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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.12.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 164/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 28
WEG § 47
1. Der Beschluss über eine Jahresabrechnung, die Rückstände aus vergangenen Jahren in den Abrechnungssaldo einbezieht, entspricht zwar nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, ist aber nicht nichtig. Der beschlossene Gesamtbetrag ist dann Grundlage für einen Zahlungsanspruch.

2. Befindet sich ein Wohnungseigentümer in Zahlungsverzug, so sind ihm in der Regel die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.


Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Eigentümer einer Wohnanlage.

In der Eigentümerversammlung vom 27.9.2000 wurden unter anderem die von der Hausverwaltung vorgelegte Hausabrechnung 1999 sowie die Einzelabrechnungen genehmigt. Gleichzeitig wurde beschlossen, dass Guthaben und Nachzahlungen innerhalb von vier Wochen verrechnet werden.

Die Abrechnung der Hausverwaltung ist in der Weise aufgebaut, dass die einzelnen Kostenarten aufgeführt sind, der Gesamtbetrag angegeben ist und der Anteil des Wohnungseigentümers berechnet wird. Der Abrechnung folgt sodann eine Ergebniszusammenfassung, die den anteiligen Betrag des jeweiligen Wohnungseigentümers angibt, die "vereinbarten" Kostenvorschüsse nennt und hieraus eine Differenz für das Abrechnungsjahr ermittelt. Dieser Differenz hinzugerechnet wird dann der offene Saldo laut dem beigefügten Kontoauszug und hieraus wird die zu leistende Zahlung ermittelt. Der zu leistende Betrag wurde für den Antragsgegner mit 6.003,60 DM festgelegt. Der Genehmigungsbeschluss wurde nicht für ungültig erklärt.

Die Antragsteller haben mit Schriftsatz vom 20.7.1999 beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung von 4.626,17 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Sie stützten ihre Forderung ursprünglich auf die Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 1997 und den Wirtschaftsplan für 1999. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 5.5.2000 verpflichtet, an die Antragsteller 519 DM nebst Zinsen zu bezahlen und den Antrag im Übrigen abgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Im Verfahren vor dem Landgericht haben die Antragsteller zunächst den Antrag erhöht und sodann einen Teilbetrag - vom Antragsgegner unwidersprochen - wegen Zahlung für erledigt erklärt.

Die Antragsteller haben vor dem Landgericht zuletzt beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, 2.185,06 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 27.6.2003 die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, mit der sie ihren zuletzt vor dem Landgericht gestellten Antrag weiterverfolgen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Da die Verpflichtung des Amtsgerichts noch auf die Bezahlung in Deutsche Mark lautete, erscheint es sachgerecht, den Beschluss des Amtsgerichts auch insoweit aufzuheben und eine einheitliche Verpflichtung in Euro auszusprechen.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, aufgrund der Beschlussfassung über die Jahresabrechnungen 1998 und 1999 sei Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur mehr die Frage, ob insoweit den Antragstellern gegen den Antragsgegner noch Forderungen zustehen und ob insoweit von den Antragstellern behauptete "Altforderungen" zu berücksichtigen seien.

Das Landgericht geht dabei von den offenen Beträgen für die Jahre 1998 und 1999 aus. Nur auf diese Beträge habe sich die Beschlussfassung der Eigentümerversammlung bezogen, nicht dagegen auf die vom Antragsgegner gezahlten Beträge. Das Landgericht hat sodann die Zahlungen des Antragsgegners geprüft und entsprechend der von ihm angenommenen Tilgungsbestimmung verrechnet. Zur Klarstellung hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass durch seine Entscheidung die Antragsteller nicht gehindert seien, gegebenenfalls noch bestehende "Altforderungen" aus früheren Jahresabrechnungen geltend zu machen. Eine über die Verpflichtung des Amtsgerichts hinausgehende Zahlungspflicht des Antragsgegners bestehe nicht.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Jahresabrechnung dann ordnungsgemäß, wenn sie alle in dem betreffenden Abrechnungsjahr vorgenommenen Ausgaben und empfangenen Einnahmen erfasst und gegenüberstellt. Das gilt in gleicher Weise für die Einzelabrechnungen. Hier sind dem Anteil des jeweiligen Wohnungseigentümers an den Ausgaben seine Anteile an den gemeinschaftlichen Einnahmen und seine im Abrechnungsjahr geleisteten Vorschüsse gegenüberzustellen. Guthaben oder Fehlbeträge aus den Vorjahren sind nicht Bestandteil der Jahreseinzelabrechnung und können nur zur Information und Erinnerung mitgeteilt werden (BayObLG NJW-RR 1992, 1169; Beschluss des Senats vom 17.6.2003 - 2Z BR 110/02).

b) Diesen Anforderungen wird die beschlossene Abrechnung für 1999 nicht gerecht. Die Angabe von Sollzahlungen ist in der Abrechnung unbehelflich. Darüber hinaus wird die endgültige Zahlungspflicht des Wohnungseigentümers unter Einbeziehung der Rückstände aus den Vorjahren festgelegt. Diese Mängel führen aber nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung, sondern würden lediglich eine, hier unterbliebene Anfechtung, begründen.

Dem Landgericht ist nicht darin zu folgen, dass sich der Beschluss über die Jahresabrechnung nur auf die Ermittlung des Betrags bezieht, den jeder Wohnungseigentümer an den Gesamtausgaben zu tragen hat. Dem steht bereits der Wortlaut des Beschlusses entgegen, wonach die Einzelabrechnungen anerkannt werden. Die bloße Ermittlung des für das Jahr geschuldeten Betrags stellt als solche aber keine Abrechnung dar, da eine Abrechnung auch die Angabe geleisteter Zahlungen voraussetzt. Dies geschieht nach dem Abrechnungssystem der Hausverwaltung dadurch, dass die Einzelabrechnung ergänzt wird durch eine Berücksichtigung der vereinbarten Kostenvorschüsse, der Differenz zwischen Sollzahlung und Abrechnungsergebnis und der Hinzufügung des Kontoauszugs, aus dem sich Sollstellungen und Zahlungen ergeben. Jedenfalls bei der hier von der Hausverwaltung gewählten Abrechnungsweise bedeutet dies, dass die Wohnungseigentümer die noch zu leistenden Zahlungen beschlossen haben.

Der Antragsgegner schuldete deshalb aufgrund des unangefochten gebliebenen Abrechnungsbeschlusses für das Jahr 1999 den Betrag von 6.003,60 DM. Zahlungen des Antragsgegners in Höhe von 1.730 DM haben die Antragsteller durch teilweise Erledigung der Hauptsache Rechnung getragen. Da der Antragsgegner der Erledigungserklärung nicht widersprochen hat, ist von seiner Zustimmung auszugehen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB. Die Antragsteller stützen ihren Anspruch in erster Linie auf den Beschluss über die Jahresabrechnung 1999. Da sie hiermit Erfolg haben, kommt es auf die Hilfsbegründung nicht an. Da die Wohnungseigentümer beschlossen haben, Nachzahlungen erst innerhalb von vier Wochen zu verrechnen, ist davon auszugehen, dass Verzug erst am 25.10.2000 eingetreten ist. Ein Anspruch auf Verzinsung ab Rechtshängigkeit ist deshalb nicht gegeben.

3. Es entspricht der Billigkeit, den Antragsgegner in allen Rechtszügen mit den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten zu belasten (§ 47 WEG). Die Antragsteller haben nämlich einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens nach § 280 Abs. 2, § 286 BGB. Dieser Schadensersatzanspruch umfasst auch die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung. Die Kostenentscheidung nach § 47 WEG hat den materiellen Schadensersatzanspruch zu berücksichtigen (BayObLGZ 2002, 321/323). Der Umstand, dass der Antragsgegner in den Vorinstanzen weitgehend obsiegt hat, tritt dahinter zurück. Die Zuvielforderung der Antragsteller hinsichtlich der Zinsen ist geringfügig und kann deshalb unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO außer Betracht bleiben (Beschluss des Senats vom 17.9.2003 - 2Z BR 150/03).

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.



Ende der Entscheidung

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