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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 19.09.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 106/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23
Beschränkt sich ein Eigentümerbeschluss darauf, einen Antrag abzulehnen, besteht ein sogenannter Nichtbeschluss, der deswegen nicht für ungültig erklärt werden kann. Der Anfechtungsantrag läßt sich regelmäßig umdeuten in einen Antrag, der Maßnahme zuzustimmen, die abgelehnt wurde.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Dr. Delius

am 19. September 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen baulicher Veränderung,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts Deggendorf vom 6. Juni 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschluss des Landgerichts und der Beschluss des Amtsgerichts Deggendorf vom 10. Januar 2001 wie folgt abgeändert werden:

Die Antragsgegner sind verpflichtet, ihre Zustimmung dazu zu geben, dass die Antragsteller die vor ihrer Terrassentür gelegene Holzterrasse mit einem Dach versehen, das in derselben Höhe wie das Dach des neben der Terrasse befindlichen Schuppens angebracht und farblich an die baulichen Gegebenheiten angepasst ist.

II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus vier Reihenhäusern bestehenden Wohnanlage.

Den Antragstellern und den Antragsgegnern gehört jeweils ein Reihenmittelhaus; auf der Gartenseite ist an beide Häuser ein Schuppen angebaut, der zur Hälfte den Antragstellern und den Antragsgegnern gehört. Auf beiden Seiten grenzt an den Schuppen eine Holzterrasse an. Die Antragsteller beabsichtigen, ihre Holzterrasse mit einem Dach zu versehen, das in derselben Höhe wie das Dach des Schuppens angebracht und farblich an die baulichen Gegebenheiten angepasst wird.

In der Eigentümerversammlung vom 15.9.2000 wurde der Antrag der Antragsteller, die Terrassenüberdachung zu genehmigen, abgelehnt. Die Antragsteller haben beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 10.1.2001 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat am 6.6.2001 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat im wesentlichen keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Eigentümerbeschluss sei für ungültig zu erklären, weil zu der beabsichtigten Terrassenüberdachung die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer nicht erforderlich sei. Der optische Gesamteindruck der Wohnanlage, von der sich die Kammer bei einem Augenschein überzeugt habe, werde durch die beabsichtigte Baumaßnahme nicht so erheblich beeinträchtigt, dass es den übrigen Wohnungseigentümern unzumutbar wäre, die Überdachung hinzunehmen. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass die Häuserfront bereits durch den Geräteschuppen unterbrochen werde. Außerdem sei bei der Würdigung des optischen Gesamteindrucks zu berücksichtigen, dass an der Häuserfront Satellitenschüsseln und an der Nachbarwohnung eine Markise angebracht seien. Hinzu komme, dass die Überdachung farblich an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden solle. Auch solle das Dach nur in der Front des Geräteschuppens ausgeführt werden und nicht darüber hinausgehen. Schließlich könne nicht außer Betracht bleiben, dass bei Reihenhäusern bauliche Veränderungen anders zu gewichten seien als etwa bei Wohnungen in Hochhaus- oder Mehrhausgroßanlagen. Auch sei es sehr unwahrscheinlich, dass ein möglicher Käufer eines Reihenhauses seine Kaufentscheidung in wesentlichem Umfang von der Einheitlichkeit und Einförmigkeit der Häuserfront abhängig mache.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung im wesentlichen stand.

a) Die Voraussetzungen für eine Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4, § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG liegen nicht vor, weil sich der Beschluss vom 15.9.2000 in der Ablehnung des von den Antragstellern gestellten Antrags erschöpft. Es liegt überhaupt kein Eigentümerbeschluss vor, vielmehr ist ein sogenannter Nichtbeschluss gegeben. Der Antrag ist jedoch dahin umzudeuten, die dem Begehren der Antragsteller allein widerstrebenden Antragsgegner zu verpflichten, ihre Zustimmung zu der beabsichtigten baulichen Veränderung zu geben (BayObLGZ 1999, 149/151 f.; BayObLGZ NZM 2000, 672 f.; Palandt/Bassenge BGB 60. Aufl. § 23 WEG Rn. 12).

b) Ohne Rechtsfehler geht das Landgericht davon aus, dass die geplante bauliche Maßnahme für die Antragsgegner nicht nachteilig im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 2, § 14 Nr. 1 WEG ist. Es ist auch die in §§ 3, 6 Gemeinschaftsordnung (GO) bestimmte Pflicht zur Rücksichtnahme auf den einheitlichen Charakter der Wohnanlage nicht verletzt. Die Würdigung des Landgerichts liegt weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet. Sie kann vom Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur darauf überprüft werden, ob ihr Ergebnis auf einem Rechtsfehler beruht. Dies ist nicht der Fall.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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