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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.09.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 161/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 3 Satz 2
WEG § 14 Nr. 1
WEG § 22 Abs. 1
WEG § 25 Abs. 5
1. Auch dann, wenn die Wohnungseigentümer über eine bauliche Veränderung beschließen, die einem Wohnungseigentümer überwiegend oder gar ausschließlich zu Gute kommt, ist dieser grundsätzlich nicht von seinem Stimmrecht ausgeschlossen.

2. Der Einbau eines Treppenlifts stellt im allgemeinen eine bauliche Veränderung dar. Die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer kann entbehrlich sein, wenn die bauordnungsrechtlichen Belange gewahrt sind und die Gebrauchsmöglichkeiten des Treppenhauses für die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden. In diesem Rahmen kann es auch hinnehmbar sein, dass für den Einbau des Treppenlifts der vorhandene zweite Handlauf abmontiert werden muss.


Gründe:

I.

Die Antragsteller, deren Streithelfer und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Wohnanlage besteht aus drei Gebäuden. Strittig ist unter den Beteiligten der Einbau eines Treppenlifts im Anwesen Nr. 15, das keinen Aufzug hat. Das Gebäude besteht aus drei Stockwerken und ist in neun Einheiten, drei Einheiten in jedem Geschoß, unterteilt. Die Eigentums- und Wohnverhältnisse stellen sich in diesem Gebäude, soweit erheblich, folgendermaßen dar:

Den Antragstellern zu 1 und 2, einem Ehepaar, gehört eine Wohnung im Erdgeschoss (Hochpaterre), die sie gemeinsam nutzen; ferner unterhält der Ehemann eine als Büro genutzte Einheit im zweiten Obergeschoß (Dachgeschoss). Die Antragsteller zu 3 und 4, ebenfalls Eheleute, sind Eigentümer einer im ersten Obergeschoß gelegenen Wohnung. Im Erdgeschoss befindet sich ferner das Wohnungseigentum der Streithelfer; die Räume werden teils zum Wohnen, teils als Zahnarztpraxis genutzt. Im zweiten Obergeschoß gehört dem Wohnungseigentümer A eine Wohnung, die er seit vielen Jahren zusammen mit seiner Ehefrau bewohnt. A ist Eigentümer einer weiteren Einheit im ersten Obergeschoß, die seine Ehefrau, eine Rechtsanwältin, beruflich als Kanzleiräume nutzt. Schließlich befindet sich im zweiten Obergeschoß noch die Wohnung von B, die pflegebedürftig erkrankt und auf fremde Hilfe angewiesen ist. Die 1932 geborene Ehefrau des Wohnungseigentümers A ist infolge eines Post-Poliosyndroms stark gehbehindert. Nach ärztlichen Bescheinigungen ist ihr das Treppensteigen kaum noch möglich. Die Beschwerden nehmen laufend zu. Auch die Antragstellerin zu 1, 82 Jahre alt, ist in der Beinmuskulatur geschwächt und hat Schwierigkeiten beim Treppensteigen.

Die Teilungserklärung bestimmt, dass sich das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung nach der Größe der Miteigentumsanteile richtet. Jedem Wohnungseigentümer ist es gestattet, sich bei der Abstimmung vertreten zu lassen.

Am 28.11.2000 fand eine außerordentliche Eigentümerversammlung mit dem Tagesordnungspunkt Einbau eines Treppenlifts unter Kostenübernahme, Zusicherung des Rückbaus und Stellung einer Sicherheit durch die Eheleute A statt. Nach gegensätzlicher Diskussion stimmten die vollständig anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümer getrennt nach Haus Nr. 15 mit 288,244/1.000 Ja-Stimmen gegen 258,544/1.000 Nein-Stimmen und insgesamt mit 741,450/1.000 Ja-Stimmen gegen 258,544/1.000 Nein-Stimmen für den Antrag ab.

Diesen Beschluss haben die Antragsteller gerichtlich angefochten.

Unterdessen beantragte der Wohnungseigentümer A bei der Stadt die Zulassung einer isolierten Abweichung von Art. 35 Abs. 5 BayBO für den Einbau eines Treppenlifts. Nach dieser Bestimmung i.V.m. der einschlägigen DIN 18065 muss die nutzbare Treppenbreite mindestens 1 m betragen. Nach einem ablehnenden Bescheid vom 4.4.2001 und erfolglosem Widerspruch erklärte sich die Stadt am 28.1.2002 vor dem Verwaltungsgericht schließlich mit dem Einbau eines Treppenlifts einverstanden unter anderem mit der Maßgabe, dass das Fußbrett des einzubauenden Modells den Treppenlauf maximal auf 40 cm verengt und der wandseitig vorhandene Handlauf entfernt wird. Jenen Handlauf hatten die Eheleute A auf eigene Kosten nachträglich angebracht, nachdem die Wohnungseigentümer dazu am 3.10.1978 ihre Zustimmung erteilt hatten unter der Voraussetzung, dass der Handlauf "im Bedarfsfalle abgenommen werden" könne. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren wurde daraufhin für erledigt erklärt.

Das Amtsgericht München hat am 8.8.2002 den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümberbeschlusses vom 28.11.2000 abgewiesen, das Landgericht die sofortige Beschwerde der Antragsteller mit Beschluss vom 1.7.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Beschluss sei formell ordnungsgemäß zu Stande gekommen. Maßgebend für die Beschlussfassung sei nicht die Abstimmung sämtlicher Wohnungseigentümer, sondern die zusätzlich erfolgte Abstimmung allein der Wohnungseigentümer von Haus Nr. 15. Denn durch die Beschlussfassung sei nur ein abgrenzbarer Teil von Wohnungseigentümern betroffen, die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer seien in keiner Weise berührt. Auch ohne Vereinbarung beschränke sich das Stimmrecht auf die Wohnungseigentümer des Hauses Nr. 15.

Für den zu Gunsten des Antrags ergangenen Mehrheitsbeschluss seien keine Ja-Stimmen mitberücksichtigt, die nicht hätten mitgezählt werden dürfen. Insbesondere habe der Wohnungseigentümer A, auch wenn der Antrag von ihm stamme und im Interesse seiner Ehefrau gestellt worden sei, mitabstimmen dürfen. Die Ja-Stimme von B sei zu Recht mitgezählt worden. Diese habe für die Stimmabgabe einen anderen Wohnungseigentümer wirksam bevollmächtigen können. Die Kammer gehe davon aus, die Wohnungseigentümerin B sei bei der Vollmachtserteilung geschäftsfähig gewesen. Die geäußerten Zweifel genügten nicht.

Zum Einbau des Treppenlifts, einer baulichen Veränderung, sei grundsätzlich die Zustimmung aller Wohnungseigentümer des Anwesens Nr. 15 erforderlich. Innerhalb des Anfechtungsverfahrens müsse geprüft werden, ob und gegebenenfalls welche Wohnungseigentümer durch die bauliche Veränderung in ihren Rechten beeinträchtigt würden. Fehle eine Beeinträchtigung, komme eine Ungültigerklärung des Mehrheitsbeschlusses nicht in Frage. Hier fließe das verfassungsrechtliche Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen als Teil der objektiven Wertordnung in die Auslegung des Zivilrechts ein. A könne in absehbarer Zeit ohne den Treppenlift weder ihre Wohnung noch ihre Kanzleiräume erreichen. Eine optische Beeinträchtigung des Treppenhauses habe hierbei kein maßgebliches Gewicht. Kosten kämen auf die übrigen Wohnungseigentümer nicht zu. Sicherheitsrechtliche Gesichtspunkte, die wegen der Verengung des Treppenlaufs zu berücksichtigen seien, hätten die zuständigen Behörden konkret und eingehend unter Beachtung der wesentlichen Umstände geprüft und letztlich eine Gefährdung der Benutzer des Treppenhauses ausgeschlossen.

Auch die Entfernung des wandseitigen Handlaufs benachteilige die übrigen Miteigentümer nicht über das unvermeidliche Maß hinaus. Der Handlauf sei ursprünglich nicht vorhanden gewesen und allein deshalb angebracht worden, um der Ehefrau des Wohnungseigentümers A den Zugang zur Wohnung und zu den Kanzleiräumen zu ermöglichen. Soweit die Antagstellerin zu 2 geltend mache, ihrerseits auf den Handlauf angewiesen zu sein, um zu ihrer im Hochparterre gelegenen Wohnung zu gelangen, könne sie den Treppenlift mitbenutzen. Dies habe der Wohnungseigentümer A ausdrücklich gestattet. Die wenigen Stufen, die bis zum Eingang in die Zahnarztpraxis der Streithelferin zu überwinden seien, bildeten schließlich ebenfalls kein unüberwindliches Hindernis für Patienten, wenn ein zweiter Handlauf fehle. Die vorgesehene bauliche Maßnahme sei als nicht zustimmungsbedürftig anzusehen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Landgericht hat das formell wirksame Zustandekommen des Eigentümerbeschlusses zutreffend bejaht.

(1) Zur Beschlussfassung zuständig waren ausschließlich die Wohnungseigentümer des Hauses Nr. 15. Soweit keine abweichende Vereinbarung der Wohnungseigentümer besteht, sind zwar zur Verwaltung grundsätzlich alle Wohnungseigentümer der Gesamtanlage berechtigt und verpflichtet. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn sich der Gegenstand der Beschlussfassung bei einer Mehrhausanlage auf eine Angelegenheit beschränkt, die ausschließlich ein bestimmtes Gebäude betrifft (vgl. BayObLGZ 1961, 322/327 f.; BayObLG ZMR 2001, 209; kritisch Wangemann/Drasdo Die Eigentümerversammlung nach WEG 2. Aufl. Rn. 820 f.). Dann sind stimmberechtigt nur die Wohnungseigentümer, die von der Angelegenheit betroffen sind.

(2) Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Abstimmungsergebnis zutreffend ermittelt und ein Mehrheitsbeschluss somit zu Stande gekommen ist. Insbesondere trifft die Rechtsauffassung des Landgerichts zu, dass der Wohnungseigentümer A von der Abstimmung nicht nach § 25 Abs. 5 WEG ausgeschlossen war.

Nach § 25 Abs. 5 WEG ist ein Wohnungseigentümer unter anderem nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft. Als ein Rechtsgeschäft in der besonderen Form des Gesamtakts, durch den mehrere gleichgerichtete Willenserklärungen gebündelt werden, lässt sich bereits jede Beschlussfassung der Wohnungseigentümer ansehen (BGHZ 152, 46/56 f.). Jedoch soll das Stimmverbot des § 25 Abs. 5 WEG als Ausnahmevorschrift nur bestimmte Fälle der Interessenkollision erfassen, den Wohnungseigentümer aber nicht schlechthin daran hindern, an Entscheidungen über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken. Da das Stimmrecht des Wohnungseigentümers ein wesentliches Mittel zur Mitgestaltung der Gemeinschaftsangelegenheiten ist, darf es auch nur ausnahmsweise unter eng begrenzten Voraussetzungen eingeschränkt werden (BGHZ 152, 46/57 m.w.N.; siehe auch BayObLGZ 1998, 289/291). Erfasst werden soll zunächst, aber nicht ausschließlich, der Konflikt, der dadurch entsteht, dass die Gemeinschaft dem betroffenen Wohnungseigentümer in einer rechtlichen Sonderbeziehung gegenübersteht. Maßgeblich ist letzten Endes, ob der Schwerpunkt der Angelegenheit in der Verfolgung privater Sonderinteressen oder in der Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Rechte liegt. Die Grenzen zwischen ordnungsmäßiger Instandhaltung und Instandsetzung als Verwaltungsmaßnahme (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) einerseits und baulichen Veränderungen (§ 22 Abs. 1 WEG andererseits sind oftmals fließend (vgl. BGHZ 145, 158/168 f.). Beschlussfassungen hierzu betreffen das Mitwirkungsrecht jedes Wohnungseigentümers, unabhängig davon, ob dieser an der das Gemeinschaftseigentum berührenden Maßnahme ein besonderes Interesse hat. Ein erhebliches privates Interesse ist vielmehr für einen Wohnungseigentümer geradezu typisch, wenn er einen auf eine bauliche Maßnahme gerichteten Antrag stellt, die ihm vorteilhaft ist. Dem steht aber nicht zwangsläufig entgegen, auch die Interessen der Gemeinschaft im Blick zu haben. Einen Wohnungseigentümer von der Beschlussfassung von vornherein nach § 25 Abs. 5 WEG auszuschließen, würde diesen in seinem Mitgliedschaftsrecht ohne zwingende Notwendigkeit unverhältnismäßig einschränken. Missbrauchsfälle lassen sich durch den Grundsatz von Treu und Glauben und die Möglichkeit der Beschlussanfechtung verhindern (vgl. BGHZ 152, 46/58 f.). Der Senat hält deshalb an seiner früheren Rechtsprechung (vgl. BayObLGZ 1974, 269/273), nach der der betroffene Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über die Genehmigung baulicher Veränderungen ausgeschlossen ist, nicht mehr fest (offengelassen in BayObLG NZM 2000, 291 f.; siehe auch BayObLG WE 1998, 75 f. zur Nutzungsänderung).

Soweit das Beschwerdegericht die Vollmacht der Wohnungseigentümerin B zur Stimmabgabe als gültig angesehen hat, ist dies aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat sich auf der Grundlage eines hinreichend ermittelten Tatsachenstoffs mit der Geschäftsfähigkeit der Wohnungseigentümerin auseinandergesetzt, die wegen einer vorhandenen neurologischen Erkrankung angezweifelt wurde. Der Senat ist an die Tatsachenwürdigung durch das Landgericht gebunden. Die Feststellungslast zur Geschäftsunfähigkeit trägt derjenige, der sich auf die Störung der Geistestätigkeit (§ 104 Nr. 2 BGB) als Ausnahme von der Regel beruft. Auch wenn Zweifel verblieben, ob die Wohnungseigentümerin geschäftsfähig war, ist, wie allgemein, von deren Geschäftsfähigkeit auszugehen (vgl. BayObLGZ 1982, 309/312; 1989, 327/329 zur Testierfähigkeit).

b) Der Beschluss ist auch nicht deshalb für unwirksam zu erklären, weil ihm nicht alle Wohnungseigentümer zugestimmt haben.

Der Einbau des Treppenlifts in das Anwesen stellt eine bauliche Veränderung dar (§ 22 Abs. 1 WEG). Denn es handelt sich dabei weder um Instandhaltung durch Erhaltung des ursprünglich ordnungsgemäßen Zustands noch um modernisierende Instandsetzung in Form des Ersatzes einer veralteten durch eine neue, technisch bessere Anlage (BayObLG WuM 1992, 562 für einen Personenaufzug; LG Hamburg NZM 2001, 767 für einen Treppenlift).

Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung jedoch eine nachteilige Veränderung im Sinne von § 14 WEG für diejenigen Wohnungseigentümer, die der Maßnahme nicht zugestimmt haben, verneint.

(1) Bei der Entscheidung über den Einbau ist eine konkret-individuelle Abwägung der beiderseitigen Interessen vorzunehmen (BVerfG NJW 2000, 2658; siehe auch LG Hamburg NZM 2001, 767/768). Konkret ist das Eigentumsrecht der Antragsteller als Wohnungseigentümer aus Art. 14 Abs. 1 WEG mit dem des Wohnungseigentümers A abzuwägen. Dessen Grundrecht wird in Inhalt und Umfang entscheidend von Art. 3 Abs. 3 Satz 2, Art. 6 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG mitgeprägt, weil seine in die Wohnung aufgenommene Ehefrau nach den Feststellungen des Landgerichts so gehbehindert ist, dass sie ohne mechanische Steighilfe weder die Wohnung noch die Kanzleiräume erreichen kann. Optischen Beeinträchtigungen durch den Treppenlift hat das Landgericht im Verhältnis zu der Gehbehinderung der Ehefrau des Miteigentümers A kein erhebliches Gewicht beigemessen. Auch der Senat bewertet die Interessen des Wohnungseigentümers A im Rahmen von § 242 BGB insoweit als vorrangig. Die übrigen Wohnungseigentümer sind zudem finanziell abgesichert, weil der Wohnungseigentümer A die Umbau- und Rückbaukosten einschließlich der Stellung einer Sicherheit übernommen hat.

(2) Der beabsichtigte Einbau stellt auch unter bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkten keinen nicht mehr hinzunehmenden Nachteil dar. Die nutzbare Breite der Treppenläufe wird namentlich beim Betrieb des Lifts zwar so verengt, dass die von Art. 35 Abs. 5 BayBO i.V.m. der maßgeblichen DIN erforderliche Breite von einem Meter nicht eingehalten wird. Die mit Rücksicht auf einen "größten zu erwartenden Verkehr" bestehende Gefährdung der Hausbewohner wurde jedoch von der zuständigen Behörde eingehend überprüft und als letztlich hinnehmbar eingeschätzt. In die Bewertung eingeflossen ist dabei ersichtlich auch die gesundheitliche Lage der Ehefrau des Wohnungseigentümers A. Der Senat schließt sich dieser Bewertung an und erblickt wie das Landgericht in der eingeschränkten Begehbarkeit der Treppe keine über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehenden Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer. Zudem treten wahrnehmbare Behinderungen im Begehen der Treppe nur auf, wenn der Lift betätigt wird. Im Ruhezustand steht er nicht im Wege.

Die aus dem Verwaltungsverfahren gewonnenen tatsächlichen Erkenntnisse sicherheitsrechtlicher Art konnten im Wohnungseigentumsverfahren verwertet werden; denn das Landgericht hat die Akten beigezogen und allen Beteiligten Gelegenheit zur Einsichtnahme mit dem Hinweis gegeben, einen eigenen Augenschein nicht für erforderlich zu halten. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestimmt das Gericht den Umfang der Beweisaufnahme und die Auswahl der Beweismittel (Keidel/Schmidt FGG 15. Aufl. § 12 Rn. 195). Ein Rechtsfehler ist dem Landgericht hierbei nicht unterlaufen.

(3) Auch wenn für den Einbau des Treppenlifts der wandseitige Handlauf entfernt werden muss, entsteht den Wohnungseigentümern daraus kein Nachteil, der das Maß des § 14 Nr. 1 WEG übersteigt.

Es mag zutreffen, dass die Beseitigung des Handlaufs formell die Aufhebung des bestandskräftigen Eigentümerbeschlusses aus dem Jahr 1978 erfordert, weil dessen objektiver Inhalt nicht schon besagt, der Handlauf könne nach Belieben der Eheleute A wieder entfernt werden. Jedenfalls ist in jenem Beschluss vorbehalten, dass der Handlauf "im Bedarfsfall" wieder abgenommen werden kann. Die Bauordnungsbehörde hat den Treppenlift nur unter der Bedingung genehmigt, dass der Handlauf entfernt wird. Damit ist ein Umstand eingetreten, wie er in dem Beschluss selbst als Voraussetzung für dessen Aufhebung vorgesehen ist. Die Antragsteller können sich deshalb nicht auf die Bestandskraft berufen.

Die zusätzlichen körperlichen Erschwernisse, die andere Wohnungseigentümer oder deren Besucher nach Beseitigung des zweiten Handlaufs beim Bewältigen der Treppenstufen haben, hat das Landgericht ohne Rechtsfehler als unerheblich eingestuft. Die von der Antragstellerin zu 2 vorgebrachten gesundheitlichen Probleme beim Treppengehen bedurften keiner genaueren Aufklärung, weil diese, wie das Landgericht festgestellt hat, jedenfalls nach entsprechender Einweisung durch die Eheleute A den Treppenlift mitbenutzen dürfte. Auch ohne diese Möglichkeit liegt es auf der Hand, dass es für einen gehbehinderten Menschen ungleich schwieriger ist, ohne technische Hilfe in das dritte Obergeschoß zu gelangen als die wenigen Stufen zu bewältigen, die zum Erreichen der Erdgeschosswohnung im Hochparterre erforderlich sind. Die im dritten Stockwerk wohnhafte Eigentümerin B ist auf Grund ihres gesundheitlichen Zustands mit wie ohne Treppenlift auf fremde Hilfe für Gänge außerhalb ihrer Wohnräume angewiesen. Überdies hat sie der baulichen Veränderung zugestimmt.

Schließlich ist auch die Annahme des Landgerichts, der Streithelferin sei es zuzumuten, dass sie durch ihr Personal einzelnen auf einen zweiten Handlauf angewiesenen Patienten helfen lässt, die wenigen Treppenstufen zu bewältigen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Frage, ob ein anderes Gerät, insbesondere eine sogenannte mobile Treppensteighilfe, zum vorgesehenen Treppenlift eine gleichwertige Alternative bildet, stellt sich schon deshalb nicht, weil die Antragsteller die konkrete bauliche Veränderung hinnehmen müssen.

Ob darüber hinaus der Wohnungseigentümer A auch einen Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Duldung einer baulichen Veränderung hätte, die die übrigen Wohnungseigentümer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt (vgl. Niedenführ/Schulze WEG 6. Aufl. § 22 Rn. 24), braucht nicht weiter erörtert zu werden.

3. Der Senat hält es nach § 47 WEG für angemessen, den Antragstellern samtverbindlich die gerichtlichen Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren aufzuerlegen und für diesen Rechtszug auch eine Kostenerstattung zu Gunsten der Antragsgegner anzuordnen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.



Ende der Entscheidung

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