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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.02.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 3/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 5 Abs. 1
WEG § 13 Abs. 2
WEG § 14 Nr. 3
WEG § 14 Nr. 4
Ein im gemeinschaftlichen Eigentum stehender Spitzboden, der nur über die darunter liegende im Sondereigentum stehende Wohnung zugänglich ist, darf von der Wohnungseigentümergemeinschaft nur zu gelegentlichen Zwecken genutzt werden.
BayObLG Beschluss

LG Ansbach 4 T 1367/00; AG Ansbach, Zweigstelle Dinkelsbühl UR II 8/99

2Z BR 3/01

14.02.01

BayObLGZ 2001 Nr. 8

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Lorbacher am 14. Februar 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Nutzung eines Spitzbodens,

beschlossen

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Ansbach vom 1. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Der Antragsgegnerin gehören zwei Wohnungen im Dachgeschoss. Über jeder Wohnung befindet sich ein Spitzboden, dessen einziger Zugang innerhalb der Wohnung liegt.

Die Antragsteller haben beantragt, die Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln für den Fall der Zuwiderhandlung zu verpflichten, den Spitzboden über ihren beiden Wohnungen sämtlichen Antragstellern zugänglich zu machen und die alleinige Nutzung zu unterlassen. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin am 19.4.2000 verpflichtet, den Antragstellern den Mitbesitz an den beiden Spitzböden einzuräumen. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 1.12.2000 die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Eine Überprüfung der Zuständigkeit der Wohnungseigentumsgerichte ist dem Senat gemäß § 17a Abs. 5 GVG verwehrt.

2. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Spitzböden gehörten nicht zum Sondereigentum der Antragsgegnerin. Daran ändere auch nichts, dass sie nur über das Sondereigentum der Antragsgegnerin zugänglich seien. Gehe aus dem Aufteilungsplan hervor, dass ein als gemeinschaftliches Eigentum ausgewiesener Spitzboden nach Beschaffenheit und Zugang nicht dem ständigen Mitgebrauch aller Wohnungseigentümer dienen könne, dann spiele der Zugang keine maßgebliche Rolle. Allein durch die bauliche Gestaltung habe nicht wirksam Sondereigentum an den Spitzböden begründet werden können. Die Voraussetzungen für die Einräumung eines Sondernutzungsrechts seien nicht erfüllt. Da an den Spitzböden gemeinschaftliches Eigentum bestehe, hätten die Antragsteller das Recht auf Mitgebrauch.

3. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Gegenstand des Sondereigentums sind grundsätzlich die bei Begründung von Wohnungseigentum im Teilungsvertrag oder in der Teilungserklärung gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 WEG bestimmten Räume (§ 5 Abs. 1, § 8 Abs. 2 WEG). Bei Anlegung des Grundbuchblatts für jeden Wohnungseigentümer kann zur näheren Bezeichnung des Gegenstands des Sondereigentums auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden, der als Anlage ein Aufteilungsplan beizufügen ist. In dem Aufteilungsplan sind alle zu derselben Wohnung gehörenden Räume mit der jeweils gleichen Nummer zu versehen (§ 7 Abs. 3, 4 Nr. 1 WEG).

Rechtlich zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei den beiden Spitzböden danach nicht um Sondereigentum der Antragsgegnerin handelt, sondern um gemeinschaftliches Eigentum. Die Spitzböden sind weder in der Teilungserklärung bei der Beschreibung der beiden Wohnungen der Antragsgegnerin als zu diesen gehörendes Sondereigentum aufgeführt noch sind sie im Aufteilungsplan als Sondereigentum ausgewiesen. Vielmehr ergibt sich aus den als Schnitte I bezeichneten Plänen eindeutig, dass die Spitzböden nicht Teil der Räume der darunter liegenden Wohnungen sind. Die Spitzböden sind durch eine Decke von der darunter liegenden Wohnung getrennt und damit selbständige Räume.

b) Der Umstand, dass die Spitzböden nur durch die darunter liegende Wohnung zugänglich sind, macht sie nicht notwendigerweise zu Sondereigentum dieser Wohnungen. Vielmehr ist umgekehrt ein Raum, der der einzige Zugang zu einem im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Raum ist, selbst Gemeinschaftseigentum (BayObLGZ 1986, 26; 1989, 99 f.; 1991, 165/169). Eine Ausnahme hat der Senat jedoch dann angenommen, wenn es sich um im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Räume handelt, die von ihrer Beschaffenheit her nicht zum ständigen Mitgebrauch aller Wohnungseigentümer bestimmt sind. In einem solchen Fall spielt der Zugang keine maßgebende Rolle. Der Zugang braucht daher nicht zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum zu stehen (BayObLGZ 1991, 165/169 f.; BayObLG NJW-RR 1995, 908; zustimmend Bärmann/Pick WEG 8. Aufl. § 5 Rn. 56; Weitnauer WEG 8. Aufl. § 5 Rn. 9; Demharter GBO 23. Aufl. Anh. zu § 3 Rn. 18).

c) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei den beiden Spitzböden um solche Räume handelt. Sie stehen im gemeinschaftlichen Eigentum, ohne dass dadurch die Sondereigentumsfähigkeit der zu der darunter liegenden Wohnung gehörenden Räume in Frage gestellt wird. Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage und Beschaffenheit nach der Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan. Davon abweichende bauliche Ausgestaltungen können die rechtliche Beurteilung nicht beeinflussen.

Am gemeinschaftlichen Eigentum steht allen Wohnungseigentümern der Mitgebrauch nach Maßgabe der §§ 14, 15 WEG zu (§ 13 Abs. 2 Satz 1.WEG). Die Art des zulässigen Mitgebrauchs bestimmt die Lage und Beschaffenheit (vgl. § 15 Abs. 2 WEG) der Spitzböden, die insbesondere dadurch geprägt ist, dass ein eigener Zugang vom Gemeinschaftseigentum aus fehlt. In Betracht kommt damit ein Mitgebrauch zu Zwecken der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer insgesamt und nicht einzelner Wohnungseigentümer. Ferner ist entscheidend, dass nur ein solcher Mitgebrauch zulässig ist, der nur ein gelegentliches Betreten des Speichers notwendig macht. Dies schließt es einerseits aus, dass die Antragsgegnerin als Eigentümerin der darunter liegenden Wohnung den Spitzboden für Zwecke nutzt, die ausschließlich ihren Interessen dienen; andererseits schließt es aber auch das Recht anderer Wohnungseigentümer aus, jederzeit Zugang zu dem Spitzboden zu verlangen. Bei einer dem bestimmungsgemäßen Gebrauch durch die Gemeinschaft dienenden Nutzung der Spitzböden ist die Antragsgegnerin als Eigentümerin der darunter liegenden Wohnungen jedoch grundsätzlich verpflichtet, den Zugang zu den Spitzböden zu gewähren (vgl. § 14 Nr. 3, 4 WEG).

4. Es erscheint dem Senat angemessen, der in allen Rechtszügen unterlegenen Antragsgegnerin die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird in Übereinstimmung mit der Geschäftswertfestsetzung durch die Vorinstanzen auf 15000 DM festgesetzt (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG).

Ende der Entscheidung

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