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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.08.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 21/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 14 Nr. 1
WEG § 22 Abs. 1
WEG § 23 Abs. 1
WEG § 23 Abs. 4
WEG § 25
WEG § 27 Abs. 2 Nr. 5
In der Wohnungseigentümerversammlung ist die Stimmenmehrheit nur nach der Zahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen zu berechnen. Stimmenthaltungen werden nicht mitgezählt.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Dr. Delius und Lorbacher

am 10. August 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen,

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des Landgerichts München II vom 29. Dezember 2000 aufgehoben.

II. Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 27. November 1998 (UR 11 0266/97) und des Antragstellers zu 2 gegen den Beschluss vom 30. Januar 1998 (UR II-0270/97) werden zurückgewiesen.

III. Die sofortige weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird verworfen.

IV. Die Anschlussrechtsbeschwerde der Antragsteller zu 1 wird zurückgewiesen.

V. Die Antragsteller zu 1 haben samtverbindlich die im Verfahren UR II 0266/97 AG Garmisch-Partenkirchen entstandenen Gerichtskosten zu tragen und den Antragsgegnern sowie der weiteren Beteiligten zu 1 2/3 der dort angefallenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Antragsteller zu 2 hat die im Verfahren UR II 0270/97 AG Garmisch-Partenkirchen entstandenen Gerichtskosten zu tragen.

Die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben zu 10/11 samtverbindlich die Antragsteller zu 1 und 2, im übrigen samtverbindlich die Antragsteller zu 1 zu tragen. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Antragsteller, die Antragsgegner sowie die weiteren Beteiligten im übrigen selbst. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen werden entsprechend abgeändert.

VI. Der Geschäftswert wird festgesetzt

- für den ersten Rechtszug im Verfahren UR II 0266/97 AG Garmisch-Partenkirchen auf 27500 DM und im Verfahren UR II 0270/97 AG Garmisch-Partenkirchen auf 10000 DM,

- für den zweiten Rechtszug bis 4. Mai 1999 auf 27500 DM und danach sowie für die Rechtsbeschwerde auf 11000 DM.

VII. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 1 gegen die Geschäftswertfestsetzung durch das Landgericht wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Antragsteller zu 1 und 2 sowie die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus drei Gebäuden und einer Tiefgarage besteht. Den Antragstellern zu 1 gehört eine Dachgeschosswohnung. Als Verwalterin der Wohnanlage war die weitere Beteiligte zu 1 tätig. Die weitere Beteiligte zu 2 wurde am 24.11.2000 mit Wirkung ab 1.1.2001 als neue Verwalterin der Anlage bestellt.

Nach § 2 der Gemeinschaftsordnung (GO) richtet sich das Stimmrecht nach der Größe der Miteigentumsanteile.

Der Antragsteller zu 2 ist seit Ende Januar 1997 als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen. Im April 1997 leitete er ein Verfahren vor dem Wohnungseigentumsgericht gegen die übrigen Wohnungseigentümer und die frühere Verwalterin ein. In der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 29.10.1997, deren Protokoll als anwesend bzw. durch Vollmacht vertreten 890,170/1000 Miteigentumsanteile ausweist, wurde unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3 folgender Beschluss gefasst:

Der Verwalter wird beauftragt und bevollmächtigt, die Miteigentümer umfassend gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Diese Bevollmächtigung bezieht sich insbesondere auf das Gerichtsverfahren, das vom Miteigentümer ... gegen die übrigen Miteigentümer vor dem AG... unter dem Aktenzeichen... eingeleitet worden ist. Diese Vollmacht umfasst die Befugnis des Verwalters, eine Rechtsanwaltskanzlei mit der anwaltlichen Wahrnehmung der Interessen der WEG zu beauftragen und Prozessvollmacht zu erteilen.

Zum Abstimmungsergebnis wurden 460,770/1000 Ja-Stimmen, 190,180/1000 Enthaltungen und 239,220/1000 Nein-Stimmen sowie als Endabstimmungsergebnis "mehrheitlich angenommen" festgehalten.

Unter TOP 5 der gleichen Versammlung sollte auf Antrag der Antragsteller zu 1 "über die Beseitigung behaupteter/eigenmächtiger und beeinträchtigender, teilweise mit Gefahren verbundener Veränderungen auf gemeinschaftlichem Eigentum im Bereich der Wohnungen S., W., O. und L." abgestimmt werden. Die Niederschrift weist dazu aus:

Antrag:

Die Wohnungseigentümer sind damit einverstanden, dass die von den Miteigentümern L., O., W. und S. verlegten Trittplatten vor ihrer plattierten Terrasse dort verbleiben können.

Als Abstimmungsergebnis ist die mehrheitliche Annahme bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung vermerkt.

Die Antragsteller zu 1 haben zu Wohnungseigentümerversammlungen vom 16. und 26.6.2000 Protokoll und Erklärungen vorgelegt, nach denen dort unter TOP 3 und TOP 7 der Beschluss vom 29.10.1997 über die Bevollmächtigung des Verwalters ersatzlos aufgehoben worden sei. Schließlich hat die weitere Beteiligte zu 2 den anwaltlichen Vertretern der Antragsgegner unter dem 19.1.2001 auf Anfrage mitgeteilt, dass ihr die Unterlagen von der früheren Hausverwaltung vorenthalten würden und ihr deshalb eine Beurteilung des gesamten Sachverhalts nicht möglich sei, um sodann fortzufahren:

Wir haben jedoch zwischenzeitlich Rücksprache mit den Verwaltungsbeiräten Herrn Lä. und Herrn Le. gehalten und beide Verwaltungsbeiräte sind der Ansicht, dass eine Beschwerde gegen die beiden Beschlüsse nicht sinnvoll ist. Weitere Maßnahmen sollen in dieser Angelegenheit nicht durchgeführt werden.

Den Antrag des Antragstellers zu 2, den Eigentümerbeschluss zu TOP 3 für ungültig zu erklären, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 30.1.1998, den Antrag der Antragsteller zu 1, neben anderen die Beschlüsse zu TOP 3 und 5 für ungültig zu erklären, mit Beschluss vom 27.11.1998 abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 1 und 2 hat das Landgericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Beschluss vom 29.12.2000 die Beschlüsse des Amtsgerichts dahin abgeändert, dass es den Beschluss der Eigentümerversammlung zu TOP 3 für ungültig erklärt hat. Zugleich eingelegten Geschäftswertbeschwerden des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 1 hat das Landgericht teilweise entsprochen, indem es die amtsgerichtlichen Festsetzungen von 11000 DM auf 42500 DM und von 10000 DM auf 25000 DM abänderte. Gegen den landgerichtlichen Beschluss richten sich sofortige weitere Beschwerden der Antragsgegner sowie - vom Geschäftsführer eigenhändig eingelegt - der weiteren Beteiligten zu 1 mit dem Ziel, die Beschlüsse des Amtsgerichts zu TOP 3 wiederherzustellen. Die Antragsteller zweifeln die wirksame Vollmacht der anwaltlichen Vertreter der übrigen Wohnungseigentümer an. Mit ihrer Anschlussrechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller zu 1 ihren Antrag, auch den Beschluss zu TOP 5 der Eigentümerversammlung für ungültig zu erklären, weiter. Deren Verfahrensbevollmächtigter begehrt überdies mit seiner aus eigenem Recht eingelegten Beschwerde eine höhere Festsetzung des vom Landgericht bestimmten Geschäftswerts.

II.

1. Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner sind zu deren Vertretung berechtigt. Dies folgt aus dem jedenfalls nicht nichtigen Eigentümerbeschluss vom 29.10.1997. Die erteilte Vollmacht erfasst ihrem objektiven Inhalt nach sowohl das von den Antragstellern zu 1 am 20.11. wie das vom Antragsteller zu 2 am 28.11.1997 eingeleitete Beschlussanfechtungsverfahren. Nach § 21 Abs. 4 Satz 1 WEG bedingt nicht die Anfechtung die Unwirksamkeit, sondern rückwirkend erst die rechtskräftige gerichtliche Ungültigerklärung (BGHZ 106, 113). Der Beschluss ist für den Verwalter bindend und kann vollzogen werden.

Die Wohnungseigentümer sind freilich nicht gehindert, einen solchen Beschluss, auch rückwirkend, wieder aufzuheben oder, bezogen auf das gegenständliche Verfahren, das Mandat zu widerrufen. Solches fand jedoch nicht statt. Der Eigentümerbeschluss vom 16.6.20.00 zu TOP 3 erfaßt schon seinem objektiven Inhalt nach nur die Vertretungsmacht der früheren Verwalterin und berührt die an Rechtsanwälte zuvor bereits erteilten Mandate nicht; er wirkt also nur für die Zukunft. Ob in der erneuten Eigentümerversammlung vom 26.6.2000 ein Beschluss gefasst oder nur auf den Beschluss in der Versammlung vom 16.6.2000 verwiesen wurde, ist strittig, bedarf aber keiner abschließenden Klärung. Denn ein etwaiger Beschluss zu TOP 7 jener Versammlung geht nicht weiter als derjenige zu TOP 3 in der Versammlung vom 16.6.2000. Ob die weitere Beteiligte zu 2 als neue Verwalterin befugt wäre, ohne Beschluss der Wohnungseigentümer das Mandatsverhältnis zu kündigen, mag auf sich beruhen. Denn eine solche Kündigung wurde nicht ausgesprochen und ist auch nicht Inhalt ihres Schreibens vom 19.1.2001. Dieses enthielt lediglich die unverbindliche Wiedergabe der Meinung zweier Beiratsmitglieder. Demnach geht der Senat von einer fortbestehenden Vollmacht durch die übrigen Wohnungseigentümer, ausgenommen die Antragsteller, aus. Auf die Frage, ob Mandatsverhältnisse aufgrund ausdrücklicher Erklärung einzelner Wohnungseigentümer bestehen, kommt es nicht mehr an.

2. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist auch im übrigen ebenso wie die Anschlussrechtsbeschwerde der Antragsteller zu 1 (dazu BGHZ 71, 314; BayObLGZ 1973, 1/3 ff.) zulässig. Als unzulässig erweist sich jedoch die sofortige weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1, weil sie weder die Form (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG) noch die Frist (§ 22 Abs. 1, § 29 Abs. 2 FGG, § 45 Abs. 1 WEG) wahrt. Ihr zugestellt wurde die angegriffene Entscheidung am 8.1.2001, bei Gericht eingegangen ist die Beschwerdeschrift erst am 26.1.2001. Eine unselbständige Anschließung scheitert überdies nicht nur an der Form (Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 22 Rn. 7c), sondern auch daran, dass sie sich nicht gegen die Beschwerdeführer richtet (Keidel/Kahl aaO Rn. 7a), sondern diese in der Sache unterstützt. Da die mit gleicher Zielrichtung eingelegte Rechtsbeschwerde der Antragsgegner erfolgreich ist, wirkt sich die Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 im Ergebnis nicht aus.

3. Die sofortige weitere Beschwerde ist erfolgreich, die Anschlussrechtsbeschwerde bleibt dagegen ohne Erfolg.

a) Das Landgericht hat ausgeführt:

Zu TOP 3 sei kein Mehrheitsbeschluss gefasst worden. Formell seien in der Versammlung 890,170/1000 Miteigentumsanteile anwesend, jedoch die an den Positionen 3, 4, 7, 10 und 17 der Anwesenheitsliste genannten Eigentümer nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Die auf diese entfallenden Miteigentumsanteile müssten also abgezogen werden, so dass 645,280/1000 Miteigentumsanteile erschienen und vertreten gewesen seien. Das Abstimmungsergebnis weise einen Anteil von 248,830/1000 Ja-Stimmen auf. Dies sei weniger als die Hälfte der anwesenden und vertretenen Miteigentumsanteile, auch wenn der Anteil des von der Beschlussfassung unmittelbar selbst betroffenen Antragstellers zu 2 abgezogen werde. Der Antrag sei deshalb nicht mit Stimmenmehrheit angenommen worden. Anders verhalte sich dies zu TOP 5. Denn eine Stimmenmehrheit, die bei mehr als 322,640/1000 Anteilen vorliege, sei in jedem Fall erreicht. Die Trittplatten seien in Gemeinschaftseigentum verlegt. Es handle sich dabei um im Schrittabstand über 5 bis 6 m Gesamtlänge in den Rasen eingelegte Steine, wodurch sich einige Eigentümer der Erdgeschosswohnungen über die Grasfläche hinweg direkten Zugang von ihren Terrassen zum befestigten Weg geschaffen hätten. Von einer "großflächigen Bepflasterung" könne keine Rede sein. Die Steine seien weder optisch noch anderweitig störend. Sie verhinderten unschöne Pfade in der Rasenfläche. Die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bewege sich im Rahmen des § 15 Abs. 2 WEG.

b) Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Beschluss vom 29.10.1997 gültig zustande gekommen und im übrigen inhaltlich nicht zu beanstanden.

(1) Die Versammlung war Beschlussfähig (§ 25 Abs. 3 WEG). Dies gilt selbst dann, wenn man neben den nicht erschienenen oder vertretenen Wohnungseigentümern Ha., Li. und Prof. Dr. Ra. auch die Wohnungseigentümer Bü., E., Hu., Le. und Sa. als nicht ordnungsgemäß vertreten behandelt. Erschienen und vertreten waren dann 645,280/1000 Miteigentumsanteile, also mehr als die Hälfte.

(2) Legt man das Versammlungsprotokoll zugrunde, aus dem sich das Abstimmungsverhalten der einzelnen Wohnungseigentümer ebenso wie die Stimmenthaltungen ergeben, so beträgt unter Beachtung von § 2 GO der Anteil der Ja-Stimmen 248,830/1000 und der der Nein-Stimmen ohne Berücksichtigung des Antragstellers zu 2 (§ 25 Abs. 5 WEG) 189,200/1000. Damit ist der der Gemeinschaft obliegende Beschluss zur Geltendmachung von Ansprüchen (§ 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG) durch Stimmenmehrheit der Wohnungseigentümer getroffen (§ 25 Abs. 1 WEG). Einer qualifizierten Mehrheit bedarf es dazu nicht (BayObLGZ 1980, 154/157; Bärmann/Merle WEG 8. Aufl. § 27 Rn. 135; Weitnauer/ Hauger WEG 8. Aufl. § 27 Rn. 21; Müller Praktische Fragen des Wohnungseigentums 3. Aufl. Rn. 502). Ein derartiges Erfordernis wird auch nicht im Beschluss des Senats vom 18.3.1997 (WuM 1997, 396) aufgestellt.

(3) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Mehrheit bei der Beschlussfassung in der Wohnungseigentümerversammlung nur nach der Zahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen zu berechnen, Enthaltungen sind nicht mitzuzählen (BGHZ 106, 179/183 ff.; Palandt/Bassenge BGB 60. Aüfl. § 25 WEG Rn. 11; Weitnauer/Lüke § 25 Rn. 4; Müller Rn. 401). Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass, wer sich der Stimme hält, weder ein zustimmendes noch ein ablehnendes Votum, sondern seine Unentschiedenheit bekundet. Er will auf eine Beschlussfassung nicht anders einwirken, als wenn er der Versammlung ferngeblieben oder sich vor der Abstimmung entfernt hätte. Würde seine Stimmenthaltung bei der Mehrheitsberechnung mitgezählt, so würde der durch das Abstimmungsverhalten zum Ausdruck gebrachte Wille verfälscht, weil nicht mehr das Abstimmungsergebnis derjenigen, die sich zustimmend oder ablehnend zu einem Antrag geäußert haben, maßgebend wäre. Zudem erleichtert es zustimmende Beschlüsse, wenn Stimmenthaltungen bei der Berechnung der Mehrheit nicht mitzählen. Der Senat folgt dieser überzeugenden Ansicht.

Im übrigen hat das Landgericht übersehen, dass bei Ehegatten die Vermutung gegenseitiger Vertretungsbefugnis gilt (OLG Frankfurt DWE 1997, 80).

(4) Auch inhaltlich ist der Beschluss nicht zu beanstanden. Die Befugnis der Wohnungseigentümerversammlung folgt aus § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG. Die Bestimmung gilt in entsprechender Anwendung auch für die Verfahrensvertretung im Beschlussanfechtungsverfahren (BGH WUM 1997, 396; BayObLGZ 1988, 287/289; Bärmann/Merle § 27 Rn. 155 f.; Müller Rn. 501), ohne dass dadurch das Recht des einzelnen Wohnungseigentümers, in einem bestimmten gerichtlichen Verfahren selbst aufzutreten und einen eigenen Verfahrensbevollmächtigten zu bestellen, eingeschränkt wird. Wie der Senat zuletzt in seinem Beschluss vom 18.3.1997 (WUM 1997, 396) ausgesprochen hat, fallen die durch die gemeinschaftliche Beauftragung entstehenden Kosten letzten Endes nur den Wohnungseigentümern zur Last, denen sie durch gerichtliche Entscheidung auferlegt sind (vgl. auch BayObLG NJW-RR 1992, 1431/1432). Der Senat hält es im Interesse einer funktionierenden Eigentümergemeinschaft für hinnehmbar, dass der Verwalter Kostenvorschüsse zu Lasten des gemeinschaftlichen Vermögens als vorläufige Maßnahme entnimmt.

Der Beschluss entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 3 WEG (dazu Bärmann/Merle § 27 Rn. 135; Weitnauer/Hauger § 27 Rn, 21). Denn er dient dazu, die Interessen der Wohnungseigentümer, die sich nicht aktiv an rechtlichen Auseinandersetzungen mit Miteigentümern oder Dritten beteiligen wollen, wahrzunehmen und zu koordinieren. Ein solcher kann, braucht aber nicht auf einen bestimmten Rechtsfall bezogen zu sein. Eine generelle Ermächtigung kann sich als zweckmäßig erweisen und die Vertretung der Wohnungseigentümer vor Gericht erleichtern. So vorzugehen bot sich gerade hier an, weil seinerzeit ein umfangreiches wohnungseigentumsrechtliches Verfahren des Antragstellers zu 2 gegen die Wohnungseigentümer anhängig war. Überdies war die Gemeinschaft in eine Vielzahl weiterer gerichtlicher Auseinandersetzungen mit den Antragstellern zu 1 verwickelt; der objektive Beschlussinhalt erstreckt sich auch auf diese Verfahren. Ohne einen generellen Ermächtigungsbeschluss bliebe dem Verwalter nur die Befugnis zu Notmaßnahmen nach § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG oder aber die Notwendigkeit, in jedem Einzelfall die Zustimmung der Wohnungseigentümer im Verfahren nach 5 23 WEG einholen zu müssen (BayObLGZ 1989, 287/289; Bärmann/Merle § 27 Rn. 138), was die Gefahr von Rechtsnachteilen in sich birgt und im allgemeinen nicht sachgerecht ist.

Dieser Rechtsprechung wird entgegengehalten, sie berücksichtige nicht hinreichend die Neutralitätspflicht des Verwalters (Jennißen NJW 1998, 2253/2254). Tatsächlich mag es zu Konflikten kommen, wenn der Verwalter im Vollzug des Ermächtigungsbeschlusses einseitig und sich unmittelbar in das gerichtliche Verfahren einschaltend die Interessen einer Eigentümergruppe wahrnähme. Aber auch ein solches Verhalten hätte nicht die Ungültigkeit des Ermächtigungsbeschlusses zur Folge, sondern könnte allenfalls Anlass zur Prüfung sein, ob wegen zerstörten Vertrauensverhältnisses der Wohnungseigentümer zum Verwalter ein wichtiger Grund zu dessen Abberufung gegeben ist (BayObLG NJW-RR 2000, 676; Bärmann/Merle § 26 Rn. 152 f.). Dafür kommt auch eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses zu einzelnen Wohnungseigentümern oder einer Gruppe von ihnen in Betracht (vgl. BayObLGZ 1998, 310/312 f.; Staudinger/Bub WEG § 26 Rn. 392).

c) Der landgerichtliche Beschluss hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand, soweit er in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht den Beschluss zu TOP 5 bestätigt hat.

(1) Die Verlegung von Trittplatten in der gemeinschaftlichen Rasenfläche zwischen den ebenerdigen Terrassen und dem befestigten Weg stellt eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG dar. Denn es handelt sich um eine auf Dauer angelegte Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, die weder der erstmaligen Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustandes dient (z.B. BayObLG WE 1989, 178 f.; Müller Rn. 162 und 252) noch eine notwendige Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung ist (vgl. allgemein Palandt/Bassenge § 22 WEG Rn. 1/2; aus der Rechtsprechung BayObLG WE 1991, 290). Die Maßnahme dient nicht der Schaffung eines bei jeder Witterung begehbaren, rechtlich gesicherten Zugangs, sondern der bequemeren Erreichbarkeit der jeweiligen Sondernutzungsflächen.

(2) Für bauliche Veränderungen ist nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG i.V.m. § 21 Abs. 4 WEG ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung weder erforderlich noch in jedem Fall ausreichend (BGHZ 73, 196), aber auch nicht ausgeschlossen (BayObLG WE 1991, 50; Bärmann/Merle § 22 Rn. 211). Unerheblich ist, ob an dem Beschluss Wohnungseigentümer mitwirken, die von der Maßnahme einen rechtlichen Vorteil haben. Wesentlich ist vielmehr nur, dass alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer zustimmen (Bärmann/Merle aaO Rn. 213). Nicht zustimmen müssen Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die Veränderung nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 WEG). Hiernach darf ein Wohnungseigentümer vom gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ein solcher Nachteil ist für die Antragsteller zu 1 nicht erkennbar. Ihr Mitbenutzungsrecht an der gemeinschaftlichen Gartenfläche wird durch die angebrachten Rasensteine nicht beeinträchtigt. Optische Auswirkungen auf die Gesamtanlage sind nicht vorgetragen und ergeben sich auch nicht aus der Natur der Sache. Die Gefahr der Nachahmung (dazu BayObLG NZM 1999, 1146) kann vernachlässigt werden, weil die einzelnen Trittsteine den Charakter der Gemeinschaftsfläche als Rasen nur unerheblich beeinflussen und im übrigen bereits vor vier der insgesamt sieben Erdgeschosswohnungen Rasensteine eingebracht sind. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 28.6.1990 (WE 1991, 290) u.a. in der Anlegung eines Gehwegs zu Lasten des Grünbereichs eine bauliche Veränderung gesehen hat, die wegen der nachteiligen Beeinträchtigung des Gesamteindrucks der Wohnanlage in der Regel der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer bedarf, kommt dies hier schon aufgrund der landgerichtlichen Feststellungen zum Ausmaß der verlegten Platten nicht zum Tragen. ob eine andere Beurteilung gerechtfertigt ist, wenn, wie die Antragsteller behauptet haben, "ca. 40 %" des Rasengrunds vor der Terrasse der Wohnungseigentümerin W. mit Steinen belegt wäre, braucht nicht entschieden zu werden. Denn das Landgericht geht rechtsfehlerfrei von einem anderen Sachverhalt aus.

(3) Soweit die Antragsteller die auf die Gemeinschaftsfläche vor der Terrasse der Wohnungseigentümerin W. getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts angreifen, haben sie damit keinen Erfolg. Denn eine Nachprüfung der tatsächlichen Verhältnisse in der Rechtsbeschwerdeinstanz ist ausgeschlossen (Keidel/Kahl § 27 Rn. 42 m.w.N.).

Die Kammer hat es zwar unterlassen, eigene Feststellungen dazu zu treffen, in welcher Art und Weise vor dem Sondereigentum der Wohnungseigentümer L., O. und S. Platten verlegt sind. Davon konnte jedoch trotz bestehender Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) abgesehen werden, weil jedenfalls im echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Beteiligten nach dem Beibringungsgrundsatz gehalten sind, durch eingehende Tatsachendarstellung an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken (Keidel/Kahl § 12 Rn. 88/89 m.w.N.). Das Amtsgericht hat seinen abweisenden Beschluss unter anderem, tragend auf den Gesichtspunkt gestützt, dass die Antragsteller zu 1 ihrer Stoffbeibringungs- und Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen seien. In der Beschwerdebegründung wird dem jedenfalls für die Plattenverlegungen vor den Wohnungen L., O. und S. keine Rechnung getragen. Die Antragsteller stellen vielmehr die Zustände vor der Wohnung W. in den Mittelpunkt ihres Vortrags, was den Schluss zulässt, dass die Veränderungen dort am umfangreichsten sein sollen. Damit konnte das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler die für den Bereich vor dem Wohnungseigentum W. getroffenen Feststellungen auch für die übrigen Rasenstücke zugrunde legen, ohne zum Nachteil der Antragsteller zu 1 von der gebotenen Sachaufklärung abzusehen.

(4) Die durch Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung erklärte mehrheitliche Zustimmung scheitert nicht an mangelnder Bestimmtheit. Der Senat macht sich die Auslegung der Kammer zu eigen, wonach der Beschluss seinem objektiven Gehalt nach den im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorhandenen tatsächlichen Zustand genehmigt.

Allerdings ist ein Eigentümerbeschluss jedenfalls ungültig, wenn ihm die zur rechtlichen Beachtlichkeit erforderliche Bestimmtheit fehlt (BayObLG WE 1993, 342/343). Weil der Beschluss nach § 10 Abs. 3 WEG auch gegen Sondernachfolger wirkt, muss er Mindesterfordernisse an inhaltlicher Klarheit und Bestimmtheit erfüllen (BayObLG aaO). Dies ist hier jedoch gewährleistet. Der Beschluss weist den Regelungsgegenstand und den Regelungsbereich aus. Ferner ist für einen neutralen Dritten ersichtlich, welcher Zeitpunkt für den Zustand der baulichen Veränderung erheblich ist. Eine darüber hinaus gehende, genauere Beschreibung der genehmigten baulichen Veränderung etwa nach Anzahl, Größe und Material der verlegten Platten ist nicht erforderlich. Ein Nachfolger im Wohnungseigentum ist insoweit auch nicht auf eine nähere Beschreibung der mit dem Eigentümerbeschluss genehmigten baulichen Veränderung angewiesen, weil er sich bei Übernahme des Wohnungseigentums durch Besichtigung und Befragung der übrigen Wohnungseigentümer kundig machen kann. Der Erwerber ist mit dem gegenwärtigen Zustand des Gemeinschaftseigentums konfrontiert. Aus seiner Sicht wirkt die nachträgliche bauliche Veränderung praktisch wie ein planmäßiger Ausbauzustand. Ein Interesse, den längst überholten früheren Zustand wiederherzustellen, besteht regelmäßig nicht (OLG Hamm WE 1996, 351).

4. Der Senat hält es nach § 47 Satz 1 WEG für angemessen, den in allen Instanzen unterlegenen Antragstellern die Gerichtskosten aufzuerlegen. Soweit sich der Streit auf TOP 3 bezieht, entspricht es der Billigkeit, dass sämtliche Antragsteller gemäß § 421 BGB anteilig gesamtschuldnerisch haften.

Darüber hinaus erscheint es billig, eine teilweise Kostenerstattung für das amtsgerichtliche Verfahren der Antragsteller zu 1 gegen die Antragsgegner anzuordnen. Denn dieses umfasste neben der Beschlussanfechtung zu TOP 3 noch weitere wertmäßig nicht unerhebliche Verfahrensgegenstände, in denen die Antragsteller zu 1 unterlegen waren. Im übrigen ist von der Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten im Hinblick auf die unterschiedlichen Instanzentscheidungen abzusehen.

5. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 1, mit der er die Festsetzung höherer Geschäftswerte anstrebt, ist gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO, § 567 Abs. 2 ZPO und § 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO zulässig, soweit er die Festsetzung für die zweite Instanz anficht. Die auf Beschwerde gegen die Festsetzung des Amtsgerichts ergangene Geschäftswertfestsetzung durch das Landgericht als Beschwerdegericht ist dagegen mit der weiteren Beschwerde nur anfechtbar, wenn sie vom Landgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wird (§ 31 Abs. 3 Satz 1 KostO, § 14 Abs. 3 Satz 2 KostO). Dies ist nicht geschehen. Andererseits käme dem jedoch keine selbständige Bedeutung zu, weil der Senat nach § 48 Abs. 3 WEG, § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO die Festsetzung von Amts wegen ändern kann.

a) Im erstinstanzlichen Verfahren der Antragsteller zu 1 beläuft sich der Geschäftswert auf 27500 DM. Er setzt sich aus der Anfechtung von TOP 3 (10000 DM), TOP 5 (1000 DM) und TOP 6 (14500 DM) sowie dem verbeschiedenen Hilfsantrag (2000 DM) zusammen. Für die Bewertung des Ermächtigungsbeschlusses (TOP 3) verweist der Senat auf seine Festsetzungen, die er in den Beschlüssen vom 18.3.1997 und 25.5.2001 für vergleichbare Aufträge und Vollmachten an den Verwalter getroffen hat. Hiervon abzuweichen besteht nicht zuletzt aus den vom Landgericht zutreffend angeführten Gründen kein Anlass. Für die ursprüngliche Anfechtung der Jahresabrechnung erscheint ein Geschäftswert von etwa 1/5 des Gesamtvolumens angemessen. Zur näheren Begründung verweist der Senat auch hier auf seinen Beschluss vom 25.5.2001.

b) Für die zweite Instanz beläuft sich der Geschäftswert bis 4.5.1999 auf 27500 DM, danach auf 11000 DM, weil die Antragsteller zu 1 ihre Beschwerde zu TOP 6 (Jahresabrechnung) und ihren ursprünglich hilfsweise gestellten Zahlungsantrag sodann nicht weiter verfolgt haben.

c) Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 11000 DM und setzt sich aus 10000 DM für den Rechtsbeschwerdeantrag zu TOP 3 und aus 1000 DM für den Anschlußrechtsbeschwerdeantrag zu TOP 5 zusammen.

Ende der Entscheidung

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