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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.01.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 123/02
Rechtsgebiete: WEG, FGG, ZPO
Vorschriften:
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2 | |
FGG § 27 Abs. 1 Satz 2 | |
ZPO § 559 |
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer im Jahr 1970 gegründeten Wohnanlage in einem Ende des 19. Jahrhunderts errichteten, unter Denkmalschutz stehenden Gebäude. Die weitere Beteiligte ist die Verwalterin der Wohnanlage.
Der Antragstellerin gehört das im Keller gelegene Teileigentum, das als Gaststätte genutzt wird und verpachtet ist. In den Räumen treten seit Jahren Feuchtigkeitsschäden in Form von Salzausblühungen und abfallendem Putz auf.
Am 9.12.1999 lehnten die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 4 folgende Beschlussanträge der Antragstellerin ab:
(2) Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung, ob Nässeschäden in Außenmauern vorhanden sind
(3) Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur Sanierung des Mauerwerks und Beseitigung der aufsteigenden und seitlich eindringenden Feuchtigkeit
(4) Erteilung eines Auftrags zur Durchführung der Sanierungsmaßnahmen durch den Verwalter im Einvernehmen mit dem Verwaltungsbeirat
(5) Finanzierung durch Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen, soweit die Instandhaltungsrücklage nicht ausreicht
(6) Ermächtigung der Antragstellerin, die nach den vorliegenden Sachverständigengutachten erforderlichen Sanierungsmaßnahmen auf eigene Kosten durchführen zu lassen.
Die Antragstellerin hat beantragt, diese Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären und festzustellen, dass die Wohnungseigentümer verpflichtet sind,
- geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Aufsteigen und seitliche Eindringen von Feuchtigkeit in die Grundmauern zu verhindern
- zur Feststellung der geeigneten Maßnahmen ein Sachverständigengutachten zur Durchführung von Kernbohrungen bzw. Aufgrabungsarbeiten von Oberkante Gelände und zur Entnahme von Proben an der Außenseite der Kellermauern einzuholen
- die von dem Sachverständigen bezeichneten Sanierungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der horizontalen Isolierung in Bodenhöhe des Außenmauerwerks und zur Wiederherstellung der senkrechten Außenisolierung unter Gelände durchzuführen.
Das Amtsgericht hat die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 4 Nr. 3 bis 5 für ungültig erklärt und im Übrigen den Beschlussanfechtungsantrag abgewiesen. Ferner hat es die Antragsgegner verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die das Aufsteigen und seitliche Eindringen von Feuchtigkeit in den Grundmauern verhindern, und hierzu folgende Sanierungsmaßnahmen im Bereich der Grundaußenmauern durchzuführen:
- Freilegen der Kelleraußenwand im betroffenen Bereich auf eine Länge von ca. 5,00 m, ca. 1,60 m tief
- Reinigung und Trockenlegung der Wandfläche, gegebenenfalls Auftragen von ausgleichendem Zementputz
- Einbringen einer horizontalen Abdichtung durch Einschlagen von Nirosta-Stahlblechen auf Höhe des Kellerrohfußbodens
- Auftragen einer senkrechten Bitumendickbeschichtung
- Verfüllen der Baugrube und Wiederherstellung des Gehsteigbelages
- Ausbesserungsarbeiten an Innenputz und -anstrich.
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 22.10.2002 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Nach den erholten Sachverständigengutachten stehe fest, dass die Mauerschäden weder auf den Latexanstrich noch auf eine mangelnde Lüftung, sondern auf von Außen eindringende Feuchtigkeit zurückzuführen seien. Die Wohnungseigentümer seien, da es sich bei den Grundmauern des Gebäudes um Gemeinschaftseigentum handle, verpflichtet, die bereits seit Jahren vorhandenen Feuchtigkeitsschäden fachgerecht dergestalt beseitigen zu lassen, dass die Mängel auf Dauer behoben seien. Mit einer "Billig- oder Sparlösung" müsse sich die Antragstellerin nicht zufrieden geben. Eine solche in Form der Anbringung eines Sanierungsputzes habe die Antragstellerin vor Jahren vorgenommen, diese habe nur wenige Jahre neue Putzschäden verhindert. Der Sachverständige habe bekundet, er gehe fast mit Sicherheit davon aus, dass es sich um massives Mauerwerk handle. Er habe allgemeine Bedenken der Antragsgegner gegen die vorgeschlagene Sanierung (Einschlagen von Blechen in die Grundmauern) ausgeräumt. Ob die Isolierung der Grundmauern erst im Laufe der Zeit durchlässig geworden sei, könne dahinstehen. Denn zu einer ordnungsmäßigen Instandsetzung gehöre auch die Beseitigung ursprünglicher Baumängel.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Ohne Rechtsfehler haben die Vorinstanzen ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtung der Negativbeschlüsse in der Form der Ablehnung von Beschlussanträgen, verbunden mit den Feststellungsanträgen bejaht (BGHZ 148, 335; vgl. auch BGH NJW 2002, 3704). Die Entscheidung des Landgerichts ist auch im Übrigen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie beruht im Wesentlichen auf einer tatrichterlichen Würdigung, die nur einer auf Rechtsfehler beschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht zugänglich ist (§ 43 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 ZPO). Solche Fehler liegen nicht vor.
b) Jeder Wohnungseigentümer hat einen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Dazu gehört auch eine ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums (§ 21 Abs. 3, 4, 5 Nr. 2 WEG). Außer Streit steht, dass es sich bei den Grundmauern des Gebäudes zwingend um gemeinschaftliches Eigentum handelt (§ 5 Abs. 2 WEG).
Das Landgericht ist auf Grund des vom Amtsgericht eingeholten und ergänzten Sachverständigengutachtens sowie der von ihm durchgeführten Anhörung des Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt, dass Ursache der im Teileigentum der Antragstellerin auftretenden Feuchtigkeitsschäden eine von Außen durch das Mauerwerk eindringende Feuchtigkeit ist. Auf Grund der Äußerungen des Sachverständigen ist das Landgericht darüber hinaus zu dem Ergebnis gelangt, dass eine unzureichende Lüftung des Teileigentums und der an der Wand angebracht gewesene Latexanstrich nicht ursächlich für die Feuchtigkeitsschäden sind. Die Würdigung des Sachverständigengutachtens und der Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ist Sache des Tatrichters. Der Senat ist an sie, da sie Rechtsfehler nicht enthält, gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO; BayObLG ZMR 2001, 827 f.). Ohne Bedeutung ist für das Ergebnis der Beweiswürdigung des Landgerichts, ob einzelne Behauptungen der Antragstellerin zutreffen, z.B. zur Anbringung eines Innenputzes vor etwa zehn Jahren, zur Kürzung der Pachtzahlungen durch den Pächter wegen der Feuchtigkeitsschäden und zum Zeitpunkt der Anbringung des Latexanstrichs durch den Pächter.
c) Da zwischen den Beteiligten umstritten ist, welche Sanierungsmaßnahme als geeignet, erforderlich und zumutbar in Betracht kommt, bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Vorinstanzen auf der Grundlage der vorhandenen Sachverständigenäußerungen bestimmte Maßnahmen angeordnet haben, zumal diese nach der Würdigung durch das Landgericht allein zur Beseitigung der Schadensursache auf Dauer führen. Ob eine Instandsetzung eine dauerhafte, zunächst teurere Sanierung des Mauerwerks erfordert, oder eine in bestimmten zeitlichen Abständen wiederholt notwendig werdende Maßnahme den Anforderungen an eine ordnungsmäßige Instandsetzung genügt, ist in erster Linie eine dem Tatrichter obliegende Entscheidung. Das Landgericht hat mit einer nachvollziehbaren Begründung eine grundlegende Sanierung für geboten erachtet. Dies ist jedenfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass eine in bestimmten zeitlichen Abstände n wiederholt notwendig werdende Sanierungsmaßnahme eine mit einem Ausfall von Pachteinnahmen verbundene Schließung der in dem Teileigentum betriebenen Gaststätte zur Folge hätte. Dabei ist es nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob die wiederholte Anbringung eines Sanierungsputzes alle sechs bis acht oder alle zehn bis zwölf Jahre notwendig würde.
d) Das Landgericht hat den Einwand der Antragsgegner, die vom Amtsgericht angeordnete Sanierungsmaßnahme sei möglicherweise deshalb nicht durchführbar, weil es sich bei den Grundmauern nicht um durchgängig massives Mauerwerk handle, nicht als begründet erachtet. Es hat sich dabei auf die Äußerung des Sachverständigen gestützt, der ausgeführt habe, er gehe fast mit Sicherheit davon aus, dass es sich um massive Grundmauern handle, weil er bei Häusern in München aus der selben Entstehungszeit immer auf massives Mauerwerk gestoßen sei. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Eine absolute Sicherheit kann, wie allgemein, auch in diesem Bereich nicht verlangt werden.
2 Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG und die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Im Hinblick darauf, dass die Antragsgegner die Sanierungskosten mit 22000 DM angenommen haben und in der Rechtsbeschwerdeinstanz sogar 30000 DM nennen, erscheint der vom Landgericht angenommene Geschäftswert von 8000 EUR nicht angemessen. Der Senat legt einen Geschäftswert von 12000 EUR zugrunde. Entsprechend werden die Geschäftswertfestsetzungen der Vorinstanzen abgeändert.
Ende der Entscheidung
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