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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.11.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 172/04
Rechtsgebiete: FGG, WEG
Vorschriften:
FGG § 12 | |
WEG § 21 Abs. 4 | |
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2 |
Gründe:
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Am 8.7.2003 fand eine Eigentümerversammlung statt. In dieser Versammlung wurde unter Tagesordnungspunkt (TOP) 4 beschlossen, eine vollständige Erneuerung des Treppen- und Zuwegbelags vorzunehmen. Der Eigentümerbeschluss wurde mit den Stimmen der Antragsgegner gegen die Stimme des Antragstellers gefasst. Der Antragsteller möchte lediglich eine Ausbesserung und trägt hierzu vor, dass die Kosten für den Erneuerungsaufwand ca. 4.500 EURO, die Kosten für die Ausbesserung lediglich 1.566 EURO betragen würden.
Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, den Beschluss zu TOP 4 für ungültig zu erklären. Die Anfechtungsanträge zu TOP 3 und 5 sind nicht Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Das Amtsgericht hat am 17.12.2003 den Antrag abgewiesen. Mit Beschluss vom 16.8.2004 hat das Landgericht die sofortige weitere Beschwerde hinsichtlich des TOP 4 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung, soweit die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen wurde.
1. Das Landgericht hat, teilweise unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Amtsgerichts, ausgeführt:
Den Wohnungseigentümern stehe bei Sanierungsmaßnahmen ein Ermessensspielraum zu. Dies gelte erst recht, wenn es sich um relativ geringfügige Sanierungsmaßnahmen handele. Die beabsichtigte Maßnahme sei keine Luxussanierung. Die Reproduktionsarbeiten seien die technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung angesichts der Haltbarkeitsdauer. Ein Missverhältnis zwischen den Kosten für Reparatur oder Erneuerung bestehe angesichts der Haltbarkeitsdauer nicht.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass den Wohnungseigentümern bei der Entscheidung der Frage, ob eine Ausbesserung oder eine Totalerneuerung stattfindet, ein Ermessen zusteht. Ebenso zutreffend ist der Ansatz, dass es sich nicht um eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 WEG handelt, da der vorhandene Plattenbelag nicht durch etwas anderes ersetzt werden, sondern lediglich wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand versetzt werden soll. Die Entscheidung konnte deshalb durch Mehrheitsbeschluss getroffen werden. Ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht ein solcher Beschluss jedoch nur, wenn er dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht (§ 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG).
Das Landgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die es ermöglichen würden zu überprüfen, ob der angefochtene Beschluss dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Damit hat das Landgericht gegen § 12 FGG verstoßen.
Das Landgericht kann seine Auffassung nicht damit begründen, dass es sich bei der Sanierung des Plattenbelags um eine relativ geringfügige Sanierungsmaßnahme handele. Zum einen erscheint es bereits zweifelhaft, ob bei einem Betrag von 4.500 EURO von einer geringfügigen Maßnahme ausgegangen werden kann. Zum anderen betragen nach dem Vortrag des Antragstellers die Erneuerungskosten immerhin das rund Dreifache der Ausbesserungskosten. Ob diese Aussage tatsächlich zutrifft, hat das Landgericht nicht festgestellt. Die Antragsgegner haben diese Behauptung bestritten und unter Anerbieten eines Sachverständigengutachtens vorgetragen, dass die Reparatur kaum zu einer Kosteneinsparung führe.
Allerdings ist die Kostenfrage nur ein Argument, das im Rahmen der Abwägung nach billigem Ermessen zu berücksichtigen ist. Die höheren Kosten könnten dadurch gerechtfertigt sein, dass bei der Erneuerung eine längere Haltbarkeit gewährleistet ist. Obwohl der Antragsteller einen wirtschaftlichen und technischen Vorteil der Erneuerung gegenüber der Ausbesserung bestritten hat, hat das Landgericht ohne sachverständige Beratung eine längere Haltbarkeitsdauer angenommen. Eine eigene Sachkunde hat das Landgericht nicht dargelegt. Bei Plattenbelägen kann es auch nicht als allgemeinkundig vorausgesetzt werden, dass neue Platten länger halten als vorhandene eingelagerte Platten. Nach dem Vortrag des Antragstellers sind nur einige Bodenplatten auszubessern. Sollte dieser Vortrag zutreffen, so wäre dies ein Indiz dafür, dass das bloße Alter der Platten für deren Haltbarkeit nicht von entscheidender Bedeutung ist.
Das Landgericht wird die tatsächlichen Feststellungen zur Höhe der voraussichtlichen jeweiligen Kosten und zur voraussichtlichen Haltbarkeit nachzuholen und dann erneut darüber zu entscheiden haben, ob der Beschluss dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Soweit in der Rechtsbeschwerde vorgetragen wurde, dass die Platten der Eingangsstufen ausgetauscht wurden, wird die Frage einer Teilerledigung zu prüfen sein.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist dem Landgericht vorzubehalten. Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Ende der Entscheidung
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