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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.11.2004
Aktenzeichen: 1Z BR 97/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2353
BGB § 2077 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1565 Abs. 1
Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung, weil zum Todeszeitpunkt die Voraussetzungen für eine Ehescheidung vorgelegen haben.
Gründe:

I.

Der verheiratete Erblasser ist am 8.1.2004 im Alter von 60 Jahren in Würzburg kinderlos verstorben. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Schwestern des Erblassers, die Beteiligte zu 3 seine Ehefrau, die Beteiligten zu 4 bis 10 sind die Kinder des vorverstorbenen Bruders des Erblassers. In dem am 22.7.1989 errichteten privatschriftlichen Testament setzte der Erblasser die Beteiligte zu 3 als alleinige Erbin seines gesamten Vermögens ein. Weitere Anordnungen enthielt das Testament nicht.

Der Erblasser und die Beteiligte zu 3 haben am 13.6.1986 die Ehe geschlossen und lebten seit dem 5.6.2002 dauerhaft getrennt. Die Beteiligte zu 3 stellte mit Schriftsatz vom 11.7.2003 beim Amtsgericht Ansbach Antrag auf Scheidung der Ehe und nahm diesen Antrag am 13.11.2003 wieder zurück. Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Erblassers vom 19.11.2003, der Beteiligten zu 3 am 26.11.2003 zugestellt, beantragte der Erblasser seinerseits die Ehescheidung beim Amtsgericht Ansbach.

Die Beteiligte zu 3 hat die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt. Sie ist der Auffassung, dass der Erblasser seinem Prozessbevollmächtigten keine Vollmacht und keinen Auftrag zur Einleitung eines Ehescheidungsverfahrens erteilt hätte.

Das Amtsgericht Ansbach - Nachlassgericht - hat mit Beschluss vom 23.3.2004 die Erteilung eines Erbscheins angekündigt, wonach der Erblasser von den Beteiligten zu 1 und zu 2 zu je 1/3 und von den sieben Abkömmlingen des vorverstorbenen Bruders zu je 1/21 beerbt worden ist.

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen diesen Beschluss hat das Landgericht mit Beschluss vom 12.8.2004 den amtsgerichtlichen Vorbescheid aus formalen Gründen aufgehoben; den Antrag der Beteiligten zu 3 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren hat es zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3, mit der sie ihren Antrag auf Erteilung eines Alleinerbscheins weiterverfolgt.

II.

Das Rechtsmittel ist, soweit es sich gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe in Ziffer III des angegriffenen Beschlusses richtet, unzulässig; im Übrigen ist es zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe durch das Landgericht, das hier als Beschwerdeinstanz tätig geworden ist, kommt nur das Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde in Betracht. Diese ist aber nur dann gegeben, wenn sie das Landgericht in seinem Beschluss zugelassen hat (§ 14 FGG, §§ 127, 574 Abs.1 Nr.2 ZPO; vgl. BGH Report 2004, 838; BayObLGZ 2002, 147; Keidel/Zimmermann FGG 15. Aufl. § 14 Rn. 34). Das ist hier nicht der Fall. Gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe durch das Landgericht ist daher kein Rechtsmittel statthaft.

Soweit sich die weitere Beschwerde gegen die Hauptsacheentscheidung des Landgerichts richtet, ist die weitere Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Vorbescheid des Amtsgerichts hat stillschweigend zugleich auch die Ankündigung enthalten, dass der Antrag auf Erteilung eines Alleinerbscheins der Beteiligten zu 3 abgelehnt wird; diese stillschweigende Ankündigung ist als Verfahrensgegenstand beim Landgericht angefallen (vgl. Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 19 Rn. 15a; BayObLGZ 1981, 60/70). Die Beteiligte zu 3 hat mit ihrer Beschwerde gegen den Vorbescheid das Ziel verfolgt, einen Alleinerbschein zu erhalten. Daher ist ihre Beschwerde dahin auszulegen, dass sie zum einen die Aufhebung des Vorbescheids und zum anderen die Anweisung des Landgerichts an das Amtsgericht erreichen wollte, den Alleinerbschein zu erteilen. Diesem letzteren Begehren ist das Landgericht nicht nachgekommen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 3 dieses Begehren weiter.

2. In der Sache hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Da die Beteiligten zu 1 bis 2 und 4 bis 10 keinen Erbscheinsantrag gestellt haben, hätte das Amtsgericht in dem angekündigten Erbschein nicht diese Beteiligten als Erben benennen dürfen. Jedoch sei die Beteiligte zu 3 nicht Erbin geworden. Das zu ihren Gunsten errichtete Testament sei deswegen unwirksam, weil zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung seiner Ehe mit der Beteiligten zu 3 vorgelegen hätten und der Erblasser die Scheidung beantragt habe. Nach Zeugeneinvernahme stehe fest, dass der Erblasser seinem Prozessbevollmächtigten Vollmacht und Auftrag zur Stellung eines Scheidungsantrages erteilt habe.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) im Ergebnis stand. Seine Würdigung, die Beteiligte zu 3 sei nicht Erbin geworden, ist nicht zu beanstanden.

a) Soweit das Landgericht den Vorbescheid des Amtsgerichts aus formalen Gründen aufgehoben hat, ist die Beteiligte zu 3 nicht beschwert; ihr Rechtsmittel wendet sich auch gegen die Entscheidung insoweit nicht. Das Landgericht hat aber im Übrigen zutreffend darauf abgestellt, dass die Erbscheinserteilung einen bestimmten Antrag unter genauer Bezeichnung des beanspruchten Erbrechts gemäß § 2353 BGB voraussetzt.

b) Die Würdigung des Landgerichts, die Beteiligte zu 3 sei nicht Erbin geworden, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht angenommen, dass die letztwillige Verfügung des Erblassers vom 22.7.1989, durch die der Erblasser die Beteiligte zu 3 als Alleinerbin eingesetzt hatte, gemäß § 2077 Abs.1 Satz 2 BGB unwirksam ist. Zum Todeszeitpunkt des Erblassers lagen die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe des Erblassers mit der Beteiligten zu 3 vor, da die Lebensgemeinschaft der Ehegatten seit 5.6.2002 nicht mehr bestand und nicht erwartet werden konnte, dass die Ehegatten diese wiederherstellen ( § 1565 Abs. 1 BGB), was sich u.a. auch aus der entschieden erklärten Scheidungsabsicht des Erblassers und dem zwischen den Parteien geführten Trennungsunterhaltsverfahren ergibt. Ferner ist das Landgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Erblasser wirksam die Ehescheidung beantragt hat: Die vom Landgericht vorgenommene Würdigung der Zeugenaussage des Rechtsanwalts und die daraus resultierende Schlussfolgerung, dass keine Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmachts- und Auftragserteilung durch den Erblasser zur Durchführung des Scheidungsverfahrens bestehen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere hat für das Landgericht kein Anlass bestanden, zusätzlich noch ein graphologisches Gutachten zu erholen. Im Übrigen wäre die Prozessvollmacht auch wirksam, wenn sie nur mündlich erteilt worden wäre (vgl. BGHZ 40, 197/203; Thomas/Putzo ZPO 26. Aufl. § 80 Rn.3).

3. Wer die Gerichtskosten zu tragen hat, ergibt sich unmittelbar aus der Kostenordnung; hierzu bedarf es keiner Entscheidung. Die Anordnung der Kostenerstattung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG. Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf den Wert des reinen Nachlasses in Höhe von 200.000 EURO festgesetzt gemäß §§ 30 Abs.1, 131 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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