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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 21.02.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 142/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 3
Mit Stimmenmehrheit kann beschlossen werden, ob einzelne Bäume einer baumreichen Wohnanlage gefällt werden dürfen.
BayObLG Beschluss

LG Augsburg 7 T 1478/00; AG Augsburg 3 UR II 259/98

2Z BR 142/00

21.02.01

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Dr. Delius und Lorbacher

am 21. Februar 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses,

beschlossen.

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 30. November 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4500 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus mehreren Häusern bestehenden Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird. Auf dem Gelände stehen rund 60 Bäume.

Die Wohnungseigentümer beschlossen, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, am 12.11.1998, dass eine jeweils näher bezeichnete Erle und Birke sowie ein bestimmter Ahornbaum entfernt werden sollen.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 14.3.2000 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 30.11.2000 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Entfernung der Bäume habe als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung mit Stimmenmehrheit beschlossen werden können.

Der Eigentümerbeschluss über das Fällen des Ahorns sei nicht zu beanstanden, da sich der Baum, wie der Sachverständige ausgeführt habe, in einem "desolaten Zustand" befinde. Der Baum drohe über kurz oder lang zusammenzubrechen; von ihm gingen somit Gefahren für das gemeinschaftliche Eigentum und für Personen aus.

Auch der Eigentümerbeschluss über das Entfernen einer näher bezeichneten Erle und einer Birke sei nicht für ungültig zu erklären. Beide Bäume befänden sich jeweils in einer Gruppe von Bäumen. Diese Bäume stünden zu nah beieinander; die Entfernung jeweils eines Baumes gebe den verbleibenden Bäumen bessere Wachstumschancen. Der Wuchs kräftigerer und schönerer Bäume liege im Gemeinschaftsinteresse.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) In der Wohnanlage stehen rund 60 Bäume. Das Fällen von drei dieser Bäume bedarf nicht der Zustimmung aller Wohnungseigentümer gemäß § 22 Abs. 1 WEG. Die von den Wohnungseigentümern beschlossene Maßnahme dient vielmehr der Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und kann als solche mit Stimmenmehrheit gemäß § 21 Abs. 3 WEG getroffen werden (BayObLGZ 1985, 164/167; BayObLG WÜM 1996, 493 f.).

b) Der Eigentümerbeschluss entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.

Das Landgericht hat festgestellt, der Ahorn befinde sich in einem "desolaten Zustand" und drohe über kurz oder lang zusammenzubrechen. Hinsichtlich der Erle und der Birke ist das Landgericht zum Ergebnis gekommen, dass deren Entfernung für die bessere Wachstumsentwicklung der jeweils benachbarten Bäume zweckdienlich sei. An die Tatsachenfeststellungen des Tatrichters ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden. Die Beweiswürdigung kann es nur auf Rechtsfehler überprüfen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 ZPO); solche liegen nicht vor. Das Amtsgericht hat ein schriftliches Sachverständigengutachten erholt; der Sachverständige wurde in der mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht angehört. Weitere Ermittlungen waren nicht geboten.

Innerhalb des Rahmens ordnungsmäßiger Verwaltung steht den Wohnungseigentümern ein gewisser Ermessensspielraum bei der Gartenpflege zu (BayObLGZ 1985, 164/167). Dieser Spielraum ist mit dem Beschluss, dass die drei Bäume gefällt werden sollen, nicht überschritten worden. Dies gilt umso mehr, als bei Gartenanlagen das zu erwartende Absterben oder Wachstum von Gewächsen nicht stets mit Sicherheit voraussehbar ist (vgl. OLG Hamm ZMR 1996, 218/221).

c) Mit ihrem Vorbringen, die von den Vorinstanzen für die Entfernung der Bäume angegebenen Gründe seien nicht Gegenstand der Beratung der Eigentümerversammlung vom 12.11.1998 gewesen, kann die Antragstellerin keinen Erfolg haben. Tatsächliche Grundlage der Ermessensentscheidung des Gerichts ist der gesamte vorgetragene Streitstoff sowie die von Amts wegen ermittelten Tatsachen (Staudinger/Wenzel WEG § 43 Rn. 47). Dies hat das Landgericht beachtet. Zu Recht hat es den Gründen keine Bedeutung beigemessen, die in der Eigentümerversammlung vom 12.11.1998 erörtert und für das Fällen der Bäume von Wohnungseigentümern oder von dem Verwalter angeführt worden sind. Ein Eigentümerbeschluss, der wie hier auch für Sondernachfolger gelten soll, ist nämlich "aus sich heraus" - objektiv und normativ - zu verstehen und auszulegen. Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, z.B. weil sie sich aus dem übrigen Versammlungsprotokoll ergeben (BGH WPM 1998, 2336/2338). Dies ist hier nicht der Fall.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. In Übereinstimmung mit den Vorinstanzen hält der Senat einen Geschäftswert von 4500 DM für angemessen. Es geht hier um eine Maßnahme der Gartenpflege, unter anderem um die Entfernung eines Baumes, der sich in "desolatem Zustand" befindet. Entgegen der Auffassung der Antragsgegner ist somit in erster Linie nicht darauf abzustellen, welchen Wiederbeschaffungswert einschließlich Aufschlag für die Neuanpflanzung und Mehrwertsteuer die drei Bäume haben.

Ende der Entscheidung

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