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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.12.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 208/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 5 Nr. 4
Es kann ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, wenn für die Kosten des Anschlusses an die gemeindliche Wasserversorgung Sonderumlagen beschlossen werden, obwohl ausreichende Mittel in der Instandhaltungsrückstellung vorhanden sind. Die Tatsacheninstanzen haben hierzu tatsächliche Feststellungen zu treffen.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. In der Eigentümerversammlung vom 19.10.2002 wurde beschlossen, zur Deckung der Kosten des Anschlusses an die gemeindliche Wasserversorgung zwei Sonderumlagen zu erheben.

Die Antragstellerin hat beantragt, diesen Beschluss für ungültig zu erklären. Sie ist der Auffassung, dass die Kosten aus der Instandhaltungsrückstellung zu entnehmen seien. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 11.6.2003 abgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 24.9.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Es widerspreche der Zweckbestimmung der Instandhaltungsrückstellung nicht, diese auch dann unangetastet zu lassen, wenn eine Maßnahme anstehe, die der Instandhaltung oder Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums diene. Es widerspreche deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung nicht, wenn die Kosten des Anschlusses an die gemeindliche Wasserversorgung nicht der Rücklage entnommen würden. Die Antragstellerin könne auch nicht mit Recht darauf verweisen, dass bei der Finanzierung des vorhandenen Brunnens auf die Instandhaltungsrücklage zurückgegriffen worden sei.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die Entscheidung des Landgerichts leidet bereits darunter, dass die Wohnungseigentümer nicht ausreichend bezeichnet sind. Das Landgericht hat die Antragsgegner weder namentlich genannt noch dem Beschluss eine Eigentümerliste beigefügt.

b) Das Landgericht hat ferner gegen § 43 Abs. 4 Nr. 2, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG verstoßen, da es die Verwalterin nicht beteiligt, sondern lediglich als Vertreterin der Wohnungseigentümer behandelt hat. Auch das nötigt im vorliegenden Falle zu einer Aufhebung und Zurückverweisung. Zwar kann das Rechtsbeschwerdegericht eine Beteiligung am Verfahren nachholen, wenn diese lediglich der Gewährung rechtlichen Gehörs dient (BGH ZMR 1998, 171). Eine Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 546, 547 ZPO ist jedoch veranlasst, wenn die unterbliebene Verfahrensbeteiligung Einfluss auf die Sachaufklärung gehabt haben kann (vgl. OLG Hamburg ZMR 2003, 868/869). Das ist hier, wie nachstehend auszuführen ist, der Fall. Es ist nahe liegend, dass die Verwalterin über den Bestand der Rückstellung und zu erwartende Instandhaltungsmaßnahmen hätte Auskunft geben können.

c) Das Landgericht hat auch gegen § 12 FGG verstoßen, da es den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt hat.

Die Wohnungseigentümer haben zwar grundsätzlich ein Ermessen, ob sie eine Maßnahme aus der Instandhaltungsrückstellung oder durch eine Umlage finanzieren. Hat die Instandhaltungsrückstellung jedoch bereits eine angemessene Höhe erreicht, kann es ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, die anstehende Maßnahme nicht aus diesen Mitteln, sondern durch eine Umlage zu finanzieren (OLG Hamm OLGZ 1971, 96; Bärmann/Pick WEG 15. Aufl. § 21 Rn. 49; Staudinger/Bub WEG 12. Aufl. § 24 Rn. 208). Hier ist der Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer durch § 7 der Gemeinschaftsordnung eingeschränkt, der eine ausdrückliche Regelung über die Finanzierung enthält.

Das Landgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob die Instandhaltungsrückstellung einen Betrag erreicht hat, der bei vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise ausreicht, um den Anschluss an die Wasserversorgung und eventuell anstehende weitere Instandhaltungsmaßnahmen zu decken. Die Beteiligten haben diese Frage in den Tatsacheninstanzen angesprochen, hierzu aber nur unsubstantiiert vorgetragen. Die Antragstellerin hat in ihrer Beschwerdebegründung ausgeführt, dass von der Gegenseite nicht vorgetragen sei, dass die vorhandene Rücklage nicht für den Anschluss ausreiche. Die Antragsgegner haben in ihrer Beschwerdeerwiderung lediglich ausgeführt, dass der Wasseranschluss über die laufenden Kosten oder über die Rücklagen finanziert werden könne. Das Landgericht hätte deshalb Veranlassung gehabt, auf eine weitere Substantiierung des Sachvortrags der Beteiligten hinzuwirken und tatsächliche Feststellungen darüber zu treffen, ob die Instandhaltungsrückstellung eine Höhe erreicht hat, die unter Berücksichtigung eventuell anstehender sonstiger Instandhaltungsmaßnahmen für die Kosten des Wasseranschlusses ausreicht.

Die übrigen von den Parteien vorgetragenen Umstände sind demgegenüber unerheblich. Insbesondere ist es für die Frage der Finanzierung durch Umlage oder Entnahme aus der Instandhaltungsrückstellung nicht von Bedeutung, was bezüglich einer Stundung der Gemeinde ausgehandelt wurde. Unbehelflich ist auch der Hinweis der Antragstellerin darauf, dass der Bau des eigenen Brunnens damals aus der Instandhaltungsrückstellung finanziert wurde, da nicht die damaligen Verhältnisse, sondern die heutigen Verhältnisse maßgeblich sind.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens war dem Landgericht vorzubehalten. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.



Ende der Entscheidung

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