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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.11.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 123/01
Rechtsgebiete: FGG
Vorschriften:
FGG § 22 Abs. 2 |
Gründe:
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Die Antragsteller haben beantragt, einen Beschluss der Wohnungseigentümer vom 24.10.2000 für ungültig zu erklären, der Elektroarbeiten zu einem Pauschalpreis von 30500 DM zum Gegenstand hat. Das Amtsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 13.3.2001 abgewiesen. Der Beschluss wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller am 27.3.2001 zugestellt. Am 11.4.2001 ging deren sofortige Beschwerde vom 10.4.2001 beim Amtsgericht ein.
Nach Hinweis auf die Versäumung der Beschwerdefrist, der bei den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller am 13.6.2001 einging, haben die Antragsteller am 27.6.2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung vorgetragen, eine Kanzleiangestellte der Verfahrensbevollmächtigten habe am 10.4.2001, dem letzten Tag der Beschwerdefrist, die gefertigte und unterschriebene Beschwerde entgegen der Anweisung nicht am selben Tag per Telefax an das Gericht geschickt.
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 17.7.2001 das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und die sofortige Beschwerde verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller hätten sich nicht auf die bloße Anweisung beschränken dürfen, die Beschwerde vorab per Telefax dem Gericht zu übermitteln. Von einer Fristwahrung könne nämlich erst ausgegangen werden, wenn ein Einzelnachweis über die ordnungsmäßige Übermittlung vorliege. Eine dahingehende Überprüfung habe nicht stattgefunden. Dies wäre ohne weiteres dadurch möglich gewesen, dass festgestellt worden wäre, ob ein Sendeprotokoll vorliegt.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Wegen der Versäumung der Frist des § 45 Abs. 1 WEG zur Einlegung der sofortigen Beschwerde kann den Antragstellern gemäß § 43 Abs. 1 WEG i.V.m. § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, sofern sie ohne ihr Verschulden verhindert waren, die Frist einzuhalten.
Voraussetzung ist, dass die Beschwerde binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses eingelegt wurde und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft gemacht werden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung liegen vor.
b) Das Wiedereinsetzungsgesuch ist rechtzeitig eingereicht, worden. Es ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller nicht vorzuwerfen, dass sie nicht schon vor dem bei ihnen am 13.6.2001 eingegangenen Hinweis des Gerichts von der Fristversäumung Kenntnis erlangt haben. Insbesondere mussten sie nicht im Zusammenhang mit der Rechtsmittelbegründung gemäß Schriftsatz vom 17.5.2001 prüfen, ob das Rechtsmittel fristgerecht eingelegt worden war. Die Verfahrensbevollmächtigten waren vom Gericht durch Verfügung vom 27.4.2001 ohne einen Hinweis auf die Fristversäumung aufgefordert worden, die sofortige Beschwerde binnen drei Wochen zu begründen. Die formlos mitgeteilte richterliche Frist führte im Fall ihrer Überschreitung nicht zu einer Unzulässigkeit des Rechtsmittels, wie dies bei der Berufungsbegründungsfrist der Fall ist (§ 519b Abs. 1 ZPO). Das Gesetz schreibt eine Begründung der Beschwerde nämlich nicht vor. Auch eine nach Ablauf der Frist eingehende Begründung darf das Gericht unter dem Gesichtspunkt der Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs nicht unberücksichtigt lassen (BVerfG NJW 1988, 1963; vgl. BayObLGZ 1989, 116/123). Es bestand für die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller keine Veranlassung, anlässlich der Beschwerdebegründung zu überprüfen, ob die Rechtsmittelschrift fristgerecht eingegangen war (vgl. BGH NJW 1998, 1498).
c) Die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumung auf dem Verschulden einer Bürokraft ihrer Verfahrensbevollmächtigten beruht. Ein Verschulden der Verfahrensbevollmächtigten selbst, das sich die Antragsteller zurechnen lassen müssten (§ 22 Abs. 2 Satz 2 FGG), liegt nicht vor.
Die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, dass ihre Verfahrensbevollmächtigten eine ausreichende Ausgangskontrolle des fristgebundenen Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde sichergestellt hatten. Dazu gehört, dass bei der Einlegung mittels Telefax der Eintrag im Fristenkalender erst gelöscht wird, wenn ein ausgedrucktes Sendeprotokoll vorliegt (BGH VersR 1999, 996). Die entsprechende Kontrolle kann einer zuverlässigen Kanzleikraft übertragen werden (BGH VersR 2000, 338 f.). Voraussetzung ist aber, dass diese angewiesen ist, die Löschung im Fristenkalender erst vorzunehmen, wenn anhand des Sendeprotokolls festgestellt ist, dass die Rechtsmittelschrift tatsächlich übermittelt worden ist (BGH VersR 1999, 996).
Die Antragsteller haben mit Schriftsatz vom 27.6.2001 vorgetragen und glaubhaft gemacht, die mit der Vorabübersendung der Rechtsmittelschrift noch am selben Tag mittels Telefax beauftragte Bürokraft habe dies unterlassen und den Erledigungsvermerk im Kalender angebracht, obwohl dies nach der ihr allgemein erteilten Weisung nur hätte geschehen dürfen, wenn die Sendebestätigung vorlag. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung vor.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG (vgl. auch § 238 Abs. 4 ZPO) und die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Ende der Entscheidung
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