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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.09.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 170/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 5
WEG § 23
WEG § 47
1. Der Fliesenbelag eines Balkons kann grundsätzlich im Sondereigentum stehen.

2. Ein bestandskräftiger Eigentümerbeschluss, durch den ein Beschlussantrag auf Vornahme einer bestimmten Maßnahme abgelehnt wird, steht einem Verpflichtungsantrag, diese Maßnahme vorzunehmen, entgegen.

3. Die Auferlegung außergerichtlicher Kosten zulasten eines Beteiligten kann nicht allein damit begründet werden, dass in einem Vorverfahren die außergerichtlichen Kosten dieses Beteiligten den übrigen Beteiligten auferlegt worden sind.


Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Nach Abschnitt I Nr. 5 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist alles, was nicht kraft Gesetzes zwingend gemeinschaftliches Eigentum sein muss, zum Sondereigentum erklärt. In Abschnitt II § 6 Nr. 3 der GO ist unter anderem geregelt, dass kleinere Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an den Balkon- und Terrassentüren sowie für die Balkon- und Terrassenverkleidung der betroffene Raumeigentümer zu tragen hat, auch wenn es sich dabei um gemeinschaftliches Eigentum handelt.

In der Eigentümerversammlung vom 12.8.2002 wurde ein Antrag der Antragsteller zur Sanierung ihres Balkons abgelehnt. Ein Antrag auf Ungültigerklärung dieses Beschlusses wurde nicht gestellt.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, den Fliesenbelag der Terrasse (gemeint des Balkons) der Eigentumswohnung der Antragsteller entsprechend dem Angebot einer Firma zu erneuern. Das Amtsgericht hat den Antrag am 31.3.2003 abgewiesen und den Antragstellern die Gerichtkosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner auferlegt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 4.6.2003 zurückgewiesen und den Antragstellern ebenfalls die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Es könne dahinstehen, ob der Balkonbelag, wie vom Amtsgericht angenommen, im Sondereigentum der Antragsteller oder im Gemeinschaftseigentum stehe. Dem Antrag der Antragsteller stehe auf jeden Fall der Beschluss der Wohnungseigentümer vom 12.8.2002 entgegen. Eine Umdeutung in einen Anfechtungsantrag sei nicht möglich, da bei Eingang der Antragsschrift bei Gericht die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen gewesen sei.

Die Kostenentscheidung des Amtsgerichts sei sachgerecht, weil auch in einem vorangegangenen Verfahren zugunsten der Antragsteller von § 47 Satz 2 WEG Gebrauch gemacht worden sei. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren stützte das Landgericht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG und begründete dies im Hinblick auf die Zuordnung des Fliesenbelags nicht zum Gemeinschaftseigentum.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) In der Hauptsache ist die Entscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2001, 3339 = FGPrax 2001, 231), dass auch die Ablehnung eines Beschlussantrags durch die Wohnungseigentümer Beschlussqualität hat. Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat angeschlossen (BayObLGZ 2002, 20/25; 2002, 247). In dem letztgenannten Beschluss hat sich der Senat auch mit der Entscheidungsbegründung des Bundesgerichtshofs auseinandergesetzt und entschieden, dass die Bestandskraft des einen Beschlussantrag ablehnenden Eigentümerbeschlusses einem Verpflichtungsantrag mit dem Inhalt des Beschlussantrags entgegensteht und insoweit eine Veränderung der Rechtslage bewirkt.

Der Eigentümerbeschluss ist auch nicht nichtig. Unabhängig davon, ob er den Vorgaben der Teilungserklärung entspricht, handelt es sich um eine Entscheidung, die eine Verwaltungsmaßnahme betrifft und keine generelle Abänderung der Gemeinschaftsordnung beinhaltet, sondern eine Einzelfallentscheidung. Zutreffend hat das Landgericht auch erkannt, dass eine Umdeutung des Antrags in diesem Verfahren in einen Beschlussanfechtungsantrag nicht möglich ist, weil ein solcher verfristet wäre.

Der Eigentümerbeschluss vom 12.8.2002 steht somit dem Antragsbegehren entgegen.

b) Davon abgesehen steht den Antragstellern auch deshalb der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil sich der Fliesenbelag des Balkons in ihrem Sondereigentum befindet. Bodenbeläge eines Balkons sind grundsätzlich sondereigentumsfähig. § 5 Abs. 2 WEG steht einer Sondereigentumsfähigkeit nur dann entgegen, wenn der jeweilige Bodenbelag für die Sicherheit oder Standfestigkeit des Balkons oder für die Isolierung notwendig ist (Beschluss des Senats vom 4.9.2003 - 2Z BR 124/03). Der Fliesenbelag des Balkons wurde deshalb durch Abschnitt I Nr. 5 GO zum Sondereigentum erklärt. Auf Abschnitt II § 6 GO können sich die Antragsteller nicht berufen, da es dort um Türen und Verkleidungen geht. Insbesondere kann aus Abschnitt II § 6 Nr. 3 Satz 2 GO nicht geschlossen werden, dass damit eine Einschränkung der Kostentragungspflicht der jeweiligen Wohnungseigentümer verbunden ist. Die Regelung beabsichtigt ersichtlich eine Ausweitung der Kostentragungspflicht.

c) Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen halten der rechtlichen Nachprüfung nur im Ergebnis stand.

Das Amtsgericht hat seine Kostenentscheidung überhaupt nicht begründet, sondern nur § 47 WEG zitiert, so dass der Senat die Ermessensentscheidung nicht nachprüfen kann.

Das Landgericht hat hinsichtlich der Kosten erster Instanz eine ermessensfehlerhafte Würdigung vorgenommen. Welche Kostenentscheidung der Billigkeit im Sinne des § 47 WEG entspricht, kann grundsätzlich nur anhand des jeweiligen Verfahrens entschieden werden. Die Tatsache, dass die Antragsteller in einem anderen Verfahren obsiegt und dort die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten zugesprochen bekommen haben, ist für dieses Verfahren ohne Bedeutung. Jedenfalls hat das Landgericht nicht dargelegt, welcher Bezug zu diesem Verfahren bestehen soll. Allein die Tatsache, dass in einem anderen Verfahren die Erstattung außergerichtlicher Kosten angeordnet wurde, begründet nicht die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten in diesem Verfahren. Einer der Sonderfälle, dass für die Kostenentscheidung andere Verfahren herangezogen werden, z.B. weil ein Wohnungseigentümer seit Jahren Anlass für Verfahren gegeben hat, die überwiegend zu seinem Nachteil ausgegangen sind (vgl. BayObLG WuM 1993, 488), liegt nach den Feststellungen des Landgerichts nicht vor.

Für die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren hat das Landgericht zu Unrecht § 13a FGG herangezogen. Auch für das Beschwerdeverfahren in Wohnungseigentumssachen ist über die Kosten nach § 47 WEG zu entscheiden.

Da die Vorinstanzen ihre Entscheidungen nicht ausreichend bzw. ermessensfehlerhaft begründet haben, hat der Senat auch über die Kostentragung in den Vorinstanzen selbst zu entscheiden. Der Senat hält es für angemessen, dass die Antragsteller die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der ersten und zweiten Instanz tragen, da ihr Antrag sowohl im Hinblick auf den Eigentümerbeschluss vom 12.8.2002 als auch im Hinblick auf das Sondereigentum am Fliesenbelag von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg war.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG, wobei die vorstehend angeführten Gründe auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten.

Der in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen festgesetzte Geschäftswert folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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