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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.08.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 184/99
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 5 Abs. 2
WEG § 16 Abs. 2
Isolierglasfenster sind Gemeinschaftseigentum. Haben gleichwohl die Eigentümer nach der Gemeinschaftsordnung Schäden an ihren Fenstern selbst zu beheben, so gilt dies auch für Trübungen der Scheiben.
BayObLG Beschluss

LG München I - 1 T 12408/99 AG München 484 UR II 152/96

2Z BR 184/99

03.08.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichte hat unter Mitwirkung der Richter Demharter, Werdich und Dr. Delius am 3. August 2000 in der Wohnungseigentumssache wegen Forderung,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 10. November 1999 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15535,93 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 1 sind die Wohnungs- und Teilerbbauberechtigten einer aus drei Häusern bestehenden Anlage, die von der Antragsgegnerin zu 2 verwaltet wird. Dem Antragsteller gehört das in der Teilungserklärung vom 12.4.1976 als Schwimmbad und Sauna bezeichnete Teilerbbaurecht Nr. 100 im 1., 2. und 3. Untergeschoß eines Hauses.

Gemäß Nr. 5c der allgemeinen Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung (Teil B der Teilungserklärung, im folgenden GO) ist ihm das Sondernutzungsrecht am gesamten Schwimmbadgebäude sowie der daran angrenzenden im 1. und 2. Kellergeschoß gelegenen Terrassen- bzw. Intimgartenfläche eingeräumt. Für alle Sondernutzungsrechte gilt gemäß Nr. 5d der gesamte Inhalt der Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung, insbesondere bezüglich der Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung und des Betriebs von Anlagen, Gebäudeteilen und Flächen, wie er für Sondereigentum gilt, entsprechend.

Die Instandhaltung und Instandsetzung ist in § 3 GO geregelt wie folgt:

1. des Sondereigentums

a)...

Die Instandhaltung und Instandsetzung der Wohnungsabschlußtüren, der Außenfenster und anderer Teile der Gebäude, die für deren Bestand erforderlich sind,... obliegt, auch wenn sie sich im Bereich der dem Sondereigentum unterliegenden Räume befinden, grundsätzlich der Gesamtheit der E. (= Wohnungserbbauberechtigte). Die Behebung von Glasschäden (auch Kunstglas etc.) an Fenstern, Türen und Brüstungen im Bereich des Wohnungseigentums obliegt jedoch ohne Rücksicht auf die Ursache des Schadens dem E.

...

Die Instandhaltung und Instandsetzung von Anlagen, Gebäudeteilen.... die dem Sondernutzungsrecht einzelner oder mehrerer E. unterliegen, ist gemäß Teil B, allgemeine Bestimmungen, Nr. 5 ausschließlich Sache der jeweiligen sondernutzungsberechtigten E; die entsprechenden Kosten sind lediglich von diesen zu tragen.

2. des gemeinschaftlichen Eigentums

a) Die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums - mit Ausnahme des Gemeinschaftseigentums, das einzelnen oder mehreren E. zur Sondernutzung... zugewiesen ist, obliegt den E. gemeinschaftlich; sie ist vom Verwalter zu veranlassen. Absatz 1 bleibt unberührt. Von dieser Regelung ausgenommen sind die Tür- und Fensterelemente zu den Loggien/Terrassen, die von den jeweiligen E. instandzuhalten und instandzusetzen sind.....

Im ersten Untergeschoß des Hauses mit dem Schwimmbad befindet sich eine große Fensteranlage mit feststehenden Isolierglasfenstern sowie Isolierglastüren, die den Zugang zur Terrasse ermöglichen. Der Antragsteller hat das Schwimmbad vermietet. Im Juni 1995 beanstandete sein Mieter, dass bei der Außenverglasung zum Gartenbereich zwei Oberscheiben gesprungen und sechs Unterscheiben angelaufen seien. Der Antragsteller verlangte von der Antragsgegnerin zu 2 als Verwalterin, namens der Gemeinschaft die Erneuerung der Scheiben in Auftrag zu geben und die Kosten zu übernehmen. Die Antragsgegnerin zu 2 lehnte dies unter Hinweis auf § 3 Nr. la GO ab. Daraufhin gab der Antragsteller die Reparaturarbeiten selbst in Auftrag. Die Kosten dieser Arbeiten bezifferte er nach Abzug eines seiner Erbbaurechtsquote entsprechenden Eigenanteils auf 15535,93 DM. Hiervon hat der Antragsteller beim Amtsgericht von jedem der Antragsgegner zu 1 einen der jeweiligen Erbbaurechtsquote entsprechenden Teilbetrag als Ersatz von Aufwendungen aus Notgeschäftsführung oder Geschäftsführung ohne Auftrag verlangt. Daneben hat er gegen die Antragsgegnerin zu 2 einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung ihrer Verwalterpflichten in Höhe von 15535,93 DM geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 17.6.1999 abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht am 10.11.1999 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Gegen die Antragsgegner zu 1 habe der Antragsteller keinen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen, weil der Austausch der Fensterscheiben im Schwimmbadgebäude seine eigene Angelegenheit gewesen sei. Es könne dahinstehen, ob unter Glasschäden im Sinn von § 3 Nr. la GO auch das Blindwerden von Scheiben zu verstehen sei. Denn die Gemeinschaftsordnung weise in § 3 Nr. le die Pflicht zur Instandhaltung der dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gebäudeteile ausnahmslos dem Sondernutzungsberechtigten zu und § 3 Nr. 2a GO nehme das der Sondernutzung unterliegende Gemeinschaftseigentum von der Verpflichtung aller Wohnungserbbauberechtigten zur Instandhaltung und Instandsetzung aus. Der Umstand, dass die Gemeinschaft im Jahr 1987 nach einem vom Mieter des Antragstellers verursachten Brand den Austausch der beschädigten Oberlichter übernommen und mit ihrer Versicherung abgerechnet habe, sei weder geeignet, eine Änderung der in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Regelung herbeizuführen noch sei er für die Auslegung der Gemeinschaftsordnung von Bedeutung.

Dem Antragsteller stünden auch keine Schadensersatzansprüche gegen die Antragsgegnerin zu 2 wegen Schlechterfüllung des Verwaltervertrags zu. Ein pflichtwidriges Verhalten der Antragsgegnerin zu 2 sei nicht ersichtlich. Es könne dahinstehen, ob die Isolierung der Fensteranlage durch Materialermüdung oder durch den Brand undicht geworden sei; für beides sei jedenfalls nicht die Verwalterin verantwortlich.

2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Dem Antragsteller steht weder aus Notgeschäftsführung gemäß § 21 Abs. 2 WEG i.V.m. 55 683, 670 BGB noch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 670, 677, 679, 683 BGB (vgl. BayObLG ZMR 2000, 187) ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen für die Instandsetzung der Fenster zu, denn er hat mit dem Austausch der Fensterscheiben nicht ein Geschäft der Wohnungs- und Teilerbbauberechtigten, sondern ausschließlich sein eigenes Geschäft besorgt. Isolierglaofenster sind zwar gemäß § 5 Abs.2 WEG zwingend Gemeinschaftseigentum (BayObLGBeschluss vom 21.12.1999 - 2Z BR 115/99; Staudinger-Rapp WEG Rn. 25, Bärmann/Pick WEG 8. Aufl. Rn. 36, jeweils zu § 5), dessen Instandhaltung und Instandsetzung grundsätzlich gemäß § 16 Abs.2, § 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich obliegt. Abweichend von der gesetzlichen Regelung kann jedoch die Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung bestimmter Teile des Gemeinschaftseigentums einzelnen Wohnungseigentümern auferlegt werden (§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG; BayObLG ZMR 1996, 574 m.w.N.).

(1) Dies ist hier in § 3 GO geschehen. Die Bestimmungen der im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums eingetragenen Gemeinschaftsordnung kann der Senat selbst auslegen; dabei ist auf Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung ergibt (allgemeine Meinung und st.Respr. des Senate, z.B. BayObLG NZM 1998, 775/776). Nach § 3 Nr. la Satz 3 GO obliegt die Behebung von Glasschäden im Bereich des Wohnungs- oder Teilerbbaurechts ohne Rücksicht auf die Ursache des Schadens dem Wohnungs- oder Teilerbbauberechtigten. Nach dem Sprachgebrauch und Wortsinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter darstellt, ist auch das Blindwerden einer zuvor durchsichtigen Glasscheibe als Glasschaden zu verstehen, denn auch bei der Eintrübung durch Feuchtigkeit verliert das Glas eine wesentliche Eigenschaft und ist zu erneuern (BayObLGNJW-RR 1996, 140/141; Bärmann/Pick § 16 Rn. 53). Damit war der Austausch der blind gewordenen Isolierglasfenster vom Antragsteller selbst und auf seine Kosten durchzuführen.

Aus der Verpflichtung, Schäden am gemeinschaftlichen Eigentum dem Verwalter zu melden (vgl. § 4 Nr.2b GO), kann nicht abgeleitet werden, dass der Verwalter zur Beseitigung solcher Schäden auf Kosten der Gemeinschaft auch insoweit verpflichtet ist, als dies wie bei Glasschäden Sache des einzelnen Wohnungserbbauberechtigten ist.

(2) Demgegenüber kann sich der Antragsteller nicht auf den Umstand berufen, dass die Gemeinschaft der Erbbauberechtigten nach einem Brandschaden im Jahr 1987 die Erneuerung der beschädigten Fenster des Schwimmbads durchgeführt und die Kosten mit ihrer Versicherung abgerechnet habe. Dies ist weder für die Auslegung der Gemeinschaftsordnung von Bedeutung (vgl. BayObLGWE 1997, 158/160) noch würde dadurch für künftige Schadensfälle eine Verpflichtung der Wohnungs- und Teilerbbauberechtigten begründet.

(3) Angesichts der in § 3 Nr. la Satz 3 GO getroffenen Sonderregelung für die Behebung von Glasschäden kann offenbleiben, ob der vom Antragsteller geltendgemachte Anspruch nicht auch durch die weiteren Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung zur Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum, die das Landgericht herangezogen hat, ausgeschlossen wäre.

b) Auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Antragsgegnerin zu 2 wegen Verletzung ihrer Verwalterpflichten steht dem Antragsteller nicht zu. Zwar ist es gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG grundsätzlich Aufgabe des Verwalters, die für eine ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Unabhängig davon, welche Verpflichtungen sich insoweit für den Verwalter ergeben, bestehen solche jedenfalls nicht, soweit nach § 3 Nr. 2a GO die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum einzelnen Wohnungs- oder Teilerbbauberechtigten auferlegt ist. Dies ist hier geschehen, soweit es um die Behebung von Glasschäden geht.

3. Dem Senat erscheint es angemessen, dem unterlegenen Antragsteller die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG). Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG festgesetzt. Maßgebend ist die Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs.

Ende der Entscheidung

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