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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.01.2005
Aktenzeichen: 2Z BR 117/04
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 10 Abs. 1 | |
WEG § 28 |
2. Eine Abrechnung widerspricht nicht deshalb den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil in ihr Ausgaben enthalten sind, die nicht hätten getätigt werden dürfen.
3. Ein Wohnungseigentümer kann durch einen selbständigen Feststellungsantrag klären lassen, ob der Verwalter eine bestimmte Forderung zu Lasten der Gemeinschaft erfüllen darf oder nicht.
Gründe:
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Wohnanlage befindet sich im so genannten Olympiadorf in München.
Im Olympiadorf befinden sich Fahrbahnen und Fußgängerbereiche auf verschiedenen Ebenen. Die Fahrbahnen mit den angrenzenden Garagen und Kellern bilden die unterste Ebene, Fußgängerbereich und Gärten liegen darüber und werden von einer als Überbauwerk bezeichneten Betonkonstruktion getragen. Die Fußgängerebene dient zwar dem öffentlichen Verkehr, steht jedoch im Eigentum der einzelnen Grundstückseigentümer. Die Betonkonstruktion des Überbauwerks ist sanierungsbedürftig. Die Sanierung wird von der ODBG abschnittsweise durchgeführt. Bei der ODBG handelt es sich um eine Gesellschaft, in der sich eine Reihe von Grundstückseigentümern und Wohnungseigentümergemeinschaften zusammengeschlossen haben, um bestimmte Aufgaben und Tätigkeiten wahrzunehmen, die sich auf den Betrieb gemeinschaftlicher Einrichtungen des Olympiadorfs beziehen. Zu diesen Aufgaben gehört es auch, notwendige Erhaltungsmaßnahmen und Erneuerungen dieser Einrichtungen zu veranlassen. Die ODBG stellt jährlich einen Wirtschaftsplan auf. In diesem sind die voraussichtlichen Ausgaben aufgelistet und die auf die einzelnen Eigentümer und Eigentümergemeinschaften entfallenden Kostenanteile errechnet.
Die Teilungserklärung vom 15.2.1973 enthält zu den Kosten in § 9 folgende Bestimmungen:
I. Kostenarten:
Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Beiträge zur Deckung der jährlich anfallenden Unkosten zu leisten. Ausgenommen sind Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung der Intimgärten, die von den jeweiligen Berechtigten direkt getragen werden.
....
II. Kostenbeschreibung:
1. Die allgemeinen Betriebskosten umfassen:
k) Die Kosten für die der Öffentlichkeit zugänglichen Grünflächen, Fußgängerzonen, Entlüftung der Ortsstraßen sowie die Mehrkosten für die Beleuchtung der Ortsstraßen, bestehend aus den dafür anfallenden Betriebs- bzw. Unterhaltungskosten, den Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten einschließlich der angemessenen Instandhaltungsrücklage, den Pflege- und Wartungskosten und einem Entgelt für die damit betraute Gesellschaft.
....
In der Eigentümerversammlung vom 25.4.2002 genehmigten die Wohnungseigentümer jeweils mehrheitlich den Jahresabschluss 2001 und den Wirtschaftsplan 2002/2003. Sowohl die Jahresabrechnung als auch der Wirtschaftsplan enthalten die Gesamt- und Einzelbeträge.
Die Antragsteller haben die Beschlüsse über die Abrechnung und den Wirtschaftsplan angefochten, soweit darin Kosten für die Baumängelbeseitigung enthalten sind. Es handelt sich dabei um die Beträge, die an die ODBG abgeführt wurden bzw. abgeführt werden sollen. Das Amtsgericht hat den Antrag bezüglich der Beschlüsse über die Genehmigung der Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen für 2001 am 3.2.2003 abgewiesen und die Beschlüsse über den Gesamtwirtschaftsplan und die Einzelfälligstellung der Wohngelder für 2002 und 2003 insoweit für ungültig erklärt, als in dem Wirtschaftsplan die Kosten der ODBG für die Sanierung enthalten sind. Der vom Amtsgericht ebenfalls für ungültig erklärte Beschluss über die Entlastung des Verwalters und des ODBG-Treuhänders ist nicht Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Antragsteller als auch die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 19.4.2004 die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen und auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner den Beschluss des Amtsgerichts insoweit aufgehoben, als die Beschlüsse über den Wirtschaftsplan teilweise für ungültig erklärt wurden, und den Antrag auch insoweit abgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
a) Die Genehmigung des Wirtschaftsplans mit den Gesamt- und Einzelausgaben ist nicht zu beanstanden.
Da der hier vorliegende Wirtschaftsplan auch die Beträge enthält, die von den einzelnen Wohnungseigentümern zu leisten sind, stellt sich hier das Problem, das zum Vorlagebeschluss des Senats vom 29.12.2004 in der Parallelsache 2Z BR 112/04 geführt hat, nicht. Eine Aussetzung des Verfahrens ist deshalb nicht veranlasst.
Wie der Senat in dem erwähnten Beschluss ausgeführt hat, kommt es für die Ordnungsmäßigkeit eines Wirtschaftsplans nicht darauf an, dass die Ausgaben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Wohnungseigentümer sind nicht gehindert, Ausgaben in den Wirtschaftsplan einzustellen, wenn aus der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgeblichen Sicht eine Inanspruchnahme der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht nur theoretisch in Betracht kommt. Das ist hier der Fall. Eine gemeinschaftliche Verpflichtung der Wohnungseigentümer über § 10 Abs. 4 WEG anzunehmen, ist nicht fern liegend (vgl. BayObLGZ 1986, 368). Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9.2.2004 (NJW-RR 2004, 874) war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht bekannt, so dass sich eine Auseinandersetzung hiermit und erst recht eine eventuelle Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG erübrigt.
b) Auch der Beschluss über die Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnung entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (z.B. BayObLG NZM 2002, 531 und zuletzt Beschluss vom 29.12.2004 - 2Z BR 112/04) wird die Ordnungsmäßigkeit einer Jahresabrechnung nicht dadurch infrage gestellt, dass darin Ausgaben enthalten sind, die nicht hätten getätigt werden dürfen. An dieser Rechtsprechung hält der Senat trotz der Kritik der Antragsteller fest. Sie ist die Konsequenz aus der Tatsache, dass es sich bei der Abrechnung der Wohnungseigentümer um eine reine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung handelt. Entgegen der Meinung der Antragsteller verstößt die Abrechnung auch nicht deshalb gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, weil ein Hinweis auf Rückforderungsmöglichkeiten fehlt und eine Ausgleichsforderung in dem zugleich beschlossenen Wirtschaftsplan nicht enthalten ist. Solches ist nicht erforderlich, weil die Abrechnung der Wohnungseigentümer keine Bilanz ist und zudem die Rückforderungsmöglichkeit aus damaliger Sicht zumindest unsicher war.
c) Wie der Senat bereits in seinem erwähnten Beschluss vom 29.12.2004 ausgeführt hat, wird ein Wohnungseigentümer, der die materielle Berechtigung von Forderungen gegen die Gemeinschaft in Zweifel zieht, durch diese Rechtsprechung nicht rechtsschutzlos gestellt. Abgesehen von möglichen Schadensersatz- und Bereichungsansprüchen hat der Wohnungseigentümer die Möglichkeit eines selbständigen Feststellungsantrags nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG und kann in diesem Verfahren auch eine einstweilige Anordnung nach § 44 Abs. 3 WEG anregen.
3. Es entspricht der Billigkeit, die unterlegenen Antragsteller samtverbindlich mit den Gerichtskosten zu belasten. Angesichts der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage und der teilweise unterschiedlichen Entscheidungen der Vorinstanzen sieht der Senat von der Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten ab (§ 47 Satz 2 WEG).
Die in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen getroffene Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Ende der Entscheidung
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