Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 04.09.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 114/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 5 Abs. 2
Werden in der Teilungserklärung die Balkone als zu dem Sondereigentum gehörende Räume aufgezählt und die Instandhaltung sowie Instandsetzung des Sondereigentums, insbesondere der Balkone, den einzelnen Wohnungseigentümern zur Pflicht gemacht, kann die Auslegung ergeben, dass sich die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung nicht auf zwingend im Gemeinschaftseigentum stehende Teile der Balkone erstreckt.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Wohnanlage besteht aus Wohnungen im Erdgeschoss und im Obergeschoss. Zum Sondereigentum an den Erdgeschosswohnungen gehört jeweils eine Terrasse und zum Sondereigentum an den Oberschosswohnungen jeweils ein Balkon. Den Antragstellern gehören zwei Erdgeschosswohnungen.

§ 7 Nr. 1 der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung lautet wie folgt:

Die Wohnungseigentümer sind zur ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums verpflichtet. Insbesondere haben sie in den zu ihrem Sondereigentum gehörigen Räumen vorzunehmen:

Schönheitsreparaturen, Reparaturen am Fußbodenbelag, ..., an den Balkonen und Terrassen des Sondereigentums mit Ausnahme des Außenanstrichs.

...

Am 31.7.2002 fassten die Wohnungseigentümer umfangreiche Beschlüsse über die Durchführung von Sanierungsarbeiten an der Fassade und an den Balkonen.

Die Antragsteller haben beantragt, die Nichtigkeit dieser Eigentümerbeschlüsse festzustellen, sie jedenfalls für ungültig zu erklären. Es geht ihnen darum, nicht an den Kosten der Sanierung beteiligt zu werden, soweit diese die Balkone betreffen.

Das Amtsgericht hat am 29.11.2002 den letzten der sechs umfangreichen Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt und im Übrigen die Anträge abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 7.5.2003 die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat die angefochtenen Eigentümerbeschlüsse inhaltlich als ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechend angesehen und hierzu ausgeführt: Bei der Bezeichnung des jeweiligen Wohnungseigentums in der Teilungserklärung seien die Balkone aufgeführt und damit dem Sondereigentum zugeordnet. § 7 der Gemeinschaftsordnung sei dahin auszulegen, dass die Instandhaltung und Instandsetzung nur hinsichtlich der sondereigentumsfähigen Teile der Balkone und nicht auch für die zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden Teile auf die einzelnen Wohnungseigentümer übertragen wurde. Da die Sanierungsarbeiten an den Balkonen ganz überwiegend die nicht sondereigentumsfähigen Balkonteile beträfen, entsprächen die Eigentümerbeschlüsse ordnungsmäßiger Verwaltung.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Was die Vertretung der Wohnungseigentümer im gerichtlichen Verfahren betrifft, hat das Landgericht auf die Möglichkeit einer Genehmigung der bisherigen Verfahrensführung nur in Form einer Hilfserwägung hingewiesen. Eine ordnungsgemäße Vertretung hat es auf den Verwaltervertrag gestützt. Entscheidend ist, dass die übrigen Wohnungseigentümer durch den Verwalter als Zustellungsvertreter am Verfahren beteiligt wurden (vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG). Im Übrigen können sich die Antragsteller nicht auf eine nicht ordnungsgemäße Vertretung der Wohnungseigentümer berufen, weil sie dadurch nicht beschwert sind (BGHZ 63, 78; Meyer-Holz in Keidel/Kunze/Winkler FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 37; vgl. Reichold in Thomas/Putzo ZPO 25. Aufl. § 547 Rn. 8).

b) Soweit die Antragsteller eine Vielzahl formeller Mängel beim Zustandekommen der Eigentümerbeschlüsse geltend machen, ist das Landgericht ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass sie eine Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse nicht rechtfertigen. Zu Recht weist es darauf hin, dass viele der Rügen offenbar unzutreffend oder nicht entscheidungserheblich sind, neben der Sache liegen oder sich auf eine rechtlich unvertretbare Ansicht stützen. Im Übrigen ist das Landgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Abstimmungsergebnis könne ausgeschlossen werden, dass die Beschlüsse auf etwaigen Mängeln formeller Art beruhten, also ohne die Mängel nicht so zu Stande gekommen wären (vgl. für Einberufungsmängel BayObLGZ 2002, 20/24).

Dies gilt insbesondere für die Rüge, die Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung sei nicht eingehalten worden, weil zwei Ehegatten und ein Lebensgefährte von Wohnungseigentümern teilgenommen hätten, die selbst nicht Wohnungseigentümer seien. Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass es Sache der Antragsteller gewesen wäre, in der Eigentümerversammlung die Teilnahme von Personen zu beanstanden, die nicht Wohnungseigentümer sind. Dann hätte die Eigentümerversammlung darüber zu entscheiden gehabt, ob die Teilnahme dieser Personen gestattet wird (vgl. Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 24 Rn. 91). Im Übrigen kann bei dem Abstimmungsergebnis auch in diesem Zusammenhang ausgeschlossen werden, dass die Eigentümerbeschlüsse ohne die Teilnahme der hierzu nicht berechtigten Personen so nicht gefasst worden wären.

c) Der Senat kann die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung ohne Bindung an die Auslegung durch das Landgericht selbst auslegen (allgemeine Meinung; BayObLG NJW-RR 1988, 140). Dabei ist bei der jeweiligen Bestimmung abzustellen, wie sie sich nach Sinn und Wortlaut für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung ergibt (BayObLGZ 1996, 58/61). Der Senat kommt bei der Auslegung des § 7 Nr. 1 der Gemeinschaftsordnung zu dem selben Ergebnis wie das Landgericht.

Soweit in der Teilungserklärung bei der Aufzählung der zu den einzelnen Wohnungen gehörenden und im Sondereigentum stehenden Räume, z.B. Küche, Bad, auch der Balkon aufgeführt ist, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass damit auch die gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden Teile des Balkons in unzulässiger Weise zum Sondereigentum erklärt werden sollten (BayObLG NZM 1999, 27). Hiervon ausgehend kann auch die Bestimmung des § 7 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung nur so ausgelegt werden, dass die Instandhaltung und Instandsetzung lediglich hinsichtlich der sondereigentumsfähigen Teile der Balkone in zulässiger Weise (vgl. BayObLG NZM 2001, 1138/1140) auf die einzelnen Wohnungseigentümer übertragen wurde. Zu Recht hat das Landgericht diese Auslegung darauf gestützt, dass § 7 Nr. 1 der Gemeinschaftordnung nach dem Wortlaut nur die Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums zum Gegenstand hat. Bei den in der Bestimmung im einzelnen aufgezählten Gegenständen, die der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht der einzelnen Wohnungseigentümer unterliegen, handelt es sich grundsätzlich nur um Sondereigentum und nicht um zwingend im Gemeinschaftseigentum stehende Gebäudeteile. Eine Ausnahme besteht nur insoweit, als die Fensterverglasung angesprochen ist. Bei den Fenstern handelt es sich um notwendige Bestandteile des gemeinschaftlichen Eigentums (BayObLG NJW-RR 1996, 140; vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 14.8.2003, 2Z BR 112/03). Gleichwohl ist es weitgehend üblich, die Instandsetzung und Instandhaltung hinsichtlich der Fensterverglasung auf die einzelnen Wohnungseigentümer zu übertragen, weil Glasschäden häufig von den betroffenen Wohnungseigentümern verursacht werden (vgl. BayObLG NZM 2001, 1081).

d) Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist als Ermessensentscheidung (vgl. § 47 WEG) aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG und die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

Zurück