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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 2Z BR 238/04
Rechtsgebiete: BRAGO, WEG


Vorschriften:

BRAGO § 63 Abs. 1 Nr. 2
WEG § 47
Entscheidungen über Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung lösen jedenfalls unter der Geltung der BRAGO keine über die Hauptsache hinausgehenden Kostenfolgen aus und sind deshalb auch bei einer isolierten Kostenentscheidung nach Erledigterklärung im Allgemeinen unbeachtlich.
Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Bei dem Wohnanwesen handelt es sich um ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude, an dem bereits seit mehreren Jahren Sanierungsarbeiten geplant und durchgeführt werden.

Im Rahmen der Planungen, der Auftragsvergabe und der Durchführung der Arbeiten kam es zwischen den Beteiligten wiederholt zu Unstimmigkeiten. Bei einer außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 22.8.2002 erläuterte das beauftragte Architekturbüro Beginn und Ablauf der Baumaßnahmen. Unter Tagesordnungspunkt (TOP) 2 wurden mehrere Einzelbaumaßnahmen mehrheitlich beschlossen.

Der Antragsteller hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch erheblich ist, mit Schriftsätzen vom 16.8. und 19.9.2002 beantragt,

1. den Antragsgegnern zu untersagen, ohne vorherige Beschlussfassung (Dach-) Sanierungsarbeiten für das Anwesen ... zu vergeben und/oder entsprechende Teilzahlungen für diese Arbeiten zu fordern,

2. die in der Eigentümerversammlung vom 22.8.2002 unter TOP 2 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären.

Zudem war im ersten Rechtszug noch über Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen mit dem Ziel, weitere Baumaßnahmen zu unterbinden, zu entscheiden.

Der Antragsteller ist vom Amtsgericht darauf hingewiesen worden, dass der Beschlussanfechtungsantrag bereits in einem anderen Verfahren anhängig sei. Er hat diesen Antrag jedoch nicht zurückgenommen. Zwischenzeitlich war in der Eigentümerversammlung vom 2.12.2002 mehrheitlich beschlossen worden, die Sanierungsarbeiten in der Einheit des Antragstellers erst fortzuführen, wenn eine Einigung zwischen ihm und den übrigen Wohnungseigentümern erzielt worden sei. Auch diesen Beschluss hat der Antragsteller angefochten.

Mit Beschluss vom 5.5.2003 hat das Amtsgericht den Antrag zu 1 als unbegründet, den Antrag zu 2 als unzulässig abgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 27.5.2003 sofortige Beschwerde eingelegt. Nach Beweiserhebung durch das Landgericht haben die Beteiligten im Hinblick auf die Einstellung der Arbeiten in der Einheit des Antragstellers übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 14.12.2004 angeordnet, dass der Antragsteller und die Antragsgegner von den Gerichtskosten der ersten Instanz jeweils die Hälfte zu tragen haben. Von den Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens wurden dem Antragsteller 1/3, den Antragsgegnern 2/3 auferlegt. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten hat das Landgericht abgesehen. Gegen den Beschluss des Landgerichts hat der Antragsteller sofortige weitere Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Antragsgegnern die gerichtlichen und die eigenen außergerichtlichen Kosten vollständig aufzuerlegen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts ist nach § 27 Abs. 2, § 20a Abs. 2 FGG, § 45 Abs. 1 WEG die sofortige weitere Beschwerde gegeben, da das Landgericht erstmals eine isolierte Kostenentscheidung getroffen hat (vgl. Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 47 Rn. 23).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Bei der Kostenentscheidung sei der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens zu berücksichtigen. Dabei sei zu beachten, dass der zweite Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Gleiches gelte für den Anfechtungsantrag. Der Unterlassungsantrag sei hingegen bei summarischer Prüfung begründet gewesen, da die Arbeiten mangels gesicherter Finanzierung nicht hätten in Auftrag gegeben werden dürfen. Nach einer Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts sei nämlich der hierzu gefasste Beschluss der Wohnungseigentümer über eine Sonderumlage unwirksam. Da nicht feststehe, ob die Erledigung schon vor dem Beschluss des Amtsgerichts eingetreten sei, müsse auch von dem Erfolg der Beschwerde in diesem Punkt ausgegangen werden.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hat das Gericht noch über die Kosten des gesamten Verfahrens gemäß § 47 WEG zu entscheiden. Bei der zu treffenden Ermessensentscheidung ist in der Regel der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens ohne Hauptsacheerledigung zu berücksichtigen. Eine Beweisaufnahme zur weiteren Sachverhaltsaufklärung ist ausgeschlossen. Vom Rechtsbeschwerdegericht kann diese Kostenentscheidung nur noch auf Rechtsfehler überprüft werden (BayObLG WE 1993, 284).

b) Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

1) Die beiden Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung spielen allerdings für die Kostenentscheidung keine Rolle. Die Anträge, die nur als Anregung zu vorläufigen Sicherungsmaßnahmen zu verstehen sind, sind im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens gestellt und Teil dieses Verfahrens (§ 44 Abs. 3 WEG). Die Entscheidung hierüber löst auch für die außergerichtlichen Kosten, jedenfalls unter der bis 30. 6. 2004 geltenden BRAGO (zur neuen Rechtslage unter dem RVG siehe Abramenko ZMR 2005, 166/169), keine über die Hauptsache hinausgehenden Kostenfolgen aus. Demnach kommt es nur auf den voraussichtlichen Verfahrensausgang hinsichtlich der Hauptsacheanträge an.

2) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Antrag zu 2 als unzulässig abzuweisen war. Trotz Hinweises des Gerichts, dass dieser Antrag, der im Schriftsatz vom 24.2.2003 ausdrücklich gestellt war, bereits Gegenstand eines anderen Wohnungseigentumsverfahrens sei, ist eine Rücknahme durch den Antragsteller nicht erfolgt. Dieses Verfahrenshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit von Amts wegen zu beachten (BayObLG WE 1995, 319).

3) Demgegenüber muss auf Grund nicht abschließend getroffener Feststellungen in den Vorinstanzen offen bleiben, ob der Antrag zu 1 begründet gewesen wäre.

Das Landgericht weist aber zutreffend darauf hin, dass nach dem Sach- und Streitstand bei Erledigterklärung die Erfolgsaussichten dieses Antrags nicht von vorneherein verneint werden können. Zum einen ist die Finanzierung der Aufträge in der Schwebe, weil der Beschluss der Wohnungseigentümer über die hierzu zu erhebende Sonderumlage nach einer Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 20.10.2004 (Az.: 2Z BR 161/04 = ZMR 2005, 140) nichtig ist. Ferner blieb ungeklärt, ob das nunmehr tätige Architekturbüro überhaupt, wie seine Vorgängerin, durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer beauftragt und bevollmächtigt war, einzelne Sanierungsmaßnahmen an entsprechende Fachunternehmen zu vergeben. Diesem Sachstand trägt die überwiegende Auferlegung der gerichtlichen Kosten zu Lasten der Antragsgegner Rechnung. Dass das Landgericht keine Erstattung der außergerichtlichen Kosten angeordnet hat, deckt sich mit der gesetzlichen Ausgangslage in § 47 WEG und lässt, bezogen auf die konkreten Fallumstände, einen Rechtsfehler nicht erkennen.

Die vom Landgericht vorgenommene Kostenverteilung hält sich daher in den Grenzen des eingeräumten Ermessens.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung, entsprechend den Kosten in der Beschwerdeinstanz, auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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