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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.09.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 135/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 24 Abs. 6
WEG § 26 Abs. 1 Satz 1
WEG § 23 Abs. 4
Ein Verwalter, der über eine Eigentümerversammlung eine Niederschrift erstellt, die in wesentlichen Punkten unrichtig ist, kann für die weitere Führung der Verwaltung ungeeignet sein. Der Beschluss über die erneute Bestellung des Verwalters ist auf Antrag für ungültig zu erklären.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Die Antragsgegnerin zu 2 wurde im Jahr 1994 vom Amtsgericht zur Notverwalterin bestellt und führte die Verwaltung bis Ende des Jahres 2001. Am 21.3.2001 fand eine Eigentümerversammlung statt. Die Niederschrift über diese Eigentümerversammlung wurde von der Antragsgegnerin zu 2 verfasst. In der Niederschrift sind Beschlussfassungen über eine Wohngeldabrechnung 1999, 2000 und einen Wirtschaftsplan ab 1.5.2001 dokumentiert. Derartige Beschlussfassungen haben nicht stattgefunden.

Nachdem vom Gericht ein anderer Verwalter bestellt wurde, dessen Amtszeit inzwischen abgelaufen ist, berief dieser eine Eigentümerversammlung auf den 13.6.2002 ein. In dieser Versammlung beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, die Antragsgegnerin zu 2 ab 1.1.2003 für die Dauer von drei Jahren zur Verwalterin zu bestellen.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, diesen Beschluss für ungültig zu erklären und im Laufe des Verfahrens ihren Antrag dahin erweitert, dass ein Verwalter gerichtlich bestellt werden soll.

Das Amtsgericht hat mit Teilbeschluss vom 21.11.2002 den Beschluss über die Bestellung der Antragsgegnerin zu 2 als Verwalterin für ungültig erklärt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 22.5.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 1 und 2.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 31.3.2001 enthalte Beschlussfassungen über die Wohngeldabrechnungen 1999 und 2000 und einen Wirtschaftsplan ab 1.5.2001, die gemäß den Angaben des Zeugen B. nicht gefasst worden seien. Die Darlegungen des Miteigentümers B. seien von den Antragsgegnern zu 1 und 2 nicht infrage gestellt worden. Fertige ein Verwalter eine Niederschrift über eine Eigentümerversammlung, die in wesentlichen Punkten nicht dem tatsächlichen Verlauf der Eigentümerversammlung entspreche, so disqualifiziere er sich und sei ungeeignet, so dass ein wichtiger Grund gegen die Neubestellung vorliege.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Der Beschluss über die Bestellung eines Verwalters ist für ungültig zu erklären, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben eine Zusammenarbeit mit dem Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von vornherein nicht zu erwarten ist. Das ist der Fall, wenn Umstände vorliegen, die den Bestellten als unfähig oder ungeeignet für das Amt erscheinen lassen (vgl. Niedenführ/Schulze WEG 6. Aufl. § 26 Rn. 16).

Zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass die Antragsgegnerin zu 2 zur weiteren Ausübung des Verwalteramts ungeeignet ist, weil sie eine Niederschrift über eine Eigentümerversammlung gefertigt hat, die in wesentlichen Punkten nicht dem tatsächlichen Verlauf entspricht. Die Niederschrift über die Eigentümerversammlung ist ein wichtiges Dokument. Es dient einerseits der Unterrichtung der Wohnungseigentümer, die an der Versammlung nicht teilgenommen haben. Andererseits wird das Protokoll zu Beweiszwecken über die gefassten Beschlüsse verwendet, wobei der Niederschrift eine umso stärkere Bedeutung zukommt, je weniger sich die teilnehmenden Eigentümer nach Ablauf einer oft langen Zeit an die tatsächlichen Vorgänge erinnern können.

b) Soweit die Rechtsbeschwerde die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in Zweifel zieht, hat sie damit im Ergebnis keinen Erfolg. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Tatsachen- und Beweiswürdigung nur beschränkt, nämlich auf das Vorliegen von Rechtsfehlern überprüfen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 ZPO). Die Überprüfung ist darauf beschränkt, ob der Tatrichter den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffes alle maßgebenden Umstände berücksichtigt und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen Denkgesetze und zwingende Erfahrungssätze verstoßen hat (allg. Meinung, z.B. BayObLG ZMR 2003, 689).

Das Landgericht hat den Antragsgegner zu 3 zu Unrecht als Zeugen bezeichnet. Dies ist jedoch unschädlich, da ausgeschlossen werden kann, dass die Überzeugungsbildung des Landgerichts dadurch beeinflusst worden ist, dass die Aussage als Zeugenaussage gewertet wurde (vgl. BayObLG ZMR 2003, 689). Das Landgericht hat den Antragsgegner zu 3 im Rubrum als Beteiligten und im Rahmen der Wiedergabe der Angaben des Antragsgegners zu 3 diesen als Miteigentümer bezeichnet. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts durch die Bezeichnung des Beteiligten zu 3 als Zeugen irgendwie beeinflusst wurde.

Das Landgericht hat auch nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Die Richtigkeit der Angaben des Antragsgegners zu 3 im Vorverfahren wurden von keinem der Beteiligten in den Tatsacheninstanzen in Zweifel gezogen. Zu weiteren Ermittlungen bestand deshalb kein Anlass, da das Landgericht davon ausgehen konnte, dass jeder Beteiligte die für ihn vorteilhaften Umstände von sich aus vorbringen würde (vgl. BGH NJW 2001, 1212). Da die Antragsgegner zu 1 und 2 an der Eigentümerversammlung vom 21.3.2001 selbst teilgenommen haben, hätte es ihnen oblegen, die Richtigkeit der Angaben des Beteiligten zu 3 zu bestreiten. Dass der Antragsgegner zu 3 der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sei, tragen die Antragsgegner zu 1 und 2 erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren vor, können aber damit nicht mehr gehört werden (§§ 27 FGG, 559 ZPO).

Die Antragsgegner zu 1 und 2 können einen Verfahrensfehler des Landgerichts auch nicht daraus ableiten, dass sie einer Verwertung der Angaben des Antragsgegners zu 3 nicht zugestimmt haben. Eine solche Zustimmung ist zumindest stillschweigend erfolgt. Bereits das Amtsgericht hat in seinen Beschlussgründen auf die Anhörung des Antragsgegners zu 3 im Vorverfahren abgestellt. Die Antragsgegner zu 1 und 2 haben dies in der Beschwerdebegründung nicht nur nicht gerügt, sondern sich ihrerseits auf die Angaben bei der Anhörung des Antragsgegners zu 3 bezogen, ohne auch nur andeutungsweise auf die nunmehr behaupteten mangelnden Deutschkenntnisse des Antragsgegners zu 3 hinzuweisen. Auch in der Rechtsbeschwerdebegründung setzen sich die Antragsgegner zu 1 und 2 in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten, wenn sie einerseits behaupten, dass die Angaben des Antragsgegners zu 3 nicht als Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung dienen könnten, andererseits sich aber hinsichtlich der für sie vermeintlich günstigen Umstände auf diese Angaben beziehen.

c) Unerheblich ist, dass das Verfahren über die Ungültigerklärung der Beschlüsse vom 21.3.2001 in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Die Erledigterklärung hat mit der Erstellung eines unrichtigen Protokolls nichts zu tun.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG. Es erschien dem Senat angemessen, den bereits in beiden Vorinstanzen unterlegenen Antragsgegnern zu 1 und 2 samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Die Geschäftswertfestsetzung folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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