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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 170/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 43 Abs. 1 Nr. 1
WEG § 46
WEG § 48 Abs. 3 Satz 2
Ein die Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts begründender innerer Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer besteht, wenn die übrigen Wohnungseigentümer den Bauträger, der auch Wohnungseigentümer ist, deshalb in Anspruch nehmen, weil noch nicht sämtliche Gebäude errichtet wurden und deshalb wegen der infolgedessen überdimensionierten Heizungsanlage Mehrkosten anfallen.
Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragsgegnerin hat die Wohnanlage als Bauträgerin errichtet. Sie hat Wohnungs- und Teileigentum für insgesamt sechs Häuser begründet. Tatsächlich kam es jedoch bisher nur zur Errichtung von drei Häusern. Die Wohnungsgrundbücher sind angelegt. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin mehrerer Wohnungen, insbesondere aller noch nicht errichteter Wohnungen.

Die Antragsteller haben vor dem Wohnungseigentumsgericht beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an die Antragsteller zu Händen deren Verwalterin 34774,07 DM zu bezahlen. Sie haben hierzu vorgetragen, die Heizungs- und Warmwasserzentrale sei gemäß den Plänen für die Gesamtanlage, nämlich für sechs Gebäude, errichtet worden. Die Heizungs- und Warmwasserzentrale sei nicht auf die tatsächlich errichteten nur drei Gebäude zugeschnitten und eingestellt worden. Außerdem sei von der Antragsgegnerin bzw. deren Beauftragten der theoretische Gasverbrauch an die Stadtwerke für das Gesamtanwesen gemeldet und auch auf dieser Grundlage der Gaspreis berechnet worden. Durch eine unrichtige Einstellung der Pumpen seien vermeidbare Stromkosten entstanden. Außerdem seien unnötig aufgewandte höhere Wartungskosten angefallen. Aus den Mehrkosten für Gas, Strom und Brennerwartungen errechnen die Antragsteller die geltend gemachte Summe. Sie sind der Ansicht, dass die Antragsgegnerin als Wohnungseigentümerin diese Mehrkosten in Form von Wohngeld tragen müsse. Die Antragsteller sind der Auffassung, dass sich ihr Anspruch aus § 16 Abs. 2 WEG in Verbindung mit den Grundsätzen von Treu und Glauben ergebe.

Das Amtsgericht - Wohnungseigentumsgericht - hat sich am 8.8.2001 für unzuständig erklärt und das Verfahren an das Landgericht - Prozessgericht - abgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller hiergegen hat das Landgericht mit Beschluss vom 17.10.2001 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Ein Beschluss des Amtsgerichts, durch den in entsprechender Anwendung von § 46 Abs. 1 WEG, § 17a GVG eine Sache aus dem Wohnungseigentumsverfahren in das Streitverfahren verwiesen wird, ist nach der für die Hauptsacheentscheidung geltenden Vorschriften des § 45 Abs. 1 WEG anfechtbar (BayObLG NJW-RR 1999, 11).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Für den geltend gemachten Zahlungsanspruch sei das Prozessgericht zuständig. Das Wohnungseigentumsgericht sei nur zuständig, wenn das von einem Wohnungseigentümer in Anspruch genommene Recht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit stehe, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen sei. Die Antragsgegnerin sei zwar Wohnungseigentümerin, jedoch werde sie nicht in ihrer Eigenschaft als Wohnungseigentümerin, sondern als Bauträgerin in Anspruch genommen. Dies begründe die Zuständigkeit des Prozessgerichts. Die Antragsgegnerin habe den Einbau der Anlage als Bauträgerin vorgenommen. Auch die behauptete Verpflichtung d er Antragsgegnerin zur Einstellung der Anlage auf den geringeren Verbrauch ergebe sich aus ihrer Tätigkeit als Bauträgerin. Wäre der Bauträger ein fremder Dritter oder hätte er bereits sämtliche Wohnungen veräußert, müssten die Antragsteller zur Geltendmachung ihrer Ansprüche das Prozessgericht anrufen. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin zufällig auch noch Wohnungseigentümerin sei, könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da es andernfalls vom Zufall abhinge, ob das Wohnungseigentumsgericht oder das Prozessgericht zuständig sei.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges kommt es auf den Vortrag der Antragsteller an, da diese den Streitgegenstand bestimmen. Die behauptete Zuständigkeit muss sich schlüssig aus dem Vortrag der Antragsteller ergeben. Nicht maßgeblich für die Zuständigkeit sind die vorgetragene Anspruchsgrundlage und die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch die Antragsteller. Entscheidend ist, ob sich das Begehren der Antragsteller nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung aus einem Sachverhalt herleitet, der die behauptete Zuständigkeit begründet (BGHZ 133, 240/243). Entscheidend ist dem gemäß, wie der geltend gemachte Anspruch in tatsächlicher Hinsicht begründet wird (BayObLGZ 1964, 188/190).

Für die Abgrenzung des Rechtswegs zwischen den Gerichten für Wohnungseigentumssachen und zu den Prozessgerichten ist maßgeblich, ob der von dem Antragsteller vorgetragene Sachverhalt einen inneren Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und den sich hieraus ergebenden Rechten und Pflichten aufweist (BayObLG NJW-RR 1999, 11/12). Nur dann ist eine Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG gegeben.

b) Den Vorinstanzen ist zuzugeben, da ß der Sachvortrag des Antragstellers es nahe legen könnte, den Rechtsgrund für die geltend gemachte Zahlung im Bauträgervertrag zu suchen, die von der Antragsgegnerin erhobene Einrede der Verjährung einmal außer acht gelassen. Es ist nicht fernliegend, den geltend gemachten Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung oder der positiven Forderungsverletzung einzuordnen. Sich hieraus ergebende Ansprüche machen die Antragsteller aber nicht geltend. Sie haben weder vorgetragen, dass die Heizungs- und Warmwasseranlage mangelhaft sei, noch haben sie zu einem Verschulden der Antragsgegnerin vorgetragen. Dass hierauf nicht abgestellt werden soll, haben die Antragsteller in der Rechtsbeschwerdebegründung ausdrücklich klargestellt. Die Antragsteller haben auch nichts dazu vorgetragen, dass sie alle mit der Antragsgegnerin Verträge abgeschlossen haben oder dass die Ersterwerber eventuelle Zweiterwerber ausdrücklich oder stillschweigend zur Geltendmachung von Ansprüchen ermächtigt haben (vgl. BGH NJW 1997, 2173/2174; BayObLG NJW-RR 2000, 379/380).

Der Sachvortrag der Antragsteller ist vielmehr darauf gerichtet, dass die Antragsgegnerin aufgrund ihrer Stellung als Wohnungseigentümerin in Anspruch genommen wird. Die Antragsteller stützen sich nämlich in tatsächlicher Hinsicht nicht darauf, dass die Antragsgegnerin Bauträgerin war. Tatsächliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch ist deshalb nach dem Vortrag der Antragsteller allein die Eigenschaft der Antragsgegnerin als Wohnungseigentümerin. In dieser Eigenschaft soll sie einen Teil der entstandenen Kosten tragen. Die Antragsteller haben bereits in der Antragsschrift vorgetragen, dass die Antragsgegnerin die Mehrkosten als Wohngeld zu tragen habe.

Wenn aber die Antragsgegnerin als Wohnungseigentümerin auf Zahlung von Kosten- und Lastenbeiträgen in Anspruch genommen wird, so ist damit der erforderliche innere Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer gegeben. Auf die Begründetheit des Anspruchs ist im Zuständigkeitsstreit nicht einzugehen.

Die Erwägungen des Landgerichts, dass es in Fällen wie dem vorliegenden zufallsbedingt sei, ob das Wohnungseigentumsgericht oder das Prozessgericht zuständig sei, je nach dem ob der teilende Wohnungseigentümer noch Wohnungseigentümer sei oder nicht, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die verschiedenen Zuständigkeiten haben ihren Grund in der personenbezogenen Komponente des § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, die auf die Eigenschaft als Wohnungseigentümer abstellt.

Der Zuständigkeit des Wohnungseigentumsgerichts steht auch nicht entgegen, dass möglicherweise auch Ansprüche im Zusammenhang mit dem Bauträgervertrag gegeben sein könnten. Denn die Antragsteller machen solche Ansprüche nicht geltend, weil ihr Sachvortrag hierfür auch keine ausreichende Grundlage gibt.

Der vorliegende Fall ist auch anders gelagert als der vom Bundesgerichtshof (BGHZ 62, 388) entschiedene. In diesem wurde der Beklagte nämlich gerade nicht in seiner Eigenschaft als Wohnungseigentümer in Anspruch genommen, sondern als Vertragspartner der Kläger und als Eigentümer von Nachbargrundstücken. In dieser Entscheidung, auf die sich das Landgericht bezieht, spielen wohnungseigentumsrechtliche Beziehungen überhaupt keine Rolle.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, die Kosten der Beschwerdeverfahren der Antragsgegnerin aufzuerlegen, da sie unterlegen ist. Umstände, die es angezeigt erscheinen ließen, eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten anzuordnen, liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Anfechtung eines Beschlusses über die Abgabe des Verfahrens an das Prozessgericht für das Beschwerdeverfahren grundsätzlich der Wert der Hauptsache maßgeblich ist (BayObLGZ NJW-RR 1999, 11). Der nicht begründeten Auffassung des Landgerichts, dass der Geschäftswert in Anwendung von § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG nur in Höhe von 20 % der geltend gemachten Forderung festzusetzen sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Es sind keine Umstände ersichtlich, die ein unangemessenes Verhältnis der Verfahrenskosten zu dem Interesse eines Beteiligten begründen würden. Allein der Umstand, dass nur über die Zuständigkeit entschieden wird, begründet ein solches Missverhältnis nicht.

Ende der Entscheidung

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