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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.10.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 176/04
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 883
GBO § 7
GBO § 18
1. Eine inhaltliche Änderung des einzutragenden Rechts kann mit einer Zwischenverfügung nicht aufgegeben werden.

2. Der Eigentümer eines Grundstücks kann einen von ihm hinzu erworbenen ideellen Bruchteil des Grundstücks rechtsgeschäftlich dann mit einer Auflassungsvormerkung belasten, wenn der restliche, ihm bereits zustehende Miteigentumsanteil ebenfalls mit einer Vormerkung belastet ist (Abweichung von OLG Düsseldorf MittBayNot 1976, 137).


Gründe:

I.

Die Beteiligten sind je zur Hälfte Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks. Bei dem Beteiligten zu 2 handelt es sich um den Sohn der Beteiligten zu 1. Diesem war das Miteigentum im Jahr 1996 durch die Beteiligte zu 1 und ihren inzwischen verstorbenen Ehemann übertragen worden mit der Maßgabe, dass unter im Einzelnen näher bezeichneten Voraussetzungen eine Rückübertragungspflicht besteht, die durch Vormerkung gesichert ist.

Mit notarieller Urkunde vom 7.6.2004 übertrug die Beteiligte zu 1 ihren Miteigentumsanteil an den Beteiligten zu 2, der somit Alleineigentümer des Grundstücks wird.

Nummer 6 der notariellen Urkunde enthält eine Rückübertragungsverpflichtung hinsichtlich des übergebenen Miteigentumsanteils, zu deren Sicherung eine Vormerkung bewilligt und beantragt wurde. Die Voraussetzungen dieser Rückübertragungsverpflichtung sind im Wesentlichen inhaltsgleich mit denen des früheren Übergabevertrags.

Das Grundbuchamt, das die Auffassung vertritt, dass die Vormerkung nicht an einem ideellen Anteil des Alleineigentums des Beteiligten zu 2 eingetragen werden kann, hat durch Zwischenverfügung vom 7.7.2004 eine Abänderung der notariellen Urkunde verlangt. Die Vormerkung sei nur als Belastung des ganzen Grundstücks bezüglich eines Anspruchs auf Rückübertragung des hälftigen Miteigentums eintragungsfähig. Das Landgericht hat die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde durch Beschluss vom 14.7.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts sowie der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Alleineigentümer eines Grundstücks könne einen ideellen Bruchteil des Grundstücks rechtsgeschäftlich nicht mit einer Auflassungsvormerkung belasten. Der Gesetzgeber habe eine entsprechende Belastung nicht vorgesehen. Die durch diese Rechtsauffassung entstehenden Schwierigkeiten seien nicht unüberwindbar.

2. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind aus formellen Gründen aufzuheben.

Das Grundbuchamt hat den Beteiligten aufgegeben, den Inhalt der Vormerkung abzuändern. Mit einer Zwischenverfügung kann aber nicht verlangt werden, das einzutragende Recht inhaltlich zu verändern (BayObLGZ 1997, 282; Demharter GBO 24. Aufl. § 18 Rn. 6, 32). Zweck der Zwischenverfügung ist es, dem Antragsteller den Rang und die sonstigen Rechtswirkungen, die sich nach dem Eingang des Antrags richten (§ 879 BGB i.V.m. §§ 17, 45 GBO; §§ 878, 892 Abs. 2 BGB), zu erhalten. Das aber ist nur gerechtfertigt, wenn der Mangel mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. Dies ist bei einer inhaltlichen Abänderung des einzutragenden Rechts nicht der Fall.

III.

Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

Durch Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils von der Beteiligten zu 1 an den Beteiligten zu 2, der bereits Miteigentümer zu ein Halb ist, entsteht aus den bisherigen Anteilen einheitliches Alleineigentum des Beteiligten zu 2.

Ob der Alleineigentümer einen Bruchteil seines Grundstücks mit einer Auflassungsvormerkung belasten kann, ist im Gesetz nicht geregelt. §§ 1095, 1106, 1114 BGB bestimmen für das dingliche Vorkaufsrecht, die Reallast und die Hypothek, dass die Belastung eines Bruchteils nur möglich ist, wenn er in dem Anteil eines Miteigentümers besteht. Bei weiteren Grundstücksrechten, bei denen, ebenso wie für die Vormerkung, eine gesetzliche Regelung fehlt, wird die Frage, ob die Belastung eines ideellen Anteils des Alleineigentümers möglich ist, unterschiedlich beantwortet. Für Dienstbarkeiten, insbesondere für Grunddienstbarkeiten (vgl. BGHZ 36, 187/189; Staudinger/Mayer BGB 13. Aufl. § 1018 Rn. 55 m.w.N. auch zu Ausnahmefällen), sowie für das Erbbaurecht (vgl. Palandt/Bassenge BGB 63. Aufl. § 1 ErbbRVO § 1 Rn. 1) wird sie in der Regel verneint, während beim Nießbrauch die Belastung eines ideellen Anteils durch den Alleineigentümer für zulässig erachtet wird (BayObLGZ 1930, 342 und 1985, 6/9; Palandt/Bassenge § 1030 Rn. 1 und § 1066 Rn. 4). In Rechtsprechung und Literatur wird im Übrigen allgemein die Ansicht vertreten, dass grundsätzlich ein Bruchteil eines im Alleineigentum stehenden Grundstücks nicht belastet werden kann (vgl. RGZ 88, 21/26; BGH RPfleger 1968, 114; OLG Zweibrücken RPfleger 1990, 15; BayObLG MittBayNot 1996, 108; Demharter § 7 Rn. 19; Meikel/Böttcher Grundbuchrecht 8. Aufl. § 7 Rn. 62; Bauer/von Oefele/Maaß GBO § 7 Rn. 14; KEHE-Eickmann Grundbuchrecht 5. Aufl. § 7 Rn. 11).

Dementsprechend hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (MittBayNot 1976, 137) für die Vormerkung entschieden, dass der Alleineigentümer einen ideellen Bruchteil des Grundstücks rechtsgeschäftlich nicht mit einer Auflassungsvormerkung belasten kann (so auch ohne nähere Begründung Schöner/Stöber Grundbuchrecht 13. Aufl. Rn. 1502; Staudinger/Gursky § 883 Rn. 93).

Der Senat vermag sich dieser Auffassung jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht anzuschließen. §§ 1095, 1106, 1114 BGB liegt der gesetzgeberische Wille zu Grunde, eine gesonderte Belastung von ideellen Grundstücksteilen nur zuzulassen, wenn diese verselbstständigt sind. Hierdurch soll größtmögliche Klarheit und Übersichtlichkeit des Grundbuchs gewährleistet werden. Die entsprechenden Bestimmungen beruhen letztlich auf Zweckmäßigkeitserwägungen (vgl. BayObLGZ 1918, 161/163; OLG Düsseldorf MittBayNot 1976, 137). Ebenso verlangt § 7 Abs. 1 GBO bei Belastung eines realen Grundstücksanteils zur Erhaltung der Übersichtlichkeit des Grundbuchs die rechtliche Verselbstständigung (vgl. Demharter § 7 Rn. 1). Der Senat kann den genannten Vorschriften aber keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz entnehmen, der es dem Alleineigentümer generell verbieten würde, einen ideellen Anteil selbstständig zu belasten. Für den Nießbrauch wird im Gegenteil aus dem Fehlen von mit § 1095, 1106, 1114 BGB vergleichbaren Bestimmungen der Schluss gezogen, dass auch der Alleineigentümer einen Bruchteil seines Grundstücks belasten kann (vgl. BayObLGZ 1930, 342). Sonst ist ebenfalls eine Reihe von Ausnahmen anerkannt (Bauer/von Oefele/Maaß § 7 Rn. 16 ff.). Diese betreffen auch den Fall, dass ein Bruchteilseigentümer einen Restbruchteil hinzu erwirbt (vgl. BayObLG MittBayNot 1996, 108; Meikel/Böttcher § 7 Rn. 63). Hier bleiben bereits vorhandene Belastungen bestehen und beziehen sich nach dem Rechtsübergang auf fiktive Anteile eines einheitlichen Rechts. Vorliegend ist der dem Beteiligten zu 2 zustehende hälftige Miteigentumsanteil bereits mit einer Rückauflassungsvormerkung zu Gunsten der Beteiligten zu 1 belastet. Bei Entstehung des Alleineigentums des Beteiligten zu 2 besteht dieses Recht fort und bezieht sich weiterhin auf den hälftigen, jetzt nur noch fiktiven Anteil. Es dürfte für die Beteiligten kaum nachvollziehbar sein, dass die neu zu bestellende, einen inhaltsgleichen Anspruch sichernde Vormerkung nur als Recht am ganzen Grundstück, bezogen auf die Übertragung eines Hälfteanteils eintragungsfähig sein soll. Würde man die Vormerkung so fassen, wie von den Vorinstanzen vorgeschlagen, würden an demselben Grundstück von der inhaltlichen Zweckrichtung her identische, von Reichweite und Gegenstand aber ganz unterschiedliche Vormerkungen eingetragen. Hierdurch würde das Grundbuch kaum übersichtlicher, sondern unübersichtlicher. Dies gilt umso mehr, als eine am ganzen Grundstück bestehende, aber nur einen Anspruch auf Rückübertragung des hälftigen Miteigentums sichernde Vormerkung letztlich kein Abbild der gesicherten schuldrechtlichen Beziehung darstellen würde.

In der gegebenen Situation, in der ohnehin eine Belastung eines fiktiven Anteils des Alleineigentums fortbestehen muss, ist die Möglichkeit der Belastung des weiteren restlichen Bruchteils auch im Interesse der Übersichtlichkeit des Grundbuchs unter den gegebenen Umständen geboten.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf (MittBayNot 1976, 137) erachtet die Bestellung einer Vormerkung an einem ideellen Bruchteil eines Grundstücks durch den Alleineigentümer auch deswegen nicht für möglich, weil das dingliche Vorkaufsrecht, bei dem § 1095 BGB die Bruchteilsbelastung ausdrücklich verbietet, nach § 1098 Abs. 2 BGB Dritten gegenüber die Wirkung einer Vormerkung hat. Dem ist entgegenzuhalten, dass von den Besonderheiten des Vorkaufsrechts nicht ohne weiteres auf die Rechtslage bei der Vormerkung geschlossen werden kann, die anderen Regeln unterliegt.

Eine Eintragung des Rechts entsprechend dem vorliegenden Antrag der Beteiligten vermeidet im Übrigen die praktischen Schwierigkeiten, die bei Belastung des gesamten Grundstücks mit einer Rückauflassungsvormerkung, die nur die Übertragung eines hälftigen Anteils sichern soll, entstehen. Ihnen kann zwar, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, durch entsprechende obligatorische Vereinbarungen begegnet werden. Derartige Vereinbarungen tragen aber ebenfalls nicht zur Vereinfachung der Rechtssituation bei. So wäre es bei antragsgemäßer Eintragung etwa entbehrlich, in den Vertrag eine Bestimmung aufzunehmen, die die Beteiligte zu 1 für den Fall, dass der Beteiligte zu 2 den ihm bereits von vornherein zustehenden Grundstücksanteil veräußern will, verpflichtete, insoweit auf die Vormerkung zu verzichten.

Der Senat hält aus diesen Gründen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf nicht für überzeugend und hätte die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt, wenn es für die vorliegende Entscheidung auf die Rechtsfrage ankäme.



Ende der Entscheidung

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