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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.02.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 138/01
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 14 Nr. 1 | |
WEG § 22 Abs. 1 |
2. Baumaßnahmen, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen, sind von den Wohnungseigentümern hinzunehmen, wenn deren Rechtsstellung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Dr. Delius und Dr. M. Schmid
am 14. Februar 2002
in der Wohnungseigentumssache
wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
beschlossen:
Tenor:
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 25. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge unter Abänderung der Geschäftswertfestsetzung durch die Vorinstanzen auf 10225 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Bei Errichtung der Wohnanlage wurde der Mülltonnenplatz entsprechend dem Bauplan auf einer unmittelbar an der Straße gelegenen Fläche errichtet. Die Abmessung des Tonnenhäuschens war an den bis zum Jahr 1985 in M. verwendeten Mülltonnen ausgerichtet; für die seit dem Jahr 1986 verwendeten Tonnen ist das Tonnenhäuschen zu klein.
Seit dem Jahr 1986 befinden sich deshalb zwei Großraummüllbehälter auf einer überdachten und mit Platten befestigten, im hinteren Teil des Grundstücks gelegenen Fläche zwischen der seitlichen 2,30 m hohen Mauer der Tiefgaragenabfahrt und der Grundstücksgrenze. Eine Bio- und eine Papiertonne stehen an der Rückwand der Tiefgaragenabfahrt. Seitlich versetzt unmittelbar an die Tiefgaragenausfahrt anschließend befindet sich das Gebäude, in dessen Erdgeschoss die Wohnung der Antragsteller liegt.
Die Wohnungseigentümer beschlossen am 15.3.2000, den jetzigen Müllplatz durch Befestigung des Untergrunds, Verlängerung und Verbesserung der Dachkonstruktion und Anpflanzung einer Hecke so zu gestalten, dass er zur Aufnahme aller Tonnen herangezogen werden kann. Außerdem beschlossen sie, die alte Mülltonnenanlage abzureißen und den Platz zu begrünen.
Die Antragsteller haben, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse ist, sinngemäß beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, den derzeitigen Mülltonnenplatz zu beseitigen und die Mülltonnenanlage an den im Bauplan vorgesehenen Ort zurückzuverlegen. Außerdem haben sie sinngemäß beantragt, den Eigentümerbeschluss insoweit für ungültig zu erklären, als er dem Verpflichtungsantrag entgegen steht. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 15.11.2000 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat am 25.7.2001 den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Verlegung des Mülltonnenstandplatzes stelle eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 WEG dar. Die Antragsteller würden durch diese Maßnahme aber nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt.
Wegen der Änderung der Tonnengrößen könne das ursprüngliche Mülltonnenhäuschen nicht mehr verwendet werden. Aufgrund des durchgeführten Augenscheins stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Platz zwischen Tiefgaragenmauer und Grundstücksgrenze für die Unterbringung der Mülltonnenanlage am besten geeignet sei. Der im hinteren Teil des Grundstücks gelegene, durch die Tiefgaragenmauern und durch Sträucher weitgehend abgeschirmte Platz könne von den Bewohnern der Wohnanlage oder von Passanten kaum eingesehen werden. Auch könnten an dieser Stelle alle Mülltonnen Platz finden, wenn der Streifen zwischen Tiefgaragenmauer und Grundstücksgrenze, wie in dem angefochtenen Eigentümerbeschluss vorgesehen, in voller Länge gepflastert und überdacht werde.
Die Antragsteller würden durch den neuen Mülltonnenstellplatz nicht erheblich beeinträchtigt. Der Platz sei durch die 2,30 m hohe Mauer der Tiefgaragenabfahrt abgeschirmt. Außerdem befinde sich zwischen dieser Mauer und dem Gebäude, in dem die Wohnung der Antragsteller liege, noch die Tiefgaragenabfahrt. Werde, wie vorgesehen, auch die Biotonne hinter der Mauer abgestellt, sei eine Geruchsbelästigung der Antragsteller kaum denkbar. Eine Beeinträchtigung durch Geräusche sei nicht so schwerwiegend, dass sie nicht hingenommen werden könne.
Eine Unterbringung der Mülltonnen an der im Bauplan vorgesehenen Stelle sei mit erheblichen Nachteilen verbunden. Es müsse wegen der Änderung der Tonnengrößen mit erheblichem finanziellen Aufwand ein neues Tonnenhaus errichtet werden. Dieses müsse gegenüber dem jetzigen Tonnenhaus wesentlich größer sein; im Zugangsbereich zur Wohnanlage bedeute dies eine erhebliche Verschlechterung des architektonischen Gesamteindrucks.
Öffentlich-rechtliche Vorschriften stünden nicht entgegen, dass der jetzige Mülltonnenplatz beibehalten werde. Das Amt für Abfallwirtschaft habe im Schreiben vom 6.6.2001 ausdrücklich erklärt, dass der derzeitige Standplatz hingenommen werde, die Mülltonnen allerdings nicht vom Abfuhrpersonal abgeholt und zurückgebracht würden, weil die Entfernung zum Straßenrand 30 m betrage. Ein erheblicher Nachteil für die Wohnungseigentümer bestehe deshalb aber nicht. Derzeit würden die Mülltonnen vom Abfuhrpersonal aus Kulanz vom Tonnenstandort abgeholt und auch dorthin zurückgebracht. Sollte diese Kulanzregelung in Zukunft in Wegfall kommen, würde es für die Wohnungseigentümer keinen unverhältnismäßig hohen finanziellen und organisatorischen Aufwand bedeuten, selbst dafür Sorge zu tragen, dass die Mülltonnen an der Straße bereitgestellt werden. Dies sei so auch 13 Jahre lang praktiziert worden.
Schließlich sei es auch nicht erforderlich, die Teilungserklärung zu ändern, um den derzeitigen Mülltonnenstandort beizubehalten. Die Teilungserklärung enthalte nämlich keine Festlegung, an welcher Stelle die Mülltonnen aufzustellen seien. Im Bauplan sei zwar ein Mülltonnenhäuschen eingezeichnet; dies stelle aber keine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter dar.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Verlegung der Müllt6nnenanlage ist eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG (vgl. BayObLG DWE 1984, 30 [Leitsatz]; Staudinger/Bub WEG § 22 Rn. 167).
b) Eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums kann gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG weder nach § 21 Abs-3 WEG, mit Stimmenmehrheit beschlossen noch gemäß § 21 Abs. 4 WEG von einem einzelnen Wohnungseigentümer verlangt werden. Es ist dazu vielmehr die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich, es sei denn, deren Rechte werden durch die Veränderung nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt, § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG. Letzteres ist hier der Fall.
(1) Das Landgericht hat nach Durchführung eines Augenscheins festgestellt, dass durch den im Eigentümerbeschluss vorgesehenen Standort der Müllcontaineranlage für die Antragsteller weder eine erhebliche Geruchs- noch Lärmbelästigung gegeben ist. Außerdem ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass die frühere Mülltonnenanlage im jetzigen Zustand nicht mehr verwendbar, ein Umbau mit erheblichen Nachteilen verbunden und der jetzige Mülltonnenplatz am wenigsten störend ist.
Die Feststellungen des Landgerichts liegen weitgehend auf dem Gebiet tatrichterlicher Würdigung. Sie können vom Rechtsbeschwerdegericht nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur darauf überprüft werden, ob ihr Ergebnis auf einem Rechtsfehler beruht (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO a.F.; BGHZ 116, 392/396; BayObLG WuM 1996, 487 und ständige Rechtsprechung). Ein solcher Rechtsfehler liegt nicht vor. Die Antragsteller können keinen Erfolg damit haben, dass sie der tatsächlichen Würdigung des Landgerichts widersprechen und diese durch ihre eigen e Würdigung ersetzt wissen wollen.
Die Schlussfolgerung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht zu bestreiten, dass eine Mülltonnenanlage in der Regel mit Beeinträchtigungen verbunden ist. Aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt sich aber, dass der Nachteil für die Antragsteller nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht.
(2) Es kann offen bleiben, ob der jetzige Mülltonnenstandort der Hausmüllentsorgungssatzung von M. und einer verbindlichen Regelung im Bauplan widerspricht. Ein Nachteil im Sinn von § 14 Nr. 1 WEG kann nämlich nicht bereits aus dem Umstand hergeleitet werden, dass durch die Baumaßnahme gegen gesetzliche Bestimmungen oder verbindliche Vereinbarungen der Wohnungseigentümer verstoßen wird (BGH NJW 2001, 1212 f.; BayObLGZ 2000, 252/254 f.). Solche baulichen Veränderungen sind vielmehr von den Wohnungseigentümern hinzunehmen, wenn deren Rechtsstellung nicht oder nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt wir d (BGH aaO). Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass dies hier nicht der Fall ist.
Abgesehen davon können sich die Antragsteller schwerlich auf einen Verstoß gegen die Hausmüllentsorgungssatzung berufen, wenn das Amt für Abfallwirtschaftselbst erklärt hat, der derzeitige Mülltonnenstandplatz werde von ihm akzeptiert. Offen bleiben kann, ob es sich bei dem Bauplan hinsichtlich der Mülltonnenanlage nur um einen Gestaltungsvorschlag oder um eine rechtlich verbindliche Festlegung mit Vereinbarungscharakter handelt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Die Festsetzung des Geschäftswerts durch die Vorinstanzen mit 20000 DM entspricht § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Im Hinblick auf die zwischenzeitliche Umstellung auf den Euro erscheint es geboten, für alle Rechtszüge einen einheitlichen Geschäftswert festzusetzen, und zwar in Höhe von 10225 EUR.
Ende der Entscheidung
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