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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.02.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 172/01
Rechtsgebiete: BGB, GBV


Vorschriften:

BGB § 873
GBV § 9d
Gegenstand eines Klarstellungsvermerks kann nie eine sachliche Änderung oder Berichtigung der grundbuchmäßigen Eintragung sein.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Dr. Delius und Lorbacher

am 14. Februar 2002

in der Grundbuchsache

Eintragung der wiederholten Auflassung

Beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts Deggendorf vom 13. September 2001 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 verkaufte am 15.1.2001 ein Betriebsgrundstück an die Beteiligten zu 2. Die zur notariellen Urkunde vom 20.2.2001 erklärte Auflassung wurde auf Bewilligung der Veräußerin und Antrag der Erwerber am 15.3.2001 im Grundbuch eingetragen.

Zu notarieller Urkunde vom 22.5.2001 wiederholten die Beteiligten die Auflassung. Anlass hierfür war, dass der beurkundende Notar Zweifel hat, ob die seitens der Veräußerin durch eine Unterbevollmächtigte abgegebene Auflassungserklärung vom 20.2.2001 wirksam ist.

Die Beteiligten haben beantragt, im Grundbuch, erste Abteilung, Spalte 4, zusätzlich zur bereits vermerkten Erwerbsgrundlage einzutragen, dass die Auflassung vorsorglich am 22.5.2001 wiederholt worden sei. Das Grundbuchamt hat am 24.7.2001 die beantragte Eintragung abgelehnt; das Landgericht hat nach unterbliebener Abhilfe die Beschwerde mit Beschluss vom 13.9.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten vom 9.11.2001.

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Die weitere Beschwerde mit dem Ziel, einen klarstellenden Vermerk über die Grundlage der Eintragung in Spalte 4 der ersten Abteilung des Grundbuchs einzutragen, ist zulässig. Ein solcher Vermerk kann von Amts wegen oder auf Antrag eingetragen werden, wenn der vorhandene Grundbucheintrag Umfang und Inhalt eines eingetragenen Rechts nicht in einer Weise verlautbart, die Zweifel ausschließt. Gegenstand eines Klarstellungsvermerks kann deshalb nie eine sachliche Änderung oder Berichtigung der Eintragung sein. Folglich gelten die Beschränkungen des § 71 Abs. 2 GBO nicht (BayObLGZ 1988, 124/126 m.w.N.; Demharter GBO 24. Aufl. § 53 Rn. 7).

2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Eine Anweisung, den beantragten Zusatz einzutragen, kommt nicht in Betracht.

a) Das Landgericht hat ausgeführt:

Es fehle ein Grund für die beantragte Eintragung. Würde Sie vorgenommen, hätte dies nur den Charakter eines informativen Hinweises. Dieser Zweck könne ebenso gut durch Beifügung der Auflassungsurkunde zur Grundakte erfüllt werden. Bei Zweifeln an der Wirksamkeit der Auflassung vom 20.2.2001 lasse sich der Nachweis anhand der Grundakte führen. Solange die Unwirksamkeit der Auflassung vom 20.2.2001 nicht nachgewiesen sei, bilde diese die alleinige Grundlage für den Eigentumsübergang. Zusätzliche Nachweise wie die Auflassung vom 22.5.2001 seien nicht einzutragen, um eine unnötige Überfüllung des Grundbuchs zu vermeiden.

b) Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

(1) Das eingetragene Eigentum der Beteiligten zu 2 besteht (§§ 873, 925 Abs. 1 BGB). Die Einigung der Veräußerin und der Erwerber (Auflassung) liegt ebenso vor wie die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Einigung der Eintragung vorausgeht oder ihr nachfolgt (siehe § 879 Abs. 2, § 892 Abs. 2 BGB; BGH NJW 1973, 613; auch NJW 2000, 805/806; KG KGJ 4, 329/332 f.; JW 1925, 2617/2618; Staudinger/Gursky BGB 13. Bearb. § 873 Rn. 9; Palandt/Bassenge BGB 61. Aufl. § 873 Rn. 2). Demnach ist es unerheblich, ob der Eigentumswechsel auf der am 20.2.2001 oder auf der am 22.5.2001 erklärten Auflassung, jeweils in Verbindung mit der Eintragung am 15.3.2001, beruht. Offen ist lediglich der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs, nämlich entweder am 15.3.2001 mit Eintragung nach vorausgegangener Einigung oder aber am 22.5.2001 mit Einigung nach vorausgegangener Eintragung. Einer erneuten Eintragung im Grundbuch bedarf es auch dann nicht, wenn erst die nachfolgende Einigung wirksam ist und den Rechtswechsel herbeiführt (BGH NJW 2000, 805/ 807; KG JW 1925, 2617/2618; Staudinger/Gursky § 873 Rn.1208, § 894 Rn. 52 f.; Kohler in Bauer/von Oefele GBO § 22 Rn. 145; Meikel/Böttcher GBR 8. Aufl. § 22 Rn. 57).

(2) Weil die Einigung der Beteiligten nicht Teil der Eintragung, sondern neben dieser ein weiteres Element des Verfügungstatbestandes ist, nimmt die in der ersten Abteilung, Spalte 4, einzutragende Grundlage der Eintragung, also bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung von Eigentum der Tag der Auflassung, nicht am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil. Es handelt sich lediglich um einen informativen Hinweis, dessen Aufnahme ins Grundbuch auf der Ordnungsvorschrift von § 9 Buchst. d GBV beruht (BGHZ 7, 64/68; Meikel/ Ebeling § 9 GBV Rn. 2). Aus dem Inhalt der Eintragung über den Erwerbsgrund lassen sich deshalb keine Schlüsse auf die inhaltliche Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Eintragung des Eigentümers in Spalte 2 ziehen (BGH aaO). Dem gemäß käme dem begehrten Hinweis auf die zweite Auflassung im Grundbuch keine über die bestehende Wirkung der Eintragung hinausgehende Bedeutung zu: Der eingetragene Berechtigte gilt nach § 891 BGB als gegenwärtiger Rechtsinhaber, ohne dass es auf den Zeitpunkt des Rechtserwerbs ankommt. Auch für den Zeitraum zwischen der ersten Eintragung und der begehrten klarstellenden Eintragung ergäbe sich nichts anderes.

(3) Rechtsprechung und Literatur beurteilen, die Zulässigkeit gesetzlich nicht vorgeschriebener klarstellender Vermerke nach der Funktion des Grundbuchs und den Bedürfnissen der Praxis. Einerseits soll eine dem Rechtsverkehr hinderliche Überfüllung des Grundbuchs vermieden werden (siehe etwa BayObLGZ 1995, 153/155; KG-KGJ 47 A,198/201; 37 A 313); andererseits findet der Grundsatz, das Grundbuch von überflüssigen Vermerken freizuhalten, dort keine Anwendung, wo es sich nur um einen kurzen Zusatz handelt, der, wenn auch nicht nötig, so doch geeignet ist, Zweifel zu verhüten (RGZ 132, 106/112 f.). Der begehrte Vermerk muss jedoch geeignet sein, eine Klarstellung herbeizuführen (BayObLGZ 1988, 124/126; Demharter § 53 Rn. 7). Geht es um das Rangverhältnis von Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist, so dient der klarstellende Rangvermerk im Interesse der Grundbuchklarheit dazu, das feststehende Verhältnis dieser Rechte zueinander im Grundbuch deutlich zum Ausdruck zu bringen (BGH NJW 2000, 805/807; Palandt/Bassenge BGB § 873 Rn. 2; Wacke DNotZ 2000, 643/646). Geht es, wie hier, um das im Grundbuch zutreffend verlautbarte Eigentum, so kann es zweckmäßig sein, dort auch ersichtlich zu machen, dass die Eintragung des Eigentumswechsels auf.einer anderen - erneuten - Auflassung beruht (BayObLG MittBayNot 1979, 74/75 [rechte Spalte] Rpfleger 1979, 123 [Leitsatz]; KG KGJ 4, 329/334 f.; ebenso KEHE-Munzig GBR 5. Aufl. Einl J 25; Staudinger/Gursky § 873 Rn. 208). Dies kommt in Betracht, wenn die Unwirksamkeit der ersten Auflassung feststeht (BayObLG MittBayNot 1979, 75: "zur Überzeugung des Grundbuchamts dargetan"; KG KGJ 4, 329) oder wenn die Beteiligten den Erwerbsgrund im Grundbuch durch eine rechtsfeststellend wirkende zweite Auflassung richtig stellen lassen (KG OLGZ 15, 344). Der Klarstellungsvermerk beinhaltet dann aber als Erwerbsgrund nur die zweite Auflassung. Demgegenüber würde die hier begehrte Eintragung einer zweiten Erwerbsgrundlage zu keiner Klarstellung führen, sondern ohne rechtliche Notwendigkeit Unsicherheiten über die Grundlage und den Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs ins Grundbuch bringen. Grundlage der Eintragung wäre nämlich alternativ und sich gegenseitig ausschließend entweder die erste oder die zweite Auflassung.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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