1.2003 bei einem Überfall in seiner Wohnung durch Misshandlungen zugefügt worden waren. Er war von seiner ersten Ehefrau geschieden und seit 1996 in zweiter Ehe mit der 1971 geborenen Beteiligten verheiratet.

Der Erblasser hinterließ zwei handschriftlich verfasste und eigenhändig unterschriebene Testamente. In seinem Testament vom 8.11.1980 bestimmte der damals in erster Ehe verheiratete Erblasser für den Fall, dass er zusammen oder nach seiner Frau stirbt, zu Alleinerben seines gesamten Vermögens namentlich genannte Verwandte mütterlicherseits und väterlicherseits. Im Testament vom 19.9.1998 setzte er seine (zweite) Ehefrau, die Beteiligte, zu seiner "alleinigen und ausschließlichen Erbin" ein.

Die Beteiligte wurde im April 2003 in Untersuchungshaft genommen. Der Haftbefehl vom 11.4.2003 wurde zunächst auf den dringenden Tatverdacht der Anstiftung zum Raub mit Todesfolge zum Nachteil ihres verstorbenen Ehemannes gestützt: Die Beteiligte sei im Frühjahr 2002 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und habe sich seitdem mit ihrem neuen Lebensgefährten überwiegend in Marbella/Spanien aufgehalten. Der Verstorbene habe ihr keine Geldmittel mehr zur Verfügung gestellt und sich mit Scheidungsgedanken getragen. Die Beteiligte habe befürchtet, dass sie nicht mehr als Erbin des Vermögens ihres Ehemannes bedacht werden würde, und habe deshalb von ihrem damaligen Aufenthaltsort die zur Durchführung des Überfalls erforderlichen Informationen weitergegeben.

Mit Beschluss vom 1.7.2003 verwarf das Landgericht die Beschwerde der Beteiligten gegen die Haftfortdauer als unbegründet mit der Maßgabe, dass die Beteiligte nunmehr dringend verdächtig sei, mit anderen gemeinschaftlich handelnd eine Nötigung und eine Körperverletzung mit Todesfolge sowie versuchten Versicherungsmissbrauch begangen zu haben. Die Beteiligte habe den Entschluss gefasst, den in ihrem Eigentum stehenden und auf sie zugelassenen Pkw Daimler Benz SL 500 einer international operierenden Autoschieberbande zu überlassen, um dieses Fahrzeug anschließend bei der Versicherung als gestohlen zu melden und die ausgekehrte Versicherungssumme für sich zu verbrauchen. Nachdem sich ihr Ehemann nachdrücklich geweigert habe, das bei ihm abgestellte Fahrzeug nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugbrief herauszugeben, habe die sich in finanzieller Bedrängnis befindliche Beteiligte den Plan gefasst, das Fahrzeug nebst Schlüssel ihrem Ehemann unter Androhung und gegebenenfalls auch Anwendung von Gewalt abnehmen zu lassen. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat die weitere Haftbeschwerde der Beteiligten mit Beschluss vom 5.8.2003 verworfen.

Am 29.4.2003 beantragte die Beteiligte die Erteilung eines Alleinerbscheins. Gleichzeitig erklärte sie für den Fall, dass das Gericht den Erbschein nicht zeitnah erteilen könne, ihr Einverständnis mit der Errichtung einer Nachlasspflegschaft, soweit - was für diesen Fall ausdrücklich beantragt werde - ihr Steuerberater zum Nachlasspfleger bestellt werde.

Der Nachlassrichter unterzeichnete den vom Rechtspfleger vorbereiteten Bewilligungsbeschluss nebst Erbschein nicht. Er leitete die Akten am 29.4.2003 an den Rechtspfleger mit dem Bemerken zurück, dass ein Erbschein seines Erachtens derzeit nicht erteilt werden könne. Im Hinblick auf den gegen die Beteiligte erhobenen Tatvorwurf (damals: Anstiftung zum Raub mit Todesfolge) sei es notwendig, die anderen möglichen Erben zum Erbscheinsantrag zu hören. Er bitte den Rechtspfleger daher um Feststellung der Personen, die außer der Beteiligten als Erben in Betracht kämen, und um Anhörung dieser Personen. Erst nachdem diesen rechtliches Gehör gewährt worden sei, werde ein Erbschein zu erteilen sein. Gegebenenfalls werde der Rechtspfleger um Bestellung eines Nachlasspflegers gebeten, wenn dies zur Verhinderung von Schäden für den Nachlass notwendig sein sollte.

Noch am gleichen Tag ordnete der Rechtspfleger des Nachlassgerichts Nachlasspflegschaft mit den Aufgabenkreisen "Sicherung und Verwaltung des Nachlasses" und "Ermittlung der Erben" an; zum Nachlasspfleger wurde nicht der Steuerberater der Beteiligten, sondern Rechtsanwalt Dr. G. bestellt. In den Gründen des Anordnungsbeschlusses wird unter anderem auf die richterliche Verfügung, wonach derzeit kein Erbschein erteilt werden könne, Bezug genommen.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 9.5.2003 legte die Beteiligte Beschwerde gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft sowie gegen die Nichterteilung des Erbscheins ein. Das Landgericht verwarf die Beschwerde mit Beschluss vom 18.9.2003 als unzulässig, soweit sie gegen die Nichterteilung des Erbscheins gerichtet ist, und wies die Beschwerde im Übrigen als unbegründet zurück. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte ihr Ziel weiter, dass die Nachlasspflegschaft aufgehoben und der beantragte Alleinerbschein erteilt wird. Der gegen die Beteiligte gerichtete Haftbefehl wurde zwischenzeitlich unter Auflagen außer Vollzug gesetzt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die gegen die "Nichterteilung des Erbscheins" gerichtete Beschwerde sei unzulässig. Die angegriffene Verfügung stelle nur eine Zwischenentscheidung dar, durch die der Erbschein nicht abgelehnt, sondern nur der Rechtspfleger beauftragt worden sei, weitere Ermittlungen anzustellen und den Nachlass zu sichern. Derartige das Verfahren nicht abschließende Zwischenentscheidungen seien nur in Ausnahmefällen anfechtbar, etwa wenn sie bereits in nicht unerheblichem Maße in die Rechtssphäre Beteiligter eingriffen, einen nicht nur vorübergehenden rechtlichen Nachteil brächten oder eine greifbare Gesetzesverletzung darstellten; ein solcher Ausnahmefall liege nicht vor. Soweit sich die Beschwerde gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft richte, sei sie unbegründet. Vor Erteilung des Erbscheins sei das Ergebnis der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen abzuwarten. Zwar würde der derzeit erhobene Tatvorwurf, aufgrund dessen die Beschwerdeführerin sich in Untersuchungshaft befinde, nicht zur Erbunwürdigkeit führen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass die Ermittlungen letztlich einen schwereren Tatvorwurf - und damit gegebenenfalls das Vorliegen eines Erbunwürdigkeitsgrundes - ergäben.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Zutreffend hat das Landgericht die Beschwerde als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die "Nichterteilung des Erbscheins" richtet. Diesbezüglich liegt keine mit der Beschwerde anfechtbare Verfügung des Nachlassgerichts vor.

aa) Nach § 19 Abs. 1 FGG findet gegen die Verfügungen des Gerichts erster Instanz das Rechtsmittel der Beschwerde statt. Verfügungen im Sinne dieser Vorschrift sind Entscheidungen mit Außenwirkung, die ein Verfahren oder einen Abschnitt innerhalb einer anhängigen Angelegenheit abschließen (Endentscheidungen). Im Gegensatz dazu sind bloß vorbereitende Verfügungen (Zwischenentscheidungen, verfahrensleitende Verfügungen) grundsätzlich der Anfechtung entzogen, soweit sie nicht in erheblicher Weise in die Rechtssphäre Beteiligter eingreifen (vgl. Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 19 Rn. 2). Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht zutreffend ausgegangen.

bb) Über den Erbscheinsantrag der Beteiligten hat das Nachlassgericht bislang nicht entschieden. Vielmehr hat der Nachlassrichter die Akten an den Rechtspfleger mit der Bitte um Feststellung und Anhörung der als Erben in Betracht kommenden Personen und gegebenenfalls Bestellung eines Nachlasspflegers zurückgeleitet. Die Würdigung des Landgerichts, dass dies weder eine Endentscheidung noch eine in die Rechte der Beteiligten erheblich eingreifende Zwischenentscheidung darstellt, ist nicht zu beanstanden.

(1) Zu Unrecht meint die weitere Beschwerde unter Hinweis auf Bl. 54 und 55 der Nachlassakte, der Nachlassrichter habe am 29.4.2003 sowohl einen Beschluss (Bl. 54) als auch eine Verfügung (Bl. 55) erlassen. Auf Bl. 54 befindet sich der vom Rechtspfleger vorbereitete Entwurf des Bewilligungsbeschlusses. Dieser ist vom Richter gerade nicht erlassen, sondern durchgestrichen worden. Die Durchstreichung ist handschriftlich erläutert: "Eine Bewilligung erfolgt derzeit nicht. Vgl. anliegende Verf.". Hierbei handelt es sich - auch wenn die Überschrift "Beschluss" stehen geblieben ist, die sich aber auf die vorbereitete Bewilligung bezog - nicht um einen Beschluss, sondern um einen gerichtsinternen Hinweis an den Rechtspfleger; denn eine Verfügung des Richters, dass Ausfertigungen dieses "Beschlusses" den Beteiligten mitzuteilen seien, wie dies im Falle eines Beschlusses geboten gewesen wäre (§ 16 FGG), findet sich nirgends. Tatsächlich wurde der handschriftliche Vermerk nicht an die Parteien hinausgegeben; er wurde der Rechtsbeschwerdeführerin später durch Akteneinsicht bekannt. Ein gerichtsinterner Vermerk wird aber nicht dadurch zum Beschluss, dass ein Verfahrensbeteiligter im Wege der Akteneinsicht von ihm Kenntnis erlangt.

(2) Ohne Erfolg macht die weitere Beschwerde auch die Anfechtbarkeit der Verfügung auf Bl. 55 der Nachlassakte geltend. Deren Adressat ist allein der Rechtspfleger, an den der Nachlassrichter die Akten mit Hinweisen für das weitere Verfahren zurückgibt. Eine Hinausgabe an Personen außerhalb des Gerichts hat der Nachlassrichter - auf dessen Willen als Verfasser der Verfügung es insoweit ankommt - auch hier nicht verfügt. Erst der Rechtspfleger hat die Verfügung im Zusammenhang mit seinem Beschluss über die Anordnung der Nachlasspflegschaft der Beteiligten mitgeteilt, und zwar ersichtlich deshalb, weil er in der Begründung seines Beschlusses auf diese Verfügung Bezug nimmt. Sie wurde den Beteiligten somit als Teil der Begründung des - ebenfalls angefochtenen - Anordnungsbeschlusses bekannt gegeben und unterliegt insoweit im Rahmen des gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft gerichteten Beschwerdeverfahrens ohnehin der Überprüfung. Für eine isolierte Anfechtbarkeit dieser Verfügung besteht daher auch gar kein Bedürfnis. Soweit die Rechtsbeschwerdeführerin auf durch die Nachlasspflegschaft entstehende Vermögensverluste hinweist, wäre eine darin liegende Beeinträchtigung ihrer Rechtsposition Folge der Anordnung der Nachlasspflegschaft, gegen die sie sich im Beschwerdewege wehren kann und gewehrt hat. Schließlich stellt die an den Rechtspfleger gerichtete Verfügung des Nachlassrichters auch nicht eine Aussetzung des Erbscheinsverfahrens oder eine der Aussetzung nahe kommende Entscheidung dar, wie die weitere Beschwerde meint. Die Verfügung des Nachlassrichters hat die Vornahme von - für geboten erachteten - Ermittlungen und Anhörungen im Erbscheinsverfahren zum Gegenstand, zielt also auf verfahrensfördernde Aktivitäten des Nachlassgerichts selbst und nicht auf das eine Aussetzung kennzeichnende Abwarten des Ergebnisses eines anderweitigen Verfahrens. Soweit die Vorinstanzen an anderer Stelle ein Abwarten des Ermittlungs- und Strafverfahrens gegen die Beteiligte in Erwägung ziehen, wird dies nachfolgend im Rahmen des gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft gerichteten Beschwerdeverfahrens zu würdigen sein.

b) Die weitere Beschwerde hat im Ergebnis auch insoweit keinen Erfolg, als das Landgericht die Beschwerde gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft zurückgewiesen hat.

aa) Gemäß § 1960 Abs. 1 und 2 BGB kann das Nachlassgericht für den unbekannten Erben einen Nachlasspfleger bestellen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass der Erbe auch dann unbekannt ist, wenn mehrere Erben in Betracht kommen und sich der Tatrichter nicht ohne weitere umfangreiche Ermittlungen davon überzeugen kann, wer Erbe ist. Das wird insbesondere dann angenommen, wenn Streit über die Testierfähigkeit des Erblassers und damit über die Gültigkeit eines Testaments besteht (BayObLG FamRZ 1996, 308 m.w.N.), aber etwa auch, wenn eine letztwillige Verfügung gemäß §§ 2078 ff. BGB angefochten oder eine Erbunwürdigkeitsklage erhoben worden ist (vgl. BayObLGZ 2002, 73/75 = NJW-RR 2002, 1159;KG Recht 1929 Nr. 2004; Staudinger/ Marotzke BGB 2000 § 1960 Rn. 8, 10; MünchKomm/Leipold BGB 3. Aufl. § 1960 Rn. 14). Dagegen gibt die bloße Anfechtbarkeit des Erbschaftserwerbs nach §§ 2078 ff. oder §§ 2340 ff. BGB, solange die Anfechtung nicht tatsächlich erfolgt ist, grundsätzlich keinen Anlass zu Maßnahmen nach § 1960 BGB (vgl. BayObLGZ 2002, 73/77, auch zu möglichen Ausnahmen aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls).

bb) Nach diesen Grundsätzen stellt die - auch bereits vom Nachlassrichter in der Nichtabhilfeentscheidung geäußerte - Auffassung des Landgerichts, vor Erteilung des Erbscheins sei das Ergebnis der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen abzuwarten, nach derzeitigem Sachstand keine hinreichende Begründung für die Anordnung der Nachlasspflegschaft dar. Das Ermittlungsverfahren gegen die Beteiligte wird, wie das Landgericht richtig gesehen hat, nicht wegen eines Delikts geführt, das nach § 2339 BGB zur Erbunwürdigkeit führen könnte. Die Erwägung des Landgerichts, es sei nicht ausgeschlossen, dass die Ermittlungen letztlich auch einen schwereren Tatvorwurf und damit gegebenenfalls das Vorliegen eines Erbunwürdigkeitsgrundes ergeben können, ist rein hypothetisch. Die vom Landgericht zitierte Entscheidung des Senats in BayObLGZ 2002, 73 betraf einen Sachverhalt, in dem gegen die Erbprätendentin ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Tötung des Erblassers (§ 211 StGB) geführt und eine Anfechtungsklage wegen Erbunwürdigkeit ernsthaft angekündigt worden war; eine vergleichbare Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Niemand hat bisher einen Erbunwürdigkeitsgrund geltend gemacht. Ebenso wenig wurde bisher das Testament von 1998 etwa wegen Irrtums des Erblassers (§ 2078 BGB) angefochten, noch auch nur das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes behauptet. Anfechtungsberechtigt wäre im Übrigen nur, wem die Aufhebung des Testaments von 1998 unmittelbar zustatten kommen würde (§ 2080 Abs. 1 BGB). Sollte bei Wegfall des Testaments von 1998 gesetzliche Erbfolge eintreten, liefe dies wiederum auf die Beteiligte als gesetzliche Alleinerbin hinaus (§ 1931 Abs. 2 BGB).

cc) Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis gleichwohl der rechtlichen Nachprüfung stand, wenn auch mit anderer Begründung. Die Anordnung der Nachlasspflegschaft beruht darauf, dass der Nachlassrichter die Erteilung des Erbscheins zurückgestellt hat, damit zunächst andere möglicherweise als Erben in Betracht kommende Personen - Verwandte des Erblassers, die bei etwaigem Wegfall der Beteiligten gesetzliche Erben wären - ermittelt und angehört werden. Die Verfügung des Nachlassrichters, auf die der Beschluss über die Anordnung der Nachlasspflegschaft Bezug nimmt, sieht des weiteren vor, dass anschließend ein Erbschein erteilt wird. Davon, dass die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Beteiligte abgewartet werden müssten, ist weder in der Verfügung des Nachlassrichters noch in dem die Nachlasspflegschaft anordnenden Beschluss des Rechtspflegers die Rede.

Diese Vorgehensweise des Nachlassgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Erblasser ist durch Gewalteinwirkung zu Tode gekommen, seine testamentarisch zur Alleinerbin eingesetzte Ehefrau wird verdächtigt, in die Geschehnisse verwickelt zu sein, und nach dem Inhalt des Haftbefehls vom 11.4.2003 soll sich der Erblasser mit Scheidungsgedanken getragen haben. Bei dieser Sachlage stellt es keinen Rechtsverstoß dar, dass das Nachlassgericht die Entscheidung über den Erbscheinsantrag zurückgestellt hat, um anderen möglichen Erbprätendenten zumindest rechtliches Gehör zu gewähren. Es konnte die Anordnung der Nachlasspflegschaft darauf stützen, dass der Erbe im seinerzeitigen Verfahrensstadium zunächst noch unbekannt war und dass in diesem Fall für den umfangreichen Nachlass, wie von der Beteiligten nicht in Frage gestellt wird, ein Sicherungsbedürfnis bestand.

Jedenfalls bis zum für den Senat im Verfahren der weiteren Beschwerde maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts als letzter Tatsacheninstanz hat sich an dieser Situation auch nichts Wesentliches geändert. Das Nachlassgericht wird jedoch bei der Frage, ob die Nachlasspflegschaft auch in Zukunft aufrechtzuerhalten ist, zu beachten haben, dass gegen die Alleinerbenstellung der Beteiligten sprechende Umstände nach nunmehrigem Sachstand nicht zutage getreten sind. Diejenigen Personen, die ohne Berücksichtigung der Beteiligten zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören und sich bereits dem Nachlassgericht gegenüber geäußert haben, haben nichts vorgebracht, was die Alleinerbenstellung der Beteiligten zu erschüttern geeignet wäre.

3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht; wer die Gerichtskosten zu tragen hat, ergibt sich unmittelbar aus der Kostenordnung.

Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde bemisst sich nach dem von der Beteiligten verfolgten Interesse, unter Aufhebung der Nachlasspflegschaft einen Alleinerbschein zu erhalten. Der Nachlasswert wurde zunächst mit 2 Mio. EUR angegeben; der Rechtspfleger hält diesen Wert für zu niedrig und hat weitere Auskünfte erbeten. Bei dieser Sachlage setzt der Senat den Geschäftswert vorläufig auf 2 Mio. EUR fest. Zu Unrecht hat sich das Landgericht gemäß § 30 Abs. 2 Satz 2 KostO gehindert gesehen, für das dortige Beschwerdeverfahren einen höheren Wert als 500.000 EUR festzusetzen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift, dass keine genügenden Anhaltspunkte für eine Schätzung bestehen, liegen nicht vor. Wenn die durch den Steuerberater der Eheleute sachkundig beratene Ehefrau den Wert des Nachlasses selbst mit 2 Mio. EUR angibt, und der Rechtspfleger dies anhand einer ersten groben Vermögensübersicht als zu niedrig ansieht, so bestehen hinreichende Anhaltspunkte, den Wert vorläufig auf (mindestens) 2 Mio. EUR zu schätzen. Die Wertfestsetzung des Landgerichts war entsprechend von Amts wegen zu ändern.



Ende der Entscheidung

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