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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 07.01.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 220/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 14 Nr. 1
WEG § 15 Abs. 3
Aus der Größe und Lage einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Terrasse (12 m², auf erhöhter Holzkonstruktion unmittelbar vor der Wohnung eines Wohnungseigentümers mit Zugang von dieser) kann sich ergeben, dass die Terrasse, obwohl im gemeinschaftlichen Eigentum stehend, nicht dem Mitgebrauch aller Wohnungseigentümer zugänglich ist.
Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner, ein Ehepaar, sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, an der im Jahr 1980 Wohnungseigentum begründet wurde. Dem Antragsteller gehört die Wohnung im Obergeschoß, die er 1989 erwarb und die derzeit vermietet ist. Den Antragsgegnern gehört die Erdgeschoßwohnung, vor der sich eine Terrasse befindet. Die Terrasse wurde im Zusammenhang mit einem Ausbau im Jahr 1991 von den Antragsgegnern höher gelegt und überdacht. Sie ist von dem Gartengrundstück aus über eine Treppe zu erreichen und außerdem durch die Wohnung der Antragsgegner. Die Terrasse wird von Anbeginn an von den Antragsgegnern allein genutzt.

Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, die Terrassenüberdachung zu entfernen, die Nutzung der Garten- und Terrassenfläche durch seine Mieter zu dulden, ferner festzustellen, dass der Antragsteller und die Antragsgegner zur gemeinschaftlichen Nutzung der Garten- und Terrassenfläche berechtigt sind.

0Das Amtsgericht hat die Antragsgegner am 15.8.2002 verpflichtet, die Mitbenutzung des Gartens durch die Bewohner der Wohnung des Antragstellers zu dulden; im Übrigen hat es die Anträge abgewiesen. Dagegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, die Antragsgegner zu verpflichten, die Mitbenutzung der Terrasse zu dulden. Das Landgericht hat nach Aufhebung des Beschlusses vom 1.3.2003 und Zurückverweisung der Sache durch Beschluss des Senats vom 17.6.2003 das Rechtsmittel durch Beschluss vom 6.10.2003 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Das Recht des Antragstellers auf Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums an der Terrasse sei verwirkt. Der Antragsteller habe seit Erwerb seiner Wohnung im Jahr 1989 die alleinige Nutzung der Terrasse durch die Antragsgegner geduldet. Er habe darüber hinaus durch sein Verhalten zu erkennen gegeben, dass er ein Mitbenutzungsrecht nicht werde geltend machen. Mit der im Zuge des Umbaus vorgenommenen Erhöhung der Terrasse vor der Wohnung der Antragsgegner sei deutlich geworden, dass die Terrasse von den Antragsgegnern allein genutzt werden solle. Die Terrassenkonstruktion sei außerdem allein von den Antragsgegnern bezahlt worden. Dies und damit die Alleinnutzung der Terrasse habe der Antragsteller hingenommen. Ob ein Sondernutzungsrecht schuldrechtlich vereinbart worden sei, könne unentschieden bleiben.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.

a) Die Terrasse, um deren Nutzung der Streit geht, steht im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer. Dies wird von diesen nicht in Frage gestellt. Damit ist jeder Wohnungseigentümer zum Mitgebrauch der Terrasse nach Maßgabe der §§ 14, 15 WEG berechtigt (§ 13 Abs. 2 Satz 1 WEG). Ein etwaiger Anspruch auf Beseitigung der Terrasse besteht im Hinblick auf die rechtskräftig gewordene Entscheidung des Amtsgerichts nicht, das einen solchen vom Antragsteller hinsichtlich der Terrassenüberdachung geltend gemachten Anspruch abgewiesen hat.

Ob für die Antragsgegner als Folge der langjährigen alleinigen Nutzung der Terrasse durch sie ein alleiniges Nutzungsrecht in Form eines Sondernutzungsrechts begründet wurde, braucht nicht entschieden zu werden (siehe dazu die Beschlüsse des OLG Düsseldorf vom 26.6. und 25.7.2003, WuM 2003, 584 und 585). Schließlich kann auch dahingestellt bleiben, ob die vom Landgericht angenommene Verwirkung des Anspruchs des Antragstellers auf Mitbenutzung der Terrasse gegeben ist. Die Annahme einer Verwirkung setzt außer einem Zeitmoment auch ein Umstandsmoment voraus (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 63.Aufl. § 242 Rn. 93 ff.), dessen Vorliegen in Frage gestellt werden könnte. Im Übrigen würde die Annahme einer Verwirkung nicht zu einem Sondernutzungsrecht der Antragsgegner führen. Es wäre vielmehr lediglich der Antragsteller gehindert, einen Anspruch auf Mitbenutzung geltend zu machen. Ein Anspruch der Antragsgegner auf alleinige Nutzung der Terrasse würde damit aber nicht begründet. Nur könnte der Antragsteller der tatsächlichen alleinigen Nutzung durch die Antragsgegner einen Mitbenutzungsanspruch nicht entgegensetzen.

b) Ein Anspruch des Antragstellers auf Mitbenutzung der Terrasse besteht aus anderen Gründen nicht.

Der Mitgebrauch von gemeinschaftlichem Eigentum steht den Wohnungseigentümern nach Maßgabe der §§ 14, 15 WEG zu. Nach § 14 Nr. 1 WEG darf jeder Wohnungseigentümer von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Im Übrigen kann jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nur insoweit verlangen, als er dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht (§ 15 Abs. 2 WEG). Welcher Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums danach im Einzelnen zulässig ist, bestimmt sich insbesondere nach der Lage und Beschaffenheit des in Betracht kommenden Teils des gemeinschaftlichen Eigentums.

Die etwa 12 m² große Terrasse wurde im Zug des im Einvernehmen mit dem Antragsteller vorgenommenen Ausbaus auf einer Holzkonstruktion erhöht unmittelbar vor der Wohnung der Antragsgegner angebracht und kann von dieser aus betreten werden. Aus der Lage und Größe der Terrasse ergibt sich, dass diese nur von den Antragsgegnern genutzt werden darf, weil eine Mitbenutzung durch den Antragsteller die Antragsgegner in unzumutbarer Weise in der Nutzung ihres Sondereigentums beeinträchtigen würde.

3. Der Antragsteller hat als letztlich Unterlegener auch die Gerichtskosten des ersten Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen, das zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts vom 1.3.2003 und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht geführt hatte. Insoweit wird die Kostenentscheidung des Landgerichts abgeändert.

Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren, das den Beschluss des Landgerichts vom 6.10.2003 zum Gegenstand hat, beruht auf § 47 WEG und die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Da Gegenstand des Verfahrens vor dem Amtsgericht zwei weitere Anträge waren, wird der Geschäftswert für dieses Verfahren auf 6000 Euro festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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