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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 26.02.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 255/03
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 362
BGB § 666
BGB § 667
BGB § 675
WEG § 28 Abs. 4
1. Wenn sämtliche Wohnungseigentümer den Anspruch auf Rechnungslegung geltend machen, bedarf es nicht eines vorherigen förmlichen Beschlusses in einer Wohnungseigentümerversammlung.

2. Ob der frühere Verwalter zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts bereits alle Verwaltungsunterlagen herausgegeben hat, ist im Erkenntnisverfahren zu prüfen und kann nicht auf das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert werden.


Gründe:

I.

Die Antragsteller sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die früher von der Antragsgegnerin verwaltet wurde. Die Antragsgegnerin hat ihre Verwaltungstätigkeit spätestens zum 8.2.2001 eingestellt.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht u.a. beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, sämtliche Verwaltungsunterlagen an die neue Hausverwaltung herauszugeben. Außerdem haben sie beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Rechnung zu legen durch Erstellung einer Schlussabrechnung zum 8.2.2001. Das Amtsgericht hat diese Anträge mit Beschluss vom 27.5.2002 abgewiesen, weil keine wirksame Abberufung der Antragsgegnerin erfolgt sei. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen diesen Beschluss hat das Landgericht am 29.10.2003 die Antragsgegnerin verpflichtet,

"a) Die noch bei ihr befindlichen Kontoauszüge aus dem Jahr 2001, Schriftverkehr mit den Eigentümern sowie die in der EDV gespeicherten Abrechnungen auszudrucken und an die Antragsteller herauszugeben sowie

b) Rechnung zu legen durch Erstellung einer Schlussrechnung zum 08.02.2001 und diese vorzulegen."

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist teilweise unbegründet, im Übrigen führt es zur Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Wohnungseigentümer könnten gemäß § 28 Abs. 4 WEG auch vom ausgeschiedenen Verwalter Rechnungslegung verlangen. Spätestens mit Ablauf der Verwalterzeit sei die Antragsgegnerin nicht mehr Verwalterin.

Die Antragsgegnerin sei auch zur Herausgabe der Verwaltungsunterlagen verpflichtet. Die Einwendung, die Antragsgegnerin habe bereits alle Unterlagen herausgegeben, sei von der materiellen Verpflichtung zu trennen, Unterlagen herauszugeben. Ob der Anspruch vollständig erfüllt sei, sei eine Frage der Zwangsvollstreckung.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

a) Der Anspruch auf Rechnungslegung besteht auch gegenüber einem Verwalter, dessen Amtszeit beendet ist (vgl. BayObGZ 1979, 30 ff.). Die Verpflichtung zur Rechnungslegung ergibt sich aus § 28 Abs. 4 WEG, §§ 666, 675 BGB. Dass ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht vorliegt, ist unschädlich, da der Rechnungslegungsanspruch von allen Wohnungseigentümern geltend gemacht wird (OLG Hamburg OLGZ 1987, 188/190).

Der Anspruch ist nicht dadurch entfallen, dass die Wohnungseigentümer die Abrechnung für das Jahr 2001 beschlossen haben. Zwar tritt nach Ablauf eines Abrechnungsjahres der Abrechnungsanspruch grundsätzlich an die Stelle des Rechnungslegungsanspruchs (KG ZMR 1988, 70/72). Dies gilt jedoch nicht bei einem ausgeschiedenen Verwalter, da hier die Rechnungslegung auch dazu dient, die Ordnungsmäßigkeit des Verwaltungshandelns für die Zeit bis zur Beendigung der Verwaltung zu überprüfen und um Herausgabeansprüche nach §§ 667, 675 BGB geltend machen zu können (Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 28 Rn. 132). Da die Abrechnung für das Jahr 2001 von der neuen Verwaltung zu erstellen war und erstellt worden ist, bleibt durch diese Abrechnung die Pflicht der Antragsgegnerin zur Rechnungslegung unberührt (Staudinger/Bub § 28 WEG Rn. 465).

Der Tenor der landgerichtlichen Entscheidung ist auch hinreichend deutlich gefasst. Es ist unschwer erkennbar, dass die Antragsgegnerin zu einer Rechnungslegung zum Stichtag 8.2.2001 verpflichtet ist.

Das Landgericht hat auch zutreffend auf den 8.2.2001 abgestellt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist der Abberufungsbeschluss nicht nichtig. Die vom Amtsgericht festgestellten Einladungsmängel führen nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, sondern hätten allenfalls eine Anfechtung begründet, die aber nicht erfolgt ist.

b) Keinen Bestand haben kann die Entscheidung des Landgerichts zur Herausgabe von Unterlagen. Der frühere Verwalter ist nach §§ 675, 667 BGB verpflichtet, alle Verwaltungsunterlagen herauszugeben. Ob diese Verpflichtung erfüllt wurde, konnte das Landgericht nicht offen lassen. Für den Fall, dass alle Unterlagen herausgegeben worden sind, ist nämlich der Anspruch nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Diese Frage ist bereits im Erkenntnisverfahren und nicht erst im Vollstreckungsverfahren zu prüfen, da das Erlöschen des Anspruchs eine rechtsvernichtende Einwendung ist und zudem die Antragsgegnerin bereits herausgegebene Unterlagen nicht mehr herausgeben kann, also zu etwas Unmöglichem verpflichtet würde.

Ob die Unterlagen bereits herausgegeben sind, kann der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht feststellen. Das Verfahren ist deshalb insoweit zurückzuverweisen.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist dem Landgericht vorzubehalten. Die in Übereinstimmung mit der Vorinstanz getroffene Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.



Ende der Entscheidung

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