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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 18.03.2005
Aktenzeichen: 2Z BR 233/04
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 1004
WEG § 14
WEG § 15
WEG § 22
Erlaubt die Gemeinschaftsordnung ausdrücklich die Anlage eines Teiches in einer bestimmten Größe, so kann allein daraus in der Regel nicht abgeleitet werden, dass größere Teiche unzulässig sind.
Gründe:

I.

Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus mehreren Reihenhäusern besteht. Sie sind Nachbarn unmittelbar aneinandergrenzender Reihenhäuser.

Die Gemeinschaftsordnung (GO) enthält in Nr. 5.2 unter anderem folgende Regelung:

Die Errichtung von Teichen wird gegenseitig eingeräumt, soweit diese 10 qm nicht überschreiten. Rechte aus Froschlauten, Vögeln und ähnlichem, zu deren Unterbindung werden ausgeschlossen.

Die Antragstellerin begehrt von den Antragsgegnern, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, den Rückbau von Teich-/Biotopflächen auf dem Sondernutzungsrecht der Antragsgegner auf nicht mehr als 10 m².

Das Amtsgericht hat die Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluss vom 23.11.2004 die Entscheidung des Amtsgerichts insoweit aufgehoben und den Antrag auf Rückbau abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Da nach der Gemeinschaftsordnung die einzelnen Wohnungseigentümer so behandelt werden sollten, als läge eine Realteilung des Grundstücks vor, beurteile sich der Rückbauanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB und nicht nach §§ 22, 15, 14 WEG. Nr. 5 GO stelle eine Erweiterung der Befugnisse des jeweiligen Sondereigentümers dar. Aus dieser Bestimmung folge, dass ein Teich, der eine Fläche von 10 m² überschreite, allenfalls dann den Sondernutzungsberechtigten zum Rückbau verpflichten könne, wenn durch diesen eine Beeinträchtigung verursacht werde, die über die Nachteile, die mit einem Teich von 10 m² Fläche verbunden seien, hinausgingen. Solche Nachteile seien von der Antragstellerin weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Der Antragstellerin steht kein Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB, § 22 Abs. 1, § 15 Abs. 3, § 14 Nr. 2 WEG zu.

Ob ein solcher Anspruch vorliegt, beurteilt sich im vorliegenden Fall nicht nach allgemeinem Nachbarrecht, sondern nach der Regelung der Gemeinschaftsordnung. Zwar ist es richtig, dass die allgemeinen nachbarrechtlichen Vorschriften Anwendung finden, wenn die Wohnungseigentümer vereinbart haben, dass sie so behandelt werden sollen, als liege eine Realteilung des Grundstücks vor (vgl. BayObLGZ 2001, 41/45). Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass die Gemeinschaftsordnung eine besondere Regelung über das Anlegen von Teichen enthält. Diese Sonderregelung geht den allgemeinen Regelungen vor.

Der Senat hat die Gemeinschaftsordnung wie jede Grundbucherklärung selbst auszulegen. Dabei ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärungen ergibt (st. Rspr.; vgl. z.B. BayObLG ZMR 2001, 832/833).

Nr. 5.2 GO enthält eine Erweiterung der Befugnisse der Wohnungseigentümer hinsichtlich ihres Sondernutzungsrechts gegenüber den allgemeinen Regelungen. Dies ergibt sich bereits aus dem ersten Satz der Regelung, der eine Höhenbeschränkung für Buschwerk im Regelfall ausschließt. Der Wortlaut, die Errichtung von Teichen werde gegenseitig "eingeräumt", spricht ebenfalls dafür, dass hier dem Sondernutzungsberechtigten ein zusätzliches Recht eingeräumt werden soll. Dasselbe ergibt sich aus dem Ausschluss von Rechten aus Froschlauten, Vögeln und anderem. Dafür, dass die Regelung zugleich eine Einschränkung der allgemein gegebenen Befugnisse enthalten soll, ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem systematischen Zusammenhang etwas. Nr. 5.2 GO kann deshalb nicht entnommen werden, dass die Regelung eine Beschränkung der Teichanlage auf 10 m² enthalten soll. Dieses Ergebnis entspricht auch einer interessengerechten Auslegung. Unzweifelhaft sollen Teichflächen von nicht mehr als 10 m² geduldet werden. Vor Beeinträchtigungen, die darüber hinausgehen, ist der Nachbar nach der hier vorliegenden Ausgestaltung der Gemeinschaftsordnung durch die allgemeinen Vorschriften des Nachbarrechts (§§ 1004, 906 BGB) geschützt. Die hier gefundene Auslegung wahrt deshalb die Interessen aller Beteiligter.

Ein Anspruch aus § 1004 BGB besteht nicht, da nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts die Antragstellerin keine Nachteile erleidet, die über die Nachteile hinausgehen, die mit einem Teich von 10 m² Fläche verbunden sind.

3. Es entspricht der Billigkeit (§ 47 Satz 1 WEG), die unterlegene Antragstellerin mit den Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu belasten. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten sieht der Senat im Hinblick auf die unterschiedlichen Entscheidungen der Vorinstanzen ab (§ 47 Satz 2 WEG).

Ende der Entscheidung

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