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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.02.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 110/03
Rechtsgebiete: BGB, WEG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 675
WEG § 26
WEG § 27
ZPO § 4
ZPO § 89
ZPO § 313
1. Bezeichnet das Amtsgericht in einem gegen die Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gerichteten Verfahren die Gesellschaft als Antragsgegnerin, so kann in der Rechtsmittelinstanz eine Berichtigung des Rubrums erfolgen, wenn die falsche Beteiligtenbezeichnung ersichtlich auf einem Versehen beruht.

2. Das Fehlen einer Ermächtigung des Verwalters zur Geltendmachung von Ansprüchen in Verfahrensstandschaft wird geheilt, wenn die Wohnungseigentümer den Verwalter während des Verfahrens mit der Geltendmachung der Ansprüche beauftragen.

3. Enthält der Beschluss über die Bestellung des Verwalters Regelungen über die Verwaltervergütung, so ist der Verwaltungsbeirat nicht bevollmächtigt, im Verwaltervertrag Sondervergütungen zu vereinbaren.

4. Eine geltend gemachte Sondervergütung des Verwalters für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen ist keine Nebenforderung im Sinn des § 4 ZPO, sondern bei der Geschäftswertfestsetzung zu berücksichtigen.


Gründe:

I.

Die Antragsgegner sind als Gesellschafter bürgerlichen Rechts Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, für deren übrige Wohnungseigentümer die Antragstellerin als Verfahrensstandschafterin Zahlungsansprüche geltend macht.

Die Antragstellerin wurde in der Eigentümerversammlung vom 27.7.1999 für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2000 zur Verwalterin bestellt. Der Verwaltervertrag vom 10./13./15.12.1999 ist von zwei der drei Mitglieder des Verwaltungsbeirats unterzeichnet und enthielt zunächst eine zweijährige Vertragslaufzeit (1.1.2000 bis 31.12.2001), die mit handschriftlichem Randvermerk eines Beiratsmitglieds später auf "2002" abgeändert wurde. Im Bestellungsbeschluss wurden die Verwaltergebühren sowie die Kosten für eine außerordentliche Eigentümerversammlung und die jährliche Pauschale für Kopier- und Portokosten geregelt. Dem Verwaltervertragsformular wurde maschinenschriftlich der Zusatz hinzugefügt, dass für die Durchführung gerichtlicher Mahnverfahren ein Kostenersatz von 200 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vom Eigentümer erhoben werden.

Nach vorangegangenem Mahnbescheidsverfahren hat die Antragstellerin beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin 2.987,83 EUR aus der Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 1999, aus einer beschlossenen Sonderumlage, aus der Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 2000 nebst Zinsen und vorgerichtlichen Mahnauslagen zu bezahlen. Ferner beantragte die Antragstellerin die Verpflichtung der Antragsgegner zur Zahlung einer Verwaltersondervergütung in Höhe von 118,62 EUR. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 14.5.2002 den Anträgen in vollem Umfang entsprochen. Als Antragsgegner bezeichnete das Amtsgericht jedoch nicht die Antragsgegner, sondern die aus diesen bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 5.5.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nur zu einem geringen Teil begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Verwalterin sei zur Geltendmachung der Ansprüche in Verfahrensstandschaft aufgrund der Regelungen im Verwaltervertrag berechtigt gewesen. Sie sei für die Zeit von 1.1.2000 bis 31.12.2001 wirksam als Verwalterin bestellt gewesen.

Die Bezeichnung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Rubrum des Amtsgerichts sei einer Auslegung bzw. der Rubrumsberichtigung zugänglich.

In der Sache ergebe sich die Forderung aus nicht für ungültig erklärten Eigentümerbeschlüssen. Die Verwaltersondervergütung ergebe sich aus dem Verwaltervertrag. Die Regelung im Verwaltervertrag sei nicht nach § 9 AGBG a.F. unwirksam, da es sich schon vom Schriftbild her um eine Individualvereinbarung handele. Der Antrag auf Erstattung von Mahngebühren wurde in der Beschwerdeinstanz zurückgenommen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung weitgehend stand.

a) Die Antragsgegner sind im Beschluss des Amtsgerichts unrichtig bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 319 ZPO. Die Antragsgegner wurden stets, zuletzt noch im Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht am 7.5.2002, richtig bezeichnet. Lediglich die Antragsgegner reichten ihre Schriftsätze unter dem Briefkopf der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein. Letzteres mag zur unrichtigen Bezeichnung geführt haben. Jedenfalls besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass das Amtsgericht bewusst eine bisher am Verfahren nicht Beteiligte anstelle der Antragsgegner zur Zahlung verpflichten wollte. Eine Berichtigung in entsprechender Anwendung des § 319 ZPO kann auch noch im Rechtsmittelverfahren erfolgen (vgl. Reichold in Thomas/Putzo 25. Aufl. § 319 Rn. 5 m.w.N.). Das Landgericht hat die Möglichkeit der Rubrumsberichtigung in den Entscheidungsgründen angesprochen, aber eine förmliche Berichtigung nicht vorgenommen. Der Senat holt dies nach. Einer erneuten ausdrücklichen Anhörung der Beteiligten hierzu bedurfte es nicht, da bereits das Landgericht die Frage der Rubrumsberichtigung angesprochen hat und die Parteistellung auch in der Rechtsbeschwerdebegründung thematisiert wurde.

Da es sich lediglich um eine Fehlbezeichnung der Antragsgegner im amtsgerichtlichen Urteil gehandelt hat, gehen die Ausführungen der Rechtsbeschwerde zur unterbliebenen Beteiligung der Gesellschaft als solcher ins Leere.

b) Die Antragstellerin kann die Ansprüche in Verfahrensstandschaft geltend machen.

Wie der Senat bereits in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 13.11.2003 (2Z BR 109/03) ausgeführt hat, wurde die Antragstellerin mit Eigentümerbeschluss vom 27.7.1999 wirksam zur Verwalterin bestellt, ohne dass es auf die Wirksamkeit des abgeschlossenen Verwaltervertrags ankommt. Zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens durch Stellung der Mahnbescheidsanträge am 31.8.2001 war die Antragstellerin Verwalterin. Dass die Antragstellerin ihre Verwalterstellung zwischenzeitlich, spätestens zum 31.12.2002 durch Zeitablauf, verloren hat, ist unschädlich, da der Verwalter seine Stellung als Beteiligter auch behält, wenn er während des Verfahrens aus seinem Amt ausscheidet (vgl. Niedenführ/Schulze WEG 6. Aufl. vor §§ 43 ff. Rn. 109 m.w.N.).

Allerdings fehlte es der Antragstellerin zunächst an der allgemein und nach § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG erforderlichen Ermächtigung der Wohnungseigentümer. Der Beschluss über die Bestellung der Antragstellerin zur Verwalterin vom 27.7.1999 enthielt keine Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirats zum Abschluss des Verwaltervertrags. Im Verwaltervertrag fand sich an der dafür vorgesehenen Stelle "Die Vertretungsbefugnis beruht auf:" auch kein Eintrag.

Der Mangel der fehlenden Ermächtigung wurde jedoch analog § 89 Abs. 2 ZPO durch Genehmigung geheilt. Die Wohnungseigentümer beschlossen nämlich in der Eigentümerversammlung vom 23.1.2002 unter Tagesordnungspunkt 2.1. die Hausverwaltung zu beauftragen, unter anderem gegen den Eigentümer B. einen Mahnbescheid für ausstehende Zahlungen über 3.250,28 EUR zu erlassen und stellten fest, dass über den Betrag von 1.545,29 EUR ein Mahnbescheid bereits gerichtsanhängig sei. Dieser Beschluss ist nach seiner nächstliegenden Bedeutung dahin auszulegen, dass das bisherige gerichtliche Vorgehen genehmigt wird und wegen der weiteren Beträge ein gerichtliches Vorgehen in die Wege geleitet werden soll. Ersichtlich und für jedermann erkennbar ging es den beschließenden Wohnungseigentümern darum, dass die Beträge mit gerichtlicher Hilfe beigetrieben werden, wobei die Formulierung in den Hintergrund tritt, dass nur ein Eigentümer als Schuldner bezeichnet ist und dass nur von Mahnbescheiden die Rede ist. Eine derartige Beschränkung auf den Wortlaut würde offenbar einer interessengerechten Auslegung nicht entsprechen.

c) Den geschuldeten Betrag hat das Landgericht in der Hauptsache ohne Rechtsfehler ermittelt. Soweit die Rechtsbeschwerde Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnungen erhebt, kann sie damit schon deshalb nicht gehört werden, da die Beschlüsse über die Abrechnungen nicht für ungültig erklärt sind. Umstände, aus denen eine Nichtigkeit der Beschlüsse abgeleitet werden könnte, sind nicht ersichtlich. Auch die Rechtsbeschwerde legt für ihre diesbezügliche Annahme keine Gründe dar.

d) Begründet ist die Beschwerde insoweit, als sich die Antragsgegner gegen ihre Verpflichtung zur Zahlung der Verwaltersondervergütung wenden. Hierfür besteht keine Rechtsgrundlage. Wie bereits ausgeführt, waren die Mitglieder des Verwaltungsbeirats nicht zum Abschluss des Verwaltervertrages bevollmächtigt. Darüber hinaus hätte eine eventuelle Vollmacht die Regelung über eine Sondervergütung nicht umfasst, da die Vergütung des Verwalters bereits im Eigentümerbeschluss über die Bestellung der Antragstellerin abschließend geregelt war. Auf die Frage, ob es sich bei der Zusatzvereinbarung um eine allgemeine Geschäftsbedingung handelt, kommt es deshalb nicht an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 und 2 WEG. Es entspricht der Billigkeit, den in allen Instanzen weitgehend unterlegenen Antragsgegnern die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen. Hinsichtlich des geringen Teilerfolgs, den die Antragsgegner erzielt haben, zieht der Senat den Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO heran. Die Zuvielforderung war mit etwa 1/30 der Gesamtsumme geringfügig. Die durch den Gebührensprung bei 3.000 EUR veranlassten zusätzlichen Kosten sind im Vergleich zu den übrigen Kosten nur geringfügig.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Analog § 4 ZPO sind zwar die ursprünglich geltend gemachten Mahngebühren außer Betracht zu lassen. Bei der Verwaltersondervergütung handelt es sich jedoch nicht um eine Nebenforderung im Sinn des § 4 ZPO, sondern um eine selbständige Vergütungsforderung, die bei der Bemessung des Geschäftswerts zu berücksichtigen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO hat der Senat auch die Geschäftswertfestsetzungen durch die Vorinstanzen von Amts wegen abgeändert.

Ende der Entscheidung

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