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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 19.12.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 15/01
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 242
WEG § 21 Abs. 4
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2
WEG § 23 Abs. 2
WEG § 25 Abs. 2
WEG § 25 Abs. 3
WEG § 25 Abs. 5
WEG § 26 Abs. 1
WEG § 27 Abs. 1 Nr. 2
Verkauft ein Wohnungseigentümer einzelne von mehreren ihm gehörenden Wohnungen so kommt es bei der Geltung des gesetzlichen Kopfprinzips zu einer Vermehrung der Stimmrechte.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage; die weitere Beteiligte ist durch einstweilige Anordnung des Amtsgerichts als Notverwalterin bestellt. Das Wohnungs- und Teileigentum besteht aus einem Vorderhaus (Altbau mit zwei Wohnungen) und einem Hinterhaus (Neubau mit sechs Wohnungen) sowie sieben Garagen. Der Antragstellerin gehört eine im Erdgeschoss gelegene Wohnung im Hinterhaus (88/1000 Miteigentumsanteile) sowie eine Garage (20/1000 Miteigentumsanteile). Der Antragsgegner zu 1 ist Wohnungs- und Teileigentümer von vier Wohnungen im Hinterhaus sowie von vier Garagen (insgesamt 418/1000 Miteigentumsanteile); seiner Ehefrau, der Antragsgegnerin zu 2, gehört dort eine Wohnung im Dachgeschoss (76/1000 Miteigentumsanteile), seinen Kindern, den Antragsgegnerinnen zu 3 und 4, je eine Garage (16/1000 bzw. 17/1000 Miteigentumsanteile). Die Wohnung und die beiden Garagen hatte der Antragsgegner zu 1 als ursprünglicher Eigentümer den Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 mit notariellen Überlassungsverträgen vom 4.11.1997 übertragen.

Die Gemeinschaftsordnung vom 21.10.1991 besagt, dass sich das Stimmrecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz bestimmt und das Wohnungs- und Teileigentum frei veräußerlich ist. Außerdem bestimmt die Gemeinschaftsordnung, dass das Vorder- und das Hinterhaus jeweils wie selbständiges Eigentum zu behandeln und zu verwalten sind.

Nach einem Eigentümerbeschluss vom 10.8.1994 übernahm der Antragsgegner zu 1 ab dem Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit für die ersten fünf Jahre die Verwaltertätigkeit, die er auch tatsächlich ausübte. Außerdem arbeitete er als Hausmeister gegen stundenweise Vergütung.

Nach der Wohnungsübergabe im Dezember 1994 meldete die Antragstellerin gegen den Antragsgegner zu 1, der an der Errichtung der Anlage beteiligt war und ihr das Wohnungseigentum verkauft hatte, Mängelgewährleistungsansprüche an und erwirkte im selbständigen gerichtlichen Beweisverfahren am 27.5.1997 ein bautechnisches Gutachten über verschiedene Mängel unter anderem an ihrer Wohnung und am Gebäude. Das Gutachten endete mit überschlägig bezifferten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 73000 DM.

In der vom Antragsgegner zu 1 als Verwalter einberufenen Eigentümerversammlung vom 30.5.1998, an der der Antragsgegner zu 1, dieser zugleich für die Antragsgegnerin zu 3, ferner die Antragsgegnerinnen zu 2 und 4 und - zeitweise - auch die Antragstellerin teilnahmen, wurden unter anderem Beschlüsse zu folgenden Punkten gefasst:

1. Jahresabrechnung 1997 sowie Einzelabrechnungen 1997

2. Entlastung des Verwalters

3. Wirtschaftsplan 1998 auf der Grundlage der Jahresabrechnung 1997

4. Verwalterwahl des Antragstellers zu 1 für die Jahre 1998 bis 2002 und Regelung der Verwaltervergütung

....

6. Anfragen/Anregungen

V. Anschaffung von zwei Leitern

VI. Anschaffung eines Verlängerungskabels für den Rasenmäher

VII. Vergabe von Gartenarbeiten an Mieter

VIII. Unveränderte Höhe der Kosten für hausmeisterliche Tätigkeiten

Die Antragstellerin hat unter anderem die vorgenannten Eigentümerbeschlüsse angefochten und den Antrag gestellt, den Antragsgegner zu 1 als Verwalter der Wohnungseigentumsanlage mit sofortiger Wirkung abzuberufen sowie einen anderen Verwalter zu bestellen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 13.7.1999 die Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt und die weitere Beteiligte als Hausverwalterin bestellt. Der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Antragsgegners zu 1 gab das Landgericht in seinem Beschluss vom 11.12.2000 im wesentlichen statt, indem es die Anträge auf Ungültigerklärung der Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten (TOP) 1. bis 4., 6. V, VI und VIII und auf Abberufung des Antragsgegners zu 1 als Verwalter abwies. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin mit dem Ziel, die ihr günstige amtsgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen.

II.

Das Rechtsmittel führt in einem wesentlichen Teil zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an dieses, zum Teil führt es zur Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Die in der Versammlung anwesenden Wohnungs- und Teileigentümer hätten wirksam über die Beschlussgegenstände abstimmen können und seien auch alle stimmberechtigt gewesen, wobei nach dem Gesetz und der Teilungserklärung das Kopfprinzip gelte. Insbesondere hätten die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 je ein Stimmrecht besessen; auf die Größe ihrer Miteigentumsanteile komme es nicht an. Zwar sei die Gefahr einer Majorisierung der Antragstellerin durch die dem Lager des Antragsgegners zu 1 angehörenden Familienmitglieder nicht ausgeschlossen. Eine dem Grundsatz von Treu und Glauben zuwiderlaufende Ausübung des Stimmrechts, welche den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widerspräche, sei jedoch nicht gegeben. Die Beschlüsse seien auch mit der notwendigen Mehrheit zustande gekommen. Mit Ausnahme von TOP 6. VII seien die weiteren unter "Anfragen/Anregungen" gefassten Beschlüsse von derart untergeordneter Bedeutung, dass darüber auch ohne förmliche Bezeichnung im Einladungsschreiben habe beschlossen werden können. Schließlich sei auch die Bestellung des Antragsgegners zu 1 zum Verwalter formell wirksam. Darüber hinaus habe die Antragstellerin wichtige Gründe, die dessen Abberufung und die Neubestellung eines anderen Verwalters rechtfertigten, nicht dargelegt. Zwischenmenschliche Unstimmigkeiten genügten hierfür nicht. Soweit es um Mängelgewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wohnungseigentum gehe, unterlägen diese nicht der Prüfung durch das Wohnungseigentumsgericht. Dass der Antragsgegner zu 1 seine Verwalterstellung dazu missbrauche, die Beseitigung der von ihm zu vertretenden Mängel zu verhindern, lasse sich nicht feststellen. Der nicht näher substantiierte Vorwurf, der Verwalter erstelle nicht nachvollziehbare Jahresabrechnungen, sei unbehelflich. Schließlich habe die Antragstellerin auch vorhandene Wohngeldrückstände in Höhe von über 5000 DM im Laufe des Verfahrens vorbehaltlos ausgeglichen. Dies hätte sie unterlassen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Jahresabrechnungen beständen. Eine gerichtliche Verwalterbestellung sei deshalb nicht veranlasst gewesen.

2. Die angefochtene Entscheidung hält in wesentlichen Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Allerdings liegt ein Verstoß gegen § 551 Nr. 1 ZPO nicht vor, auch wenn das Landgericht in anderer Besetzung als in der mündlichen Verhandlung entschieden hat. Entscheidungen in Wohnungseigentumssachen ergehen nämlich, anders als im Zivilprozess (vgl. § 309 ZPO), nicht "aufgrund mündlicher Verhandlung". Es ist daher nicht erforderlich, dass die Entscheidung von den Richtern getroffen wird, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben (BayObLG ZMR 2001, 472; Bärmann/ Pick/Merle WEG 8. Aufl. § 44 Rn. 26).

b) Zu Unrecht beanstandet die Antragstellerin in diesem Zusammenhang, die Beschwerdekammer habe nicht ohne erneute mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil sich die am Beschluss mitwirkenden Richter einen unmittelbaren Eindruck von der Glaubwürdigkeit der Beteiligten hätten machen müssen. Darauf kann es allenfalls dann ankommen, wenn die Entscheidung Ergebnis einer aus dem unmittelbaren Eindruck von Zeugen oder Beteiligten getroffenen Beweiswürdigung ist (vgl. BayObLG WuM 1994, 640/642). Daran fehlt es hier. Das Landgericht stützt nämlich seine Entscheidung nicht auf die in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrücke über die Glaubwürdigkeit von Beteiligten, sondern auf eine Auswertung des schriftsätzlichen Sachvortrags sowie auf Urkunden, die die Beteiligten vorgelegt haben. In diesem Fall ist ein Wechsel in der Besetzung des Beschwerdegerichts unschädlich. Denn den Akteninhalt kann auch ein Richter nachvollziehen, der an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat.

c) Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass es sich bei der Versammlung vom 30.5.1998 um eine wirksam einberufene Teilversammlung handelte (vgl. Bärmann/Pick/Merle § 24 Rn. 45; Wangemann/Drasdo Die Wohnungseigentümerversammlung nach WEG 2. Aufl. Rn. 95). Denn durch die Gemeinschaftsordnung waren mit den Wohnungs- und Teileigentümern im Vordergebäude und denen im Hintergebäude zwei abgrenzbare Gruppen geschaffen worden, deren Verwaltung gesondert zu führen und deren Kosten getrennt abzurechnen sind. Zur Einberufung war der Antragsgegner zu 1 als bestellter Verwalter befugt (§ 24 Abs. 1 WEG). Seine Bestellung ergibt sich, wie der Senat aus dem Akteninhalt ergänzend feststellen kann, aus dem Eigentümerbeschluss vom 10.8.1994. Die Eigentümergemeinschaft war seinerzeit bereits in Vollzug gesetzt; das folgt aus der notariellen Urkunde vom 19.7.1994 über die Inhaltsänderung der Gemeinschaftsordnung. Hiernach bestand die Eigentümergemeinschaft aus den Wohnungseigentümern M. und P. sowie dem Antragsgegner zu 1. Weil das Wohnungseigentum von M. im Vorderhaus gelegen war (Wohnung Nr. 8), bedurfte es seiner Mitwirkung an einer Beschlussfassung über die Verwalterbestellung nicht, so dass der Beschluss vom 10.8.1994 als im schriftlichen Verfahren nach § 23 Abs. 3 Satz 3 WEG ergangener Beschluss (dazu Bärmann/Pick/Merle § 23 Rn. 84/85) gültig ist.

d) Den Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 steht als Wohnungs- bzw. Teileigentümerinnen (siehe § 1 Abs. 6 WEG) ein uneingeschränktes Stimmrecht zu. Das folgt aus § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG, auf die die Gemeinschaftsordnung ausdrücklich verweist. Das in der gesetzlichen Bestimmung verankerte "Kopfprinzip" gibt, freilich abdingbar (BayObLGZ 1982, 203/206), jedem Wohnungseigentümer unabhängig von der Größe und dem Wert seines Miteigentumsanteils oder der Anzahl seiner Wohnungseigentumsrechte nur eine Stimme (Bärmann/Pick/Merle § 25 Rn. 27). Veräußert, wie hier, ein Wohnungseigentümer, dem mehrere Wohnungen gehören, aus seinem Bestand Wohnungen, wozu er nach der Gemeinschaftsordnung (§ 4 Nr. 1) ohne Beschränkungen befugt ist, kommt es zu einer Vermehrung der Stimmrechte. Dies ist von den anderen Wohnungseigentümern, deren Stimmkraft in der Wohnungseigentümerversammlung dadurch geschmälert wird, aber hinzunehmen (Staudinger/Bub WEG § 25 Rn. 156; Bärmann/Pick/ Merle § 25 Rn. 39).

An einer wirksamen Veräußerung der Wohnung und der beiden Garagen hat das Landgericht zu Recht nicht gezweifelt. Selbst wenn es dem Antragsgegner zu 1 bei der Übertragung der Wohnung an seine Ehefrau und der Garagen an seine (volljährigen) Töchter nur darum gegangen sein sollte, sich weitere drei Stimmrechte in der Eigentümerversammlung zu sichern, konnte er dieses Ziel doch nur durch eine Eigentumsübertragung erreichen, die auch wirksam ist. Denn der von den Beteiligten erstrebte Rechtserfolg setzt gerade die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraus; ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) scheidet somit aus (BGH NJW 1993, 2609; Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. § 117 Rn. 4). Ausreichender Schutz der übrigen Eigentümer vor einem Missbrauch der Majorisierung bietet die inhaltliche Kontrolle der gefassten Eigentümerbeschlüsse an den Maßstäben des § 242 BGB bzw. einer ordnungsmäßigen Verwaltung nach § 21 Abs. 4 WEG (Staudinger/Bub § 25 Rn. 147 a.E.).

e) Im Ergebnis zutreffend bejaht das Landgericht schließlich das formell wirksame Zustandekommen der angegriffenen Eigentümerbeschlüsse. Allerdings war der Antragsgegner zu 1 bei der Beschlussfassung über die Entlastung des Verwalters (TOP 2), über die in einem Akt entschiedene Bestellung zum Verwalter und Festsetzung der Vergütung (TOP 4) sowie über die Festsetzung der Entlohnung für hausmeisterliche Tätigkeit (TOP 6. VII) nach § 25 Abs. 5 WEG nicht stimmberechtigt (BayObLG NJW-RR 1987, 595/596; 1987, 78/79; OLG Düsseldorf ZWE 2001, 557; vgl. auch Bärmann/Pick/Merle § 25 Rn. 108 und Rn. 104). Im gleichen Umfang bestand auch ein Stimmrechtsverbot für die vom Antragsgegner zu 1 vertretene Antragsgegnerin zu 3. Denn eine Vertretung durch einen in eigener Person vom Stimmrecht ausgeschlossenen Wohnungseigentümer ist nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht möglich (BäyObLG WE 1991, 226; Bärmann/Pick/Merle § 25 Rn. 121; Wangemann/Drasdo Rn. 262). Ein Stimmrechtsausschluss auch der Antragsgegnerinnen zu 2 und 4 kann demgegenüber nicht aus den engen persönlichen Beziehungen zum Antragsgegner zu 1 hergeleitet werden (OLG Saarbrücken WE 1998, 69/73; siehe auch BGH NJW 1981, 1512/1513 zu § 47 Abs. 4 GmbHG). Auf die Beschlussfähigkeit der Versammlung (§ 25 Abs. 3 WEG) hat der Stimmrechtsausschluss keinen Einfluss. Denn wenn mehr als die Hälfte der Wohnungseigentümer, nach Miteigentumsanteilen gerechnet und auf den selbständig verwalteten Teil des Wohnungseigentums bezogen, vom Stimmrecht ausgeschlossen ist, dann kommt § 25 Abs. 3 WEG nicht zur Anwendung. Die Versammlung ist also auch Beschlussfähig, wenn dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind (BayObLG NJW-RR 1993, 206/207). Die zu Unrecht mitgezählten Stimmen wirken sich angesichts der Mehrheitsverhältnisse im übrigen nicht aus (Bärmann/Pick/Merle § 25 Rn. 138).

f) Das Landgericht hat es jedoch unterlassen, ausreichende Feststellungen dazu zu treffen, ob die Beschlüsse zu TOP 1 bis 3 ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Den Umfang der Ermittlungen stellt § 12 FGG zwar in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts, die anzuwendenden materiell-rechtlichen Vorschriften bestimmen jedoch Richtung und Umfang der Ermittlungen (Keidel/Kayser FGG 14. Aufl. § 12 Rn. 85). Hier hat das Landgericht den Umfang seiner Ermittlungspflichten verkannt, so dass die dazu getroffene Entscheidung auf einer Gesetzesverletzung beruht (Keidel/Kahl § 27 Rn. 50).

(1) Die Antragstellerin hat den Beschluss über die (nicht bei den Akten befindliche) Jahresabrechnung 1997 über die fehlende Nachvollziehbarkeit hinaus auch inhaltlich beanstandet, so hinsichtlich des angewandten Verteilungsschlüssels, der Umlage von Stromkosten, der Abrechnung der Kaminkehrerkosten, der Wärmemengenerfassung und des Ansatzes von Mehrwertsteuer. Eine Auseinandersetzung damit lässt der landgerichtliche Beschluss vermissen. Der Umstand, dass die Antragstellerin auf Wohngeldrückstände, und zwar nur zum Teil ohne Vorbehalt, Zahlungen geleistet hat, steht nicht im Widerspruch zu ihrem Verhalten. Denn zum einen sind noch weitere Zahlungsrückstände vorhanden; zum anderen räumt die Antragstellerin selbst die Möglichkeit ein, dass bei einer korrekten Abrechnung sich nicht "gänzlich andere Beträge ergäben".

(2) Bleibt ungewiss, ob die Jahresabrechnung 1997 ordnungsgemäß erstellt ist, so kann schon deshalb eine Verwalterentlastung nicht in Betracht kommen (Bärmann/Pick/Merle § 28 Rn. 113, 116). Eine andere Frage ist, ob die Verwalterentlastung überhaupt ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (BayObLG WuM 2001, 300).

(3) Der beschlossene Wirtschaftsplan 1998 baut auf der Jahresabrechnung 1997 auf. Weil zur Ordnungsmäßigkeit der Jahresabrechnung 1997 die erforderlichen Feststellungen fehlen, kann auch der Beschluss über den Wirtschaftsplan 1998 keinen Bestand haben. Denn seinem Inhalt nach würde dieser mit den gleichen Mängeln behaftet sein wie die Jahresabrechnung 1997.

g) Schließlich bedarf es zu dem als gültig angesehenen Beschluss zu TOP 4 (Verwalterbestellung) weiterer tatsächlicher Feststellungen.

Allerdings bildet die sich aus der Stimmrechtsregelung ergebende Majorisierung der Antragstellerin allein noch keinen ausreichenden Grund, den Beschluss für ungültig zu erklären (Bärmann/Pick/Merle § 25 Rn. 160; ähnlich BayObLGZ 1986, 10/14). Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Senats vielmehr, ob in der Ausnutzung der Stimmenmehrheit entweder ein nach § 242 BGB unzulässiger Rechtsmissbrauch zu Lasten der Minderheit liegt oder der mit den Stimmen des beherrschenden Wohnungseigentümers gefasste Beschluss gegen die Grundsätze ordnungsmäßigen Gebrauchs oder der ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verstößt; solcherart zustande gekommene Beschlüsse sind auf Antrag für ungültig zu erklären (BayObLGZ 1986, 10/14 m. w. N.; ferner BayObLG ZMR 2000, 846; ZMR 2001, 719; auch Bärmann/Pick/Merle § 25 Rn. 160). Ein gegen die Bestellung sprechender wichtiger Grund kann insbesondere darin liegen, dass im Zeitpunkt der Bestellung Interessengegensätze offenkundig sind und deshalb von vornherein nicht mit der Begründung eines unbelasteten, für die Tätigkeit des Verwalters erforderlichen Vertrauensverhältnisses zu den übrigen Wohnungseigentümern zu rechnen ist. Ein solcher Beschluss widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn mit dem Verwalter, der als früherer Bauträger oder aus sonstigen Gründen auf Gewährleistung haftet, Streitigkeiten wegen Baumängeln bestehen (siehe insbesondere BayObLG ZMR 2001, 719). Denn als Verwalter ist er nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG unter anderem dazu berufen, Maßnahmen zur ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (vgl. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) zu treffen. Die Beseitigung von Baumängeln am gemeinschaftlichen Eigentum fällt unter § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG (vgl. nur Weitnauer/Hauger WEG 8. Aufl. § 27 Rn. 6). Nach dem vom Landgericht verwerteten Gutachten aus der gerichtlichen Beweissicherung liegen Mängel vor, die das Gemeinschaftseigentum (vgl. § 5 Abs. 2 WEG) berühren, wie etwa die aufgezeigten Mängel an der Drainage, der Hofpflasterung und am Treppenflurgeländer. Das Landgericht wird in diesem Zusammenhang klären müssen, ob den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller - nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter - Umstände eine weitere Zusammenarbeit mit ihm noch zugemutet werden kann, insbesondere weil das erforderliche Vertrauensverhältnis nicht mehr besteht. Im Einzelfall können diese Voraussetzungen auch bei der nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses nicht nur zu der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, sondern auch zu einzelnen Wohnungseigentümern gegeben sein (BayObLGZ 1998, 310/312; BayObLG WuM 2001, 409). Dabei kann hier der Vortrag der Antragstellerin von Bedeutung sein, dass der Antragsgegner zu 1 mit der Bemerkung, er wolle "das Sagen im Haus" behalten, als Eigentümer mehrerer Wohnungen und Teileigentumseinheiten durch Eigentumsübertragungen auf Familienangehörige die Mehrheitsverhältnisse in der Gemeinschaft gerade zu einem Zeitpunkt veränderte, in dem das Mängelgutachten vom 27.5.1997 vorlag und sich damit offenkundig die Frage der Verantwortlichkeit stellte. Zudem wird, bezogen auf die Mängel am Gemeinschaftseigentum, zu klären sein, aus welchen Gründen es bisher nicht zu deren Beseitigung kam. Dabei kann nicht übersehen werden, dass der Antragsgegner zu 1 das Vorhandensein solcher Mängel im selbständigen Beweisverfahren weitgehend in Abrede gestellt hat und auch im Wohnungseigentumsverfahren teils die Verantwortlichkeit als solche, teils die Verantwortung für die Verzögerung der Mängelbeseitigung verneint hat.

Auf die weiteren gegen den Antragsgegner zu 1 erhobenen Vorwürfe und die gegen seine Eignung als Verwalter angemeldeten Bedenken braucht bei dieser Sachlage nicht mehr eingegangen zu werden.

Weil somit offen bleibt, ob die Bestellung des Antragsgegners zu 1 als Verwalter Bestand haben wird, kann auch die Bestellung eines anderen Verwalters durch das Amtsgericht jedenfalls derzeit nicht aufrecht erhalten werden. Unberührt hiervon bleibt aber die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts vom 7.4.1999.

h) Keinen Bestand haben die unter TOP 6. gefassten Eigentümerbeschlüsse. Insoweit fehlt es an einer ordnungsgemäßen Bezeichnung bei der Einberufung (§ 23 Abs. 2 WEG). Der angekündigte Tagesordnungspunkt "Anfragen/Anregungen" lässt allenfalls Beschlüsse von untergeordneter Bedeutung zu (Wangemann/ Drasdo Rn. 169). Ob dies gegeben ist, hängt vom Einzelfall ab und ist generellen Aussagen nicht zugänglich (siehe z.B. BayObLG WE 1992, 229; OLG Düsseldorf ZMR 1997, 91; Beispiele bei Wangemann/Drasdo Rn. 170). Die getroffenen Beschlüsse bewegen sich wegen ihrer finanziellen Auswirkungen nicht in diesem Rahmen.

3. Die Entscheidung des Landgerichts wird wegen der unzulänglichen tatsächlichen Feststellungen in dem beschriebenen Umfang aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG auf 17360 DM festgesetzt. Er setzt sich aus folgenden Einzelpositionen zusammen:

Beschluss über die Jahresabrechnung 1997

in Höhe von 1/4 ihres Gesamtvolumens 2300 DM Entlastung des Verwalters 1000 DM

Beschluss über den Wirtschaftsplan 1998

in Höhe von 1/4 seines Gesamtvolumens 2300 DM Verwalterbestellung (6 x 26 DM x 12 Monate x 5 Jahre) 9360 DM Bestellung eines anderen Verwalters 1000 DM Beschluss über Anschaffung von zwei Leitern 800 DM Beschluss über Anschaffung eines Verlängerungskabels 100 DM Bewertung hausmeisterlicher Tätigkeit 500 DM 17360 DM

Für das Verfahren vor dem Amtsgericht und vor dem Landgericht wird das Beschwerdegericht den Geschäftswert festzusetzen haben.

Ende der Entscheidung

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