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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.03.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 30/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 45 Abs. 1
Die Rechtsmittelbeschwer über die Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses über den Einbau von Warmwasserzählern hängt von den anteiligen Einbaukosten des anfechtenden Wohnungseigentümers ab.
BayObLG Beschluss

LG München I - 1 T 19907/00; AG München 482 UR II 459/99

2Z BR 30/01

08.03.01

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Werdich

am 8. März 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 10. Januar 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus 157 Wohnungen bestehenden Anlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. In der Eigentümerversammlung vom 18.5.1999 beschlossen die Wohnungseigentümer zu TOP 3.5 mehrheitlich:

Die Verwaltung wird beauftragt, den Einbau von Warmwasserzählern als Ersatz für die Warmwasserkostenverteiler durchführen zu lassen. Die Kosten in Höhe von ca. DM 150,-- pro Zähler zuzüglich Mehrwertsteuer sollen pro Stück und Wohnung abgerechnet werden.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, den Eigentümerbeschluss zu TOP 3.5 für ungültig zu erklären. Ein weiterer Antrag ist für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr von Bedeutung. Das Amtsgericht hat am 28.9.2000 den Antrag zu TOP 3.5 abgewiesen. Der Antragsteller hat sofortige Beschwerde eingelegt, die das Landgericht mit Beschluss vom 10.1.2001 als unzulässig verworfen hat. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstands zulässig, nachdem das Landgericht die Erstbeschwerde wegen Nichterreichens der erforderlichen Beschwer als unzulässig verworfen hat (BGHZ 119, 216/217 f.; BayObLG WuM 1999, 130/131 m.w.N.).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Rechtsmittel sei unzulässig, weil das Interesse des Antragstellers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung den Beschwerdewert von mehr als 750 Euro nicht erreiche. Selbst wenn in der Wohnung des Antragstellers zwei Warmwasserzähler auszutauschen seien, fielen Einbaukosten von etwas mehr als 300 DM an. Die Kosten der alle fünf Jahre erforderlichen Eichung seien mit jeweils 200 DM anzusetzen. Selbst wenn diese Kosten einmal hinzugerechnet würden, betrage die Beschwer des Antragstellers lediglich 500 DM. Allerdings sei fraglich, ob die spätere Eichung bei der Festsetzung der Beschwer berücksichtigt werden könne, weil über diese Maßnahme erneut Beschluss gefasst werden müsse. Die Kosten weiterer Eichungen seien jedenfalls nicht hinzuzurechnen.

Sofern auch Warmwasserzähler an Zapfstellen des Gemeinschaftseigentums auszutauschen seien, träfen den Antragsteller nur die anteiligen Kosten. Angesichts der Größe der Wohnanlage könne es sich allenfalls um einen geringfügigen Betrag handeln. Ohne Bedeutung sei das Vorbringen des Antragstellers, er führe das vorliegende Verfahren quasi in Stellvertretung für eine Vielzahl von Wohnungseigentümern, denn der Antragsteller habe lediglich im eigenen Namen die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses beantragt. Auch die abstrakte Möglichkeit einer gesamtschuldnerischen Haftung des Antragstellers im Falle der Durchführung des angefochtenen Eigentümerbeschlusses sei für die Beschwer des Antragstellers nicht von Bedeutung.

2. Die angefochtene Entscheidung ist frei von Rechtsfehlern.

a) Die Rechtsmittelbeschwer bemisst sich nicht nach dem Geschäftswert des Verfahrens, sondern allein nach dem vermögenswerten Interesse des Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Der Wert des Beschwerdegegenstands kann insgesamt nicht höher, wohl aber niedriger sein als der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens (BGHZ 119, 216/218 f.; BayObLGZ 1990, 141/143 f. und st.Rspr.).

Da allein das vermögenswerte Interesse des Beschwerdeführers an einer Änderung der angefochtenen Entscheidung maßgebend ist, bleiben die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer und die Bedeutung der Sache für die Gemeinschaft insgesamt unberücksichtigt (BGHZ 119, 216/219; BayObLG ZMR 1999, 348).

b) Wird ein Antrag auf Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses abgewiesen, bemisst sich die Beschwer nach der finanziellen Belastung, die aufgrund des angefochtenen Beschlusses anteilmäßig auf den Beschwerdeführer entfällt (BayObLG WuM 1999, 130/131 m.w.N.).. Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass die Beschwer des Antragstellers weit unter dem nach § 45 Abs. 1 WEG i.d.F. von Art. 7 Abs. 8 des Gesetzes vom 20.6.2000 (BGBl I S. 897) maßgebenden Wert von 750 Euro liegt.

(1) Dem angefochtenen Eigentümerbeschluss zufolge betragen die Einbaukosten pro Zähler 150 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Für die über zwei Warmwasserzapfstellen verfügende Wohnung des Antragstellers betragen die Kosten somit insgesamt rund 350 DM.

(2) Eine darüber hinausgehende wirtschaftliche Belastung des Antragstellers ist nicht dargetan und nicht ersichtlich. Dem Schreiben des Verwalters vom 3.10.1999 zufolge hat die von ihm eingeschaltete Fachfirma bei einer Besichtigung der Wohnung des Antragstellers festgestellt, dass der Einbau der Zähler aus baulicher Sicht keine Probleme bereite.

Die Tatsache, dass Warmwasserzähler grundsätzlich der Eichpflicht unterliegen (vgl. BayObLGZ 1998, 97/98 f.) und dadurch nicht unerhebliche Kosten entstehen, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Selbst wenn die auf den Antragsteller für die nächsten Eichungen, die alle fünf Jahre vorgeschrieben sind, entfallenden Kosten hinzugerechnet werden, wird der Beschwerdewert nicht erreicht. Im übrigen haben die Wohnungseigentümer über die bei Ablauf der fünfjährigen Eichfrist erforderlichen Maßnahmen gemäß § 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2 WEG zu gegebener Zeit gesondert zu beschließen.

Der Einbau von Warmwasserzählern im Gemeinschaftseigentum ist nicht Gegenstand des angefochtenen Eigentümerbeschlusses.

(3) Der Senat hat bisher offen gelassen, ob die Möglichkeit der gesamtschuldnerischen Haftung jedes einzelnen Wohnungseigentümers grundsätzlich geeignet sein kann, bei der Bemessung des für die Rechtsmittelbeschwer maßgebenden vermögenswerten Interesses eines Rechtsmittelführers an der Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses ins Gewicht zu fallen. Dies kann auch hier dahinstehen, denn es bestehen keine Anhaltspunkte für eine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme des Antragstellers (vgl. BayObLG WUM 1999, 130/131 m.w.N.).

c) Für den Wert der Beschwer des Antragstellers ist es ohne Bedeutung, dass neben ihm weitere Wohnungseigentümer gegen den angefochtenen Eigentümerbeschluss gestimmt haben oder die vorgesehene Maßnahme nicht billigen. Diese anderen Wohnungseigentümer haben den Beschluss hingenommen, ohne ihn anzufechten. Ob sie den Rechtsstandpunkt des Antragstellers teilen, ist unerheblich (BayObLG WuM 1997, 459/460).

d) mit Erwägungen über die Bedeutung einer Rechtsfrage im allgemeinen oder für die Gemeinschaft im besonderen lässt sich eine höhere Beschwer nicht begründen. Es ist nicht zu verkennen, dass dadurch die Beschwerdeinstanz mangels Erreichens des erforderlichen Beschwerdewerts durch den Rechtsmittelführer auch für Streitfragen verschlossen werden kann, die für die Wohnungseigentümer insgesamt von erheblicher Bedeutung sind. Dies hat der Gesetzgeber aber gesehen und in Kauf genommen (BGHZ 119, 216/219 f. BayObLG ZMR 2000, 859/860).

4. Dem Senat erscheint es angemessen, dem unterlegenen Antragsteller die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen und anzuordnen, dass er den Antragsgegnern die in diesem Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG und übereinstimmend mit der Wertfestsetzung durch die Vorinstanzen auf 15000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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