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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 06.09.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 107/01
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 2
WEG § 24
WEG § 27 Abs. 2 Nr. 5
BGB § 398
1. Der Verwalter darf ohne Zustimmung der Wohnungseigentümer keine Forderungen gegen die Wohnungseigentümer anerkennen.

2. Nur wenn ein entsprechender Eigentümerbeschluss besteht, kann ein Wohnungseigentümer auf Zahlung von Wohngeld in Anspruch genommen werden.

3. Verstöße gegen die Vorschriften über die Einberufung zur Eigentümerversammlung führen nicht zur Nichtigkeit sondern nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse.


Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Dr. Delius

am 6. September 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Wohngelds,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 26. März 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 340000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Der minderjährige Antragsgegner war vom 14.12.1996 bis 10.12.1997 Eigentümer einer Wohnung, und ist seit 19.9.1995 Eigentümer einer weiteren Wohnung sowie seit 14.12.1996 Eigentümer weiterer 12 Wohnungen und dreier Garagenstellplätze.

Für die Zeit vom 1.5.1995 bis 30.4.1996 und vom 1.1. bis 31.12.1997 liegen bestandskräftige Eigentümerbeschlüsse über Jahresabrechnungen vor. Die Jahresabrechnungen für 1998 und 1999 sind angefochten. Für diese Jahre liegen bestandskräftige Eigentümerbeschlüsse über Wirtschaftspläne vor.

Der Antragsgegner hat keine Wohngeldzahlungen geleistet. Die Antragsteller verlangen eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung des geschuldeten Wohngeldes. Der Antragsgegner hat einen Betrag von 154959,18 DM anerkannt, bestreitet im übrigen eine Zahlungsverpflichtung und rechnet mit abgetretenen Honorar- und Aufwendungsersatzansprüchen seiner Eltern auf. Er hat beantragt festzustellen, dass die abgetretene Forderung in Höhe von 194720 DM besteht und die Aufrechnung mit ihr zulässig ist. Ferner hat er beantragt, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Das Amtsgericht hat durch Teilbeschluss vom 10.10.2000 den Antragsgegner zur Zahlung eines Teilbetrags von 178955,16 DM nebst Zinsen verpflichtet, den Zahlungsantrag der Antragsteller in Höhe von 36287,81 DM und den Feststellungsantrag des Antragsgegners sowie dessen Prozesskostenhilfegesuch abgewiesen. Der Betrag von 178955,16 DM setzt sich aus einer Wohngeldschuld aufgrund der Jahresabrechnung 1997 in Höhe von 61605,01 DM sowie Wohngeldschulden aufgrund des Wirtschaftsplans 1998 in Höhe von 42880,12 DM, aufgrund des Wirtschaftsplans 1999 in Höhe von 43390,03 DM sowie des Wirtschaftsplans 2000 bis einschließlich Juli 2000 in Höhe von 31080 DM zusammen.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragsgegners durch Beschluss vom 26.3.2001 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Feststellungsantrag als unzulässig verworfen wird. Auch für das Beschwerdeverfahren wurde Prozesskostenhilfe versagt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Eigentümerbeschluss vom 24.11.1998 über die Jahresabrechnung 1997 sei bestandskräftig. Er sei nicht nichtig. Eine Nichtigkeit ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass der Antragsgegner zu der Versammlung nicht eingeladen worden sei, dass die Verwalterin aufgrund ihr von Wohnungseigentümern erteilten Vollmachten für die Genehmigung der Jahresabrechnung gestimmt habe, dass bei der Bezeichnung der Verwalterin der Zusatz "GmbH" fehle, dass die Bewirtschaftungskosten überhöht seien, dass das Sondereigentum betreffende Ausgaben enthalten seien, nicht jedoch Einnahmen aus Vermietung und dass der Abrechnungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung nicht bei allen Positionen zutreffend angewendet worden sei.

Aus denselben Gründen seien auch die bestandskräftigen Wirtschaftspläne, soweit auf sie die Zahlungsverpflichtung gestützt sei, nicht nichtig.

Die Forderung der Wohnungseigentümer sei nicht durch Aufrechnung mit Honorar- und Aufwendungsersatzansprüchen, die dem Antragsgegner abgetreten worden seien, erloschen. Ein behauptetes Anerkenntnis dieser Forderungen durch den damaligen Verwalter und Verwaltungsbeirat binde die Wohnungseigentümer nicht; eine hierzu erforderliche Ermächtigung seitens der Wohnungseigentümer liege nicht vor. Im übrigen stehe einer Aufrechnung das Aufrechnungsverbot der Gemeinschaftsordnung entgegen, die insoweit nicht an den Vorschriften des AGB-Gesetzes zu messen sei. Bei den zur Aufrechnung gestellten Forderungen handle es sich schließlich nicht um anerkannte oder rechtskräftig festgestellte oder um solche aus einer Notgeschäftsführung. Nur mit diesen könne gegen Wohngeldforderungen aufgerechnet werden.

Der Feststellungsantrag sei unzulässig, weil das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Antragsgegner könne nämlich, da eine Aufrechnung nicht zulässig sei, auf Leistung klagen.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Wohngeld aufgrund der bestandskräftigen Eigentümerbeschlüsse über die Jahresabrechnung 1997 und die Wirtschaftspläne 1998 bis 2000 bestätigt. Diese Eigentümerbeschlüsse gemäß § 28 Abs. 5 WEG begründen und konkretisieren die sich aus § 16 Abs. 2 WEG ergebende Verpflichtung jedes Wohnungseigentümers, anteilsmäßig die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen (allg. M.; vgl. BGH NJW 1985, 912 f.; BayObLG FGPrax 1997, 19; Weitnauer/Hauger WEG 8. Aufl. § 16 Rn. 25; Palandt/Bassenge BGB 60. Aufl. § 16 WEG Rn. 14). Zu Recht hat das Landgericht eine Nichtigkeit dieser Eigentümerbeschlüsse verneint. Verstöße gegen die Gemeinschaftsordnung oder das Gesetz, z.B. über die Einberufung der Versammlung (§ 24 WEG; s. dazu BGHZ 142, 290/294), oder bei der Aufstellung der Jahresabrechnung oder des Wirtschaftsplans, führen nur zu einer Anfechtbarkeit, nicht aber zur Nichtigkeit. Daran hat sich durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.9.2000 (BGHZ 145, 158 = NJW 2000, 3500) nichts geändert. Im Verfahren über den Antrag auf Zahlung von Wohngeld können Einwendungen gegen das formelle Zustandekommen und den sachlichen Inhalt des zugrundeliegenden Eigentümerbeschlusses grundsätzlich nicht geltend gemacht werden (BayObLG ZWE 2000, 128).

b) Auch die Ausführungen des Landgerichts zum Verbot einer Aufrechnung gemäß § 398 BGB mit Ansprüchen, die weder anerkannt noch rechtskräftig festgestellt sind oder aus einer Notgeschäftsführung herrühren, entspricht allgemeiner Meinung und der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BayObLG NZM 1998, 918 f.; FGPrax 1999, 176 f.). Zu Recht hat das Landgericht ein wirksames Anerkenntnis der zur Aufrechnung gestellten Ansprüche verneint, weil der Verwalter oder der Verwaltungsbeirat hierzu einer Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer bedürften, die nicht vorliegt (BayObLG WuM 1997, 398 f.; vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG).

Schließlich hat das Landgericht auch die Abweisung des Feststellungsantrags durch das Amtsgericht ohne Rechtsfehler bestätigt.

c) Die Versagung der Prozesskostenhilfe durch das Amtsgericht kann nicht mit der weiteren Beschwerde angefochten werden (§ 43 Abs. 1 WEG, § 14 FGG, § 127 Abs. 2 Satz 2, § 568 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe durch das Landgericht für das Beschwerdeverfahren ist eine weitere Beschwerde nicht zulässig (BayObLGZ 1991, 414).

3. Es erscheint angemessen, dem unterlegenen Antragsgegner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird in Übereinstimmung mit der Wertfestsetzung des Landgerichts auf 340000 DM festgeseetzt (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG).

Ende der Entscheidung

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