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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.08.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 114/01
Rechtsgebiete: WEG, HeizkostenV


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 2
HeizkostenV § 1
Die Freistellung nicht beheizbarer Räume in der Gemeinschaftsordnung von Heizkosten gilt nur für Heizkosten und nicht für alle sonstigen verbrauchsabhängigen Kosten.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Werdich

am 23. August 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 19. Juni 2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 31500 DM und für das Verfahren vor dem Amtsgericht Augsburg auf 47000 DM festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzung des Amtsgerichts wird entsprechend abgeändert.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer durch Teilungserklärung vom 14.7.1992 begründeten Wohnanlage, die von der Antragstellerin als Bauträgerin errichtet wurde.

Der Antragstellerin gehören vier Teileigentumsrechte im Dachgeschoss. Diese sind mit überdurchschnittlich großen Miteigentumsanteilen verbunden, weil in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen war, sie zu Wohnungen auszubauen und in Wohnungseigentumsrechte umzuwandeln. Das Vorhaben ist jedoch nicht durchführbar, weil die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen nicht erteilt wurden. Die Dachgeschossräume werden nicht genutzt.

Am 17.5.1999 genehmigten die Wohnungs- und Teileigentümer unter Tagesordnungspunkt 3 die Jahresabrechnung für das Jahr 1998 und erteilten Verwalter und Verwaltungsbeirat für dieses Jahr Entlastung; außerdem genehmigten sie den Wirtschaftsplan für das Jahr 2000.

In der Jahresabrechnung für 1998 sind auch verbrauchsabhängige Kosten, insbesondere Kosten für Müllabfuhr, Wasser, Abwasser und Strom, nicht jedoch Heizkosten, auf die Teileigentumsrechte der Antragstellerin umgelegt. Dasselbe gilt für den Wirtschaftsplan des Jahres 2000.

Die Antragstellerin hat beantragt, die Eigentümerbeschlüsse zu Tagesordnungspunkt 3 für ungültig zu erklären, weil sie zu Unrecht für ihre nicht genutzten Dachgeschossräume mit verbrauchsabhängigen Kosten belastet werde. Das Amtsgericht hat die Anträge am 7.6.2000 abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 19.6.2001 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Gemeinschaftsordnung lege fest, dass für Teileigentum die Regelungen für Wohnungseigentum entsprechend gelten und kein Wohnungs- oder Teileigentümer durch Abwesenheit oder sonstige Nichtnutzung seines Eigentums von der Verpflichtung befreit sei, die Kosten und Lasten mitzutragen. Die Jahresabrechnung entspreche den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung. Die Voraussetzungen für deren Änderung lägen nicht vor. Die Antragstellerin habe gewusst, dass die Dachgeschossräume nicht zu Wohnzwecken genutzt werden dürften. Sie habe bewusst das Risiko übernommen, die öffentlich-rechtliche Genehmigung zur Wohnraumnutzung nicht zu erhalten. Hinzu komme, dass sie die Gemeinschaftsordnung als Bauträgerin selbst aufgestellt habe. Ein Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben liege nicht vor, wenn an der Gemeinschaftsordnung festgehalten werde.

2. Die Entscheidung hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Belastung der Teileigentumsrechte der Antragstellerin mit verbrauchsabhängigen Kosten in Einklang mit dem Gesetz und der Gemeinschaftsordnung steht. Aus dem Umstand, dass nach der Gemeinschaftsordnung nicht beheizbare Räume von Heizkosten freigestellt sind, kann nicht abgeleitet werden, dass der Eigentümer solcher Räume auch sonstige verbrauchsabhängige Kosten nicht mitzutragen habe. Denn die Regelung der Gemeinschaftsordnung nimmt ausdrücklich auf die Heizkostenverordnung Bezug, die nur für die Kosten der Heizung und Warmwasserversorgung gilt (vgl. § 1 Abs. 1 HeizkostenV).

b) Die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 2 WEG über die Verteilung der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums und seiner Verwaltung einschließlich der Instandhaltungsrücklage ist ebenso wie eine davon abweichende oder sie ergänzende Regelung durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG für die Wohnungseigentümer verbindlich. Ausnahmsweise kann jedoch ein Anspruch bestehen, die geltende Regelung der Kostenverteilung abzuändern, wenn wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an ihr grob unbillig wäre und damit gegen Treu und Glauben verstieße. Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen, ist ein strenger Maßstab anzulegen, weil die Regelung über die Kostenverteilung im Gesetz oder in der Gemeinschaftsordnung für die Abrechnung bindend ist und jeder Wohnungseigentümer sich darauf verlassen können muss, dass einmal Vereinbartes Geltung hat und die Wohnungseigentümer bindet (allg. Meinung; vgl. BayObLG NZM 2000, 301 f. m.w.N.).

Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin nach diesen Grundsätzen eine Abänderung der geltenden Regelung über die Kostenverteilung verlangen kann oder nicht. Selbst wenn ein solcher Anspruch bestehen sollte, kann sie diesen im Verfahren auf Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen, die auf der derzeitigen Regelung über die Kostenverteilung beruhen, nicht geltend machen. Solange der Kostenverteilungsschlüssel nicht abgeändert ist, muss er der Jahresabrechnung und dem Wirtschaftsplan zugrundegelegt werden (BayObLG WuM 1996, 297; NZM 1998, 813). Die Vorinstanzen haben damit im Ergebnis zu Recht die Anträge der Antragstellerin abgewiesen.

c) Allerdings dürften, ohne dass dies für das vorliegende Verfahren von Bedeutung ist, die Voraussetzungen für eine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels dahin gegeben sein, dass die Antragstellerin für ihre Teileigentumsrechte von verbrauchsabhängigen Kosten freigestellt wird, solange die Dachgeschossräume nicht in einer Weise genutzt werden, durch die verbrauchsabhängige Kosten verursacht werden. Dass der Antragstellerin bei Aufstellung der Gemeinschaftsordnung bewusst war, die Teileigentumsrechte könnten jedenfalls zunächst nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, rechtfertigt es nach Treu und Glauben nicht, sie auf Dauer an der geltenden Regelung über die Kostenverteilung festzuhalten, die sie zur Zahlung nicht unerheblicher verbrauchsabhängiger Kosten verpflichtet, obwohl ein Verbrauch nicht stattfindet. Von ausschlaggebender Bedeutung könnte sein, dass die Teileigentumsrechte, nachdem sich die beabsichtigte Umwandlung in Wohnungseigentum zerschlagen hat, nicht sinnvoll genutzt und auch nicht verwertet werden können. Da die Antragstellerin inzwischen zahlungsunfähig geworden ist, müssen die auf sie entfallenden Kosten ohnehin von den übrigen Wohnungseigentümern getragen werden. Es kann daher durchaus in deren Sinn sein, durch eine Freistellung der Teileigentumsrechte von verbrauchsabhängigen Kosten die Möglichkeit einer Nutzung der Räume zu eröffnen, so dass jedenfalls die sonstigen auf die Teileigentumsrechte entfallenden Kosten nicht den übrigen Wohnungseigentümern zur Last fallen.

3. Es erscheint angemessen, der Antragstellerin, die in allen Rechtszügen unterlegen ist, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG).

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Der Senat folgt insoweit der Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts und geht von folgenden Geschäftswerten aus: Jahresabrechnung 1998: 15000 DM; Wirtschaftsplan 2000: 15000 DM; Entlastung des Verwalters: 1000 DM; Entlastung des Verwaltungsbeirats: 500 DM; Lastschriftverfahren: 500 DM; Änderung des Kostenverteilungsschlüssels: 15000 DM. Der Geschäftswert für das Verfahren vor dem Amtsgericht wird dementsprechend auf 47000 DM festgesetzt. Die Wertfestsetzung durch das Amtsgericht wird gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO von Amts wegen abgeändert.

Ende der Entscheidung

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