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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 15.12.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 206/04
Rechtsgebiete: GBO, ZPO


Vorschriften:

GBO § 22
GBO § 53
ZPO § 829
Eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften durch das Grundbuchamt ist nicht gegeben, wenn das Grundbuchamt bei der Eintragung einer Pfändung keine Ermittlungen anstellt, ob die an die Drittschuldner zugestellten Beschlussabschriften mit der vorgelegten Ausfertigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses übereinstimmen.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Obersten Landesgericht Dr. Reichold sowie des Richters am Obersten Landesgericht Lorbacher und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Wiringer-Seiler am 15. Dezember 2004 in der Grundbuchsache

Eintragung eines Widerspruchs gegen eine Pfändung

beschlossen:

Tenor:

Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 14. September 2004 werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1 ist als Miteigentümer zu 1/2 eines Grundstücks eingetragen. Hinsichtlich der zweiten Hälfte besteht eine Erbengemeinschaft der Beteiligten zu 1, 2 und 4. Für den Erbanteil des Beteiligten zu 4 besteht ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts L. vom 1.7.2002. Beglaubigte Abschriften des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wurden den Beteiligten zu 1 und 2 als Drittschuldnern jeweils am 11.7.02, dem Beteiligten zu 4 am 22.7.02 zugestellt.

Auf Antrag der Beteiligten zu 3 (= Gläubigerin) wurde am 10.10.2002 die Pfändung des Miterbenanteils des Beteiligten zu 4 in das Grundbuch eingetragen. Dem Grundbuchamt lagen mit dem Antrag auf Eintragung die Zustellungsurkunden und eine "Ausfertigung" des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vor, die mit dem handschriftlich eingetragenen Datum des 4. Juli 2002 den Stempel:

L.

gez. (Name)

Rechtspfleger

sowie den Stempel:

Für den Gleichlaut der Ausfertigung

mit der Urschrift:

L., den 5. Juli 2002

Amtsgericht L.

(Name)

mit Unterschrift, sowie einen Amtsstempel aufwies.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beantragt, gegen die Eintragung der Erbteilspfändung einen Amtswiderspruch einzutragen. Das Grundbuchamt hat die Eintragung eines Amtswiderspruchs am 11.12.2002 abgelehnt. Dem Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 und 2 vom 6.8.2004 hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen. Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 14.9.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2.

II.

Die nach den §§ 71 Abs. 2, 78, 80 Abs. 1 GBO zulässige weitere Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Beschwerde sei mit dem Ziel, einen Amtswiderspruch im Grundbuch einzutragen, zulässig, jedoch nicht begründet. Das Grundbuchamt habe die Pfändung des Erbteils am 10.10.2002 zu Recht eingetragen, da ein schriftlicher Antrag der Gläubigerin nach § 13 Abs. 1 GBO vorgelegen habe, und dem Grundbuchamt durch Vorlage des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und der Zustellungsurkunden nach § 22 GBO nachgewiesen worden sei, dass das Grundbuch durch die Entstehung eines eintragungsfähigen Rechts außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden sei. Eine Gesetzesverletzung bei der Eintragung sei nicht ersichtlich, so dass die Voraussetzungen für die Eintragung eines Widerspruchs nicht vorlägen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zutreffend hat das Landgericht die Zulässigkeit der Erstbeschwerde gegen die Eintragung der Pfändung mit dem Ziel bejaht, das Grundbuchamt anzuweisen, nach § 53 GBO einen Widerspruch einzutragen.

b) Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO ist von Amts wegen ein Widerspruch in das Grundbuch einzutragen, wenn das Grundbuch durch eine Eintragung unrichtig geworden ist, das Grundbuchamt die unrichtige Grundbucheintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat, sich an die Eintragung gutgläubiger Erwerb anschließen kann, die Gesetzesverletzung feststeht und die Unrichtigkeit des Grundbuchs mindestens glaubhaft ist (Schöner/Stöber Grundbuchrecht 13. Aufl. Rn. 394).

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig geworden ist, da die Eintragung jedenfalls ohne Verletzung materieller oder formeller Bestimmungen vorgenommen worden ist. Zwar kann eine Gesetzesverletzung im Sinne von § 53 GBO auch darin zu sehen sein, dass das Grundbuchamt seiner Ermittlungspflicht nicht nachgekommen ist. An einer objektiven Gesetzesverletzung fehlt es aber, wenn das Grundbuchamt bei der Eintragung Ermittlungen unterlassen hat, zu denen damals nach Lage der Sache kein Anlass bestand (Schöner/Stöber Rn. 401). Die Grundbucheintragung eines durch Pfändung erworbenen Pfandrechts ins Grundbuch eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks ist grundsätzlich als Grundbuchberichtigung zulässig, auch wenn dem Pfandrecht nur der Anteil am ungeteilten Nachlass, nicht aber der einzelne Nachlassgegenstand unterliegt (Palandt/Edenhofer BGB 63. Aufl. § 2033 Rn. 18). Da es sich hier um eine Eintragung nach § 22 GBO und damit um eine Ausnahme von dem die Grundbuchordnung beherrschenden Bewilligungsgrundsatz handelt, sind an den Nachweis der Tatsachen, die nach der Rechtsüberzeugung des Grundbuchamts die Grundbuchunrichtigkeit ergeben, strenge Anforderungen zu stellen (BayObLGZ 1986, 317/320; BayObLG NJW-RR 1990, 722). Ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit für die behauptete Unrichtigkeit genügt nicht, vielmehr ist deren Nachweis in der Form des § 29 Abs. 1 GBO zu führen (BayObLG aaO).

Dem Grundbuchamt lag bei Eintragung der Pfändung die Ausfertigung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vor, die das ausstellende Gericht erkennen ließ, den Namen des Rechtspflegers wiedergab, der die Entscheidung erlassen hat, und der einen unterschriebenen Beglaubigungsvermerk mit Gerichtsstempel enthielt. Weiter waren dem Grundbuchamt die Zustellungsurkunden an die Beteiligten zu 1, 2 und 4 vorgelegt worden. Aus diesen Urkunden war für das Grundbuchamt, auch bei gehöriger Prüfung, nicht zu erkennen, dass das einzutragende Recht möglicherweise wegen unwirksamer Zustellung an die Drittschuldner nicht entstanden ist. Die Eintragung ist somit ohne Gesetzesverletzung vorgenommen worden. Damit aber fehlt es an einer der Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs.

3. Den Beteiligten zu 1 und 2 ist es damit grundsätzlich selbst überlassen, die Eintragung eines sie schützenden Widerspruchs nach § 899 BGB herbeizuführen, sofern das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig geworden sein sollte. Dies ist der Fall, wenn die Pfändung mangels ordnungsgemäßer Zustellung an alle gesamthänderischen Drittschuldner nach § 829 Abs. 3 ZPO unwirksam ist. Darüber ist nicht im Grundbuchverfahren zu entscheiden.



Ende der Entscheidung

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