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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 11.09.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 146/03
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 666
BGB § 667
BGB § 675
BGB § 260
WEG § 28
1. Die Wohnungseigentümer haben gegen den Verwalter nach Beendigung der Verwaltertätigkeit einen Auskunftsanspruch darüber, welche Verwaltungsunterlagen sich in seinem Besitz befinden. Der Antrag auf Auskunft hat vorbereitenden Charakter für einen Herausgabeanspruch. Ein Auskunftsanspruch kann deshalb nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Hauptanspruch nicht entstanden oder bereits erloschen ist.

2. Nach Beendigung der Verwaltertätigkeit haben die Wohnungseigentümer gegen den Verwalter einen Anspruch auf Herausgabe aller Gegenstände, die dieser aufgrund seiner Verwaltertätigkeit erlangt hat. Dazu gehören alle Unterlagen, die aus der Geschäftsbesorgung für die Wohnungseigentümer entstanden sind. Der Anspruch besteht auch dann, wenn dem Verwalter Entlastung erteilt worden ist.


Gründe:

I.

Die Antragsteller sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; die Antragsgegnerin war bis 31.12.1999 deren Verwalterin.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 21.3.2002 die Antragsgegnerin unter anderem verpflichtet, sämtliche Buchhaltungsunterlagen, die die Wohnanlage betreffen, an die Antragsteller herauszugeben und näher bezeichnete Abrechnungslisten zu erstellen. Ferner hat es die Antragsgegnerin verpflichtet, durch Erstellung einer Schlussrechnung zum 31.12.1999 Rechnung zu legen. Im Beschwerdeverfahren haben die Antragsteller ihre Anträge geändert und unter anderem im Weg eines Stufenantrags beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Auskunft darüber zu erteilen, welche Buchhaltungsunterlagen sich noch in ihrem Besitz befinden, eine eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit der erteilten Auskunft zu geben und die noch vorhandenen Unterlagen herauszugeben. Ferner haben sie beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, durch Erstellung einer Schlussabrechnung zum 31.12.1999 nach einer näher bezeichneten Maßgabe Rechnung zu legen. Das Landgericht hat mit Teilbeschluss vom 17.6.2003 entschieden:

I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragstellern Auskunft zu erteilen über das Vorhandensein sämtlicher Buchhaltungsunterlagen bei der Antragsgegnerin betreffend die Eigentumswohnanlage ..., insbesondere, falls diese bereits erstellt sind,

a) eine detaillierte Auflistung der mit der Position Abrechnungen 1997 + 1998 + sonstige Forderungen in der als Anlage A 3 vorgelegten Vermögensübersicht ausgewiesenen Summe,

b) eine Aufstellung Entwicklung der Rücklagenkonten wie in der Anlage A 4 für die Jahre 1998 und 1999,

c) eine Kontenabstimmung zum 31.12.1999, also eine Liste mit den Buchhaltungssalden im Verhältnis zu den übergebenen Geldbeständen,

d) eine Auflistung der Abgrenzungsbuchungen für die Schlussabrechnung 1998, als Zahlungen oder Zahlungseingänge in 1999, die der Schlussabrechnung 1998 zugeordnet wurden,

e) eine offene Postenliste für Wohngeldzahlungen und Sonderumlagen bis 31.12.1999, aufgeschlüsselt nach Monaten und Jahren je Wohneinheit.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Auskunftsanspruch sei begründet. Die Antragsgegnerin müsse die Buchhaltungsunterlagen herausgeben. Vorrangig habe sie jedoch Auskunft darüber zu erteilen, welche Buchhaltungsunterlagen noch in ihrem Besitz seien. Dies sei nämlich unklar. Insbesondere sei die Erklärung der Antragsgegnerin, sie habe die auf EDV-Basis geführten Buchhaltungsunterlagen gelöscht, wenig glaubwürdig, da dies ein Verstoß gegen die den Verwalter treffenden Aufbewahrungspflichten nach § 147 AO und § 257 Abs. 1 Nr. 4 HGB sei.

Die Jahresabrechnung 1999 könne nur erstellt werden, wenn die im Tenor bezeichneten Abrechnungslisten, soweit solche von der Antragsgegnerin erstellt worden seien, übergeben würden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Antragsteller haben gegen die Antragsgegnerin nach der Beendigung deren Verwaltertätigkeit einen Auskunftsanspruch aus §§ 675, 666, 667 BGB i.V.m. § 260 BGB.

a) Der Antrag auf Auskunft hat vorbereitenden Charakter, er ist Hilfsmittel zur genauen Präzisierung des Hauptanspruchs, hier des Herausgabeanspruchs (Reichold in Thomas/Putzo ZPO 25. Aufl. § 254 Rn. 2). Daraus folgt, dass ein Auskunftsanspruch nicht geltend gemacht werden kann, wenn der Hauptanspruch nicht entstanden oder bereits erloschen ist (vgl. KG WE 1988, 17). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

(1) Nach Beendigung der Verwaltertätigkeit haben die Wohnungseigentümer gegen den Verwalter gemäß §§ 675, 667 BGB einen Anspruch auf Herausgabe aller Gegenstände, die dieser aufgrund seiner Verwaltertätigkeit erlangt hat. Dazu gehören alle Unterlagen, die aus der Geschäftsbesorgung für die Wohnungseigentümer entstanden sind (BayObLG NZM 2001, 469). Demgemäß ist auch der Anspruch auf Auskunft, welche Verwaltungsunterlagen sich im Besitz des Verwalters befinden, entstanden. Das Landgericht hat diesen Auskunftsanspruch rechtsfehlerfrei bejaht. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist sie durch das Landgericht aber nicht verpflichtet worden, bestimmte Abrechnungslisten zu erstellen. Die Verpflichtung bezieht sich vielmehr ausschließlich darauf, Auskunft darüber zu geben, ob solche Listen vorhanden sind.

(2) Unerheblich ist, dass der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit den Jahresabrechnungen 1997 und 1998 Entlastung erteilt worden ist und diese Beschlüsse bestandskräftig geworden sind (vgl. für das Einsichtsrecht BayObLG NZM 2000, 873 f.; KG NZM 2000, 828 f.). Dies gilt sowohl für das Einsichtsrecht als auch für den Anspruch auf Auskunft auf Herausgabe der Verwalterunterlagen. Zwar mögen unangefochten gebliebene Entlastungsbeschlüsse früherer Jahre einen Auskunftsanspruch jedenfalls dann ausschließen, wenn durch ihn die Geltendmachung eines Schadensersatzes gegen den Verwalter vorbereitet werden soll (BayObLGZ 1994, 98/102). Diese Voraussetzung liegt hier aber nicht vor. Der Auskunftsanspruch dient der Vorbereitung des Herausgabeanspruchs und der Erstellung der Jahresabrechnung 1999 durch den neuen Verwalter.

(3) Der Anspruch auf Herausgabe der Verwaltungsunterlagen ist auch nicht durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) erloschen. Nur wenn die geschuldete Leistung bewirkt ist, hier also sämtliche vorhandenen Verwaltungsunterlagen herausgegeben sind, tritt Erfüllung ein. Wird demgegenüber nur eine unvollständige Leistung erbracht, liegt keine Erfüllung vor (Palandt/ Heinrichs BGB 62. Aufl. § 362 Rn. 2). Unstreitig hat die Antragsgegnerin einige Buchhaltungsunterlagen übergeben. Dass sämtliche Unterlagen herausgegeben wurden, ist nicht zur Überzeugung der Tatrichter dargetan.

3. Auch der Auskunftsanspruch als solcher ist nicht wegen Erfüllung abzuweisen. Ob vollständige Auskunft erteilt wurde, ist strittig. Rechtsfehlerfrei kommt das Landgericht zum Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist. Nur wenn eine vom Antragsteller als ungenügend angesehene Auskunftserteilung vom Gericht als Erfüllung des Anspruchs angesehen und der Auskunftsanspruch deshalb abgewiesen worden ist, gehört die Frage, ob der zur Auskunft Verpflichtete seiner Auskunftspflicht vollständig genügt hat, in den Streit über die Eidespflicht und zieht grundsätzlich keinen Anspruch auf Auskunft in weiterem Umfang nach sich (BGH LM ZPO § 254 Nr. 3 und Nr. 6). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

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