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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.11.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 175/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 43 Abs. 1 Nr. 2
Der einzelne Wohnungseigentümer kann einen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zustehenden Anspruch gegen den Verwalter nicht ohne einen dahin gehenden Beschluss der Gemeinschaft gerichtlich geltend machen. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist mangels Antragsbefugnis unzulässig.
Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Wohnungseigentümer in einer aus ca. 100 Einheiten bestehenden Wohnanlage, die von dem Antragsgegner verwaltet wird.

Der Antragsteller ist der Auffassung, der Antragsgegner habe sich gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft schadensersatzpflichtig gemacht, indem er es pflichtwidrig und schuldhaft unterlassen habe, Wohngeld von einem säumigen Miteigentümer beizutreiben und rechtzeitig ein Verfahren auf Entziehung des Wohnungseigentums einzuleiten.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, den hierdurch für die Gemeinschaft nach Ansicht des Antragstellers entstandenen Forderungsausfall in Höhe von 12.132,89 EURO nebst Zinsen zu zahlen.

Das Amtsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 10.3.2004 abgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht durch Beschluss vom 16.8.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist nicht bereits deswegen unzulässig geworden, weil der Antragsteller seinem anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten während des Rechtsbeschwerdeverfahrens das Mandat entzogen und dieser es inzwischen niedergelegt hat. § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG verlangt lediglich, dass bei Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde durch Einreichen einer Beschwerdeschrift diese von einem Rechtsanwalt unterzeichnet ist. Ein Anwaltszwang für das weitere Verfahren besteht hingegen nicht (vgl. BayObLG FamRZ 1990, 1123/1124; Keidel/Meyer-Holz Freiwillige Gerichtsbarkeit 15. Aufl. § 29 Rn. 34).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Dem Antragsteller fehle die Befugnis, den Anspruch, der allenfalls den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zustehe, ohne einen dahin gehenden Beschluss der Wohnungseigentümer geltend zu machen. Es sei Sache der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, darüber zu beschließen, ob sie einen Anspruch gegen den Verwalter für gegeben halte und ob dieser Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden solle. Diese Grundsätze seien auch für den vorliegenden Fall anwendbar, zumal der Antragsteller nach eigenem Vortrag keinerlei Bemühungen unternommen habe, sich von der Eigentümergemeinschaft zur Rechtsverfolgung ermächtigen zu lassen. Das Herbeiführen einer Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung sei auch nicht ausnahmsweise entbehrlich gewesen. Dass ein ermächtigender Beschluss auf Grund der Mehrheitsverhältnisse nicht hätte erreicht werden können, sei nur eine Vermutung des Antragstellers und ergebe sich nicht zwangsläufig aus der hohen Mitgliederzahl der Gemeinschaft. Eine Beschlussfassung der Eigentümer sei auch nicht deswegen überflüssig, weil der Antragsgegner als Verwalter dem Anliegen in der Versammlung erwartungsgemäß entgegengetreten wäre.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Prüfung stand. Etwaige neue Anträge können im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gestellt werden.

a) Vertragsparteien des Verwaltervertrags sind die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit (Merle in Bärmann/Pick/Merle § 21 Rn. 21; vgl. § 21 Abs. 1 WEG). Schadensersatzansprüche aus Verletzung dieses Vertrags stehen daher, sofern kein individuelles Recht betroffen ist (vgl. BGHZ 115, 253), den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 106, 222), der sich der Senat angeschlossen hat (BayObLG ZMR 2003, 692), kann der einzelne Wohnungseigentümer ohne die Ermächtigung der übrigen Wohnungseigentümer Ansprüche gegen den Verwalter nicht gerichtlich geltend machen.

Eine derartige Ermächtigung des Antragstellers durch die übrigen Wohnungseigentümer ist hier nicht erfolgt, so dass der Antrag mangels Antragsbefugnis des Antragstellers unzulässig war (BGHZ 106, 222/224).

b) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein einzelner Wohnungseigentümer ausnahmsweise befugt sein könnte, gemeinschaftliche Ansprüche ohne vorherige Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft gerichtlich geltend zu machen, braucht hier nicht entschieden zu werden.

Denn ein derartiger Fall kommt hier, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht in Betracht. Der Antragsteller hat nach eigenem Vorbringen nicht einmal versucht, einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer herbeizuführen. Dass ein derartiges Unterfangen von vornherein aussichtslos sein könnte, ist lediglich eine Vermutung des Antragstellers und führt nicht dazu, dass es für den Antragsteller unzumutbar wäre, einen entsprechenden Beschlussantrag in der Eigentümerversammlung zu stellen. Denn anders als z.B. bei kleineren Eigentümergemeinschaften, in denen etwa wegen familiärer Beziehungen der Beteiligten untereinander im Einzelfall mit einer neutralen, von subjektiven Beurteilungen freien Willensbildung nicht gerechnet werden kann (vgl. OLG Stuttgart, OLGZ 1977, 433; KG ZMR 1999, 509), ist hier nicht ersichtlich, dass eine Beschlussfassung nicht mit der notwendigen Objektivität erfolgen würde. Immerhin hat die Eigentümerversammlung hier eine Vielzahl unterschiedlicher Mitglieder, so dass persönliche Bindungen bei der Abstimmung in dieser Angelegenheit kaum eine Rolle spielen dürften. Eine dringliche Angelegenheit lag ohnehin nicht vor. Dass der Verwalter sich naturgemäß dem Begehren des Antragstellers widersetzen wird, ist ohne Bedeutung und lässt einen entsprechenden Antrag des Antragstellers in der Eigentümerversammlung nicht von vornherein als aussichtslos erscheinen.

c) Die Entscheidung des Landgerichts ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als es die Erstattung außergerichtlicher Kosten angeordnet hat. Es handelt sich dabei um eine Ermessensentscheidung (§ 47 Satz 2 WEG). Angesichts der Ausführungen des Amtsgerichts war die Erfolglosigkeit der Erstbeschwerde absehbar, so dass sich die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Rahmen des Ermessens hält.

4. Auch im Rechtsbeschwerdeverfahren ist es angemessen, den Antragsteller mit den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu belasten (§ 47 WEG). Die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels der weiteren Beschwerde war ebenfalls vorhersehbar.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Der Geschäftswert bestimmt sich bei Zahlungsklagen nach dem streitigen Betrag (Merle in Bärmann/Pick/Merle § 48 Rn. 34).

Ende der Entscheidung

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