Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 13.12.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 156/01
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 23 Abs. 4
BGB § 276
Eine Hausordnung ist mangels fehlender Bestimmtheit für ungültig zu erklären, als sie den Verwalter verpflichtet, "grobe Verstöße gerichtlich zu ahnden".
Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von den weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Am 16.2.2001 beschlossen die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt 6 eine Haus-, Garagen- und Gartenordnung (künftig: Hausordnung).

Nr. 12 der Hausordnung lautet wie folgt:

Der Verwalter ist verpflichtet, die ordnungsgemäße Durchführung der Hausordnung und die damit verbundenen Arbeiten zu überwachen sowie grobe Verstöße gerichtlich zu ahnden.

Nr. 14 Abs. 1 der Hausordnung lautet wie folgt:

Allgemeines: Für Schäden, die aus Nichteinhaltung der Hausordnung entstehen bzw. von sonstigen Gründen herrühren, haftet im vollen Umfange der Verursacher.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Eigentümerbeschluss über die Hausordnung für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat am 21.5.2001 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 2.10.2001 den Eigentümerbeschluss über die Hausordnung in Nr. 14 Abs. 5 für ungültig erklärt. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin mit dem Ziel, den Eigentümerbeschluss in Nr. 12 für ungültig und in Nr. 14 Abs. 1 für nichtig zu erklären.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Regelung in Nr. 12 der Hausordnung sei in Zusammenhang mit der Regelung in Nr. 13 zu sehen. Nach Nr. 13 solle vor einer gerichtlichen Ahndung von Verstößen gegen die Hausordnung durch den Verwalter oder den Verwaltungsbeirat vermittelt werden. Es entscheide also nicht der Verwalter allein, ob Verstöße gerichtlich geahndet würden.

Die Bestimmung in Nr. 14 Abs. 1 sei nicht unsinnig. Soweit dort auf "sonstige Gründe" abgestellt werde, seien nur solche gemeint, die zu Schadensersatzansprüchen kraft Gesetzes führten.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die Regelung in Nr. 12 der Hausordnung ist gemäß § 23 Abs. 4 WEG für ungültig zu erklären, weil es ihr an der erforderlichen Bestimmtheit und Klarheit fehlt. Der Senat kann den angefochtenen Eigentümerbeschluss über die Hausordnung selbst auslegen, weil die Hausordnung jedenfalls in Nr. 12 Regelungen enthält, die auch für den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers gelten (BGHZ 139, 288/291 = NJW 1998, 955/956). Der Kern der Regelung der Nr. 12 besteht in der Verpflichtung des Verwalters, grobe Verstöße gegen die Hausordnung gerichtlich zu ahnden. Die Regelung lässt nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit erkennen, wann ein grober Verstoß vorliegt und was unter einer gerichtlichen Ahndung im einzelnen zu verstehen ist (vgl. BGHZ 139, 288/291 = NJW 1998, 955/957).

b) Die in Nr. 14 Abs. 1 der Hausordnung getroffene Regelung ist nichtig. Sie sieht eine Haftung für Schäden durch den "Verursacher" vor. Damit wird das gesetzliche Leitbild, das grundsätzlich nur eine Haftung für Verschulden vorsieht (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB; Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. § 276 Rn. 3), abgeändert. Das Verschuldensprinzip gilt auch für eine Haftung der Wohnungseigentümer untereinander (Bärmann/Pick/Merle WEG 8. Aufl. § 10 Rn. 30). Eine Änderung ist nicht durch Mehrheitsbeschluss, sondern nur durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG möglich, weil den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz für Abänderungen des Gesetzes fehlt (siehe BGHZ 145, 158/168 = NJW 2000, 3500).

3. Es erscheint angemessen, entsprechend dem teilweisen Unterliegen der Antragstellerin dieser und den Antragsgegnern jeweils die Hälfte der Gerichtskosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen, jedoch von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abzusehen (§ 47 WEG).

Dem Senat erscheint mit dem von der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift mit 8000 DM angegebenen Geschäftswert das maßgebende Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer an dem Beschluss über die Hausordnung angemessen bewertet. Davon ausgehend ergibt sich für das Rechtsbeschwerdeverfahren, weil nur noch zwei Regelungen der Hausordnung beanstandet wurden, ein geringerer Geschäftswert (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG).

Ende der Entscheidung

Zurück