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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 04.09.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 124/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 26
WEG § 43
1. Der Oberflächenbelag von Balkonen, der für die Dichtigkeit der Balkone erforderlich ist, steht zwingend im Gemeinschaftseigentum.

2. Gemeinschaftliche Ansprüche der Wohnungseigentümer können auch gegen einen ausgeschiedenen Verwalter nur von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich geltend gemacht werden.


Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Eigentümer einer Wohnung mit Balkon in einer Wohnanlage, die früher vom Antragsgegner verwaltet wurde. Die Verwaltertätigkeit des Antragsgegners wurde spätestens am 31.12.2001 beendet.

Die Teilungserklärung enthält einen Abschnitt IV "Inhalt des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums". Unter § 1 wird das Sondereigentum beschrieben. Dabei wird in Ergänzung von § 5 WEG festgelegt, dass bestimmte Gegenstände Sondereigentum sind. Die Balkone sind hier nicht erwähnt. § 4 hat folgenden Wortlaut:

Alle Sondereigentümer sind zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums verpflichtet. Die Sondereigentümer sind ferner verpflichtet, alle Unkosten aufzubringen, die für das Gesamtobjekt anfallen und diese im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen.

Den einzelnen Sondereigentümern obliegt die Kostentragung für die Instandhaltung und Instandsetzung ihres Sondereigentums, insbesondere der nichttragenden Innenwände, der Innenseiten der Fenster, der Fußbodenbeläge, des Wand- und Deckenverputzes innerhalb ihres Sondereigentums, der Rollläden, der Estriche, der Abschluss- und Balkontüren und der Garagentore, des Ersatzes zerstörter oder beschädigter Fenster von Sondereigentumsräumen. Die im Sondereigentum stehenden Balkone sind vom jeweiligen Sondereigentümer ebenfalls allein zu unterhalten.

Eine Instandhaltungsrücklage nach Anlage IV. ist zu erbringen.

Die Heizkosten- und Warmwasserabrechnung hat zu 70 % - siebzig vom Hundert - nach dem Verbrauch und zu 30 % - dreißig vom Hundert - nach der Wohnfläche sämtlicher Eigentumswohnungen zu erfolgen.

Für die Abrechnung gelten im Übrigen die Bestimmungen der Heizkostenverordnung vom 23.02.1981 (Bundesgesetzblatt Seite 261 - Teil I).

Die Kosten für Kaltwasser haben die Sondereigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen, sofern nicht der Verbrauch der einzelnen Wohnungseigentümer durch Messeinrichtungen festgestellt werden kann. Ist dies der Fall, so trägt jeder Sondereigentümer die durch seinen Verbrauch anfallenden Kosten.

In der Eigentümerversammlung vom 22.7.1995 beschlossen die Wohnungseigentümer eine Balkonsanierung. Nach dem Beschluss sollte auf den Balkonböden eine Beschichtung aufgetragen werden, um die Dichtigkeit der Böden wieder herzustellen; die Kosten sollten von jedem Eigentümer nach der Größe seiner Balkonfläche bezahlt werden.

Die Sanierungsmaßnahme wurde durchgeführt, jedoch zeigten sich alsbald nach Abschluss der Arbeiten erhebliche Mängel. Die ausführende Firma ist zwischenzeitlich im Handelsregister gelöscht worden.

Der Antragsteller macht gegen den Antragsgegner als früheren Verwalter Schadensersatzansprüche mit der Begründung geltend, der Antragsgegner habe seine Verpflichtungen bei Auswahl des Bauunternehmers, bei dessen Überwachung und bei der Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen verletzt. Da der Balkon in seinem Sondereigentum stehe, müsse er für die Mängelbeseitigung sorgen. Sein Schaden belaufe sich auf 4.994,32 EUR.

Der Antragsteller hat beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an ihn 4.994,32 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 9.12.2002 abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht am 16.4.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antragsteller sei aktivlegitimiert, da die Kunststoffbeschichtung auf dem jeweiligen Plattenbelag bzw. Oberflächenbelag der einzelnen Balkone aufgebracht worden sei. Die Balkonoberflächen stünden aufgrund der Teilungsvereinbarung jedoch im jeweiligen Sondereigentum. Durch die gemeinschaftliche Entschließung der Wohnungseigentümer zur Durchführung der entsprechenden Arbeiten habe das im Sondereigentum stehende Bauteil nicht den Charakter von Gemeinschaftseigentum erhalten.

Der Antrag sei jedoch deshalb unbegründet, weil es an der Kausalität eines etwaigen Fehlverhaltens des Antragsgegners für den Schaden fehle. Nach dem Vortrag des Antragstellers seien die Arbeiten wegen Durchfeuchtung des darunter liegenden Mauerwerks von vornherein sinnlos gewesen und Nachbesserungsmaßnahmen hätten zu keinem anderen Ergebnis geführt. Die Sinnlosigkeit des Unterfangens habe der Antragsgegner nicht erkennen müssen. Ein Auswahlverschulden treffe den Antragsgegner ebenfalls nicht, da er die desolaten Vermögensverhältnisse des Inhabers der Baufirma nicht habe erkennen müssen.

2. Das Landgericht ist zu Unrecht von der Zulässigkeit des Antrags ausgegangen.

Der Antrag ist unzulässig, weil es sich um einen gemeinschaftlichen Anspruch der Wohnungseigentümer handelt. Gemeinschaftliche Ansprüche aller Wohnungseigentümer gegen den Verwalter kann der einzelne Wohnungseigentümer nur selbständig geltend machen, wenn die Gemeinschaft ihn hierzu durch einen entsprechenden Beschluss ermächtigt hat (BGHZ 106, 222/226 ff.). Das gilt auch für die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber einem ausgeschiedenen Verwalter (Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 43 Rn. 85 m.w.N.).

Bei dem behaupteten Anspruch handelt es sich um einen Anspruch, der allen Wohnungseigentümern gemeinsam zusteht. Bei der Auslegung der Teilungserklärung ist der Senat nicht an die Auslegung durch das Landgericht gebunden, sondern hat die Auslegung selbst vorzunehmen. Dabei ist auf die nächstliegende Bedeutung der jeweiligen Bestimmung abzustellen, wie sie sich nach Sinn und Wortlaut für einen unbefangenen Leser ergibt (BayObLGZ 1996, 58/61; BayObLG NJW-RR 1988, 140). Im Katalog des Abschnitts IV § 1 der Teilungserklärung sind die Balkone nicht als Gegenstände erwähnt, die dem Sondereigentum zugewiesen sind. Abschnitt IV § 4 befasst sich mit der Instandhaltung und Instandsetzung sowie der Kostentragung. Nur in diesem Zusammenhang werden die Balkone als im Sondereigentum stehend bezeichnet. Aus diesem Umstand kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass damit alle, also auch die zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden Teile des Balkons, in unzulässiger Weise zum Sondereigentum erklärt werden sollten (BayObLG NZM 1999, 27).

Die beschlossene Maßnahme diente der Wiederherstellung der Dichtigkeit der Balkonböden. Beschichtungen, die dem Schutz der Dichtigkeit und damit dem Schutz der zwingend im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile dienen, sind aber ihrerseits notwendiges Gemeinschaftseigentum (Niedenführ/Schulze WEG 6. Aufl. § 5 Rn. 16). Von diesem Verständnis sind offenbar auch die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung am 22.7.1995 ausgegangen. Sie haben die Sanierung der Balkonböden als gemeinschaftliche Maßnahme beschlossen und lediglich eine besondere Art der Kostenverteilung festgelegt.

Da demzufolge der Verwalter für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer tätig geworden ist, stehen Schadensersatzansprüche aus der Tätigkeit oder einem Unterlassen des Verwalters auch allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu.

3. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag im Falle seiner Zulässigkeit auch unbegründet wäre, da der Antragsteller nur Leistung an sich und nicht Leistung an alle Wohnungseigentümer verlangt hat (§ 432 Abs. 1 Satz 1 BGB).

4. Es entspricht der Billigkeit, den in allen Instanzen unterlegenen Antragsteller mit den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu belasten (§ 47 WEG).

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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