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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.05.2000
Aktenzeichen: 2 ObOWi 598/99
Rechtsgebiete: GG, StVG, StPO
Vorschriften:
GG Art. 3 | |
GG Art. 100 Abs. 1 | |
StVG § 24 a Abs. 1 | |
StPO § 267 Abs. 1 | |
Abruf-Nr.: 000691 |
1. Die Festlegung eigener Grenzwerte für die Alkoholkonzentration in der Atemluft in § 24 a Abs. 1 StVG und ihre Verknüpfung mit denselben Rechtsfolgen, die für die ihnen gegenübergestellten BAK-Grenzwerte bestimmt sind, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
2. Das Analysegerät Dräger Alcotest 7110 Evidential MK III mißt die AAK grundsätzlich zuverlässig; ein Sicherheitszuschlag ist weder den gemessenen Einzelwerten noch dem aus ihnen (ohne Aufrundung) zu errechnenden Mittelwert hinzuzufügen.
3. In sachlich-rechtlicher Hinsicht genügt in den Urteilsgründen die Mitteilung der Meßmethode, der beiden Einzelmeßwerte sowie des aus ihnen errechneten Mittelwertes.
2 ObOWi 598/99
Bayerisches Oberstes Landesgericht
BESCHLUSS
Der 2. Senat für Bußgeldsachen des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Hirt sowie des Richters Heusterberg und der Richterin Dr. Pliester
in dem Bußgeldverfahren
gegen
B
wegen
Verkehrsordnungswidrigkeit
nach Anhörung der Staatsanwaltschaft
am 12. Mai 2000
einstimmig
beschlossen:
Tenor:
I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Kronach vom 9. August 1999 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen zur Geldbuße von 500 DM und verhängte ein Fahrverbot von einem Monat gegen ihn, weil er am 20.3.1999 im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug geführt hatte, obwohl er 0,40 mg/l Alkohol in der Atemluft hatte.
Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde; er rügt das Verfahren und die Verletzung sachlichen Rechts.
II.
Die Verfahrensrüge ist unzulässig, wie die Staatsanwaltschaft beim Rechtsbeschwerdegericht in ihrer Stellungnahme vom 16.11.1999 zutreffend ausgeführt hat. Der Betroffene rügt die Ablehnung eines Beweisantrages, führt aber nicht aus, mit welchen Gründen das Amtsgericht den Antrag abgelehnt hat.
Die Sachrüge greift nicht durch. Das Amtsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß der Betroffene bei der Fahrt mit dem Pkw eine AAK von 0,4 mg/l aufwies und sich deshalb einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a Abs. 1 Nr. 1 StVG schuldig gemacht hat.
1. Die Urteilsgründe genügen den an sie zu stellenden sachlich-rechtlichen Anforderungen. Bei der hier durchgeführten Analyse der AAK des Betroffenen mit dem Gerät Alcotest 7110 Evidential MK III der Firma Dräger handelt es sich um ein standardisiertes Meßverfahren, das mittlerweile tagtäglich praktiziert wird: Die Zuverlässigkeit und die Meßpräzision des Gerätes sind grundsätzlich anerkannt (siehe unten 3.). Der Meßvorgang läuft nach Eingabe der Probandendaten (Geschlecht und Geburtsdatum) nach immer gleichen technischen Vorgaben selbsttätig ab (Lagois BA 2000, 77/86; Knopf/Slemeyer/Klüss Bestimmung der Atemalkoholkonzentration nach DIN VDE 0405, zur Veröffentlichung in BA eingereicht am 14.2.2000, S. 4, 9). Das Gerät ist seit mehr als einem Jahr in großer Zahl in der gesamten Bundesrepublik im Einsatz; allein im Freistaat Bayern sind es 160 Geräte (Karl NZV 2000, 152/153; vgl. auch Knopf/Slemeyer/ Klüss aaO S. 7: Untersuchung von 470 Geräten in der Praxis).
Grundsätzlich genügt deshalb in den Urteilsgründen die Angabe des Meßverfahrens und des Meßergebnisses (vgl. BGHSt 39, 291/302 f.); der Mitteilung eines Toleranzwertes, wie sie vom Bundesgerichtshof (aaO S. 303) etwa bei der Geschwindigkeitsmessung gefordert wird, bedarf es nicht, da ein solcher hier nicht in Betracht kommt (siehe unten 4.). Allerdings hält der Senat die Mitteilung der beiden Einzelmeßwerte für erforderlich, damit eine unzulässige Mittelwertbildung durch Aufrundung ausgeschlossen und die Einhaltung der nach DIN VDE 0405 Teil 3 Ziffer 6.1 höchstzulässigen Differenz zwischen den beiden Einzelmeßwerten der AAK (0,04 mg/l bei einem Mittelwert bis 0,40 mg/l und 10 % des Mittelwertes bei Mittelwerten über 0,40 mg/l) überprüft werden können. Dem genügen die Gründe des angefochtenen Urteils.
2. Bedenken gegen die Festlegung der AAK-Grenzwerte als Tatbestandsmerkmale und ihre Verknüpfung mit denselben Rechtsfolgen wie bei den ihnen gegenübergestellten BAK-Grenzwerten in § 24 a StVG sind nicht gerechtfertigt.
a) Daß aus physiologischen Gründen eine durchgehende Konvertierbarkeit zwischen AAK und BAK nicht besteht mit der Folge, daß aus einem gemessenen AAK-Wert die BAK nicht zuverlässig berechnet werden kann (Schoknecht und Mitarbeiter Prüfung der Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse 1991 [im folgenden zitiert Gutachten, Seitenzahlen der Originalfassung] S. 32 f.; Heifer BA 2000, 103 ff.; Iffland/Hentschel NZV 1999, 489/491), rechtfertigt es nicht, die vom Gesetzgeber in § 24 a StVG getroffene Regelung in Frage zu stellen. Gerade wegen dieser Problematik, die ihm bewußt war (vgl. Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage mehrerer Abgeordneter des Bundestages und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN BA 1998, 233/234 f.), hat der Gesetzgeber in dieser Vorschrift eigene Grenzwerte der AAK neben denen für die BAK festgelegt. Er stützt sich dabei auf das genannte Gutachten, in dem (S. 4) ausdrücklich gesagt wird: "Eine Bestimmung des Ethanolgehalts der Atemluft darf deshalb nicht dazu benutzt werden, quantitative Aussagen zur BAK zu machen". Für die Feststellung, ob ein Betroffener den BAK-Grenzwert erreicht oder überschritten hat, ist deshalb nach wie vor die Bestimmung der BAK aus einer Blutprobe erforderlich; nicht etwa hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 24 a StVG die Möglichkeit eröffnet, die BAK aufgrund eines gemessenen AAK-Wertes (durch Umrechnung) zu bestimmen. Er hat lediglich an bestimmte AAK-Werte dieselben Rechtsfolgen geknüpft wie an bestimmte BAK-Werte. Damit stellen sich diejenigen Probleme, die in der rechtsmedizinischen Wissenschaft aus der Unmöglichkeit einer präzisen Bestimmung der BAK aus einer gemessenen AAK und der vermeintlichen Gleichsetzung von AAK und BAK (vgl. Iffland BA 1999 suppl. 1 S. 15 u. 19; Iffland/Bilzer DAR 1999, 1; Wilske DAR 2000, 16) abgeleitet werden, hier von vornherein nicht.
b) Zu fragen ist allerdings, ob die in § 24 a StVG getroffene Regelung verbindlich ist; diese Frage ist zu bejahen. Die Gerichte sind grundsätzlich an das Gesetz gebunden. Zwar müßte der Senat das Verfahren aussetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen, wenn er die vom Gesetzgeber in § 24 a StVG getroffene Regelung für verfassungswidrig hielte (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG); dies ist aber nicht der Fall.
aa) Bei den in § 24 a StVG genannten Werten handelt es sich um sogenannte Gefahrengrenzwerte, deren Festlegung auf der wissenschaftlich gesicherten Erkenntnis beruht, daß schon relativ geringe Alkoholkonzentrationen im Blut deutlich unterhalb des für das Vorliegen absoluter Fahruntüchtigkeit maßgeblichen BAK-Wertes von 1,1 %o zu den Verkehr gefährdenden Leistungsminderungen führen, nämlich jedenfalls Werte ab 0,3 %o (vgl. Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. § 316 Rn. 7 m.w.N.); hierauf beruht auch die Neufassung des § 24 a StVG mit der Herabsetzung des Gefahrengrenzwertes (BT-Dr. 13/1439 S. 4). Wissenschaftlich anerkannt ist ferner, daß neben der BAK. grundsätzlich auch die AAK einen Hinweis auf die Alkoholbeeinflussung gibt (Forster Rechtsmedizin 1986, 436; Gilg/Eisenmenger DAR 1997, 1; Schoknecht BA 1999 suppl. 1 S. 4/11).
Die Grand Rapids Study von 1964, die umfangreichste Untersuchung über die Rolle des Alkohols im Straßenverkehr (veröffentlicht in BA 1974 suppl. 1), basiert auf der Messung der Atemalkoholkonzentration, die in BAK-Werte umgerechnet wurde (aaO S. 4/5, 15, 36/37); sie bestätigt die Richtigkeit der BAK-Gefahrengrenzwerte (vgl. Iffland/Bilzer DAR 1999, 1/2). Grundsätzlich bestehen deshalb keine Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber auch bestimmte AAK-Werte als tatbestandsrelevante Gefahrengrenzwerte festgelegt hat.
bb) Auch die Festlegung der konkreten AAK-Grenzwerte in § 24 a StVG unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber hat damit auf der Grundlage des Gutachtens (S. 51/53) diejenigen AAK-Werte gewählt, die mit 75-prozentiger Wahrscheinlichkeit unter den entsprechenden BAK-Werten liegen. Nach rechtsmedizinischen Erkenntnissen (vgl. Iffland/Eisenmenger/Bilzer NJW 1999, 1379/1381; Iffland/Bilzer DAR 1999, 1/4) läßt sich das Verteilungsverhältnis von Alkohol in der Atemluft zu dem im venösen Blut mittels des Faktors 1:2100 errechnen (dieser Faktor wurde auch in der Grand Rapids Study angewandt, aaO S. 15), wobei es sich jedoch um einen Mittelwert handelt und Abweichungen nach oben oder unten möglich sind. Einer BAK von 0,5 %o entspräche danach eine AAK von 0,238 mg/l Atemluft, einer BAK von 0,8 %o eine AAK von 0,380 mg/l. Schon ab einer BAK von 0,3 %o (was einer AAK von 0,142 mg/l entspricht) sind alkoholbedingte Leistungsminderungen festzustellen. Mit der Festlegung der AAK-Grenzwerte ist der Gesetzgeber damit innerhalb des ihm offenstehenden Gestaltungsspielraums geblieben. Von Verfassungswegen ist es nicht geboten, daß er stets die gerechteste und zwecksmäßigste Regelung trifft. Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die getroffene Regelung mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise schlechthin nicht mehr zu vereinbaren ist (vgl. BVerfG ZfS 1997, 319 = VM 1997, 41). Davon kann keine Rede sein; dem Senat sind auch keine konkreten Bedenken in dieser Richtung bekannt geworden.
cc) Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die in § 24 a StVG getroffene Regelung ergeben sich auch nicht daraus, daß - soweit ersichtlich - bisher keine umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen zu der Beziehung zwischen gemessener AAK und Ausmaß der Leistungsminderung vorliegen, die in § 24 a StVG festgelegten AAK-Grenzwerte vielmehr aus den BAK-Grenzwerten abgeleitet wurden, der allgemeingebräuchliche Umrechnungsfaktor von 1 : 2100 jedoch nur einen Durchschnittswert darstellt und Abweichungen nach oben oder unten möglich sind (siehe oben bb) mit der Folge, daß einem bestimmten AAK-Wert eine gewisse Bandbreite von BAK-Werten entsprechen kann. Insbesondere in der Resorptionsphase können sich gegenüber den entsprechenden BAK-Werten erhöhte AAK-Werte ergeben (Heifer BA 2000, 103/105). Andererseits hat der Gesetzgeber bei der Festlegung der AAK-Grenzwerte in § 24 a StVG statt des Mittelwertes von 2100 : 1 einen Umrechnungsfaktor von 2000 : 1 für das Verhältnis von AAK zu BAK gewählt, der prinzipiell zu einer Besserstellung um 5 % derjenigen Betroffenen führt, die sich einer AAK-Messung unterziehen (Iffland/Bilzer DAR 1999, 1/4). Hieraus ergibt sich die Frage, ob die vom Gesetzgeber in § 24 a StVG hinsichtlich der Rechtsfolgen bestimmte Gleichbehandlung der dort einander gegenübergestellten AAK- und BAK-Grenzwerte unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Dies ist nicht der Fall.
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet nicht, Ungleiches unter allen Umständen ungleich zu behandeln. Er ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen, die er vornehmen darf, nicht vornimmt. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will. Allerdings muß er die Auswahl sachgerecht treffen. Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt auch insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs. Art. 3 Abs. 1 GG ist danach dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (BVerfGE 90, 226/239).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hegt der Senat keine Bedenken gegen die in § 24 a StVG getroffenen Regelungen: Das hohe Rechtsgut der Verkehrssicherheit gebietet es, u.a. unter Alkoholeinfluß stehende Personen weitgehend von der Führung eines Kraftfahrzeugs fernzuhalten. Sowohl BAK als auch AAK geben einen Hinweis auf alkoholische Beeinflussung. Jedenfalls statistisch gesehen besteht eine gute Korrelation zwischen AAK und BAK (Wilske aaO S. 20; Staak/Berghaus aaO S. 425 m.w.N.). Versuche des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München im Zeitraum von September bis November 1999 haben dies bestätigt; sie zeigen eine gute Übereinstimmung der AAK-Werte mit den BAK-Werten nahezu zeitgleich genommener Blutproben (vgl. Schreiben des Polizeipräsidiums München vom 7.2.2000 an das Bayer. Staatsministerium des Innern "Gegenüberstellung der AAK-Werte... und der BAK-Werte..."). Die oben (aa) erwähnte, die BAK-Gefahrengrenzwerte als richtig bestätigende Grand Rapids Study basiert auf der Messung der AAK. Folglich konnte der Gesetzgeber davon ausgehen, daß die in § 24 a StVG festgelegten Gefahrengrenzwerte jedenfalls prinzipiell vergleichbar sind. Die mögliche Besserstellung derjenigen, die sich einer AAK-Messung unterziehen, um 5 % ist so geringfügig, daß sie unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes zu vernachlässigen ist. Der möglichen Schlechterstellung in der Anflutungsphase wird durch den zeitlichen Ablauf der Messung (Beginn frühestens 20 Minuten nach Trinkende) jedenfalls teilweise begegnet. Zudem ist zu berücksichtigen, daß die Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit gerade in der Anflutungsphase besonders stark sind und die AAK in der Resorptionsphase den zeitlichen Verlauf der Alkoholwirkungen etwas besser beschreibt als der peripher-venöse Blutalkokolgehalt (Zoos/Reifer BA 1979, 321/336; Heifer BA 2000, 103). Schließlich können Verkehrsteilnehmer weder rechtlich noch tatsächlich gezwungen werden, sich einer AAK-Messung zu unterziehen; eine Atemprobe kann nur auf freiwilliger Basis gewonnen werden. Damit ist auch das gelegentlich aufgeworfene Problem eines nicht vorgesehenen "Wahlrechts" des Kraftfahrzeugführers zwischen AAK- und BAK-Untersuchung hinfällig; denn der Verkehrsteilnehmer kann die AAK-Probe verweigern mit der Folge, daß nur eine Blutentnahme und eine BAK-Bestimmung möglich sind.
3. Bedenken gegen die Meßgenauigkeit des verwendeten Geräts Alcotest 7110 Evidential MK III bestehen nicht. Neuere Veröffentlichungen belegen seine Zuverlässigkeit (Wilske aaO S. 16/17; Schmidt/Jachau/Wittig/Bartels/Krause BA 2000, 92/99; AG Klötze DAR 2000, 140 m.w.N.; vgl. auch Knopf/Slemeyer/Klüss aaO S. 7). Das Gerät ist amtlich zugelassen und geeicht; die Gerichte können deshalb - falls nicht im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für einen Meßfehler bestehen oder behauptet werden - grundsätzlich davon ausgehen, daß das Meßergebnis zutrifft (vgl. BGHSt 39, 291/297 f.). Soweit insbesondere von rechtsmedizinischen Wissenschaftlern Bedenken erhoben werden, betreffen sie nicht die Zuverlässigkeit des Gerätes an sich. Sie beruhen vornehmlich auf der unzutreffenden Annahme, die AAK-Messung müsse denselben Qualitätskriterien genügen wie die BAK-Messung, und lassen damit außer Betracht, daß es sich um nicht vergleichbare Meßmethoden zur Analyse unterschiedlicher Substanzen (einerseits Alveolarluft, andrerseits Serum des venösen Bluts) handelt, die jeweils spezifische Anforderungen erfüllen müssen.
a) Zu Unrecht wird eine regelmäßige Qualitätskontrolle entsprechend der BAK-Bestimmung gefordert, bei der in jeder Meßreihe Vergleichsstandardlösungen und Kontrollseren mitgeführt werden; eine Kontrolle des Meßgerätes etwa mit Prüfgasen sei zumindest im Tages- oder Wochenrhythmus bzw. bei jedem rechtserheblichen Einsatz erforderlich (Iffland/Bilzer DAR 1999, 1/2; Iffland/Eisenmenger/Bilzer NJW 1999, 1379/1380; Gilg BA 1999 suppl. 1 S. 30/34). Konkret begründet wird diese Forderung allerdings nicht. Sie läßt zudem außer Betracht, daß bei der AAK-Messung - anders als bei der BAK-Messung mit dem Alcotest 7110 Evidential MK III ein Gerät verwendet wird, das den Anforderungen der Normenreihe DIN VDE 0405 und der Organisation Internationale de Mètrologie Legale (OIML) genügt, für das aufgrund dessen die Bauartzulassung durch die PTB erteilt wurde, das geeicht ist und das in halbjährlichem Rhythmus nachgereicht wird. Durch die Eichung wird die Meßsicherheit des Gerätes gewährleistet (vgl. § 1 Nr. 2 EichG [BGBl 1992 I 711]). Die Gültigkeitsdauer der Eichung beträgt ein halbes Jahr (§ 12 Eichordnung Anh. B Nr. 18.5 [BGBl 1992 I 1653/1658]). Die Bauartzulassung setzte den Nachweis voraus, daß jedes der beiden indem Gerät eingesetzten Analysensysteme die Eichfehlergrenzen (und damit letztlich die Verkehrsfehlergrenzen, vgl. unten 4.) über die Dauer der Eichfrist hinaus einhält (vgl. Slemeyer Zur Frage der Fehlergrenzen bei der beweisfähigen Atemalkoholanalyse, eingereicht zur Veröffentlichung in BA [14.2.2000] S. 2). Umfangreiche Untersuchungen an über 470 Geräten haben gezeigt, daß weniger als 0,64 %o der untersuchten Geräte nach einem Eichzyklus von 6 Monaten Atemalkoholmeßwerte außerhalb der verkehrsfehlergrenzen lieferten, wobei die Abweichungen jedoch ausschließlich Unterschreitungen der unteren Verkehrsfehlergrenze darstellten; hieraus wird der Schluß gezogen, daß eine Verkürzung der Eichfrist nicht notwendig ist (vgl. Knopf/Slemeyer/Klüss aaO S. 7). Im Gutachten (S. 25/26) werden Kontrollmessungen mit Prüfgasen nicht gefordert; vielmehr werden ausdrücklich Messungen mit zwei unabhängig voneinander arbeitenden Meßsystemen, die sich gegenseitig hinsichtlich ihrer Meßwertqualität überprüfen (vgl. unten b), empfohlen. Im übrigen nimmt das Gerät interne Funktionsprüfungen mittels einer geräteintern erzeugten Gasprobe mit einer Ethanolkonzentration von 0,5 mg/l vor (Knopf/Slemeyer/Klüss aaO S. 3, 5, 9).
b) Unzutreffend ist die Behauptung, die Verwendung mit dem Alcotest 7110 Evidential MK III gemessener Atemalkoholwerte sei in der forensischen Praxis deshalb ausgeschlossen, weil dieses Gerät mit dem Infrarotdetektor entgegen den Anforderungen des Gutachtens nur bei einer statt bei zwei Wellenlängen messe (Iffland/Eisenmenger/Bilzer aaO S. 1380); sie beruht auf einem falschen Ausgangspunkt: Im Gutachten (S. 27/29) wird ausdrücklich lediglich beispielhaft und auf der Grundlage des damaligen (1990/1991) Standes der Technik empfohlen, zum Ausschluß einer Beeinflussung des Meßergebnisses durch Fremdgase in zwei Infrarotwellenlängen zu messen. Es ist auszuschließen, daß das Gutachten damit die vorgeschlagene Meßmethode für alle Zeit festschreiben und so die AAK-Analyse vom technischen Fortschritt ausschließen wollte. Die DIN VDE 0405 Teil 2 fordert unter 4.2. lediglich die Ausstattung des Meßgerätes mit zwei Meßsystemen unterschiedlicher Spezifität, ohne eine Festlegung auf Infrarotmessung in zwei unterschiedlichen Wellenlängen vorzunehmen. Das hier verwendete Gerät ermittelt die AAK mit zwei verschiedenen Meßsystemen, einem Infrarotsensor und einem elektrochemischen Sensor. Beide Meßsysteme messen unabhängig voneinander die AAK in der ausgeatmeten Alveolarluft. Die erste Atemprobe wird mit dem elektrochemischen Meßsystem analysiert. Ferner wird zusätzlich zu den Forderungen der Norm DIN VDE 0405 ein gleichzeitig mit dem infrarotoptischen Meßsystem gewonnener interner Kontrollwert der ersten Atemprobe mit dem Einzelergebnis des elektrochemischen Meßsystems verglichen, beide Werte müssen in engen Grenzen übereinstimmen. Aufgrund der unterschiedlichen analytischen Spezifität der beiden Meßsysteme wird durch dieses Verfahren der Einfluß von Fremdsubstanzen ausgeschlossen, die zu einer Differenz zwischen dem Einzelergebnis des elektrochemischen Meßsystems und dem internen Kontrollwert des infrarotoptischen Meßsystems führen würden. Die zweite Atemprobe wird entsprechend der Norm DIN VDE 0405 mit dem infrarotoptischen Meßsystem analysiert (Lagois aaO S. 82; Knopf/Slemeyer/Klüss aaO S. 2 ff.). Dies stellt zweifellos einen technischen Fortschritt dar gegenüber den Anforderungen des Gutachtens (Slemeyer aaO S. 2; Knopf/ Slemeyer/Klüss aaO S. 3; Lagois aaO S. 81/82).
c) Auf einem offensichtlichem Mißverständnis beruht die Forderung nach der Mitteilung "aller vier Meßwerte" (Iffland/ Bilzer aaO S. 2; Iffland/Eisenmenger/Bilzer aaO S. 1380). Weder das Gutachten noch die einschlägige DIN fordert die Ermittlung von vier Meßwerten; vielmehr ist dort ausdrücklich nur von 2 Einzelmessungen die Rede (Gutachten S. 23/31; DIN VDE 0405 Teil 2 S. 5 unter 4.2 und 4.3, Teil 3 S. 5 unter 5.4). Worauf Bode (US 2000, 172/173) seine Behauptung stützt, das Gutachten fordere die Messung von vier Einzelwerten (zwei Meßwertpaare), das Gerät Alcotest 7110 Evidential MK III ermittle "nur drei" Meßwerte, ist angesichts der dortigen eindeutigen Formulierungen nicht nachzuvollziehen. Tatsächlich wird die erste Atemprobe zwar sowohl mit dem elektrochemischen als auch mit dem infrarotoptischen Meßsystem analysiert (oben b); diese Analyse dient allerdings nur der geräteinternen Kontrolle, ausgedruckt und für die Mittelwertbildung aus den Analysewerten der beiden Atemproben verwertet wird dagegen lediglich der elektrochemisch ermittelte Wert (Lagois aaO S. 89, Tabelle 3; Knopf/Slemeyer/Klüss aaO S. 4; Slemeyer aaO S. 3).
4. Den mit dem Alcotest 7110 Evidential MK III gemessenen Einzelwerten sind ebensowenig Sicherheitszuschläge hinzuzurechnen wie dem aus ihnen gebildeten Mittelwert. Den Ausführungen von Bode (BA 1999, 249/253 ff. sowie ZfS 2000, 172/173 f.) vermag der Senat nicht zu folgen.
a) Die in § 24 a StVG festgelegten AAK-Grenzwerte von 0,25 mg/l bzw. 04 mg/l sind aus den BAK-Grenzwerten von 0,5 %o bzw. 0,8 %o einschließlich der in ihnen enthaltenen Sicherheitszuschläge von 0, 1 %o bzw. 0,15 %o (vgl. Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 35. Aufl. § 24 a StVG Rn. 11; vgl. auch BGHSt 28, 1/3) abgeleitet worden (BT-Dr. 13/1439 S. 4; Gutachten S. 53; Wilske aaO S.;16/17). Dies bedeutet: Im AAK-Grenzwert von 0,25 mg/l ist - bei Anwendung des vom Gesetzgeber gewählten Umrechnungsfaktors von 1 : 2000 - bereits ein (umgerechneter) Sicherheitszuschlag von 0,05 mg/l enthalten, im AAK-Grenzwert von 0,4 mg/l ein solcher von 0,07 mg/l (genau: 0,075 mg/l). Zu vergleichbaren Werten kommt Slemeyer (aaO S. 6, 8) ; die von ihm errechneten geringfügig abweichenden Werte (0,0595 bzw. 0,067 mg/l) beruhen darauf, daß er nicht den vom Gesetzgeber bei der Festlegung der konkreten Grenzwerte gewählten Umrechnungsfaktor von 1 : 2000 sondern den allgemein gebräuchlichen Faktor 1 : 2100 anwendet und zudem bei dem BAK-Grenzwert von 0,8 %o nur einen Sicherheitszuschlag von 0,1%o statt von 0,15 %o zugrundelegt (aaO S. 6).
Auch Scholz (Gutachten der PTB im Verfahren 4 OWi 317 Js 10701/99 AG Freyung) kommt zu vergleichbaren Ergebnissen; allerdings rechnet er ebenfalls mit dem Umrechnungsfaktor 1 2100 und berücksichtigt - wie seine Ergebnisse zeigen - beim BAK-Gefahrengrenzwert von 0,5 %o zu Unrecht einen Sicherheitszuschlag von 0,15 %o, was die Unterschiede zu den vom Senat errechneten Werten erklärt. Schoknecht (Anm. zu AG München NZV 2000, 181) kommt für den von ihm untersuchten Grenzwert von 0,4 mg/l zum selben Ergebnis wie der Senat.
b) Das zur Messung der AAK verwendete Gerät Dräger Alcotest 7110 Evidential MK III ist geeicht. Die Eichfähigkeit folgt aus seiner Bauartzulassung (§ 14 a ff. Eichordnung). Die Eichpflicht ergibt sich aus § 2 Abs. 1 und 2 EichG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Eichordnung. Mit der Eichung, deren Zweck hier die Gewährleistung der Meßsicherheit ist (§ 1 Nr. 2 EichG), wird garantiert, daß das Gerät die Verkehrsfehlergrenzen einhält (vgl. § 32 Eichordnung; Knopf/Slemeyer/Klüss aaO S. 6). Die Fehlergrenze ist definiert als die höchstzulässige positive oder negative Abweichung des Meßergebnisses vom richtigen Wert (§ 33 Abs. 1 Eichordnung; vgl. auch BGHSt 28, 1/2). Die Verkehrsfehlergrenzen betragen bei Atemalkoholmeßgeräten das 1,5-fache der Eichfehlergrenzen; diese belaufen sich auf 0,02 mg/l bei Werten unterhalb 0,40 mg/l und 5% des Meßwertes bei Werten zwischen 0,40 mg/l und 1,00 mg/l (§ 33 Abs. 4 Eichordnung i.V.m. Anlage 18 Abschn. 7 [BGBl 1992 I 1653/. 1665]). Bei Werten von 0,25 mg/l bis 0,39 mg/l beträgt die Verkehrsfehlergrenze mithin 0,03 mg/l; bei Werten von 0,40 bis 1,00 mg/l beträgt sie zwischen 0,03 und 0,075 mg/l. In der Praxis spielen jedoch nur AAK-Werte zwischen 0,4 mg/l und 0,54 mg/l eine Rolle, da ab 0,55 mg/l absolute Fahruntüchtigkeit naheliegt und deshalb eine BAK-Analyse angezeigt ist; damit kommen hier (nur) Verkehrsfehlergrenzen zwischen 0,03 mg/l und 0,04 mg/l in Betracht.
c) Diese Werte (0,03 mg/l bzw. von 0,03 mg/l bis 0,04 mg/l) liegen deutlich unter den in den Gefahrengrenzwerten von 0,25 mg/l bzw. 0,40 mg/l bereits enthaltenen Sicherheitszuschlägen von 0,05 mg/l bzw. 0,07 mg/l (oben a). Weitere Sicherheitszuschläge sind deshalb nicht veranlaßt (im Ergebnis ebenso Slemeyer und Scholz je aaO).
5. Eine Beeinflussung des Meßergebnisses etwa durch Fremdsubstanzen in der Atem- oder Umgebungsluft, durch die Atemtechnik (Hypo-/Hyperventilation), durch die Körper- oder Umgebungstemperatur bzw. durch Mundalkohol wird durch die Gerätetechnik zuverlässig ausgeschlossen (Lagois aaO S. 79 ff.; vgl. auch Knopf/Slemeyer/Klüss aaO S. 2 ff. sowie Schmidt/Jachau/Wittig/Bartels/Krause aaO S. 92 ff.). Auch mit der Beeinflussung einer Messung mit niedriger Konzentration durch eine vorangegangene Messung mit hoher Konzentration (Hysteresis) ist nicht zu rechnen (Slemeyer aaO S. 4/5).
6. Zu Recht hat das Amtsgericht der Verurteilung den ermittelten AAK-Wert von 0,40 mg/l zugrundegelegt. Eine unzulässige (vgl. BGHSt.28, 1/3) Aufrundung hat hier nicht stattgefunden. Sie ist nur bei der Bildung des Mittelwertes aus den beiden Meßergebnissen von Relevanz (vgl. Bulletin der Bayerischen Staatsregierung Nr. 20/99 vom 1.10.1999 S. 12; Knopf/Slemeyer/Klüss aaO S. 5, 7). Das Rundungsproblem stellt sich hier nicht, da beide Einzelmessungen Werte von 0,40 mg/l ergeben hatten.
III.
Das Rechtsmittel ist danach mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG als unbegründet zu verwerfen.
Ende der Entscheidung
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