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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 29.04.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 30/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 47 Satz 1
Im Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz können auch einem Streithelfer Gerichtskosten auferlegt werden.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Die Streithelferin der Antragsgegner hat auf dem Dach eine Antennenrichtfunkanlage errichtet.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, die Antennenrichtfunkanlage von der Dachfläche des Gebäudes zu entfernen, ferner Parkplätze zu beseitigen. Vor der mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht haben die Antragsteller zu 3 und 4 die Anträge zurückgenommen. Das Amtsgericht hat den Anträgen der Antragsteller zu 1, 2, 5 und 6 teilweise stattgegeben und die Anträge im Übrigen zurückgewiesen. Die Gerichtskosten hat das Amtsgericht gequotelt und die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht angeordnet.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts haben die Antragsgegner und ihre Streithelferin sofortige Beschwerde eingelegt. Im Verfahren vor dem Landgericht haben die Antragsteller zu 1, 2, 5 und 6 nach Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs ihre Anträge zurückgenommen; sie und die Antragsgegner haben einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen und sich gegenüber dem Landgericht damit einverstanden erklärt, dass die "Antragsteller" und die Antragsgegner jeweils die Hälfte der Gerichtskosten tragen und jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Streithelferin hat Antrag auf Kostenerstattung gestellt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 16.1.2004 die Gerichtskosten des Verfahrens beider Instanzen den Antragstellern und den Antragsgegnern jeweils als Gesamtschuldner je zur Hälfte auferlegt und angeordnet, dass die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin von den Antragstellern zu 1 bis 6 als Gesamtschuldnern zur Hälfte zu tragen sind.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller zu 3 und 4 sofortige weitere Beschwerde insoweit eingelegt, als ihnen die Kosten für die zweite Instanz und die Verhandlungsgebühr in der ersten Instanz auferlegt worden sind.

II.

Das Rechtsmittel führt zur Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere nach § 20a Abs. 2 FGG statthaft.

Dass in der Rechtsbeschwerdeschrift die Antragsteller zu 3 und 4 fälschlich als Antragsteller zu 5 und 6 bezeichnet wurden, ist unschädlich, da sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerdeschrift ergibt, dass das Rechtsmittel von den Antragstellern zu 3 und 4 eingelegt ist.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Entscheidung über die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller und der Antragsgegner entspreche deren Vereinbarung. Die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zur Hälfte ergebe sich aus der entsprechenden Anwendung des § 101 ZPO.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung im Umfang der Anfechtung nicht stand.

a) Der Senat hat die Entscheidung des Landgerichts nur im Umfang der Anfechtung zu überprüfen. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist zulässig, da es sich um selbständig abgrenzbare Teile der Kostenentscheidung handelt.

Die Kostenentscheidung des Amtsgerichts ist auch nicht teilweise in Rechtskraft erwachsen. Die Streithelferin hat uneingeschränkt Rechtsmittel eingelegt und damit auch bezogen auf die Kostenentscheidung. Im Beschwerdeverfahren hat sie ausdrücklich beantragt, die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten anzuordnen.

b) Die gemäß § 47 WEG als Ermessensentscheidung ergangene Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts kann das Rechtsbeschwerdegericht nur darauf hin überprüfen, ob der Tatrichter die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten, insbesondere, ob er wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen hat, ob er sich mit Denkgesetzen in Widerspruch gesetzt oder sonst von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch gemacht hat (st. Rspr.: BayObLGZ 1997, 148/151; BayObLG ZMR 2000, 233).

Das Landgericht hat wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen. Es ist nämlich nicht darauf eingegangen, dass die Antragsteller zu 3 und 4 ihre Anträge bereits vor der mündlichen Verhandlung erster Instanz zurückgenommen haben und dass sie am Erstbeschwerdeverfahren nur noch hinsichtlich der Verfahrenskosten beteiligt waren. Sie haben sich auch nicht dazu bereit erklärt, außergerichtliche Kosten der Streithelferin zu tragen.

Da die Entscheidung des Landgerichts rechtsfehlerhaft ist, hat der Senat die Kostenentscheidung im Umfang der Anfechtung selbst zu treffen. Weitere tatsächliche Ermittlungen können nicht mehr angestellt werden, da die Anträge zurückgenommen sind.

Der Senat erachtet es für angemessen, die Antragsteller zu 3 und 4 von der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin hinsichtlich der Verhandlungsgebühr in erster Instanz freizustellen, da diese Gebühr erst angefallen ist, nachdem die Antragsteller zu 3 und 4 ihren Antrag zurückgenommen hatten.

Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens erscheint dem Senat eine völlige Freistellung der Antragsteller zu 3 und 4 von den Kosten angemessen, weil sie am Beschwerdeverfahren nur hinsichtlich der Kostenentscheidung beteiligt waren. Insoweit sind sie im Ergebnis nur teilweise unterlegen. Das Unterliegen ist im Vergleich zur Hauptsache als geringfügig zu bewerten und kann unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 92 Abs. 2 ZPO bei der Kostenentscheidung außer Betracht bleiben. Die Antragsteller zu 3 und 4 haben sich auch nicht zur Tragung der Hälfte der Gerichtskosten bereit erklärt. Der Schriftsatz des Antragstellervertreters ist dahin auszulegen, dass sich diese Erklärung nur auf die Antragsteller zu 1, 2, 5 und 6 bezieht, da nur diese Antragsteller am außergerichtlichen Vergleich beteiligt sind.

4. Es entspricht der Billigkeit, die Gerichtskosten der Streithelferin aufzuerlegen, da die Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zu deren Lasten geht (§ 47 Satz 1 WEG). Im Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz können auch einem Streithelfer Gerichtskosten auferlegt werden (BayObLG WuM 1996, 790). Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren besteht keine Veranlassung (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Geschäftswertfestsetzung entspricht dem geschätzten Kosteninteresse (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG).

Ende der Entscheidung

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