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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 27.11.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 186/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 4
WEG § 29 Abs. 3
1. Zu den Kosten der Verwaltung gehören auch die durch eine anwaltliche Beratung entstandenen Kosten, wenn die anwaltliche Beratung dazu geführt hat, dass die Wohnungseigentümer von der Veräußerungsklage Abstand nehmen.

2. Ein Wirtschaftsplan ist, unabhängig von seiner inhaltlichen Richtigkeit, nicht allein deshalb für ungültig zu erklären, weil der Verwaltungsbeirat von seinem Prüfungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat.


Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Der Antragsteller hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, beantragt, die Eigentümerbeschlüsse vom 20.10.2000 zu Tagesordnungspunkten (TOP) 2d (Erhebung einer Sonderumlage in Höhe von 8.000 DM), 3 (Jahresabrechnung 1999) und 7 (Wirtschaftsplan 2000) für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 11.4.2002 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 25.8.2003 die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

a) Das Bedürfnis für eine Sonderumlage ergebe sich schon daraus, dass allein der Antragsteller zum Zeitpunkt der Beschlussfassung mit Wohngeldzahlungen in Rückstand gewesen sei, die ein Mehrfaches der Sonderumlage betrügen.

b) Die Genehmigung der Jahresabrechnung 1999 sei nicht zu beanstanden.

Die Vergütung für die Tätigkeit des Verwalters sei in der Jahresabrechnung mit einem Pauschbetrag pro Einheit umgelegt und nicht nach der jeweiligen Größe der Wohnungen errechnet worden. Dieses Vorgehen entspreche der Gemeinschaftsordnung. Abgesehen davon führe die von dem Antragsteller vertretene Auffassung, die Höhe der Verwaltervergütung hänge von der Größe der jeweiligen Wohnung ab, zu einer Mehrbelastung für ihn, weil er Eigentümer zweier großer Wohnungen sei; offen bleiben könne, ob die Anfechtung des Eigentümerbeschlusses durch den Antragsteller in diesem Punkt rechtsmissbräuchlich sei.

In die Jahresabrechnung seien zu Recht gemäß § 16 Abs. 4 WEG die Rechtsanwaltskosten eingestellt worden, die durch die Beratung der Wohnungseigentümer zu der Frage entstanden seien, ob gegen den Antragsteller die Veräußerungsklage nach § 18 WEG zu erheben sei.

c) Auch der Wirtschaftsplan 2000 sei nicht für ungültig zu erklären. Nicht entscheidungserheblich sei, ob der Verwaltungsbeirat den Wirtschaftsplan 2000 geprüft habe, weil ein Beschluss über den Wirtschaftsplan nicht allein wegen der fehlenden Prüfung für ungültig erklärt werden könne.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Bedürfnis für die Erhebung der Sonderumlage hat das Landgericht zutreffend bejaht. Durch den Eigentümerbeschluss zu TOP 2d wurde zwar nicht die anteilsmäßige Verpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer festgelegt, der einzelne Wohnungseigentümer kann aber den auf ihn entfallenden Betrag ohne weiteres nach dem allgemein anzuwendenden Kostenverteilungsschlüssel errechnen (vgl. BayObLG NZM 1998, 918; Staudinger/Bub WEG § 28 Rn. 490 m.w.N.).

b) Zu Recht hat das Landgericht den Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung 1999 (TOP 3) nicht für ungültig erklärt.

(1) In der Gemeinschaftsordnung ist hinsichtlich der Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Zahlung des Wohngelds unter anderem Folgendes bestimmt:

§ 11

(2) Die Höhe des Wohngeldes ist je nach den Umständen veränderlich; es wird jährlich durch den Verwalter zum 31. Dezember eines jeden Jahres abgerechnet. Das Wohngeld setzt sich zur Zeit im Wesentlichen aus folgenden Einzelbeträgen zusammen:

a) den Betriebskosten der gemeinschaftlichen Einrichtungen, wie z.B. Wasser- und Stromgebühren, Kosten der Reinigung, Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums, Kosten für die Pflege der Außenanlagen und Gemeinschaftseinrichtungen, die öffentlichen Abgaben, denen das Gemeinschaftseigentum unterworfen ist,

b) Versicherungsprämien,

c) Instandhaltungsrücklage und Instandsetzungskosten,

d) die Vergütung für die Tätigkeit des Verwalters.

Die unter a), b) und c) genannten Kosten sind im Verhältnis der Miteigentumsanteile umzulegen. Die Vergütung zu d) wird in der Weise vereinbart, dass pro Einheit monatliche Pauschalbeträge je nach Größe der Wohnungen bzw. Garagen zu zahlen sind.

Die Regelung ist auslegungsbedürftig. Wie das Landgericht kommt auch der Senat zum Ergebnis, dass, wie allgemein üblich, eine monatliche Verwaltervergütung in jeweils gleicher Höhe pro Wohnung und pro Garage zu zahlen ist. Diese Auffassung liegt auch der angefochtenen Jahresabrechnung zugrunde. Die Meinung des Antragstellers, die Verwaltervergütung richte sich nach der jeweiligen Größe einer Wohnung, ist schon deshalb nicht haltbar, weil in § 11 Abs. 2 Satz 4 Gemeinschaftsordnung (GO) neben den Wohnungen auch Garagen genannt sind, die Tiefgaragenstellplätze aber alle gleich groß sind. Es leuchtet nicht ein, weshalb die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums mit Ausnahme der Verwaltervergütung nach § 11 Abs. 2 Satz 3 GO im Verhältnis der Miteigentumsanteile aufgeteilt werden sollen, während in § 11 Abs. 2 Satz 4 GO für die Verwaltervergütung die jeweilige Wohnungsgröße maßgebend sein soll, obwohl nach den Feststellungen des Landgerichts die Höhe der Miteigentumsanteile an der Größe der einzelnen Wohnungen ausgerichtet ist. Die Regelung für die Verwaltervergütung gibt nur dann einen Sinn, wenn dabei nicht auf die Wohnungsgröße und damit im Ergebnis wiederum auf die Miteigentumsanteile abgestellt wird.

(2) Die Rechtsberatungskosten im Zusammenhang mit der Frage, ob die Entziehung des Wohnungseigentums des Antragstellers zu betreiben ist, sind vom Landgericht zutreffend als Kosten im Sinne des § 16 Abs. 4 WEG behandelt und in die Jahresabrechnung als von der Gemeinschaft zu tragende Kosten eingestellt worden.

Nach § 16 Abs. 4 WEG gehören zu den Kosten der Verwaltung auch die Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 18 WEG. Die Wohnungseigentümer haben nach anwaltlicher Beratung von einer Veräußerungsklage gegen den Antragsteller Abstand genommen. Die durch die Beratung des Rechtsanwalts entstandenen Kosten sind gleichwohl den in § 16 Abs. 4 WEG genannten Kosten zuzuordnen (vgl. BayObLGZ 1983, 109/113). Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund diese Kosten, die mit dem Entziehungsverfahren in engem Zusammenhang stehen, nicht von der Gemeinschaft zu tragen sein sollen.

Ob der Verwalter zu Recht oder zu Unrecht einen Rechtsanwalt zur Beratung beigezogen hat, ist hier nicht zu entscheiden. In die Jahresabrechnung einzustellen sind nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BayObLG NZM 1999, 504; NZM 2001, 1040) die tatsächlich getätigten Ausgaben unabhängig davon, ob diese vom Verwalter zu Recht oder zu Unrecht getätigt wurden.

c) Auch der Antrag, den Eigentümerbeschluss über den Wirtschaftsplan 2000 (TOP 7) für ungültig zu erklären, ist unbegründet.

Nach § 29 Abs. 3 WEG soll der Wirtschaftsplan, bevor über ihn die Eigentümerversammlung beschließt, vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden. Hier ist strittig, ob dies beachtet wurde. Einer Klärung dieser Frage bedarf es jedoch nicht, weil der Wirtschaftsplan, wie vom Landgericht festgestellt, inhaltlich in Ordnung ist und der Antragsteller dagegen keine begründeten Einwendungen erhoben hat. Offen bleiben kann, ob es ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, wenn der Verwaltungsbeirat von seinem Prüfungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit darf aber ein Wirtschaftsplan nicht allein deshalb für ungültig erklärt werden, weil das im Gesetz vorgesehene Verfahren nicht eingehalten wurde (Niedenführ/Schulze WEG 6. Aufl. § 29 Rn. 9; a.A. Müller PiG 32, 13/35).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.



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