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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.08.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 112/03
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 670
BGB § 677
BGB § 683
BGB § 684
BGB § 812
WEG § 16 Abs. 2
WEG § 21 Abs. 2
WEG § 21 Abs. 4
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2
1. Den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung muss es nicht widersprechen, wenn die Wohnungseigentümer statt der vorgeschlagenen Sanierung einer Fassadenfläche durch Anbringung eines Vollwärmeschutzes im Hinblick auf sonstige dringliche Baumaßnahmen übergangsweise eine sachverständigenseits ebenfalls ins Spiel gebrachte Reparatur durch Verspachteln entstandener Risse durchführen lassen. Haben die Wohnungseigentümer bis zu dieser Reparatur schuldhaft eine Instandhaltung der Fassade verzögert, beruht ein Schaden am Sondereigentum, der nach der Reparatur der Fassade entstanden ist, nicht auf einer schuldhaften Pflichtverletzung der Wohnungseigentümer.

2. Fenster aus Kunststoff mit Isolierglas sind Teil des gemeinschaftlichen Eigentums.

3. Kostenerstattungsanspruch eines Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft beim Austausch von Fenstern, auch wenn nachträglich nicht mehr feststellbar ist, ob es sich hierbei um die einzige in Betracht kommende Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung handelt.

4. Durch Gerichtsbeschluss können die übrigen Wohnungseigentümer nicht ohne Einschränkung zur Zahlung des verauslagten Betrags verpflichtet werden. Der auf den Antragsteller bei Anwendung des Kostenverteilungsschlüssels entfallende Anteil ist abzuziehen. Die Verpflichtung jedes Wohnungseigentümers beschränkt sich der Höhe nach auf den auf ihn entfallenden Anteil; insoweit besteht kein Gesamtschuldverhältnis (Ergänzung zu BayObLGZ 1986, 322).


Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, deren Gebäude vor 1970 im sozialen Wohnungsbau errichtet wurden. Die Bildung von Wohnungseigentum vollzog sich in den Jahren 1979/1980. Dem Antragsteller gehört seit Oktober 1993 die Wohnung Nr. 16. Nach der Gemeinschaftsordnung bilden die Innenfenster einen Teil des Sondereigentums.

Ab 1980 wurde die Wohnanlage in mehreren Abschnitten saniert. So wurden 1980 die Giebelwände zweier Gebäude verkleidet, 1989 wurde das Dach erneuert, 1990/1991 ließen die Wohnungseigentümer Fassadenrisse beseitigen und 1993 einen Vollwärmeschutz an der Nordfassade anbringen.

Schon 1980 kam es in der Wohnung des Antragstellers zu Schimmelpilzbildung, vor allem an der Innenwand der Nordfassade. Die Rechtsvorgängerin des Antragstellers bemühte sich seit 1986 zunächst wiederholt vergeblich, in Eigentümerversammlungen einen Beschluss über die Anbringung einer wärmeisolierenden Verkleidung vor allem an der Nordfassade herbeizuführen. Bereits in den Jahren 1980 und 1983, aber auch im Jahr 1990 hatten unterschiedliche Gutachter neben individuellem Heizverhalten Risse in der Nordfassade und eine fehlende Fassadenisolierung für die Schimmelpilzbildung in den daran angrenzenden Wohnungen verantwortlich gemacht. In der Eigentümerversammlung vom 24.5.1993 beschlossen die Wohnungseigentümer schließlich die entsprechende Sanierung der Gebäudenordseite durch Anbringen einer Wärmeschutzverkleidung. Seit die Maßnahme noch im gleichen Jahr durchgeführt wurde, gibt es in der Wohnung des Antragstellers keine Schimmelpilzbildung mehr.

Der Antragsteller hatte seine Wohnung vermietet. Wegen der Schimmelpilzbildung nahm der Mieter in den Jahren 1991 bis 1993 eine Mietkürzung vor und zog schließlich aus. Der Antragsteller begehrt nun aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Rechtsvorgängerin von den Antragsgegnern Schadensersatz wegen schuldhaft verzögerter Sanierungsmaßnahmen in Höhe von 4932,29 DM (= 2521,84 EUR), nämlich der Differenz zwischen verlangter und erhaltener Miete, Inseratskosten, Kosten für anwaltliche Beratung, Aufwendungen zur Schimmelpilzbeseitigung, Mehrkosten für Maler- und Reparaturarbeiten sowie Mietausfall infolge Leerstands der Wohnung.

Darüber hinaus verlangt der Antragsteller Ersatz von Aufwendungen für einen Fensteraustausch. Damit hat es folgende Bewandtnis.

Im Jahr 1987 hielt die Rechtsvorgängerin des Antragstellers die zweiflügeligen Fenster für dringend sanierungsbedürftig. Am 11.5.1987 wurde in der Eigentümerversammlung die Auswechslung von Fenstern diskutiert. Zu einer Beschlussfassung kam es nicht. In der Niederschrift ist festgehalten:

Eigentümer, die sich neue Fenster einbauen lassen wollen, können dies nach Absprache mit der Verwaltung tun; das Aussehen der Fassade darf jedoch durch den Einbau nicht verändert werden.

Die Rechtsvorgängerin des Antragstellers ließ daraufhin Ende 1987 neue Fenster (Kunststofffenster mit Isolierglas) einbauen und wandte dafür 9208,92 DM auf. Unter Berücksichtigung der in der Gemeinschaftsordnung als Sondereigentum beschriebenen Innenfenster begehrt der Antragsteller von den Wohnungseigentümern die Erstattung von 3/4 der aufgewandten Kosten für die Fenstererneuerung (6906,69 DM = 3531,33 EUR).

Weil es unter den Wohnungseigentümern zu Streitigkeiten über die Tragung von Fenstersanierungskosten kam, fassten die Wohnungseigentümer im Mai 1992 folgenden Beschluss:

Zur einheitlichen Regelung der Kostenfrage für die Instandsetzung und Erneuerung der Wohnungsfenster trägt jeder Wohnungseigentümer seine Kosten selbst, jedoch vorbehaltlich der Entscheidung des Gerichts im anstehenden Verfahren ...

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 30.1.1996 den Antrag auf Zahlung von 11838,98 DM abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht am 14.4.2003 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Jeder Wohnungseigentümer könne von den übrigen Wohnungseigentümern eine ordnungsmäßige Verwaltung und damit eine ordnungsmäßige Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen. Nähmen die Wohnungseigentümer schuldhaft erforderliche Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig vor, so hafteten sie wegen Verletzung vertraglicher Pflichten, wenn ein Wohnungseigentümer dadurch einen Schaden erleide.

Der Schimmelpilzbefall an der Innenseite der Nordwand beruhe auf der Durchfeuchtung des schadhaften Mauerwerks. Das Problem sei durch Anbringung der Wärmeisolierung in Wegfall gekommen. An einer Kausalität zwischen den baulichen Mängeln der Nordfassade und der Schimmelpilzbildung an der Innenwandfläche im Sondereigentum des Antragstellers beständen keinerlei Zweifel. Es fehle aber eine schlüssige Darlegung, dass die Antragsgegner die Sanierung der Nordfassade über 1990 hinaus schuldhaft verzögert hätten. Eine Verkleidung der Wandfassade sei zwar bereits nach den Gutachten aus den Jahren 1980 und 1983 veranlasst, gewesen, welche die Wohnungseigentümer auch gekannt hätten. Schäden bis einschließlich 1989 habe der Antragsteller jedoch nicht dargetan. Ab dem Jahr 1990 fehle es an einer schuldhaft pflichtwidrigen Verzögerung der Fassadensanierung durch die Wohnungseigentümer. Jeweilige Anträge seien zwar 1990 und 1991 noch abgelehnt worden. Jedoch habe ein weiterer Sachverständiger in einem am 30.4.1990 erstellten Gutachten eine Sanierung der betroffenen Fassaden durch Verspachteln der Risse bei gleichzeitiger bereits in die Wege geleiteter Dachsanierung als ordnungsmäßige Maßnahme angesehen. Auch wenn die Anbringung eines Vollwärmeschutzes an den Fassaden als zweckmäßiger und wertvoller beurteilt werde, habe dieser Gutachter die Wahl zwischen einer Verspachtelung oder einer höherwertigen Sanierung durch Vollwärmeschutz ins Ermessen der Wohnungseigentümer gestellt. Als die Wohnungseigentümer schließlich im November 1993 die Risse durch eine Fachfirma hätten verschließen lassen, habe die Gemeinschaft sich pflichtgemäß verhalten.

Für die Schimmelpilzbildung sowie für Maler- und Reparaturaufwendungen könne ebenfalls nichts zugesprochen werden, weil die Höhe der durch die Pflichtverletzung vor 1990 verursachten Kosten nicht einmal ansatzweise bestimmbar sei. Schon 1980 sei die Wohnung von Schimmelpilz befallen gewesen. Auch das schadhafte Dach habe dazu beigetragen; dieses sei jedoch wesentlich früher als die Nordfassade saniert worden. Für pflichtwidrige Verzögerungen bei der Dachsanierung gebe es keine Anhaltspunkte. Ein "Verschlimmerungsschaden" im Zeitraum von 1980 bis 1989 lasse sich nicht feststellen. Auch ein Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Mietausfallschaden im Jahr 1993 lasse sich nicht herstellen. Auf ein Mitverschulden des Antragstellers oder seiner Rechtsvorgängerin komme es nicht mehr an.

Aufwendungsersatz für den Einbau neuer Fenster könne der Antragsteller nicht verlangen. Es beständen weder unter dem Gesichtspunkt einer Notmaßnahme noch aus Auftrag, Gesamtschuldnerausgleich, Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung Erstattungsansprüche gegen die Gemeinschaft. Insbesondere lasse sich nicht mehr aufklären, inwieweit der Austausch der Fenster im Jahr 1987 wirklich erforderlich gewesen sei oder auch eine einfache, schlichte Reparatur als Instandhaltungsmaßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte. In welchem Umfang die Fenster gemeinschaftliches Eigentum seien, könne deshalb dahinstehen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält nicht in jeder Hinsicht rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Zum Schadensersatzanspruch wegen Schimmelpilzes und Nässeschäden in der Wohnung hat das Landgericht unter Würdigung der vorgelegten Gutachten festgestellt, dass die Wohnungseigentümer ab 1990 ihrer Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Wohnungseigentums nachgekommen sind, indem sie bei gleichzeitig in die Wege geleiteter Dachsanierung eine Reparatur der Süd- wie der Nordfassade durch Verspachteln der Risse haben durchführen lassen. Die Wahl zwischen einer höherwertigen Sanierung durch Anbringung eines Vollwärmeschutzes oder einer Reparatur durch Verschließen der Risse habe im Ermessen der Wohnungseigentümer gestanden.

Diese fehlerfrei getroffenen Feststellungen (§ 27 Abs. 1 Satz.2 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO) binden den Senat, ohne dass es darauf ankommt, ob die sachlichen Folgerungen des Tatrichters die einzig möglichen, d.h. zwingend sind oder dass eine andere Schlussfolgerung ebenso nahe oder noch näher gelegen hätte (BGH FGPrax 2000, 130; Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 42 m. w. N.). Auch die tatsächliche Würdigung von Sachverständigengutachten ist den Instanzgerichten vorbehalten und unterliegt nur einer auf Rechtsfehler beschränkten Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht (BayObLG WE 1991, 23/24; ZMR 2003, 436; Keidel/Meyer-Holz § 27 Rn. 43).

(1) Mit seinen Angriffen gegen die vom Landgericht gezogenen Schlüsse setzt der Antragsteller seine Sichtweise an die Stelle der des Beschwerdegerichts. Damit kann er nicht durchdringen. Ihm kann zugestanden werden, dass nach einem 1983 erstellten Gutachten das Wohngebäude Mängel in der Wärmedämmung aufwies und hiernach eine zusätzliche Isolierung sinnvoll gewesen wäre. Das Gutachten führt aber auch aus, dass der vorhandene Wärmeschutz den im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Vorschriften entsprach und weiterreichende Maßnahmen eine Wertverbesserung darstellten. Es erscheint schon zweifelhaft, ob auf dieser Grundlage den Wohnungseigentümern vorgeworfen werden kann, sie hätten sich zwischen 1983 und 1990 pflichtwidrig verhalten, weil sie eine Verkleidung der Nordfassade ablehnten. Ein Anspruch auf modernisierende, also verbessernde Instandsetzung scheidet im Allgemeinen ebenso aus wie ein auf Unterlassung solcher Maßnahmen gestützter Schadensersatzanspruch (OLG Hamburg WuM 1999, 55/57). Jedenfalls konnte das Landgericht ohne Rechtsfehler eine Pflichtwidrigkeit der Wohnungseigentümer verneinen, wenn sie im Jahr 1990 zunächst die Auswirkungen der vorgenommenen und sachverständigenseits gutgeheißenen Dachsanierung abwarteten und sich hinsichtlich der Fassade für eine Übergangslösung entschieden, indem zum Schutz vor eindringender Feuchtigkeit die vorhandenen Risse verkittet wurden.

(2) Eine Maßnahme liegt dann im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer und entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung im Sinn von § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG, wenn sie bei objektiv vernünftiger Betrachtung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nützlich ist (Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 21 Rn. 64). Für die Ordnungsmäßigkeit spielt die konkrete Situation der Gemeinschaft und auch deren finanzielle Leistungsfähigkeit eine Rolle. Jedoch kann es auch bei hoher finanzieller Belastung der Gemeinschaft geboten sein, eine Instandsetzungsmaßnahme angesichts einer fortschreitenden Verschlechterung des Bauzustands nicht zu verschieben. Kommen im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung mehrere Maßnahmen in Betracht, so ist es die Sache der Wohnungseigentümer, durch Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung eine Auswahl zu treffen. Die Wohnungseigentümer besitzen einen Beurteilungsspielraum zwischen mehreren möglichen Alternativen und müssen weder zwangsläufig die aufwendigste noch die kostengünstigste ergreifen (siehe etwa BayObLG ZMR 2003, 436). Es hält sich im Rahmen dieses Auswahlermessens, nach der abgeschlossenen Dachsanierung auch unter finanziellen Gesichtspunkten zunächst nur eine Rissverkittung an der Fassade vorzunehmen, also den "status quo" zu erhalten. Dass sich die Fugenverschließung in der Folgezeit als ungenügend erwies, begründet für die Wohnungseigentümer kein Verschulden (§ 276 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB a.F.), weil es für die Vorhersehbarkeit auf den Zeitpunkt ankommt, in dem die Handlung hätte vorgenommen werden müssen.

(3) Das Landgericht hat die 1990 veranlasste Verfugung der Risse als Maßnahme angesehen, die den aus dem vorherigen Unterlassen von Sanierungsmaßnahmen geschaffenen Kausalverlauf vollständig unterbrochen und durch eine neue Verursachungskette ersetzt hat. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ein Schadensersatzanspruch des Antragstellers ergäbe sich hiernach für Schäden aus der Zeit nach 1990 nur, sofern die Verfugungsmaßnahme selbst einen Akt nicht ordnungsmäßiger Verwaltung dargestellt hätte. Dies ist jedoch, wie dargestellt, nicht der Fall. Einen Schaden, der aus der unterstellten Verzögerung von Instandsetzungsmaßnahmen zwischen 1983 und 1990 entstammt, hat das Landgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei verneint. Ein solcher liegt auch. deshalb fern, weil der Antragsteller die Wohnung wohl Anfang der 90er Jahre noch vermieten konnte, was dafür spricht, dass sie sich in einem optisch befriedigenden Zustand befand.

b) Was die Erstattungspflicht der Antragsgegner für den Fensteraustausch angeht, beruht die Tatsachenwürdigung des Landgerichts hingegen auf Rechtsfehlern. Denn das Beschwerdegericht hat die Beweisanforderungen zu hoch angesetzt (Keidel/ Meyer-Holz § 27 Rn. 42 m. w. N.). Das Landgericht ist davon ausgegangen, der Austausch der Fenster im Jahr 1987 sei keine Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung und habe auch keine zumindest nützliche Maßnahme dargestellt; insoweit sind die Anforderungen an die Anknüpfungstatsachen überzogen. Der Senat kann selbst die dazu erforderlichen Umstände aus dem unstreitigen Akteninhalt feststellen und bewerten (BayObLG NZM 1998, 1010/1011).

(1) Die Fenster sind notwendiger Bestandteil des gemeinschaftlichen Eigentums (BayObLG NJW-RR 1996, 140; OLG Hamburg ZMR 2002, 618; Müller Praktische Fragen des Wohnungseigentums 3. Aufl. Rn. 61; jetzt auch Merle in Bärmann/Pick/Merle § 5 Rn. 36). Ob anderes entsprechend der Gemeinschaftsordnung für selbständig abnehmbare Innenfenster von Doppelfenstern mit eigenem Rahmen gilt, kann auf sich beruhen. Bei den eingebauten Elementen handelt es sich nämlich um Kunststofffenster mit Isolierglas, die dem Gemeinschaftseigentum nach § 5 Abs. 2 WEG zuzuordnen sind.

(2) Im Protokoll der Eigentümerversammlung vom 3.6.1991 ist festgehalten, dass sich die Fenster auf der Nordseite in desolatem Zustand befinden. Dieser Befund ist weder in der anschließenden Diskussion der Wohnungseigentümer noch in diesem Verfahren in Zweifel gezogen worden. Die Wohnung des Antragstellers ist teilweise nach Norden ausgerichtet.

Der Mieter der Rechtsvorgängerin des Antragstellers bemängelte schon im März 1987, dass sich die Fenster der Wohnung generell in sehr schlechtem Zustand befänden, sich nur mit Mühe öffnen ließen und in hohem Maß undicht seien; den Einbau neuer Fenster halte er für dringend erforderlich.

Auf die diesbezügliche Mitteilung der Vermieterin an die Hausverwaltung findet sich im Protokoll der Eigentümerversammlung vom 11.5.1987 als besprochener, aber nicht beschlossener Punkt, dass Eigentümer, die sich neue Fenster einbauen lassen wollen, dies nach Absprache mit der Verwaltung vornehmen können.

(3) Der Senat entnimmt hieraus, dass die damals nahezu schon 20 Jahre alten Fenster des ursprünglich in einfachem Standard errichteten Gebäudes tatsächlich erneuerungsbedürftig waren. Er kann allerdings nicht ausschließen, dass auch eine kostengünstigere Überarbeitung der alten Fenster eine auf freilich zeitlich beschränkte Sicht noch sinnvolle Alternative gegenüber dem Komplettaustausch gebildet hätte (siehe etwa OLG Köln WE 1995, 166), insbesondere in den Bereichen der weniger betroffenen Ost- und Südfassade. Der Einbau neuer Fenster im Jahr 1987 bildete unter diesen Voraussetzungen weder eine Maßnahme der Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) noch lag ein Auftrag der übrigen Wohnungseigentümer vor (§ 670 BGB). Als Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 BGB) lässt sich die Maßnahme ebenfalls nicht einordnen, weil der Wille der Wohnungseigentümer gerade dahin ging, gemeinschaftlich zunächst nichts zu unternehmen. Jedoch hält der Senat die Voraussetzungen eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB, § 399 BGB) für erfüllt, wobei im Hinblick auf die insoweit gleichartigen Anspruchsvoraussetzungen dahinstehen kann, ob die Rechtsvorgängerin des Antragstellers angesichts der Haltung der Wohnungseigentümer überhaupt Fremdgeschäftsführungswillen besaß (vgl. § 684 BGB).

Schließlich kann es auch dahinstehen, ob die Bereicherung der übrigen Wohnungseigentümer in der Wertsteigerung des Gebäudes liegt, die es durch den Einbau heuer Fenster erhalten hat und die sich aus dem in Rechnung gestellten angemessenen Werklohn des Handwerkers ergibt (OLG Hamburg ZMR 2002, 618), oder ob die Bereicherung unmittelbar in der Ersparnis später unausweichlicher Aufwendungen in Höhe der Handwerkerrechnung (OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 913 f.) zu erblicken ist. Jedenfalls spricht nichts gegen die Angemessenheit der vorgelegten Rechnung. Die Wohnungseigentümer hätten eine bauliche Maßnahme ähnlicher Art nur unerhebliche Zeit später als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung des Gemeinschaftseigentums durchführen müssen. Durch das vorgehen der Rechtsvorgängerin des Antragstellers blieb ihnen ein Austausch dieser Fenster und der dazu nötige Kostenaufwand erspart.

(4) Der Antragsteller hat eine Erstattung in Höhe von 75 % geltend gemacht und dies mit der Überlegung begründet, dass die Innenflächen der Fenster nach der Gemeinschaftsordnung Sondereigentum bilden. Der Senat folgt dem aus den schon genannten Gründen nicht. Ob die Regelung in der Gemeinschaftsordnung dahin auszulegen ist, dass der jeweilige Wohnungseigentümer die Instandhaltungspflicht in Bezug auf die Innenseite der Fenster zu tragen hat (vgl. OLG Hamm WE 1992, 82; Müller Rn. 61 bei Fn. 59), kann dahinstehen, da eine dann notwendige Kostenbeteiligung des Antragstellers mit 25 % ausreichend berücksichtigt ist.

Hingegen ist für die auf die Gemeinschaft entfallenden restlichen Kosten noch der den Antragsteller bei Anwendung des maßgeblichen Kostenverteilungsschlüssels (§ 16 Abs. 2 WEG) treffende Anteil abzuziehen (BayObLGZ 1986, 322/326; Müller Rn. 157). Der Anteil beträgt für die Wohnung Nr. 16 54,85/1.000, also 378,83 DM (= 193,69 EUR).

Der Senat hat in seinem Beschluss vom 8.8.1986 bereits ausgesprochen, dass derartige Ersatzansprüche in der Praxis auf einfache W eise auch dadurch abgewickelt werden können, dass der Verwalter dem begünstigten Wohnungseigentümer den Betrag (in voller Höhe) aus einem von der Gemeinschaft durch Wohngeldzahlungen angesammelten Konto überweist und er dazu sogar verpflichtet sein kann (BayObLGZ 1986, 322/326). Weil dies nicht sicher gewährleistet ist und die übrigen Wohnungseigentümer für den Aufwendungsersatzanspruch nur entsprechend ihrer nach § 16 Abs. 2 WEG zu tragenden Quote haften, geht der Senat von einer anteiligen, also nicht gesamtschuldnerischen Haftung der übrigen Wohnungseigentümer aus (OLG Hamm OLGZ 1994, 134/140; siehe auch OLG Köln NZM 1999, 972; Merle in Bärmänn/Pick/Merle § 21 Rn. 48; Soergel-Stürner BGB 12. Aufl. § 21 WEG Rn. 2; noch offen gelassen BayObLGZ 1986, 322/327).

(5) Der Zinsausspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB a.F.

3. Der Senat hält es nach § 47 WEG für angemessen, die gerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens je zur Hälfte den Beteiligten aufzuerlegen (vgl. § 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und von einer außergerichtlichen Kostenerstattung abzusehen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts ergibt sich aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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