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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 26.02.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 266/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 27 Abs. 1 Nr. 3
Dringend sind solche Fälle, die wegen ihrer Eilbedürftigkeit eine vorherige Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung nicht zulassen. Entscheidend ist, ob die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gefährdet wäre, wenn nicht umgehend gehandelt würde. Zu berücksichtigen ist auch die Größe der Eigentümergemeinschaft.
Gründe:

I.

Die Antragsteller sind die Wohnungseigentümer einer kleineren Wohnanlage mit sieben Wohnungen, die von der Antragsgegnerin verwaltet wird.

Die Wohnanlage verfügt über eine Dachterrasse, die hinsichtlich ihres Innenentwässerungssystems instandsetzungsbedürftig war. Auf Beschluss der Wohnungseigentümer wurde ein Angebot der Firma K. über die erforderlichen Sanierungsarbeiten erholt; das Angebot ging dabei von der Beibehaltung der Innenentwässerung aus.

Die Wohnungseigentümer beschlossen am 17.10.2001, dass die Arbeiten zur Dachterrassensanierung auf Grund dieses Angebots unverzüglich zu vergeben seien, damit die Arbeiten, sofern es die Witterung zulasse, in der zweiten Novemberhälfte durchgeführt werden könnten. Die Antragsgegnerin beauftragte daraufhin Anfang November 2001 die Firma K., die Dachterrasse laut Angebot zu sanieren. Am 26.11.2001 teilte die Firma K. nach Beseitigung der Abdichtung und Wärmedämmung der Antragsgegnerin mit, dass die Entwässerung der Dachterrasse nur über eine Außenentwässerung, nämlich über einen Rinnkessel mit Fallrohr, möglich sei, weil der Beton der Dachterrasse waagerecht ohne Gefälle und der Gullykörper so einbetoniert sei, dass er 7 cm über der Betondecke herausstehe. Die Antragsgegnerin erteilte daraufhin, ohne die Wohnungseigentümer zu befragen, der Firma K. den Auftrag, eine solche Außenentwässerung anzubringen. Die Arbeiten wurden am 10.12.2001 abgeschlossen.

Die Antragsteller sind der Auffassung, die Antragsgegnerin habe die vom ursprünglichen Angebot abweichende Ausführung nicht in Auftrag geben dürfen, ohne vorher eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen. Auch bei erheblich höheren Kosten hätte auf jeden Fall die Innenentwässerung beibehalten werden müssen. Die Antragsgegnerin sei deshalb zum Schadensersatz verpflichtet, der noch nicht beziffert werden könne.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 18.12.2002 antragsgemäß festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, den Antragstellern sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entstanden ist bzw. entsteht, dass die Antragsgegnerin bei der Sanierung der Dachterrasse der Antragsteller die Arbeiten in Abweichung vom ursprünglichen Angebot dahingehend hat durchführen lassen, dass die Innenentwässerung stillgelegt und eine Außenentwässerung installiert wurde. Das Landgericht hat am 24.11.2003 den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragsgegnerin habe ihre Pflichten aus dem Verwaltervertrag nicht schuldhaft verletzt.

Der Auftrag, entgegen dem ursprünglichen Angebot eine Außenentwässerung herzustellen, sei als Notmaßnahme im Sinn des § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG gerechtfertigt gewesen.

Die vorherige Einberufung einer Eigentümerversammlung hätte das Risiko mit sich gebracht, dass die Arbeiten vor Wintereinbruch nicht mehr hätten abgeschlossen werden können.

Ob die Herstellung einer ordnungsmäßigen Innenentwässerung auf Grund der baulichen Gegebenheiten überhaupt möglich gewesen wäre und welchen finanziellen Aufwand dies erfordert hätte, könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls habe sich die Antragsgegnerin auf die Empfehlung der Firma K. zur Anbringung einer Außenentwässerung verlassen dürfen. Auch stelle eine solche keine so schwerwiegende Abweichung von der ursprünglichen Planung dar, dass zur Entscheidung darüber ein Stillstand der Arbeiten über die Wintermonate hätte in Kauf genommen werden müssen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Landgericht gegebenen Begründung und den seiner Entscheidung zugrunde gelegten Feststellungen kann eine schuldhafte Vertragsverletzung durch die Antragsgegnerin nicht verneint werden.

a) Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, die Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen. Der Beschluss der Wohnungseigentümer, die Innenentwässerung der Dachterrasse instand zu setzen, deckt nicht den Auftrag, eine Außenentwässerung anzubringen. Insbesondere liegt nicht eine nur geringfügige Abweichung vom Beschluss der Wohnungseigentümer vor.

b) Nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG ist der Verwalter verpflichtet, die für die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Weil es aber in erster Linie Sache der Wohnungseigentümer selbst ist, für die Beseitigung von Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum zu sorgen (§ 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG), beschränkt sich die Verpflichtung des Verwalters grundsätzlich darauf, Mängel festzustellen, die Wohnungseigentümer darüber zu unterrichten und eine Entscheidung der Wohnungseigentümer über das weitere Verfahren herbeizuführen (BayObLGZ 1992, 146/148; BayObLG ZMR 1999, 654; NJW-RR 2001, 1020 f.). Für eine eigenmächtige Auftragserteilung durch den Verwalter ist somit grundsätzlich kein Raum.

c) Der vom Landgericht zugrunde gelegte Sachverhalt rechtfertigt nicht die Annahme, es habe ein dringender Fall im Sinn des § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG vorgelegen. Dringende Fälle sind solche, die wegen ihrer Eilbedürftigkeit eine vorherige Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung nicht zulassen. Entscheidend ist, ob die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums gefährdet wäre, wenn nicht umgehend gehandelt würde (BayObLG NJWE-MietR 1997, 163). Das Landgericht wird somit, wie von den Antragstellern im Schriftsatz vom 13.11.2003 beantragt, durch die Erholung eines Sachverständigengutachtens zu klären haben, ob das Gemeinschaftseigentum nach Beseitigung der Abdichtung und Wärmedämmung deshalb nicht gefährdet war, weil es möglich gewesen wäre, den Gullyablauf vorübergehend stillzulegen und die Terrasse ohne nennenswerten Mehraufwand mit einer Notabdeckung abzudichten. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtschau auch zu berücksichtigen, dass die Wohnanlage nur 7 Einheiten umfasst und es deshalb ohne größere Schwierigkeiten möglich gewesen wäre, kurzfristig eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen.

d) Ein etwaiges pflichtwidriges Verhalten der Antragsgegnerin ist allerdings für einen Schaden dann nicht kausal, wenn die Innenentwässerung nicht mehr instand gesetzt werden konnte. Dies wird durch Erholung eines Sachverständigengutachtens vorab zu klären sein.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, das Landgericht wird auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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