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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.11.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 19/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 254 |
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Teileigentümer in einer Wohnanlage, die von der Antragsgegnerin verwaltet wird. Der Antragsteller erwarb das Teileigentum im Jahr 1997 von seinen Eltern.
Die Räume wurden von den Eltern des Antragstellers vermietet. Der Mieter betreibt darin eine Bauchtanzschule. Die Antragsgegnerin veranlasste im Jahr 1992, dass der Betrieb der Belüftungsmaschine in der gesamten Wohnanlage aus Gründen der Energieeinsparung eingeschränkt wird. Der Mieter machte daraufhin geltend, dass der Frischluftaustausch in seinen Räumen unzureichend sei; er minderte den Mietzins in der Zeit von November 1992 bis Dezember 1997. Mit rechtskräftigem Urteil vom 3.2.1998 wurde seine Berechtigung dazu bestätigt.
Der Antragsteller hat beantragt, u.a. die Antragsgegnerin zu verpflichten, für die Zeit von November 1992 bis Dezember 1997 einen Mietausfallschaden in Höhe von 68858 DM nebst Zinsen zu zahlen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 26.1.2000 dem Antragsteller einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 16533 DM nebst zinsen für die Zeit von November 1992 bis März 1994 zugesprochen. Den Antrag im übrigen hat es abgewiesen. Das Landgericht hat am 3.1.2001 die sofortige Beschwerde des Antragstellers mit d er Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin zur Zahlung von weiteren 14850 DM nebst Zinsen für die Zeit von April 1994 bis Juni 1995 verpflichtet ist. Einen Schadensersatzanspruch des Antragstellers für die Zeit ab Juli 1995 hat es verneint. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers, mit der er den Restbetrag von 37475 DM für die Zeit von Juli 1995 bis Dezember 1997 geltend macht.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts im angefochtenen Umfang und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Ein eigener oder von den Rechtsvorgängern abgetretener Anspruch aus positiver Verletzung des Verwaltervertrages auf Ersatz des Mietausfallschadens für die Zeit ab Juli 1995 bestehe nicht. Die Antragsgegnerin habe zwar eigenmächtig die Betriebszeiten der Belüftungsanlage ab Juli 1992 eingeschränkt und sei deshalb grundsätzlich dafür verantwortlich, dass der Mieter zur Minderung berechtigt gewesen sei. Ab Juli 1995 hätten aber die Rechtsvorgänger des Antragstellers so erheblich gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, dass dieses Mitverschulden zu einem Ausschluss des Anspruchs führe. Im Schreiben vom 19.6.1995 an die Rechtsvorgänger des Antragstellers habe nämlich die Antragsgegnerin ausgeführt:
... dürfen wir Sie bitten, von Ihrem Mieter einmal schriftlich zu erfragen, welche Belüftungszeiten er sich vorstellt. Eventuell wäre hier ja durch eine geringfügige Änderung der Zeiten ein Kompromiss zu erzielen.
Dies würden wir jedoch schriftlich benötigen, da wir Herrn..., als einen schwierigen Menschen kennen gelernt haben und mündliche Äußerungen nicht zutreffend sind.
Die Eltern des Antragstellers hätten auf dieses Schreiben nicht reagiert. Hätten sie eine Antwort gegeben und die Lüftungszeiten mitgeteilt, hätte die Antragsgegnerin die Lüftungszeiten entsprechend dem Willen des Mieters angepasst. Dass sie dazu bereit gewesen wäre, ergebe sich aus dem Schreiben vom 19.6.1995. Den Eltern des Antragstellers und dem Antragsteller selbst wäre somit ab Juli 1995 ein Mietausfallschaden nicht mehr entstanden. Der Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht sei so erheblich, dass der Anspruch des Antragstellers für den genannten Zeitraum ausgeschlossen sei.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kann das Mitverschulden auch darin bestehen, dass der Geschädigte es unterlässt, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Das Landgericht hat einen auf positive Forderungsverletzung des Verwaltervertrages gestützten Schadensersatzanspruch für die Zeit von Juli 1995 bis Dezember 1997 verneint, weil die Rechtsvorgänger des Antragstellers gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen hätten. Dabei hat es sich im wesentlichen auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.6.1995 und die fehlende Erwiderung der Rechtsvorgänger des Antragstellers auf dieses Schreiben gestützt. Die Ermittlung und Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen ist Sache des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die vom Tatrichter getroffenen Feststellungen und seine Beweiswürdigung nur beschränkt, nämlich auf Rechtsfehler nachprüfen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 WEG, § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 ZPO). Der Senat kann demnach nur überprüfen, ob das Landgericht den Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG) und bei der Erörterung des Beweisstoffs alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (§ 25 FGG), ob seine Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ferner, ob die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt worden sind (BayObLG NJW-RR 1995, 653/654 m. w. N. und ständige Rechtsprechung). Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht frei von solchen Rechtsfehlern.
Das Landgericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Betriebszeit der Belüftungsanlage entsprechend dem Willen des Mieters geändert worden wäre, wenn die Eltern des Antragstellers auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.6.1995-geantwortet und die gewünschten Lüftungszeiten mitgeteilt hätten. Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern. Der Antragsgegnerin war schon vor dem 19.6.1995 bekannt, dass der Mieter den Betrieb der Belüftungsanlage während der gesamten Betriebszeit der Tanzschule verlangt. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsgegnerin auf diese Forderung des Mieters eingegangen wäre, wenn die Eltern des Antragstellers die Betriebszeiten der Tanzschule der Antragsgegnerin nochmals mitgeteilt hätten. Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin in dem Schreiben vom 19.6.1995 nur "eventuell eine geringfügige Änderung" der Belüftungszeiten in den Raum stellt, nicht aber die Bereitschaft erkennen lässt, auf die Wünsche des Mieters ganz einzugehen.
Es ist in der Rechtsprechung zwar anerkannt, dass der Geschädigte unter bestimmten Umständen gehalten sein kann, zur Schadensabwendung oder -minderung Rechtsbehelfe zu ergreifen (BGHZ 110, 323/330; Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. § 254 Rn. 42). Aus dem Rechtsgedanken des § 254 BGB ergibt sich aber keine Verpflichtung des Geschädigten, zur Schadensabwendung oder -minderung auf von der Gegenseite vorgeschlagene Vergleichsverhandlungen einzugehen. Um einen solchen Vorschlag handelt es sich aber bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.6.1995. Es wird darin ausdrücklich ausgeführt, dass "eventuell... durch eine geringfügige Änderung der Zeiten ein Kompromiss" zu erzielen sei.
3. Eine eigene Sachentscheidung durch den Senat scheidet schon deshalb aus, weil der Sachverhalt zur Höhe des Schadens weiter aufgeklärt werden muss. Aus den vom Landgericht dargelegten Gründen zum Mietausfallschaden für die Zeit von April 1994 bis Juni 1995 dürfte der Schadensersatzanspruch dem Grunde nach auch für die Zeit von Juli 1995 bis Dezember 1997 begründet sein. Unklar ist aber, wie sich der für diesen Zeitraum geltend gemachte Betrag von 37475 DM errechnet und ob er in dieser Höhe begründet ist. Nach den Feststellungen des Landgerichts liegt der für November 1992 bis Dezember 1997 geltend gemachten Forderung in Höhe von 68858 DM eine monatliche Mietminderung von 990 DM zugrunde. Von einer monatlichen Mietminderung in dieser Höhe geht das Landgericht auch für den Schadensersatzanspruch aus, den es für die Zeit von April 1994 bis Juni 1995 dem Antragsteller zubilligt. Die Berechnung ist aber nicht schlüssig. 62 x 990 ergibt 61380, nicht aber den geltend gemachten Betrag von 68858. Die erforderliche Klarheit über die Berechnung des Mietausfallschadens ergibt sich auch nicht aus der Anlage zum Schreiben der Mutter des Antragstellers vom 5.3.1997. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der geltend gemachte Mietausfallschaden bis Juni 1995 rechtskräftig verbeschieden ist, wird somit noch zu klären sein, wie der Antragsteller den noch offenen Betrag von 37475 DM errechnet und in welcher Höhe der noch offene Restbetrag gerechtfertigt ist. Dabei wird zu bedenken sein, dass nach dem Sachverständigengutachten im Mietprozess ab Juni 1995 eine geringere Minderungsquote berechtigt ist. Ferner wird das Landgericht zu prüfen haben, ob ein Vorteilsausgleich mit ersparten Kosten durch den eingeschränkten Betrieb der Belüftungsanlage vorzunehmen ist.
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Ende der Entscheidung
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