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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.06.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 20/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23
WEG § 21 Abs. 3
WEG § 21 Abs. 4
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2
1. Ein Eigentümerbeschluss, der eine Freiflächengestaltung zum Gegenstand hat, entspricht dann nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn durch die Umsetzung der geplanten Maßnahme einem Miteigentümer die Möglichkeit zur Ausübung seines Sondernutzungsrechts faktisch entzogen wird.

2. Der gegenseitige Anspruch der Wohnungseigentümer auf erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustands, zu dem auch die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten gehört, rechtfertigt einen Eingriff in ein Sondernutzungsrecht jedenfalls dann nicht, wenn den öffentlich-rechtlichen Vorgaben auch ohne einen derartigen Eingriff entsprochen werden kann.


Gründe:

I. Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Es handelt sich um einen sanierten Altbau, der aus Vorder-, Mittel- und Rückgebäude sowie einer Hoffläche besteht. Dem Antragsteller zu 1 gehört die in der Teilungserklärung als "Laden" bezeichnete Einheit Nr. 17. Darüber hinaus sind beide Antragsteller gemeinsam Eigentümer der ebenfalls als "Laden" bezeichneten Einheit Nr. 18.

In dem Nachtrag zur Teilungserklärung vom 14.3.1996 ist der Einheit Nr. 17 ein Sondernutzungsrecht an der im Plan gelb eingezeichneten Fläche von 2,00 m x 5,25 m zugeordnet, der Einheit Nr. 18 an der im Plan rot gekennzeichneten Fläche von 2,00 m x 4,00 m.

Am 18.12.2000 fasste die Eigentümerversammlung, bei der alle Eigentümer anwesend oder vertreten waren, unter TOP 6 mehrheitlich den Beschluss, den Freiflächengestaltungsplan vom 13.6.2000 auszuführen. In der Einladung vom 5.12.2000 ist unter Ziffer 6 der Punkt "Freiflächengestaltung" aufgeführt. Bereits am 8.3.2000 war in der Eigentümerversammlung über einen inhaltlich abweichenden Freiflächengestaltungsplan Beschluss gefasst worden. Der am 18.12.2000 beschlossene Freiflächengestaltungsplan sieht auf der als Sondernutzungsfläche der Einheit Nr. 17 ausgewiesenen Fläche einen feststehenden gemauerten Pflanztrog von 1,00 m x 5,25 m und auf anderen Gemeinschaftsflächen u.a. die Bepflanzung mit zahlreichen Bäumen und Sträuchern vor.

Die Antragsteller haben neben der Anfechtung anderer auf der Eigentümerversammlung vom 18.12.2000 gefasster Beschlüsse, die nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens waren, beantragt, den Beschluss zu TOP 6 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht München hat den Antrag am 12.8.2002 durch Teilbeschluss zurückgewiesen. Das Landgericht hat am 18.12.2003 auf sofortige Beschwerde der Antragsteller in Abänderung der Entscheidung des Erstgerichts den Eigentümerbeschluss insoweit für ungültig erklärt, als der beschlossene Freiflächengestaltungsplan einen Pflanztrog auf der Sondernutzungsfläche der Einheit Nr. 17 vorsieht. Im Übrigen wurde der Anfechtungsantrag zurückgewiesen.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde wollen die Antragsteller erreichen, dass der zu TOP 6 gefasste Beschluss insgesamt für ungültig erklärt wird. Die Antragsgegner haben Anschlussrechtsbeschwerde erhoben. Sie beantragen die Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und Zurückweisung des Beschlussanfechtungsantrags.

II. Die Rechtsmittel sind zulässig. Insbesondere konnten sich die Antragsgegner der sofortigen weiteren Beschwerde wirksam anschließen (Niedenführ/Schulze WEG 6. Aufl. § 45 Rn. 27; Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. Vorb. §§ 19-30 Rn. 4).

In der Sache haben die Rechtsbeschwerde und die Anschlussrechtsbeschwerde keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Beschlussfassung sei in der Ladung hinreichend angekündigt gewesen, da eine stichwortartige Bezeichnung des Beschlussgegenstands ausreichend sei. Zudem seien alle Eigentümer anwesend oder vertreten gewesen.

Der Beschluss sei als so genannter Zweitbeschluss zulässig, auch wenn im März 2000 bereits über den Gegenstand Beschluss gefasst worden sei. Er entspreche allerdings insoweit nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, als er einen feststehenden Pflanztrog auf der Sondernutzungsfläche der Einheit Nr. 17 vorsehe. Dadurch könne die in Anspruch genommene Fläche vom Sondernutzungsberechtigten überhaupt nicht genutzt werden. Dies bewege sich nicht mehr im Rahmen eines zulässigen Mitgebrauchs der übrigen Wohnungseigentümer. Der im Übrigen ordnungsgemäß ergangene Beschluss sei entsprechend teilweise für ungültig zu erklären.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Beschwerdekammer ist zunächst zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand der Beschlussfassung bei der Einberufung der Eigentümerversammlung ausreichend bezeichnet war (§ 23 Abs. 2 WEG). Die in der Einladung enthaltene stichwortartige Bezeichnung "Freiflächengestaltung" ist als hinreichend bestimmt anzusehen, um dem Informationsbedürfnis der einzelnen Wohnungseigentümer Rechnung zu tragen, zumal diese auf Grund früherer Beratung und Beschlussfassung bereits mit der betreffenden Angelegenheit vertraut waren (vgl. Niedenführ/Schulze § 23 Rn. 9; Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 23 Rn. 79 ff.). Auf die Frage, ob ein vorhandener Mangel in der Bezeichnung des Beschlussgegenstands in der Einladung dadurch geheilt worden wäre, dass alle Wohnungseigentümer bei der Eigentümerversammlung anwesend oder vertreten waren, kommt es nicht an (vgl. insoweit Merle in Bärmann/Pick/Merle § 23 Rn. 89).

Die Eigentümergemeinschaft war nicht gehindert, über die Freiflächengestaltung in Abänderung eines in einer früheren Versammlung gefassten Beschlusses erneut Beschluss zu fassen (sog. Zweitbeschluss, vgl. Merle in Bärmann/Pick/Merle § 23 Rn. 58 ff., 76; BGHZ 113, 197). Dass allein durch die Tatsache der erneuten Beschlussfassung schutzwürdige Belange der Antragsteller aus Inhalt und Wirkung des Erstbeschlusses berührt sein könnten, ist nicht ersichtlich.

b) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht auch festgestellt, dass der Eigentümerbeschluss vom 18.12.2000 insoweit nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, als der Freiflächengestaltungsplan einen festen Pflanztrog auf der Sondernutzungsfläche der Einheit Nr. 17 des Antragstellers zu 1 vorsieht.

(1) Das zu Gunsten des Antragstellers zu 1 als Sondereigentümer der Einheit Nr. 17 eingeräumte Sondernutzungsrecht an dem im Nachtrag zur Teilungserklärung vom 14.3.1996 näher bezeichneten Teil der Hoffläche stellt eine Gebrauchsregelung dar, die dem Inhaber das Recht zum Gebrauch des entsprechenden Grundstücksanteils unter Ausschluss aller übrigen Wohnungseigentümer gibt (vgl. BGHZ 73, 145; BayObLG ZMR 1996, 509). Zwar ist die Art der Nutzung nicht näher bestimmt. Nächstliegende Bedeutung des Inhalts des eingetragenen Rechts ist es aber, dass hiervon die auf einer Hoffläche üblichen Nutzungen umfasst sind. Eine Beschränkung des Sondernutzungsrechts auf bestimmte Nutzungsarten ist nicht erforderlich (BayObLG DNotZ 1999, 672).

Das hiernach bestehende Sondernutzungsrecht des Antragstellers zu 1 findet zwar seine Grenze am zulässigen Mitgebrauch der übrigen Wohnungseigentümer (BayObLG ZMR 1996, 509; OLG Stuttgart WuM 2001, 293; Palandt/Bassenge BGB 63. Aufl. WEG § 13 Rn. 14). Durch das Aufstellen eines feststehenden, gemauerten Pflanztrogs, der die Hälfte der Sondernutzungsfläche einnimmt, ist diese Grenze aber, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, überschritten. Hierdurch wird dem Antragsteller zu 1 eine sinnvolle Nutzung seines Rechts faktisch unmöglich gemacht. Es liegt nicht lediglich eine mit Stimmenmehrheit zu beschließende Gebrauchsregelung hinsichtlich des Sondernutzungsrechts vor (vgl. dazu BayObLG ZMR 1992, 202), sondern durch die Inanspruchnahme weiter Teile der Sondernutzungsfläche durch den im gemeinschaftlichen Interesse errichteten Pflanztrog bleibt dem Antragsteller zu 1 letztlich keine Möglichkeit, von dem ihm zustehenden Sondernutzungsrecht eigennützig Gebrauch zu machen.

Dass die vorgenommene Planung zwingenden Anforderungen des öffentlichen Rechts entsprochen hätte, ist nicht ersichtlich, zumal die Baubehörde zuvor bereits einen abweichenden Plan genehmigt hatte, der die Fläche frei ließ. Der gegenseitige Anspruch der Wohnungseigentümer auf erstmalige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands (§ 21 Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG), zu dem u.a. auch die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen gehört (BayObLG WuM 2002, 508), rechtfertigt jedenfalls dann keinen Eingriff in bestehende Sondernutzungsrechte, wenn den öffentlich-rechtlichen Vorgaben auch ohne eine derartige Maßnahme Rechnung getragen werden kann.

(2) Allerdings ist ein Beschluss, der als Mehrheitsbeschluss das Sondernutzungsrecht eines Wohnungseigentümers beschränkt, mangels Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft nicht nur anfechtbar, sondern nichtig (BGHZ 145, 158; OLG Köln NZM 2002, 612). Ein derartiger Fall der Nichtigkeit ist vorliegend aber deswegen nicht anzunehmen, weil der Eingriff in das Sondernutzungsrecht des Antragstellers zu 1 hier lediglich mittelbare Folge der Beschlussfassung ist, die sich im Übrigen im Rahmen der Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung nach § 21 Abs. 3, 4, 5 Nr. 2 WEG hielt.

(3) Bei teilweiser Unwirksamkeit eines Eigentümerbeschlusses findet § 139 BGB entsprechende Anwendung. Ein Mehrheitsbeschluss kann deshalb nur dann nur teilweise für ungültig erklärt werden, wenn der gültige Teil sinnvollerweise Bestand haben kann und anzunehmen ist, dass die Wohnungseigentümer ihn so beschlossen hätten (Niedenführ/Schulze § 43 Rn. 48 f.; Merle in Bärmann/Pick/Merle § 23 Rn. 204; BayObLG WuM 1995, 62). Gegenstand der Beschlussfassung war vorliegend der Freiflächengestaltungsplan als ganzer. Die Herauslösung einzelner Teile aus dem als Gesamtkonzept für die Gestaltung der Hoffläche anzusehenden Plan ist ohne weiteres möglich. Es ist nämlich nicht anzunehmen, dass die Eigentümerversammlung den Plan ohne den auf der Sondernutzungsfläche des Antragstellers zu 1 befindlichen festen Pflanztrog nicht beschlossen hätte.

(4) Ob im Freiflächengestaltungsplan der Umfang der Doppelgarage zu groß eingezeichnet ist, kann dahingestellt bleiben. Denn insoweit hat dieser Plan keine rechtserhebliche Bedeutung. Der Umfang von Sondernutzungsrechten wird allein durch die Teilungserklärung und die dazugehörigen Pläne bestimmt. Es ist offensichtlich, dass durch den Freiflächengestaltungsplan Sondernutzungsrechte nicht geändert werden sollen.

3. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen gerichtlichen Kosten waren hälftig aufzuteilen (§ 47 Satz 1 WEG). Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wurde im Hinblick auf die unterschiedlichen Entscheidungen der Instanzgerichte abgesehen (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Der Senat schätzt das Interesse der Beteiligten auf 10.000 EURO. Die Kosten der Durchführung der Gesamtmaßnahme sind nicht entscheidend, weil die Notwendigkeit der Freiflächengestaltung als solche außer Streit steht.



Ende der Entscheidung

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