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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.10.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 131/01
Rechtsgebiete: GBO, ErbbauVO


Vorschriften:

GBO § 53 Abs. 1 Satz 2
ErbbauVO § 2 Nr. 1
ErbbauVO § 14 Abs. 1 Satz 3
1.Für die Löschung einer grundbuchrechtlichen Eintragung von Amts wegen genügen nicht schon bloße Zweifel an ihrer Richtigkeit, vielmehr muß die inhaltliche Unzulässigkeit der Eintragung feststehen.

2. Zum dinglichen Inhalt eines Erbaurechts kann nicht die Zustimmungspflicht des Grundstückseigentümers zur Vermietung und Verpachtung eines Bauwerks durch den Erbbauberechtigten gemacht werden.


Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 2 ist als Inhaberin eines Erbbaurechts an einem den Beteiligten zu 3 bis 5 gehörenden Grundstück im Erbbaugrundbuch eingetragen.

Im Bestandsverzeichnis des Erbbaugrundbuchs war bei Antragstellung eingetragen.:

Der Erbbauberechtigte bedarf zur Veräußerung des Erbbaurechts..., der Bestellung eines Untererbbaurechts, zur Vermietung oder Verpachtung und zu wesentlichen Veränderungen oder Abbruch von Gebäulichkeiten der Zustimmung des Grundstückseigentümers.

Unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung vom 9. Juni 1960 und 12. Juni 1960...

Die Beteiligte zu 1, die Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 2 und Erbbauberechtigte zur Zeit der Antragstellung, hat am 18.10.1999 angeregt, die Eintragung als inhaltlich unzulässig zu löschen. Das Grundbuchamt hat dies mit Beschluss vom 25.10.2000 abgelehnt. Das Landgericht hat am 24.7.2001 den Beschluss des Grundbuchamts insoweit aufgehoben, als darin der Antrag auf Löschung der Zustimmungspflicht für die Bestellung eines Untererbbaurechts zurückgewiesen worden war und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen (Nr. I). Im übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen (Nr. II). Der Beteiligten zu 1 hat es von den Kosten des Beschwerdeverfahrens 2/3 und den Beteiligten zu 2 bis 4 als Gesamtschuldnern 1/3 auferlegt (Nr. III). Die Wörter "der Bestellung eines Untererbbaurechts" wurden von Amts wegen am 22.8.2001 gelöscht. Die Beteiligte zu 1 hat gegen Nr. II des Beschlusses des Landgerichts weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel ist insoweit begründet, als es um die Löschung der Wörter "zur Vermietung oder Verpachtung" wegen inhaltlicher Unzulässigkeit geht; im übrigen hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, ausgeführt: In Rechtsprechung und Literatur sei streitig, ob die Zustimmungspflicht des Grundstückseigentümers zur Vermietung und Verpachtung als Inhalt des Erbbaurechts im Grundbuch eintragungsfähig sei. Jedenfalls beruhe die Eintragung aber auf einer vertretbaren Auslegung des Gesetzes; eine Amtslöschung komme deshalb nicht in Betracht.

Das Zustimmungserfordernis des Grundstückseigentümers für wesentliche Veränderungen der Gebäude könne nach allgemeiner Ansicht als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts vereinbart werden. Eine Löschung dieses Vermerks sei auch nicht deswegen veranlasst, weil das Grundbuchamt insoweit nicht auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen, sondern die Vereinbarung im Wortlaut im Grundbuch wiedergegeben habe. Offenbleiben könne, ob das Grundbuchamt gegen § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbbauVO verstoßen habe; jedenfalls fehle es aber an einer Beeinträchtigung der Rechtsstellung der Beteiligten zu 1 und damit an einer Beschwerdeberechtigung. Abgesehen davon werde die Eintragung im Grundbuch durch die Wiedergabe des vollständigen dinglichen Inhalts des Erbbaurechts neben der Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung nicht inhaltlich unzulässig.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nur zum Teil stand.

a) Der Beteiligten zu 1 ist die Beschwerdeberechtigung nicht dadurch verloren gegangen, dass sie nach Einleitung des Verfahrens das Erbbaurecht auf die Beteiligte zu 2 übertragen hat. Es ist nämlich - auch ohne ausdrückliche "Antrags"änderung - davon auszugehen, dass die Beteiligte zu 1 nach Veräußerung des Erbbaurechts das Beschwerdeverfahren in Verfahrensstandschaft für die Beteiligte zu 2 durchgeführt hat (vgl. BayObLG vom 12.2.1982 - BReg. 2 Z 100/81, wiedergegeben von Demharter FGPrax 1997, 7/8). Da es sich vorliegend um ein Amtsverfahren handelt, weicht der Senat nicht von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.8.1996 (FGPrax 1996, 210) ab. Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof ist deshalb nicht erforderlich.

b) Die Eintragung des Erbbaurechts ist wegen inhaltlicher Unzulässigkeit insoweit von Amts wegen zu löschen, als die Zustimmungspflicht des Grundstückseigentümers zur Vermietung oder Verpachtung zum Inhalt des Erbbaurechts gemacht wurde. Die teilweise Löschung insoweit ist zulässig (Demharter GBO 23. Aufl. § 53 Rn. 58).

(1) Nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO ist eine Eintragung von Amts wegen zu löschen, wenn sie sich nach ihrem Inhalt als unzulässig erweist. Voraussetzung einer Löschung ist dabei, dass die inhaltliche Unzulässigkeit der Eintragung feststeht. Bloße Zweifel genügen nicht (KG JW 1931, 3455; Meikel/Streck Grundbuchrecht 8. Aufl. § 53 Rn. 99). Wegen Zweifeln an der inhaltlichen Zulässigkeit der Eintragung kommt eine Amtslöschung z.B. dann nicht in Betracht, wenn die Eintragung durch Gewohnheitsrecht gerechtfertigt sein kann (BayObLG Rpfleger 1982, 215 f.). Das gleiche gilt, wenn die Zulässigkeit einer Benutzungsdienstbarkeit auch von einer dem Eigentümer verbleibenden Nutzungsmöglichkeit abhängig gemacht wird und nicht positiv feststeht, dass dem Eigentümer keine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit verbleibt (BayObLGZ 1987, 359/362 f.; 1989, 442/445). Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind bloße Zweifel an der inhaltlichen Unzulässigkeit einer Eintragung aber nicht schon dann gegeben, wenn eine Rechtsfrage in Literatur und Rechtsprechung umstritten ist; solche Zweifel müssen und können im Grundbuchverfahren überwunden werden.

(2) Als nach ihrem Inhalt unzulässig sind u.a. Eintragungen anzusehen, die ein an sich eintragungsfähiges Recht, z.B. ein Erbbaurecht, mit einem gesetzlich nicht erlaubten Inhalt verlautbart (BayObLGZ 1977, 103 f.).

Ein solcher Fall liegt hier vor. Nach § 2 Nr. 1 ErbbauVO können Vereinbarungen über die Verwendung des Bauwerks mit dinglicher Wirkung zum Inhalt eines Erbbaurechts gemacht werden. Der Begriff "Verwendung des Bauwerks" ist entsprechend dem Normzweck, insbesondere zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus, weit auszulegen (Staudinger/Ring BGB 13. Aufl. Rn. 14; Ingenstau/Hustedt Erbbaurecht 8. Aufl. Rn. 19; MünchKomm/von Oefele BGB 3. Aufl. Rn. 16, jeweils zu § 2 ErbbauVO; von Oefele/Winkler Erbbaurecht 2. Aufl. Rn. 4.55). Der Begriff "Verwendung des Bauwerks" deckt Vereinbarungen, die die tatsächliche Nutzungsart des Bauwerks betreffen. Insbesondere sind zulässig allgemeine Vereinbarungen über die Verwendungsart des Bauwerks in wirtschaftlicher Hinsicht (z.B. zu Wohn- oder Gewerbezwecken) oder allgemeine Vereinbarungen mit sozialen Zielvorstellungen (z.B. Verwendung für sozial minder bemittelte Personen, kinderreiche Familien, Flüchtlinge, Einheimischenmodell). Demgegenüber kann aber zum dinglichen Inhalt des Erbbaurechts nicht ein Mitspracherecht des Eigentümers im Einzelfall, wie hier die Zustimmung des Grundstückseigentümers für den Abschluss eines jeden konkreten Mietvertrags, gemacht werden. Eine solche Vereinbarung ist nur mit schuldrechtlicher Wirkung möglich (Staudinger/Ring Rn. 14; MünchKomm/von Oefele Rn. 16; Ingenstau/Hustedt Rn. 19, jeweils zu § 2 ErbbauVO; von Oefele/Winkler Rn. 4.58; Wufka MittBayNot 1989, 13 f.; offengelassen BGH DNotZ 1968, 302; a.A. Weitnauer DNotZ 1968, 303; Palandt/Bassenge BGB 60. Aufl. § 2 ErbbauVO Rn. 2; RGRK/Räfle 12. Aufl. § 2 ErbbauVO Rn. 12). Auch bei weiter Auslegung des Begriffs "Verwendung des Bauwerks" würde es dem Wortlaut und dem Sinn der Vorschrift widersprechen, wenn eine Abrede über ein generelles Mitspracherecht des Grundstückseigentümers beim Abschluss eines jeden Miet- oder Pachtvertrags zum eintragungsfähigen Inhalt des Erbbaurechts gemacht werden könnte.

c) Inhaltlich unzulässig ist nicht der Teil der Eintragung, der zur Veräußerung, zu wesentlichen Veränderungen oder zum Abbruch von "Gebäulichkeiten" die Zustimmung des Grundstückseigentümers verlangt.

(1) Nach § 5 Abs. 1 ErbbauVO kann als Inhalt des Erbbaurechts vereinbart werden, dass der Erbbauberechtigte zur Veräußerung des Erbbaurechts der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf. Gemäß § 2 Nr. 1 ErbbauVO können Vereinbarungen des Grundstückseigentümers und des Erbbauberechtigten über die Errichtung und die Instandhaltung des Bauwerks zum Inhalt des Erbbaurechts gemacht werden. Es begegnet keinen Bedenken, dass die Zustimmung des Grundstückseigentümers zu baulichen Veränderungen somit Inhalt des dinglichen Rechts sein kann (BayObLG NJW-RR 1987, 459 f.). Gleiches gilt für die Zustimmungsbedürftigkeit beim Abbruch bestehender Gebäude (Staudinger/ Ring § 2 ErbbauVO Rn. 12).

(2) Eine inhaltliche Unzulässigkeit der Eintragung ist auch nicht deshalb gegeben, weil der Inhalt des Erbbaurechts im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs zum Teil ausdrücklich eingetragen, im übrigen aber auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird. Die Zulässigkeit einer solchen Mischform der Eintragung ergibt sich bereits aus § 56 Abs. 2 GBV. Danach ist bei Eintragung des Inhalts des Erbbaurechts die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung zulässig; jedoch sind Beschränkungen des Erbbaurechts durch Bedingungen, Befristungen oder Verfügungsbeschränkungen im Sinn des § 5 ErbbauVO ausdrücklich einzutragen. Es ist zwar richtig, dass es bezüglich der Zustimmungsbedürftigkeit bei wesentlichen Veränderungen oder beim Abbruch des Bauwerks einer ausdrücklichen Eintragung im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs nicht bedurft und die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung genügt hätte (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbbauV0, § 56 Abs. 2 GBV). Die hier gewählte Form der Eintragung führt aber nicht zur inhaltlichen Unzulässigkeit der Eintragung. Hierfür ist allein maßgeblich, ob die Eintragung einen Rechtszustand oder -vorgang verlautbart, den es nicht geben kann, ob also eine Eintragung mit dem ihr zu entnehmenden Inhalt rechtlich überhaupt ausgeschlossen ist und deshalb kein Recht begründen kann (Meikel/Streck § 53 Rn. 92). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

3. Eine Kostenentscheidung ist weder für das Beschwerde- noch für das Rechtsbeschwerdeverfahren veranlasst. Hat wie hier eine Beschwerde oder eine Rechtsbeschwerde nur teilweise Erfolg, so ist nicht § 13a Abs. 1 Satz 2, sondern § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG anzuwenden (Demharter 23. Aufl. § 77 Rn. 35 m. w. N.). Hier erscheint es billig, sowohl für das Beschwerdeals auch das Rechtsbeschwerdeverfahren davon abzusehen, eine Kostenerstattung anzuordnen.

Ende der Entscheidung

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