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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 30.11.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 120/00
Rechtsgebiete: BGB, GBO, BeurkG


Vorschriften:

BGB § 925
GBO § 18
GBO § 20
BeurkG § 44a Abs. 2
Die auf den Eigentumsübergang an einem Grundstück gerichteten Willenserklärungen müssen beide Parteien grundsätzlich mündlich erklären. Es genügt nicht, bloß eine notarielle Urkunde zu unterschreiben.
BayObLG Beschluß

LG Regensburg 5 T 537/00; AG - Grundbuchamt - Regensburg

2Z BR 120/00

30.11.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Werdich am 30. November 2000 in der Grundbuchsache Eintragung einer Auflassung

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 10. Oktober 2000 und die Nr. 1 der Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Regensburg vom 21. Juli 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 2 ist im Grundbuch bei mehreren Grundstücken als Miteigentümer zur Hälfte eingetragen.

Zu notarieller Urkunde vom 2.12.1999 veräußerte der Beteiligte zu 2 seinen Miteigentumsanteil an den Grundstücken an die Beteiligten zu 1, 3 und 4. In der Urkunde heißt es sodann:

... (= Beteiligter zu 2) erklärt hiermit die Auflassung des ihm zustehenden 1/2 Miteigentumsanteils an dem Grundbesitz an... (Beteiligte zu 1, 3 und 4). Eine Eintragungsbewilligung wird ausdrücklich nicht erklärt.

Dem beurkundenden Notar wird insoweit hiermit unwiderrufliche Vollmacht erteilt, Bewilligung und Antrag für die Beteiligten zu erklären,

wenn sowohl die Eintragung der in... der heutigen Urkunde vorgesehenen Grundschuld an vertragsgerechter Rangstelle sichergestellt ist,

- als auch die Zahlung des Betrages von DM 3000.000 ... an... (. Beteiligter zu 2) gem.... der heutigen Urkunde auf das in... bezeichnete Notaranderkonto erfolgt ist.

Durch Eigenurkunde vom 29.5.2000 bewilligte der Notar aufgrund der ihm erteilten Vollmacht die Eintragung der Auflassung und stellte durch weitere Eigenurkunde vom 2.8.2000 fest, dass die Beteiligten zu 1, 3 und 4 die Auflassungserklärung anläßlich der Beurkundung des Vertrags vom 2.12.1999 entgegengenommen hätten.

Den Antrag auf Vollzug der notariellen Urkunde vom 2.12.1999 hat das Grundbuchamt durch Zwischenverfügung vom 21.7.2000 beanstandet. Nr. 1 der Zwischenverfügung lautet:

Bei der Auflassung... ist die Erklärung über die Einigung gem. § 20 GBO nicht enthalten.

Die Beschwerde gegen Nr. 1 der Zwischenverfügung hat das Landgericht durch Beschluss vom 10.10.2000 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts und der Nr. 1 der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Niederschrift des Notars beurkunde lediglich die Auflassungserklärung des Veräußerers, nicht jedoch eine dieser entsprechende Willenserklärung der Erwerber. Damit sei eine wirksame Einigung nicht gegeben. Der Beurkundungsmangel könne nicht im Weg der Auslegung geheilt werden. Zwar könne die Eintragungsbewilligung des Berechtigten in Verbindung mit dem Eintragungsantrag des Begünstigten die materiellrechtliche Auflassung enthalten. Eine solche Auslegungsmöglichkeit ergebe sich hier jedoch deshalb nicht, weil die Eintragungsbewilligung ausdrücklich nicht erklärt worden sei und daher auch nicht beurkundet sei.

Die Bevollmächtigung des Notars, die Eintragungsbewilligung abzugeben, könne einer wirksam erklärten Auflassung nicht gleichgestellt werden. Auch die vom Notar erklärte Eintragungsbewilligung sei nicht ausreichend für die materiellrechtliche Erklärung der Auflassung, die der Beurkundung bedürfe. Die feststellende Eigenurkunde des Notars sei schon deshalb nicht ausreichend, weil sie nur besage, dass die Auflassungserklärung entgegengenommen worden sei, aber nichts über die Abgabe einer Einigungserklärung der Erwerber sage. Im übrigen könne eine Berichtigung nur bei offensichtlichen Unrichtigkeiten in Betracht kommen. Durch einen Berichtigungsvermerk könne nicht die Niederschrift um eine nicht beurkundete Willenserklärung ergänzt werden.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) In Nr. 1 der Zwischenverfügung beanstandet das Grundbuchamt den fehlenden Nachweis der Einigung gemäß § 20 GBO; darin wird von ihm ein Hindernis gesehen, das der beantragten Eintragung der Auflassung entgegensteht. Das Grundbuchamt hat nicht ausdrücklich angegeben, wie dieses Eintragungshindernis behoben werden kann. Die Angabe der zur Beseitigung des angegebenen Eintragungshindernisses geeigneten Mittel gehört aber zu den unverzichtbaren Voraussetzungen einer wirksamen Zwischenverfügung (Demharter GBO 23. Aufl. § 18 Rn. 31, Wilke in Bauer/v. Oefele GBO § 18 Rn. 38, jeweils m.w.N.).

b) Die Auslegung der Zwischenverfügung ergibt jedoch, dass das Grundbuchamt den Nachweis einer ordnungsgemäß erklärten Einigung verlangt. Dies kann aber nicht Inhalt einer Zwischenverfügung sein. Durch eine solche kann nämlich nicht aufgegeben werden, erst die rechtliche Grundlage für die begehrte Eintragung zu schaffen, weil diese sonst einen ihr nicht gebührenden Rang erhielte, den die Zwischenverfügung sichert. Daher kann grundsätzlich durch Zwischenverfügung nicht aufgegeben werden, eine noch nicht oder nicht hinreichend bestimmt erklärte Auflassung erst zu erklären (BayObLG NJW-RR 1991, 465; OLG Hamm MittRhNotK 1996, 225; Demharter § 18 Rn. 32). Die Nr. 1 der Zwischenverfügung des Grundbuchamts und die sie bestätigende Entscheidung des Landgerichts können daher keinen Bestand haben.

III.

Für das weitere Verfahren zur Entscheidung über den Eintragungsantrag wird bemerkt:

1. Im Falle der Auflassung eines Grundstücks darf das Grundbuchamt die Eintragung nur vornehmen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist (§ 20 GBO). Die Bestimmung enthält damit eine Ausnahme von dem Grundsatz der einseitigen Bewilligung des § 19 GBO. Dem Grundbuchamt ist die Einigung in der grundbuchmäßigen Form des § 29 GBO so nachzuweisen, wie sie sachlichrechtlich zur Herbeiführung der Rechtsänderung notwendig ist (Demharter § 20 Rnr. 38). Der Nachweis hat sich also darauf zu erstrecken, dass die nach § 873 BGB erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt wurden (§ 925 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zur Entgegennahme ist grundsätzlich jeder Notar zuständig (§ 925 Abs. 1 Satz 2 BGB). Erforderlich sind nach 5 925 BGB zwei sich deckende, auf den Übergang des Eigentums an dem Grundstück gerichtete Willenserklärungen von Veräußerer und Erwerber. Grundsätzlich ist die Erklärung mündlich abzugeben. Jedenfalls muß zweifelsfrei feststehen, dass die Einigung sowohl des Veräußerers als auch die des Erwerbers bestimmt und eindeutig erklärt sind (vgl. Palandt/Bassenge BGB 59. Aufl. § 925 Rn. 3; Demharter § 20 Rn. 14). Dies verlangt der grundbuchrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz (vgl. Demharter Anh.. zu § 13 Rn. 5). Eine Auslegung vorhandener Erklärungen wird dadurch nicht ausgeschlossen. Auf eine Auslegung kann aber nur zurückgegriffen werden, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt (Demharter § 19 Rn. 28).

2. Zutreffend haben Landgericht und Grundbuchamt den Nachweis einer Einigung in diesem Sinn verneint. Es liegt lediglich eine auf die Rechtsänderung gerichtete Willenserklärung des Beteiligten zu 2 als Veräußerer vor. Dagegen fehlt die entsprechende Willenserklärung der Beteiligten zu 1, 3 und 4 als Erwerber. Allein der Umstand, dass diese bei Abgabe der Willenserklärung des Beteiligten zu 2 anwesend waren und die diese Willenserklärung enthaltende notarielle Urkunde unterschrieben haben, ist kein Ersatz für ihre fehlende Willenserklärung (BayObLGZ 12, 833/837; Demharter § 20 Rn. 14; a.M. MünchKomm/Kanzleiter BGB 3. Aufl. § 925 Rn. 18 für die materiellrechtliche Wirksamkeit der Auflassung und mit einer Einschränkung für das grundbuchrechtliche Eintragungsverfahren). Auf eine Auslegung kann nicht zurückgegriffen werden, weil es an einer eindeutigen Erklärung der Beteiligten zu 1, 3 und 4 im Zusammenhang mit der Auflassung fehlt, die als eine auf die Rechtsänderung gerichtete Erklärung gedeutet werden könnte. Das bloße Zurkenntnisnehmen der Einigungserklärung des Beteiligten zu 2, ohne dieser zu widersprechen, bringt nicht unmißverständlich eine inhaltsgleiche Willenserklärung der Beteiligten zu 1, 3 und 4 zum Ausdruck.

Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass auch eine Bewilligung der Rechtsänderung und ein auf ihre Eintragung im Grundbuch gerichteter Antrag, die möglicherweise als Einigungserklärungen ausgelegt werden könnten, in der Urkunde nicht enthalten sind. Auch wenn unterstellt wird, aus der Bevollmächtigung des Notars zur Abgabe der Eintragungebewilligung und Stellung des Eintragungsantrags könne abgeleitet werden, dass die Erwerber eine solche Einigungserklärung gewollt hätten, ersetzt dieser Wille allein nicht die fehlende Erklärung (BayObLGZ 12, 833/836). Ob die Bevollmächtigung des Notars als solche zur Abgabe der Auflassungserklärungen ausgelegt werden könnte, braucht nicht entschieden zu werden, weil solche Erklärungen nicht abgegeben wurden.

3. Zu Recht hat das Landgericht schließlich ausgeführt, dass für eine Berichtigung nach § 44a Abs. 2 BeurkG bei dieser Sachlage kein Raum ist. Die erforderliche, aber fehlende Einigungserklärung der Erwerber kann nicht als offensichtliche Unrichtigkeit durch einen Nachtragsvermerk des Notars nachgeholt und ersetzt werden (vgl. Keidel/Winkler BeurkG 14. Aufl. § 44a Rn. 18). In Betracht kommen könnte ein Nachtragsvermerk des Notars allenfalls dann, wenn die deckungsgleiche Willenserklärung der Erwerber vom Notar anläßlich der Beurkundung zwar vorgelesen, dies aber versehentlich nicht in der Urkunde festgehalten worden sein sollte. Dieser Fall ist hier aber nicht gegeben. Abgesehen davon genügt der Nachtragsvermerk des Notars vom 2.8.2000 schon deshalb nicht, weil er lediglich feststellt, dass die Beteiligten zu 1, 3 und 4 die Auflassungserklärung des Beteiligten zu 2 entgegengenommen haben. Erforderlich ist aber darüber hinaus eine eigene inhaltsgleiche, auf den Rechtsübergang abzielende Willenserklärung.

Ende der Entscheidung

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