Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 29.12.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 134/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 1018
BGB § 1090
Die Dienstbarkeitsbestellung und der Eintragungsbewilligung ist nicht deswegen nichtig, weil die beschränkte persönliche Dienstbarkeit in der Form eines Wohnungsbesetzungsrechts für eine Kommune nicht befristet ist.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Werdich

am 29. Dezember 2000

in der Grundbucheache

Eintragung einer Dienstbarkeit (Wohnungsbesetzungsrecht)

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden die Beschlüsse des Landgerichts München II vom 6. November 2000 und des Amtsgerichts - Grundbuchamt Garmisch-Partenkirchen vom 3. Mai 2000 aufgehoben.

II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die beantragte Dienstbarkeit einzutragen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind im Grundbuch als Miteigentümer von Grundstücken eingetragen. Auf diesen Grundstücken soll nach Maßgabe eines Durchführungsvertrags zu einem "vorhabenbezogenen Bebauungsplan" und eines "städtebaulichen Vertrages" mit umfangreichen Plänen als Anlagen dazu in der Rechtsform des Wohnungseigentums eine Wohnanlage "Servicewohnungen" errichtet werden.

Am 1.3.2000 bewilligten die Beteiligten zu 1 und 2 im Rahmen dieses Vertragswerks zugunsten der Beteiligten zu 3, einer Gemeinde, die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit mit folgendem Inhalt:

Der zur Verfügung stehende Wohnraum in der Wohnanlage "Servicewohnungen" darf nur von Personen genutzt werden, deren Nutzung die Gemeinde als Berechtigte der Dienstbarkeit zugestimmt hat. Die Zustimmung gilt als erteilt für Personen, welche das 55. Lebensjahr vollendet und einen Betreuungsvertrag gemäß Anlage 11a dieses Vertrags mit dem Betreiber der Wohnanlage "Servicewohnungen" abgeschlossen haben. Sofern zusammenhängender Wohnraum von Ehegatten oder Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft oder von Geschwistern gemeinsam oder von Eltern mit ihren Kindern genutzt wird, gilt die Zustimmung auch als erteilt, wenn nur ein Partner das 55. Lebensjahr vollendet und den Betreuungsvertrag abgeschlossen hat. Die fiktive Zustimmung bleibt bestehen, wenn derjenige Partner der Ehegatten/Partner/Geschwister verstirbt, der die Unterlassungsverpflichtung allein erfüllt hat und der verbleibende Teil zu diesem Zeitpunkt die genannte Altersgrenze noch nicht erreicht hat, sofern dieser bei Erreichen der genannten Altersgrenze den Betreuungsvertrag unverzüglich abschließt und sofern bis dahin kein Dritter den Wohnraum allein oder gemeinsam mit dem verbleibenden Teil der Wohngemeinschaft nutzt.

Das Grundbuchamt hat durch Beschluss vom 3.5.2000 den Eintragungsantrag abgewiesen. Das Landgericht hat die Beschwerde am 6.11.2000 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und des Grundbuchamts und zur Anweisung des Grundbuchamte, die Dienstbarkeit einzutragen.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Dienstbarkeit sei inhaltlich nicht genügend bestimmt. Aus der Eintragungsbewilligung ergebe sich nicht, welche der mehreren zu errichtenden Gebäude die Wohnanlage "Servicewohnungen" bilden sollten. Die vorgelegten Pläne seien nicht geeignet, in einer dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechenden Weise die von dem Wohnungsbesetzungsrecht erfaßten Räume festzulegen.

Die Eintragungsbewilligung sei außerdem sittenwidrig und damit nichtig. Zweck der Dienstbarkeit sei es sicherzustellen, dass die zu errichtenden Gebäude ausschließlich als Seniorenheim für betreutes Wohnen genutzt werden. Es sei nicht voraussehbar, ob das Seniorenheim in Jahrzehnten noch wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden könne. Deshalb sei eine Befristung auch der Dienstbarkeitsbestellung unverzichtbar. An einer solchen fehle es. Die damit gegebene Sittenwidrigkeit der Dienstbarkeitsbestellung ergreife auch die Eintragungsbewilligung.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Bei dem zur Eintragung beantragten Recht handelt es sich um eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit in der Form eines Wohnungsbesetzungsrechts (§§ 1090, 1018 BGB). Nach dem Inhalt des Rechts sollen auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen, nämlich die Überlassung der Wohnungen auf dem Grundstück an beliebige Personen. Damit liegt eine Unterlassungsdienstbarkeit vor (Fall 2 des § 1018 BGB). Die grundsätzliche Zulässigkeit einer solchen Dienstbarkeit in der Form des Wohnungsbesetzungsrechte, mit der öffentliche Interessen verfolgt werden, steht heute nicht mehr in Frage (BayObLGZ 2000, 140/141 m. w. N.).

b) Von einer Nichtigkeit der Dienstbarkeitsbestellung und der Eintragungsbewilligung wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) kann keine Rede sein. Der Senat hat in der erwähnten Entscheidung vom 22.5.2000 (BayObLGZ 2000, 140/142) im einzelnen ausgeführt, dass eine Befristung nicht notwendige Voraussetzung eines Wohnungsbesetzungsrechts für eine juristische Person ist. Daran hält der Senat fest. Entscheidende Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass bei veränderten Umständen ein Anspruch gegen den Berechtigten der Dienstbarkeit auf deren Aufhebung und Löschung nicht ausgeschlossen ist.

c) Wie bei jedem dinglichen Recht erfordert der das Grundbuchrecht beherrschende Bestimmtheitsgrunds atz auch bei einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in der Form eines Wohnungsbesetzungsrechts, dass der Umfang des Rechts sich aus der Eintragung selbst oder in Verbindung mit der Eintragungsbewilligung ohne weiteres ergibt (Demharter GBO 23. Aufl. Anh. zu § 13 Rn. 5 m. w. N.). Dies ist hier entgegen der Ansicht des Landgerichte der Fall. Gegenstand des Wohnungsbesetzungsrechts ist nach der Eintragungsbewilligung der Wohnraum in der Wohnanlage "Servicewohnungen". Die nächstliegende Bedeutung ist, dass es sich dabei um den gesamten Wohnraum handelt. Die Eintragungsbewilligung ist in dem notariellen Vertrag vom 1.3.2000 samt dem Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan und dem städtebaulichen Vertrag samt Anlagen enthalten. Dieser Vertrag ist daher zur Auslegung des verwendeten Begriffs der Wohnanlage "Servicewohnungen" heranzuziehen. Aus § 2 des notariellen Vertrags in Verbindung mit den Plänen gemäß der Anlage, insbesondere dem Plan in Anlage 2a ergibt sich, dass das Vorhaben die in dem Plan mit blauer Farbe kenntlich gemachten Bauquartiere C, D und E umfaßt und die Servicewohnungen in den Bauquartieren D und E liegen. Damit ist der Umfang des von der Dienstbarkeit umfaßten Wohnraums ausreichend bestimmt bezeichnet.

d) In der Urkunde vom 1.3.2000 ist die Dienstbarkeit in zwei verschiedenen Fassungen bewilligt worden. Der Eintragungsantrag wurde sodann in der Erinnerungsschrift vom 8.5.2000 auf die zweite Fassung beschränkt. Dieser Antrag ist Gegenstand der Entscheidung. Bei der Eintragung der Dienstbarkeit wird bei der Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (vgl. § 874 BGB, § 44 Abs. 2 Satz 1 GBO) in geeigneter Form zum Ausdruck zu bringen sein, dass die zweite Fassung Gegenstand der Eintragung ist (vgl. Demharter § 44 Rn. 38).

Ende der Entscheidung

Zurück