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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Urteil verkündet am 25.11.2003
Aktenzeichen: 1Z RR 6/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GVG, VwZVG, KAG, AO


Vorschriften:

BGB § 839
ZPO § 717 Abs. 2
ZPO § 788 Abs. 2
GVG § 17 Abs. 2
GVG § 17a Abs. 5
VwZVG Art. 26 Abs. 7 Satz 1
VwZVG Art. 28
KAG Art. 10 Nr. 2
KAG Art. 13 Abs. 1 Nr. 1.b
KAG Art. 13 Abs. 1 Nr. 2.b
KAG Art. 13 Abs. 1 Nr. 5.a
KAG Art. 13 Abs. 1 Nr. 5.b
KAG Art. 13 Abs. 1 Nr. 5.dd
AO § 3 Abs. 4
AO § 37 Abs. 2
AO § 218
AO § 227
AO § 240
1. Werden auf Grund eines angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheids im Vollstreckungsverfahren auch Säumniszuschläge und eine Mahngebühr gezahlt, so können die Säumniszuschläge und die Mahngebühr nach Aufhebung des Erschließungsbeitragsbescheids nicht als Schadensersatz analog § 717 Abs. 2 ZPO zurückgefordert werden.

2. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch umfasst in einem solchen Fall nicht auch die Säumniszuschläge und die Vollstreckungskosten.

3. Zur Frage, inwieweit § 17 Abs. 2 GVG es erfordert und ermöglicht, den im Zivilrechtsweg - auf Grund von Rechtsgrundlagen, für die der Zivilrechtsweg gegeben ist - geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung von Säumniszuschlägen und Vollstreckungskosten auch hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlagen zu prüfen.


Tatbestand:

Die Beklagte, eine Stadt, zog den Kläger als Grundstückseigentümer mit Bescheid vom 10.11.1994 zu einer - einen Monat nach Zustellung des Bescheids fällig werdenden - Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 89.028,75 DM heran. Der Kläger erhob gegen den Vorausleistungsbescheid mit Schreiben vom 12.12.1994 Widerspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wies die Beklagte mit Bescheid vom 24.1.1995 zurück. Auch das verwaltungsgerichtliche Verfahren zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO hatte in zwei Instanzen keinen Erfolg. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 2.4.1996 die Zahlung der Vorausleistung - nebst einer Mahngebühr von 890,20 DM und Säumniszuschlägen für die Zeit vom 17.12.1994 bis 17.4.1996 in Höhe von 14240 DM - angemahnt und mit Schreiben vom 2.5.1996 die Zwangsvollstreckung angedroht hatte, falls der Kläger nicht den Vorausleistungsbetrag, die Mahngebühr und die Säumniszuschläge - von nunmehr 15130 DM -, insgesamt 105048,95 DM bis 9.5.1996 zahlen würde, überwies der Kläger am 19.2.1997 105048,95 DM "unter Vorbehalt".

Den Widerspruch des Klägers wies das Landratsamt mit Bescheid vom 12.8.1996 zurück. Das Verwaltungsgericht hob mit (rechtskräftig gewordenem) Urteil vom 3.3.1998 den Vorausleistungsbescheid und den Widerspruchsbescheid auf. Zur Begründung führte es aus, ein Erschließungsbeitrag sei nicht geschuldet, weil das Grundstück des Klägers nicht bebaubar sei. Es liege im - nicht bebaubaren - Außenbereich, weil der maßgebliche Bebauungsplan aus dem Jahre 1965 zumindest bezüglich dieses Grundstücks teilnichtig sei. Die andere rechtliche Beurteilung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren beruhe darauf, dass seinerzeit nicht der einschlägige Bebauungsplan vorgelegt worden sei.

Die Beklagte erstattete daraufhin den Vorausleistungsbetrag zurück, lehnte es aber (mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.4.1998) ab, auch die Mahngebühr (890,20 DM) und die Säumniszuschläge (15130 DM) zu erstatten.

Der Kläger hat die Erstattung dieser Beträge im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht. Er hat die Forderung in erster Linie auf einen sich aus Art. 26 Abs. 7 VwZVG i.V.m. § 717 Abs. 2 ZPO ergebenden verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch gestützt. Er ist der Meinung, dass Abgabenbescheide einem vorläufig vollstreckbaren Titel i.S.d. § 717 Abs. 2 ZPO gleichstünden und § 717 Abs. 2 ZPO deshalb entsprechend anwendbar sei. Hilfsweise hat er den Klageanspruch aus Amtspflichtverletzung und aus enteignungsgleichem Eingriff hergeleitet.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.020,20 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20.2.1997 bis 30.4.2000 sowie 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.5.2000 zu bezahlen.

Das Landgericht hat in seinem Urteil vom 16.7.2001 den (von der Beklagten nicht gerügten) Zivilrechtsweg (unter Berufung auf BGH NJW 1963, 853) bejaht, die Klage aber abgewiesen.

Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht mit Endurteil vom 28.11.2001 zurückgewiesen.

Mit der vom Oberlandesgericht zum Bayerischen Obersten Landesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision des Klägers hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat dargelegt, dass die Säumniszuschläge nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5.b)dd) KAG i.V.m. § 240 AO, die Mahngebühren nach Art. 9, 14 i.V.m. Art. 22 KG (a.F.) begründet gewesen und durch die spätere Aufhebung des zugrunde liegenden Erschließungsbeitragsvorausleistungsbescheids nicht berührt worden seien, weil sie nicht von der Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Verwaltungsakts abhingen; dies stelle für Säumniszuschläge § 240 Abs. 1 Satz 4 AO klar. Da der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch die Beklagte, das Verwaltungsgericht und den Verwaltungsgerichtshof abgewiesen worden sei, sei es bei der Fälligkeit der Vorausleistungsforderung gemäß dem Beschluss vom 10.11.1994 verblieben.

Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Ersatz der von ihm gezahlten Säumniszuschläge und Mahngebühr gemäß Art. 26 Abs. 7 VwZVG i.V.m. § 717 Abs. 2 ZPO zu. Die pauschale Verweisung in Art. 26 Abs. 7 VwZVG auf das Achte Buch der Zivilprozessordnung beziehe sich nur auf die Vorschriften zum eigentlichen Vollstreckungsverfahren, nicht auch auf den Schadensersatzanspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO für den Fall der Aufhebung oder Abänderung eines vorläufig vollstreckbaren Urteils. Die meisten der allgemeinen Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung, insbesondere auch § 717 ZPO, würden auf vollziehbare, aber noch nicht rechtsbeständige Verwaltungsakte von vornherein nicht passen. Der bayerische Gesetzgeber habe für den Fall der unrechtmäßigen Vollstreckung von Geldforderungen in Art. 28 VwZVG einen speziellen Erstattungsanspruch geschaffen. Soweit Art. 28 Abs. 1 Satz 2 VwZVG weitergehende Schadensersatzansprüche unberührt lasse, handle es sich nicht um solche, die durch eine Verweisung dieses Gesetzes eröffnet würden; vielmehr kämen nur solche nach § 839 BGB in Frage.

Unabhängig davon stelle jedenfalls Art. 13 Abs. 1 Nr. 5.b)dd) KAG i.V.m. § 240 Abs. 1 Satz 4 AO eine spezielle Regelung dar, die die Erstattung tatsächlich entstandener Säumniszuschläge bei späterer Aufhebung des zugrunde liegenden Abgabenbescheids - nach jedweder Rechtsgrundlage, auch nach § 717 Abs. 2 ZPO, falls er anwendbar wäre - ausschließe.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei jedoch § 717 Abs. 2 ZPO im Falle der Vollstreckung noch nicht bestandskräftiger Verwaltungsakte, insbesondere Steuerbescheide, nicht anwendbar. Zwischen der Vollstreckung vorläufig vollstreckbarer Urteile und der Vollstreckung nicht bestandskräftiger Leistungsbescheide oder sonstiger Verwaltungsakte bestünden wesentliche Unterschiede. Während der Gläubiger, der aus einem noch nicht rechtsbeständigen Titel vollstrecke, dies auf eigene Gefahr tue und die Folgen einer frühen Vollstreckung des Urteils zu tragen habe, wenn dieses in der nächsten Instanz wieder abgeändert werde, liege die Vollstreckung von Leistungsbescheiden nicht im Einzel-, sondern im überwiegenden öffentlichen Interesse. Dies gelte für Steuern in gleichem Maße wie für kommunale Abgaben. Würden Abgaben - wie Erschließungsbeiträge - nicht pünktlich bezahlt, würden Gemeinden und Gemeindeverbände sehr schnell an den Rand ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit gebracht; es bestünde die Gefahr, dass sie die ihnen obliegenden Aufgaben nicht mehr erfüllen könnten. Dem trage die Regelung in § 80 Abs. 2 VwGO Rechnung, nach der Rechtsmittel gegen Abgabenbescheide keine aufschiebende Wirkung hätten, aber auch die Regelung in § 240 Abs. 1 AO, wonach die Säumniszuschläge nach Eintritt der Fälligkeit von Gesetzes wegen und unabhängig vom letztendlichen Bestand des Abgabenbescheids verwirkt würden. Der Gesetzgeber habe damit ein legales Druckmittel zur finanziellen Sicherstellung des öffentlichen Aufgabenbereichs geschaffen, dessen Verfassungsgemäßheit das Bundesverfassungsgericht bestätigt habe.

Für Mahngebühren gelte nichts anderes. Sie fielen für tatsächliches Verwaltungshandeln an, wenn der Beitragsschuldner nicht pünktlich zahle und gemahnt werden müsse. Auch sie würden im Falle der späteren Aufhebung des Beitrags nicht erstattet und könnten nicht als Schadensersatz gemäß oder analog § 717 Abs. 2 ZPO ersetzt verlangt werden.

Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu. Weder durch die Einforderung der entstandenen Säumniszuschläge und Gebühren noch durch die Weigerung, diese nach Aufhebung des Leistungsbescheids zurückzuerstatten, hätten die Beamten rechtswidrig gehandelt. Der Kläger habe einen Erlass der Zuschläge und Gebühren nicht beantragt; die Voraussetzungen für einen Erlass hätten auch nicht vorgelegen. Dahinstehen könne, ob ein diesbezüglicher Schadensersatzanspruch nicht bereits an § 839 Abs. 3 BGB scheitere, weil der Kläger gegen die Anforderung der verwirkten Säumniszuschläge kein Rechtsmittel eingelegt habe.

Die für die Beklagte handelnden Beamten hätten ihre Amtspflicht auch nicht dadurch verletzt, dass sie im vorläufigen Rechtsschutzverfahren den einschlägigen Bebauungsplan, dessen Teilnichtigkeit das Verwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren festgestellt habe, nicht vorgelegt hätten. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrsche das Amtsermittlungsprinzip. Bedürfe das Verwaltungsgericht für seine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren irgendwelcher Unterlagen, so könne und werde es sie anfordern. Eine Einsichtnahme in den Bebauungsplan hätten aber offenbar weder das Verwaltungsgericht noch der Verwaltungsgerichtshof für erforderlich gehalten, weil der Kläger im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Teilnichtigkeit des Bebauungsplans nicht geltend gemacht habe. Die Beamten der Beklagten seien daher nicht verpflichtet gewesen, von sich aus sämtliche mit dem Erschließungsbeitrag in irgendeinem Zusammenhang stehende Unterlagen vorzulegen. Ein Amtshaftungsanspruch käme nur dann in Betracht, wenn sie den Bebauungsplan bewusst unterdrückt hätten, weil sie bei Vorlage dieses Plans die Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheids befürchteten. Hierfür habe der Kläger aber nichts vorgetragen; auch aus den Gesamtumständen ergebe sich hierfür nichts. Der Kläger habe im vorläufigen Rechtsschutzverfahren im Wesentlichen geltend gemacht, dass das maßgebliche Straßenstück nicht geeignet sei, sein Grundstück zu erschließen; im Übrigen habe er die Berechnungsmethode angegriffen. Daher habe auch aus der Sicht der Beamten der Beklagten nichts dafür gesprochen, dass die Gültigkeit des Bebauungsplans problematisch sein könnte. Dass ihnen diese Problematik auf Grund sonstiger Umstände bewusst gewesen wäre, sei weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Eine Rückerstattung der Säumniszuschläge und Mahngebühren könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs gefordert werden. Es liege schon kein rechtswidriges Handeln der Beklagten vor. Die Rechtsordnung verlange von dem Betroffenen gerade das "Sonderopfer" der pünktlichen Zahlung von öffentlichen Abgaben und setze hierzu das Druckmittel der Säumniszuschläge ein.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Überprüfung (§ 550 a. F., § 26 Nr. 7 EGZPO) im Ergebnis stand.

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die vom Landgericht bejahte Zulässigkeit des Zivilrechtswegs nicht geprüft. Hat das erstinstanzliche Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg bejaht, wie hier, so ist das Berufungsgericht nach § 17 a Abs. 5 GVG gehindert, die Rechtswegfrage inhaltlich zu überprüfen, wenn eine Vorabentscheidung des erstinstanzlichen Gerichts nicht geboten war (BGH NJW 1994, 387; BAG NJW 1996, 3430). Eine Vorabentscheidung durch Beschluss war nicht geboten, weil die Beklagte die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht gerügt hatte (vgl. § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG). Auch das Revisionsgericht hat deswegen die Rechtswegfrage nicht mehr zu prüfen.

2. Ob die Säumniszuschläge und die Mahngebühr von der Beklagten zu Recht - in zutreffender Höhe - gefordert worden waren, ist nicht Streitgegenstand. Streitgegenständlich ist allein die Behauptung des Klägers, in Folge der Aufhebung des Vorausleistungsbescheids vom 10.11.1994 einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm gezahlten Säumniszuschläge und Mahngebühr zu haben.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus Art. 26 Abs. 7 Satz 1 VwZVG i.V.m. § 717 Abs. 2 ZPO, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Vollstreckung von Erschließungsbeitrags- bzw. Erschließungsbeitragsvorausleistungsbescheiden nach dem Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) beurteilt.

Die erschließungsbeitragsrechtlichen Vorschriften des BauGB behandeln lediglich den Inhalt der Beitragsforderung, ihren Schuldner sowie das Entstehen und die Fälligkeit des Beitrags. Im Übrigen ergibt sich das Schicksal der im BauGB vorgesehenen Ansprüche aus landesrechtlichen Vorschriften (BVerwG DVBl 1982, 543/544; vgl. auch Schlichter/Stich Berliner Kommentar zum BauGB 2. Aufl. Vorbemerkungen vor §§ 127 bis 135 Rn. 1, 4). Da es sich beim Erschließungsbeitrag um eine kommunale Abgabe handelt (vgl. Donhauser/Hürholz/ Schwinghammer/Peters Kommunalrecht in Bayern, Einführung II.1), richtet sich die Abwicklung der dem Erschließungsbeitragsrecht zuzurechnenden Ansprüche nach den kommunalabgabenrechtlichen Vorschriften der Länder, also hier nach dem (bayerischen) Kommunalabgabengesetz (KAG) vom 26.3.1974 in der Fassung der Bekanntmachung vom 4.4.1993 (Art. 10 Nr. 2 KAG; Schlichter/Stich aaO Rn. 4). Für die Beitreibung gilt das Verwaltungsvollstreckungsrecht des jeweiligen Landes (Gaentzsch BauGB vor § 127 Rn. 10), in Bayern also das Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz vom 30.5.1961 in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.11.1970 (Art. 18 Abs. 1 VwZVG; vgl. Bauer/Hub, Kommunale Abgaben in Bayern, München 1983, S. 381 ff.), soweit nicht bereits das Kommunalabgabengesetz spezielle einschlägige Vorschriften enthält, die denen des Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes vorgehen.

b) Gegen die Meinung des Berufungsgerichts, dass Art. 26 Abs. 7 Satz 1 VwZVG von vornherein nicht auf § 717 Abs. 2 ZPO verweise und sich auch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 VwZVG nicht auf einen Schadensersatzanspruch entsprechend § 717 Abs. 2 ZPO beziehe, vielmehr lediglich Schadensersatzansprüche nach § 839 BGB, Art. 34 GG unberührt lasse, könnte die Amtliche Begründung zu Art. 28 VwZVG (Landtagsdrucksache 4/1746) sprechen. In dieser wird Art. 28 Abs. 1 Satz 2 VwZVG die Bedeutung beigemessen, dass, "soweit das Vollstreckungsverfahren der ZPO für anwendbar erklärt ist, ... die sinngemäß anwendbare Vorschrift des § 717 Abs. 2 ZPO über die Schadensersatzpflicht im Falle der Aufhebung einer vorläufig vollstreckbaren Entscheidung unberührt" bleibe.

c) Diese Aussage muss vor dem Hintergrund verstanden werden, dass zur Zeit der Abfassung des Gesetzesentwurfs und der Begründung hierzu - der Entwurf wurde dem Landtag am 11.11.1960 zugeleitet - die entsprechende Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO auf den Fall der Vollstreckung eines noch nicht bestandskräftigen, später aufgehobenen Verwaltungsakts in der Rechtslehre und auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung für möglich gehalten wurde und sich erst in der späteren Entwicklung von Lehre und Rechtsprechung die Erkenntnis durchsetzte, dass eine entsprechende Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO im Fall der Vollziehung eines später aufgehobenen Verwaltungsakts nicht sachgerecht sei.

aa) In einem Urteil vom 11.3.1960 hatte das Bundesverwaltungsgericht angenommen, dass nach Aufhebung eines Verwaltungsakts, mit dem unrechtmäßig überhöhte Abgabepreise festgesetzt worden waren, der Erstattungsanspruch - betreffend Bürgschaftskosten, die in Vollziehung dieses Verwaltungsakts entstanden waren - "sowohl unter dem Gesichtspunkt des Folgenbeseitigungsanspruchs als auch einer entsprechenden Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO begründet wäre" (NJW 1960, 1875/ 1876).

bb) Während das Reichsgericht noch eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 945 ZPO bzw. des dem § 945 ZPO wie auch dem § 302 Abs. 4 und dem § 717 Abs. 2 ZPO zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgedankens bei Steuerarresten abgelehnt hatte (RGZ 108, 253), billigte der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 25.5.1959 dem durch eine ungerechtfertigte Anordnung und Vollziehung eines Steuerarrestes Betroffenen - bei gleicher Gesetzeslage - einen Schadensersatzanspruch entsprechend § 945 ZPO zu (BGHZ 30, 123). Die Abweichung von der Rechtsprechung des Reichsgerichts begründete er im Wesentlichen mit der Rechtsentwicklung, die seit RGZ 108, 253 hinsichtlich der Haftung der öffentlichen Hand weitergegangen sei und "in einem früher nicht gekannten Ausmaß eine Entschädigung für rechtmäßiges oder schuldlos rechtswidriges Vorgehen anerkannt" habe (aaO S. 130). Die damals von Lehre und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage (vgl. die Nachweise aaO S. 129), ob der bereits vom Reichsgericht den Vorschriften der §§ 945, 302 Abs. 4, § 717 Abs. 2 ZPO entnommene allgemeine Rechtsgedanke darüber hinaus verallgemeinerungsfähig sei, ließ er offen.

cc) Im Anschluss an die sich nach der Veröffentlichung dieses Urteils entwickelnde Diskussion (vgl. Bettermann JZ 1960, 335 ff.) hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 31.1.1963 (BGHZ 39, 77 = NJW 1963, 853) die entsprechende Anwendbarkeit der in § 717 Abs. 2 ZPO für die Vollstreckung aus vorläufig vollstreckbaren Urteilen getroffenen Regelung auf die Vollstreckung eines noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheids verneint und damit einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch in diesem Falle abgelehnt. Er hat die Ablehnung eines Schadensersatzanspruchs in entsprechender Anwendung von § 717 Abs. 2 ZPO später allgemein für Abgabenbescheide bestätigt, deren Vollziehung durch ein Rechtsmittel nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht gehemmt wird (BGHZ 83, 190/196 f.), und diese Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit fortgeführt (vgl. BGH NJW 2001, 1067/ 1068). Ihr hat sich das Bundesverwaltungsgericht - für Fälle, in denen die Behörde die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts angeordnet hat, der sich im Anfechtungsprozess als rechtswidrig erweist - angeschlossen und den Kläger auf den (verschuldensunabhängigen) öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungs- bzw. den (nur bei Verschulden gegebenen) Amtshaftungsanspruch verwiesen (NVwZ 1991, 270 f.). Auch das Bundessozialgericht hält in Fällen der Vollziehung von Verwaltungsakten, die sich später als rechtswidrig erweisen, § 717 Abs. 2 ZPO für nicht entsprechend anwendbar, "weil es hier an einem gegenüber dem Zivilrecht vergleichbaren Sachverhalt mit entsprechender Wertungs- und Interessenlage insbesondere wegen des durchgreifenden Allgemeininteresses fehlt" (MDR 1996, 847/848 unter Berufung auf Bettermann JZ 1960, 335 ff.). Es verweist auf die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gegebene Möglichkeit, die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu beantragen (von der im entschiedenen Fall nicht Gebrauch gemacht worden war).

d) Nach der Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs als auch des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundessozialgerichts ist demnach eine entsprechende Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO im Verwaltungsvollstreckungsverfahren - in Fällen der Vollstreckung noch nicht bestandskräftiger, nach § 80 Abs. 2 VwGO sofort vollziehbarer, später aufgehobener Verwaltungsakte - nicht möglich, weil die dieser Vorschrift zugrunde liegende Interessenlage mit der im öffentlichen Recht gegebenen, durch das überwiegende öffentliche Interesse geprägten Interessenlage nicht vergleichbar, die in ihrem Wesen privatrechtliche Regelung daher auf das Verwaltungsvollstreckungsverfahren nicht übertragbar ist.

Zu der Kategorie der sofort vollziehbaren Verwaltungsakte gehören auch Bescheide über Erschließungsbeiträge oder Erschließungsbeitragsvorausleistungen, da Erschließungsbeiträge zu den öffentlichen Abgaben im Sinne von § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gehören (BVerwG NVwZ 1983, 472/473).

e) Der Senat schließt sich für den Bereich der Verwaltungsvollstreckung nach bayerischem Landesrecht dieser Meinung an. Nach Art. 26 Abs. 7 VwZVG sind allgemein "die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung ... entsprechend anzuwenden". Bei der entsprechenden Anwendung ist jedoch den Besonderheiten der behördlichen Vollstreckung Rechnung zu tragen (BayVGH BayVBl 1982, 406/ 407; 1984, 208/210). Das schließt die Möglichkeit ein, Vorschriften des Achten Buches der ZPO im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach dem VwZVG nicht anzuwenden, weil sie für eine - auch nur entsprechende - Anwendung im Verwaltungsvollstreckungsverfahren ungeeignet sind (vgl. BayVGH BayVBl 1984, 208/210 für § 780 Abs. 1 ZPO). Dies trifft, wie ausgeführt, auf § 717 Abs. 2 ZPO in Fällen der Vollziehung noch nicht bestandskräftiger Erschließungsbeitragsbescheide zu; für einen Schadensersatzanspruch analog dieser Vorschrift ist insoweit kein Raum.

f) Dieses Ergebnis ist nicht durch die Amtliche Begründung zum VwZVG ausgeschlossen. Wenn dort unter "einer vorläufig vollstreckbaren Entscheidung" auch ein angefochtener Verwaltungsakt verstanden worden sein sollte, stellt dies keine bindende Richtschnur für die Auslegung dar. Die Rechtsprechung ist nur an in der gesetzlichen Regelung erkennbar ausgeprägte und in ihr angelegte Grundentscheidungen, Wertsetzungen und Regelungszwecke gebunden; konkrete Vorstellungen, die von den Entwurfsverfassern über die nähere Bedeutung oder Reichweite einer einzelnen Bestimmung geäußert werden, stellen für die Gerichte keine bindende Anleitung dar (BVerfGE 54, 277/297 f.; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft 6. Aufl., S. 329).

3. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass ein Schadensersatzanspruch, wie ihn der Kläger geltend macht, auch nicht nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG begründet ist.

a) Einen Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB, Art. 34 GG hat der Kläger nur auf den Sachverhalt gestützt, dass die für die Beklagte handelnden Beamten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren den Bebauungsplan aus dem Jahr 1965 nicht vorgelegt hätten, auf den es für die Beurteilung der Möglichkeit der baulichen Nutzung des herangezogenen Grundstücks des Klägers ankam (vgl. § 133 Abs. 1 BauGB; Gaentzsch § 133 Rn. 2).

Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht insoweit schon keine Amtspflichtverletzung festgestellt.

aa) Es konnte offen lassen, ob die Erfüllung der sich aus § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden Verpflichtung zur Vorlage der einschlägigen Akten eine auch dem Kläger des Verwaltungsstreitverfahrens gegenüber obliegende Amtspflicht ist, weil es ohne Rechtsverstoß davon ausgehen durfte, dass diese Pflicht nicht verletzt worden war.

bb) Es hat zutreffend angenommen, dass die Vorlage der Vorgänge, aus denen sich die Einzelheiten des Zustandekommens des Bebauungsplans ergaben, nicht geboten war.

Die Spezifizierung der nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorzulegenden Akten obliegt dem Gericht; denn ihm und nicht der Behörde kommt nach § 86 Abs. 1 VwGO letztlich die Beurteilung zu, welche Akten für seine Entscheidung erheblich sein können (BVerwGE 15, 132 f.; Kopp/Schenke VwGO 13. Aufl. § 99 Rn. 5). Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts aber ginge es "fehl, wenn die Verwaltungsgerichte ihre - sich darauf nicht beziehende - Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO zum Anlass nähmen, von sich aus und gleichsam ungefragt in eine Suche nach Fehlern in der Vor- und Entstehungsgeschichte eines Bebauungsplans einzutreten" (DVBl 1980, 230/ 232). Wenn aber das in erster Linie für die Sachaufklärung verantwortliche Verwaltungsgericht nicht verpflichtet war, der Frage der Rechtsgültigkeit des Bebauungsplans nachzugehen, ohne sich hierzu aus Aktenunterlagen oder dem Sachvortrag der Beteiligten aufgefordert zu sehen (vgl. Redeker DVBl 1981, 83/87), dann können auch die Beamten der Beklagten nicht ihre Amtspflicht dadurch verletzt haben, dass sie im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht von sich aus auch die den Bebauungsplan aus dem Jahre 1965 betreffenden Vorgänge vorlegten.

cc) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass es zur Vorlage dieser Vorgänge im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auch keinen konkreten Anlass gab, insbesondere deswegen nicht, weil der Kläger in jenem Verfahren die (Teil-)Nichtigkeit des Bebauungsplan noch nicht geltend gemacht hatte und weil weder dargetan noch ersichtlich war, dass den Beamten der Beklagten auf Grund sonstiger Umstände diese Problematik gleichwohl bewusst gewesen war. Soweit der Kläger im Revisionsverfahren geltend macht, dass "die Beklagte" selbst die zur Nichtigkeit führenden Korrekturen im Bebauungsplan vorgenommen habe und ihr daher, anders als dem Gericht, "dieser Umstand bekannt" gewesen sei, beachtet er nicht, dass eine Amtspflichtverletzung derjenigen Beamten festgestellt werden müsste, die im Jahr 1995 bei der Aktenvorlage nach § 99 VwGO für die Beklagte tätig wurden (vgl. Palandt/Thomas BGB 62. Aufl. § 839 Rn. 27), dass aber nichts dafür spricht - und vom Kläger auch nicht behauptet wurde -, dass diese mit Beamten identisch gewesen seien, die im Jahre 1965 bei den im Bebauungsplan vorgenommenen Korrekturen mitgewirkt hatten, und dass auch dann noch nichts dafür spräche, dass sie sich der zur Teilnichtigkeit des Bebauungsplans führenden Fehler bewusst waren.

dd) Unter diesen Umständen musste das Berufungsgericht nicht auf die Frage eingehen, ob der Kläger es nicht fahrlässig unterlassen hat, das Verwaltungsgericht schon im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf die Bedeutung der Vorgänge beim Zustandekommen des Bebauungsplans hinzuweisen (vgl. § 839 Abs. 3 BGB). Der Begriff des "Rechtsmittels" im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB meint nicht nur Rechtsmittel im prozesstechnischen Sinn; er umfasst alle Rechtsbehelfe, die sich gegen eine amtspflichtsverletztende Unterlassung richten und ihre Korrektur ermöglichen (RGRK/Kreft BGB 12. Aufl. § 839 Rn. 529). Hierzu hätte es nur eines Hinweises bedurft, wie der Verlauf des Hauptsacheverfahrens zeigt.

b) Das Berufungsgericht hat nicht nur die vom Kläger behauptete Amtspflichtverletzung - Nichtvorlage der den Bebauungsplan betreffenden Vorgänge im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - geprüft, sondern auch (mit jeweils negativem Ergebnis), ob Beamte der Beklagten ihre Amtspflichten verletzten, indem sie vom Kläger die nach Eintritt der Fälligkeit der Erschließungsbeitragsvorausleistung entstandenen Säumniszuschläge und die Mahngebühr einforderten, ferner, ob eine Amtspflichtverletzung in der Weigerung liege, die vom Kläger gezahlten Säumniszuschläge und Mahngebühr nach Aufhebung des Vorausleistungsbescheids zurückzuerstatten.

Entsprechende Sachverhalte - Amtspflichtsverletzungen von Beamten der Beklagten bei Einforderung von Säumniszuschlägen und Mahngebühr bzw. bei der Entscheidung über das Rückerstattungsverlangen des Klägers - hat der Kläger aber nicht behauptet und damit nicht zum Gegenstand der Klage gemacht. Das Berufungsgericht durfte den Streitgegenstand, über den der Kläger bestimmt, nicht auf diese Sachverhalte erweitern. Ein Anspruch aus § 839 BGB kann nur gegeben sein, wenn eine Amtspflichtverletzung vorliegt; unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 839 BGB ist daher ein Lebenssachverhalt nur zu prüfen, soweit der Kläger auch eine Amtspflichtverletzung behauptet. In der Behauptung, eine bestimmte Forderung zu haben, die von einer Behörde nicht erfüllt wurde, liegt noch nicht die Behauptung einer Amtspflichtverletzung von Beamten der Behörde.

4. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht den Klageanspruch auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs für unbegründet erachtet. Dieser kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil Voraussetzung für einen enteignungsgleichen Eingriff ein unmittelbarer Eingriff in eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition ist (BGHZ 92, 34/41; Ossenbühl Staatshaftungsrecht 5. Aufl. S. 242), Art. 14 Abs. 1 GG aber grundsätzlich nicht das Vermögen als solches gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten, insbesondere Steuern und Abgaben, schützt; eine andere Beurteilung kommt nur in dem - hier nicht behaupteten und ersichtlich auch nicht gegebenen - Fall in Betracht, dass die Geldleistungspflicht die Betroffenen übermäßig belastet und ihre Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt, d.h. eine erdrosselnde Wirkung ausübt (BGHZ 83, 190/194 m.w.N.; BVerfGE 65, 196/209; Ossenbühl aaO S. 245; Hübner NJW 1973, 353/354).

5. Der Klageanspruch hat auch nicht auf Grund verwaltungsrechtlicher Rechtsgrundlagen Erfolg.

a) Nach § 17 Abs. 2 GVG n. F. (vgl. Zöller/Gummer ZPO 24. Aufl. Vor §§ 17 bis 17b GVG Rn. 1) hat das Gericht den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, sofern der zu ihm beschrittene Rechtsweg für einen Klagegrund zulässig ist. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage, bei der der durch die Rechtswegzuweisung gezogene Kompetenzbereich auch bei der Sachprüfung nicht überschritten werden durfte, steht dem Gericht nunmehr auch eine rechtswegüberschreitende Sachkompetenz zu (vgl. Zöller/Gummer § 17 GVG Rn. 5). Deswegen kommt auch eine Beschränkung des Streitgegenstands durch Rechtswegnormen nicht mehr in Frage (Zöller/Vollkommer Einleitung Rn. 85), soweit der einheitliche Klageanspruch auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete Rechtsgrundlagen gestützt werden kann (Zöller/Gummer § 17 GVG Rn. 6).

Voraussetzung ist allerdings, dass der Klageanspruch bei einheitlichem Streitgegenstand auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützt werden kann, die an sich verschiedenen Gerichtsbarkeiten zugewiesen sind (Wieczorek/Schütze/Schreiber ZPO 3. Aufl. Rn. 6; MünchKomm/Wolf ZPO 2. Aufl. Rn. 13 jeweils zu § 17 GVG).

Es bedarf daher jedenfalls der Prüfung, ob der Klageanspruch unter rechtlichen Gesichtspunkten begründet sein könnte, für die an sich der Verwaltungsrechtsweg gegeben wäre.

b) In Betracht kommt der Folgenbeseitigungsanspruch, auf den BVerwG NVwZ 1991, 270/271 als die an Stelle der abgelehnten Analogie zu § 717 Abs. 2 ZPO (neben dem Amtshaftungsanspruch) gegebene Rechtschutzmöglichkeit verweist. Die Erklärung des Klägers (im Schriftsatz vom 16.5.2001)," nicht den öffentlich-rechtlich geregelten Erstattungsanspruch geltend" machen zu wollen, "der sich aus der Aufhebung des Beitragsbescheids ergab (und erfüllt ist)", konnte insoweit den Streitgegenstand nicht einschränken (Zöller/Vollkommer Einleitung Rn. 84). Der Folgenbeseitigungsanspruch richtet sich mindestens auf die Erstattung dessen, was auf Grund eines später aufgehobenen rechtswidrigen Verwaltungsakts gezahlt und geleistet wurde ("Erstattungsanspruch", vgl. Bettermann DÖV 1955, 528/534). In Art. 28 Abs. 1 Satz 1 VwZVG und in § 37 Abs. 2 AO - einer nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2.b) KAG auf kommunale Abgaben entsprechend anwendbaren Vorschrift - ist der Folgenbeseitigungsanspruch insoweit gesetzlich geregelt. Die Rückerstattung der vom Kläger gezahlten Säumniszuschläge und Mahngebühr würde unter diesen Mindestumfang des Folgenbeseitigungsanspruchs, insbesondere auch unter den Wortlaut der genannten Vorschriften fallen.

c) Die Erstattung der Säumniszuschläge ist jedoch durch die Vorschrift des § 240 Abs. 1 Satz 4 AO - die nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5.b)dd) KAG entsprechend anzuwenden ist - ausgeschlossen (vgl. BayVGH n.F. 43, 1/2; 38, 92/93 f.; BayVBl 2001, 692/693), wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist; nach dieser Vorschrift bleiben, wenn ein Leistungsbescheid aufgehoben wird, die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt. Insoweit ist also der Folgenbeseitigungsanspruch durch den Gesetzgeber der AO 1977 bewusst eingeschränkt worden (vgl. BayVGH aaO). Diese Einschränkung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insofern verfassungsrechtlich unbedenklich, als die Möglichkeit besteht, durch die Beantragung vorläufigen Rechtsschutzes das Entstehen von Säumniszuschlägen zu verhindern (vgl. BVerfG DStZ/E 1986, 101; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Ruban AO 10. Aufl. § 240 Rn. 71). Die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung (§ 80 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 3 VwGO) bewirkt, dass Säumniszuschläge nicht entstehen bzw., wenn sie bereits entstanden sind, rückwirkend entfallen (BFHE 178, 306/309; BStBl II 1987, 389/390 ff.; Klein AO 7. Aufl. Rn. 18 und 19; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Ruban Rn. 56 und 57 jeweils zu § 240). Hat der Abgabenschuldner alles getan, um die Aussetzung der Vollziehung eines Leistungsbescheids zu erreichen, und wurde diese, obwohl an sich möglich und geboten, abgelehnt, so ist - wenn das Rechtsmittel des Abgabenschuldners gegen den Leistungsbescheid Erfolg hatte - die Erhebung (jedenfalls) der (vollen) Säumniszuschläge eine unbillige Härte im Sinne des - ebenfalls entsprechend anwendbaren (Art. 13 Abs. 1 Nr. 5. a KAG) - § 227 AO (BFH BStBl II 1991, 906); in einem solchen Fall ist der Erlass (oder wenigstens Teilerlass) der Säumniszuschläge möglich (vgl. Tipke/Kruse/Loose AO § 240 Rn. 57).

d) Über einen entsprechenden Erlassantrag hat aber zunächst die Verwaltungsbehörde zu entscheiden (vgl. § 218 Abs. 2 AO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 5.a KAG; Art. 28 Abs. 2 VwZVG). Ein Erlass durch das Gericht ohne vorausgehendes Verwaltungsverfahren kommt nicht in Betracht (vgl. BFH BStBl II 1986, 702; BGH NJW 2001, 1067/1068; Klein § 227 Rn. 32, § 218 Rn. 17; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Alber § 218 Rn. 34, 54, 60, 80, 101, 102).

e) Entsprechendes gilt für die Mahngebühr. Sie gehört zu den Kosten der Vollstreckung, da die Mahnung nach Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG notwendige Voraussetzung der Vollstreckung ist.

Die Abgabenordnung enthält keine die Erstattung der Kosten der Vollstreckung - wie die Erstattung der Säumniszuschläge - ausdrücklich ausschließende, § 240 Abs. 1 Satz 4 AO entsprechende Bestimmung. Vielmehr bezieht sich § 37 Abs. 2 AO, der den Erstattungsanspruch im Bereich der Geltung der Abgabenordnung gesetzlich regelt, ausdrücklich auch auf den Fall, dass eine "steuerliche Nebenleistung" ohne rechtlichen Grund gezahlt wurde, und zu den steuerlichen Nebenleistungen gehören nach § 3 Abs. 4 AO auch die "Kosten (§ 178, §§ 337 bis 345)", insbesondere also die Kosten der Vollstreckung (§ 337 AO).

Beide Bestimmungen - § 3 Abs. 4 und § 37 Abs. 2 AO - sind auf kommunale Abgaben entsprechend anzuwenden (Art. 10 Nr. 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1.b und Nr. 2.b KAG), § 3 Abs. 4 AO aber "ohne die Worte ... 'Zwangsgelder (§ 329) und Kosten (§ 178, §§ 337 bis 345)'". Daraus, dass die "Kosten" aus dem Begriff der "steuerlichen Nebenleistungen" ausgenommen sind, kann geschlossen werden, dass das bayerische Kommunalabgabengesetz hinsichtlich der Vollstreckungskosten keinen Folgenbeseitigungsanspruch geben wollte.

f) Hiervon unberührt bleibt die Erstattung der Säumniszuschläge und Mahngebühr im Billigkeitswege entsprechend § 227 AO (i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 5.a KAG), über die in einem besonderen Verfahren durch besonderen Verwaltungsakt zu entscheiden ist (vgl. BFHE 163, 263/266 f.; BStBl II 1995, 297/ 298, 747/749; 1998, 702/704). Ist die Ablehnung des Billigkeitserlasses rechtswidrig, weil die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, darf das Gericht i.d.R. bloß die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung seiner Rechtsauffassung zu verbescheiden (vgl. § 101 Satz 2 FGO, § 113 Abs. 5 VwGO). In keinem Fall darf es Ansprüche aus dem Steuer- bzw. Abgabenschuldverhältnis selbst erlassen (BFH BStBl II 1997, 259).

Die Möglichkeit des Billigkeitserlasses wird daher vom Streitgegenstand der vorliegenden Klage nicht erfasst; denn diese ist unmittelbar auf Rückzahlung, nicht auf die Verpflichtung der Beklagten zum Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes gerichtet.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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