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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.11.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 134/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 14 Nr. 1
WEG § 15 Abs. 2
WEG § 22 Abs. 1
1. Ein auf der Sondernutzungsfläche des im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gartens errichtetes Gartenhäuschen stellt grundsätzlich eine bauliche Veränderung dar, die in der Regel mehr stört, als bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbar ist, und die deshalb der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf.

2. Die Errichtung eines Gartenhäuschens auf der zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche ist mit einer Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung unvereinbar, nach der der Garten nur als Ziergarten genutzt werden darf.


Gründe:

I.

Die Antragstellerin war zusammen mit ihrem Ehemann, der am 28.7.2003 verstorben und von ihr allein beerbt worden ist, Eigentümerin einer Eigentumswohnung. Nunmehr ist sie deren Alleineigentümerin. Die Antragsgegner und die weiteren Beteiligten sind die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnanlage. Die Erdgeschosswohnung Nr. 8 gehört derzeit den Antragsgegnern. Die Wohnung der Antragstellerin liegt im Obergeschoss.

Gemäß der Teilungserklärung ist den Eigentümern der Erdgeschosswohnungen der ausschließliche Gebrauch der unmittelbar vor den Wohnungen liegenden Terrassen- und Gartenflächen eingeräumt. In § 4 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist hierzu bestimmt:

Soweit Gartenanteile Sondernutzungsrechten unterliegen, ist ihre Gestaltung nur als Ziergarten zulässig.

Die Eigentümer der Wohnung Nr. 8 hatten sich seit längerem darum bemüht, von den übrigen Wohnungseigentümern die Genehmigung für das Aufstellen eines Gartenhäuschens mit einem Grundriss von 2 mal 2 m auf ihrer Gartensondernutzungsfläche zu erhalten. Im Jahr 1990 lehnten die Wohnungseigentümer eine derartige Genehmigung ab. Im Jahr 1992 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Errichtung eines Gerätehauses mit der Größe von circa 4 m² und der Höhe von etwa 2 m zu genehmigen. Dieser Eigentümerbeschluss wurde auf Antrag der Antragstellerin und ihres Ehemanns rechtskräftig für ungültig erklärt. In der Folgezeit errichteten die Antragsgegner, die Rechtsnachfolger der damaligen Eigentümer der Wohnung Nr. 8, auf ihrer Gartensondernutzungsfläche ein 1,5 m langes, 1,2 m breites und 1,6 m hohes Gartenhäuschen.

Der Antrag der Antragstellerin und ihres Ehemanns, die Eigentümerversammlung möge die Entfernung des Gartenhäuschens beschließen, wurde am 16.4.2002 abgelehnt. Dieser Eigentümerbeschluss wurde durch Beschluss des Senats vom 20.11.2003 (Az. 2Z BR 133/03) für ungültig erklärt.

Die Antragstellerin und ihr Ehemann haben beantragt, die Antragsgegner zur Beseitigung des Gartenhäuschens zu verpflichten. Das Amtsgericht hat den Antrag am 2.10.2002 abgelehnt. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 26.5.2003 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Verpflichtung der Antragsgegner, das Gartenhäuschen zu entfernen.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer sei zur Errichtung des Gartenhäuschens als einer baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht erforderlich, weil die übrigen Wohnungseigentümer nicht in ihren Rechten über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt würden. Die vorliegenden Lichtbilder zeigten, dass das Gartenhäuschen den Gesamteindruck des Gartens nicht in erheblicher Weise störe, sich vielmehr harmonisch einfüge. Wesentliche Bedeutung komme dem Umstand zu, dass es sich um ein Spielhäuschen für Kinder handle. Die Nutzungsbeschränkung des Gartens in der Gemeinschaftsordnung auf die Anlegung eines Ziergartens stehe der Errichtung eines Gartenhäuschens nicht entgegen. Eine Bindungswirkung durch den Eigentümerbeschluss von 1990 und die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses von 1992 bestehe nicht, weil Gegenstand ein mit dem errichteten Gartenhäuschen nicht vergleichbares Gerätehäuschen gewesen sei.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass es sich bei dem Gartenhäuschen um eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums handelt, die über eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung hinaus geht und daher nur dann ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zulässig ist, wenn sie nicht mehr stört, als bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbar (§ 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 WEG). Ob eine Beeinträchtigung in diesem Sinn vorliegt, hat grundsätzlich der Tatrichter zu beurteilen. Er kann sich dabei auch auf Lichtbilder stützen, sofern diese geeignet sind, einen ausreichenden Eindruck zu vermitteln; unter diesen Voraussetzungen kann von der Einnahme eines Augenscheins abgesehen werden (BayObLG NZM 1998, 980; 2000, 392).

Eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG hat das Landgericht auf Grund des durch die vorliegenden Lichtbilder gewonnenen Eindrucks verneint, weil dass Gartenhäuschen "nicht in erheblicher Weise" störe und sich harmonisch einfüge. Eine Zustimmungspflicht der übrigen Wohnungseigentümer setzt aber nicht eine "erhebliche" Störung voraus. Sie ist vielmehr bereits dann gegeben, wenn die bauliche Veränderung "nicht nur ganz unerheblich" stört (st. Rspr., z.B. OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 277). Bei einem Gartenhäuschen wird dies regelmäßig der Fall sein (vgl. BayObLG ZWE 2000, 355 f.). Für das von den Antragsgegnern errichtete Gartenhäuschen gilt grundsätzlich nichts anderes. Anhand der Lichtbilder lässt sich nur schwerlich eine Beeinträchtigung im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG verneinen.

b) Diese Frage kann aber letztlich unentschieden bleiben. Der Senat hat nämlich in seinem Beschluss vom 20.11.2003 (Az. 2Z BR 133/03) entschieden, dass die Aufstellung des Gartenhäuschens mit der in der Gemeinschaftsordnung getroffenen Nutzungsbeschränkung des im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartens unvereinbar ist (§ 15 Abs. 2 WEG); diese lässt nur eine Nutzung des Gartens als Ziergarten zu. Daraus folgt ohne weiteres die Verpflichtung der Antragsgegner, das Gartenhäuschen zu beseitigen (§ 1004 Abs. 1 BGB). Ohne ausschlaggebende Bedeutung ist dabei, dass es sich nach dem Vortrag der Antragsgegner bei dem Gartenhäuschen um ein Kinderspielhäuschen handelt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG in Übereinstimmung mit der Geschäftswertfestsetzung in dem genannten Beschluss des Senats vom 20.11.2003 (Az. 2Z BR 133/03) auf 1000 EUR festgesetzt.



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