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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 26.09.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 122/01
Rechtsgebiete: GG, WEG


Vorschriften:

GG Art. 103 Abs. 1
WEG § 45 Abs. 1
Zur Beschwer des Rechtsmittelführers wenn der Beschluss über die Jahresabrechnung mit der Begründung angefochten wird, es sei ein falscher Kostenverteilungsschlüssel angewendet worden.
Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die aus mehreren Häusern mit insgesamt 233 Wohnungen und einer Tiefgarage besteht. Die weitere Beteiligte ist die Verwalterin. Dem Antragsteller gehört die Wohnung Nr. 188 mit 524/100.000 Miteigentumsanteilen; ferner ist er zu einem Bruchteil von 1/207 Miteigentümer des Teileigentums Tiefgarage. Die Tiefgarage bildet ein eigenes Teileigentum, dem 6417/100.000 Miteigentumsanteile zugeordnet sind.

In der Eigentümerversammlung vom 16.5.2000 beschlossen die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 4, die Jahresabrechnung 1999 als Gesamtabrechnung und als Einzelabrechnungen zu genehmigen sowie der Verwalterin Entlastung zu erteilen. Die für den Antragsteller erstellte Einzelabrechnung weist eine Wohngeldschuld von 4135,59 DM aus.

Der Antragsteller hat beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 28.3.2001 den Antrag abgewiesen. Dagegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Verfügung vom 29.5.2001, dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 5.6.2001 zugestellt, hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass sich aus den bisherigen Darlegungen des Antragstellers ein Schaden von weniger als 750 Euro ergebe. Mit Schreiben vom 31.5.2001 hat er weiter ausgeführt, die der Jahresabrechnung zugrunde gelegten Verteilungsschlüssel seien unrichtig; im Abrechnungsjahr 1999 sei ihm dadurch ein Schaden in Höhe von 1091,13 DM entstanden. Mit Verfügung vom 20.6.2001 hat das Landgericht dem Antragsteller mitgeteilt, der Beschwerdewert sei nicht erreicht. Diese Verfügung ist den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 27.6.2001 zugestellt worden. Das Landgericht hat am 5.7.2001 die sofortige Beschwerde verworfen. Der Beschluss ist am 10.7.2001 hinausgegeben worden. Den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers wurde er am 13.7.2001 zugestellt. Mit Schriftsatz vom gleichen Tag an das Landgericht hat der Antragsteller ausgeführt, der Beschwerdewert sei seiner Ansicht nach erreicht; im vorliegenden verfahren könne nichts anderes gelten als in den Verfahren über die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung 1994 (Senatsbeschluss vom 22.4.1999 - 2Z BR 154/98) und über die Jahresabrechnung 1995 (Senatsbeschluss vom 22.4.1999 - 2Z BR 161/98 = NZM 1999, 859), in denen der Senat die Rechtsmittelbeschwer für gegeben erachtet habe. Gegen den Beschluss des Landgerichts hat der Antragsteller sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstands zulässig, nachdem das Landgericht die Erstbeschwerde wegen Nichterreichens der erforderlichen Beschwer als unzulässig verworfen hat (BGHZ 119, 216/217; BayObLG WuM 1999, 130/131 m. w. N.).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Rechtsmittel sei unzulässig; der Antragsteller habe selbst ausgeführt, die anteilige Belastung, die ihm bei der nach seiner Ansicht nach richtigen Abrechnung erspart geblieben wäre, betrage 1091,13 DM.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte, weil das Rechtsmittel als unzulässig verworfen wurde (BayObLG WE 1993, 320).

b) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Beschwerdegericht rechtfertigt nur dann die Aufhebung der Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache durch das Rechtsbeschwerdegericht, wenn die Entscheidung darauf beruht. Zur Prüfung dieser Frage muss der Rechtsbeschwerdeführer darlegen, was er bei Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. BayObLGZ 1988, 356/358).

Hier liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht vor. Der Antragsteller hatte aufgrund der ihm am 5.6.2001 und am 27.6.2001 zugestellten Verfügungen vom 29.5.2001 und 20.6.2001 Gelegenheit, bis zur Hinausgabe des Beschlusses vom 5.7.2001, also bis zum 10.7.2001, Stellung zu nehmen. Eine Frist musste ihm nicht gesetzt werden. Eine Äußerungsmöglichkeit bis 10.7.2001 war nach Sachlage angemessen.

Abgesehen davon würde die Entscheidung nicht darauf beruhen, wenn eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch eine übereilte Entscheidung des Landgerichts angenommen würde. Der Sachvortrag im Schriftsatz vom 13.7.2001 ist nämlich schon deshalb unerheblich, weil die Jahres- und Einzelabrechnungen 1994 und 1995 deutlich höhere Beträge ausweisen als die Jahres- und Einzelabrechnung 1999, um die es im vorliegenden Verfahren geht.

c) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschwerdewert von 750 Euro (§ 45 Abs. 1 WEG) nicht überschritten wird.

(1) Die Rechtsmittelbeschwer bemisst sich nicht nach dem Geschäftswert des Verfahrens, sondern allein nach dem vermögenswerten Interesse des Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Da allein das vermögenswerte Interesse des Beschwerdeführers an einer Änderung der angefochtenen Entscheidung maßgebend ist, bleiben die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer und die Bedeutung der Sache für die Gemeinschaft insgesamt unberücksichtigt (BGHZ 119, 216/219; BayObLG ZMR 1999, 348). Zu Unrecht geht der Antragsteller in der Rechtsbeschwerdebegründung deshalb davon aus, dass bei der Bemessung des Beschwerdewerts auch der Schaden berücksichtigt werden müsse, der zu Lasten der Eigentümergemeinschaft gehe.

(2) Wird der Beschluss über die Jahresabrechnung mit der Begründung angefochten, es sei ein falscher Kostenverteilungsschlüssel angewendet worden, so bemisst sich die Beschwer des Rechtsmittelführers nach der anteiligen Belastung, die ihm bei der seiner Ansicht nach richtigen Abrechnung erspart geblieben wäre. Wird außerdem der Beschluss über die Entlastung des Verwalters im Zusammenhang mit der Jahresabrechnung angefochten, führt dies nicht zu einer Erhöhung der Beschwer des Rechtsmittelführers (BayObLG NZM 2000, 685).

(3) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beschwer des Antragstellers unter 750 Euro liegt, weil er in seinem Schreiben vom 31.5.2001 selbst zum Ergebnis kommt, aufgrund des falschen Kostenverteilungsschlüssels sei ihm ein Schaden in Höhe von 1091,13 DM entstanden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man die in diesem Schriftsatz angegebene Begründung heranzieht; sie ist weitgehend nicht nachvollziehbar. Im Gegensatz zu den Anfechtungsverfahren über die Jahresabrechnungen 1994 und 1995 (vgl. Senatsbeschlüsse vom 22.4.1999) ist hier somit gerade nicht substantiiert dargelegt, dass die Wohngeldbelastung des Antragstellers bei Anwendung der seiner Meinung nach richtigen Schlüssel um mehr als 750 Euro geringer wäre, als die beschlossene Einzelabrechnung ausweist.

(4) Soweit der Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren als Ergebnis seiner Überlegungen vorträgt, seine Beschwer betrage 2004,86 DM, kann dies als neuer Sachvortrag nicht berücksichtigt werden. Abgesehen davon vermag die neue Behauptung über die Höhe seiner Beschwer die Einlassung im Schriftsatz vom 31.5.2001 nicht zu entkräften. Auch die Rechenvorgänge in der Rechtsbeschwerdebegründung sind weitgehend nicht nachvollziehbar.

d) Im übrigen wäre die sofortige Beschwerde auch unbegründet gewesen. Soweit das Vorbringen des Antragstellers nachvollziehbar ist, trägt er gegenüber der Jahresabrechnung 1999 die gleichen Einwendungen vor, die bereits Gegenstand der Anfechtungsverfahren über die Jahresabrechnungen 1994 und 1995 waren. Der Senat hat in den genannten Beschlüssen im einzelnen dargelegt, weshalb die Einwendungen nicht durchgreifen. Hierauf wird Bezug genommen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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