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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 30.04.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 31/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 45 Abs. 1
Die individuelle Rechtsmittelbeschwer muß nicht mit dem Geschäftswert des Rechtsmittelverfahrens identisch sein.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Den Antragstellern gehört ein Tiefgaragenstellplatz; ihr Miteigentumsanteil beträgt 42,63/10000.

Die Wohnungseigentümer genehmigten in der Eigentümerversammlung vom 4.5.2001 die Jahresgesamtabrechnung 2000 (TOP 1) und die Einzelabrechnungen 2000 (TOP 2). Außerdem erteilten sie der Verwalterin Entlastung (TOP 3). Ferner fassten sie hinsichtlich der Balkonsanierung unter TOP 8.1 folgenden Beschluss:

Ein Balkon wird geöffnet. Ein neutraler Sachverständiger wird herbeigezogen. Dieser soll eine Ausschreibung fertigen, die an die Firmen versandt wird.

Die Bezahlung erfolgt über die Instandhaltungsrücklage, der Fehlbetrag wird über eine Sonderumlage erhoben.

Die Antragsteller haben beantragt, die Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 28.3.2002,den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 14.2.2003 die sofortige Beschwerde der Antragsteller verworfen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

1. Die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde folgt aus der Verwerfung der Erstbeschwerde als unzulässig mangels ausreichender Beschwer (vgl. BGHZ 119, 216/217 f.; BayObLG NZM 2000, 1240).

2. Das Rechtsmittel der Antragsteller hat in der Sache keinen Erfolg.

a) Das Landgericht hat ausgeführt:

Die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil der erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht sei.

Der Beschwerdewert bemesse sich nach den von den Beschwerdeführern beanstandeten Beträgen aus der Jahresabrechnung 1999; es seien dies die Einzelposten für Müll = 19,18 DM, Aufzug 45,24 DM und Balkonbeläge 107,68 DM. Dies ergebe insgesamt einen Betrag von 172,10 DM 87,99 EUR. Der Beschwerdewert von 750 EUR werde somit nicht überschritten.

b) Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Beschwer der Antragsteller übersteigt nicht den Betrag von 750 EUR, § 45 Abs. 1 WEG.

(1) Nach gefestigter Rechtsprechung ist der Beschwerdewert im Sinn von § 45 Abs. 1 WEG nicht gleichzusetzen mit dem Geschäftswert gemäß § 48 Abs. 3 WEG. Er ist immer nach der Beschwer des Rechtsmittelführers und seinem Interesse an der Abänderung zu bemessen. Wird ein Beschluss über die Jahresabrechnung angefochten, so bemisst sich die Beschwer des Rechtsmittelführers nach der anteiligen Belastung, die ihm bei der nach seiner Ansicht richtigen Abrechnung erspart geblieben wäre (vgl. BayObLG NZM 2000, 1240; WuM 2002, 333). Die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer sind für die Bemessung der individuellen Beschwer nicht maßgeblich.

(2) Danach beträgt die Beschwer der Antragsteller hier:

aa) Das Landgericht hat die Beschwer der Antragsteller aufgrund der von ihnen vorgenommenen Beanstandungen der Jahresabrechnung und der Einzelabrechnungen (TOP 1 und TOP 2) mit insgesamt 87,99 EUR beziffert. Dagegen haben die Antragsteller trotz des Hinweises des Senats vom 1.4.2003 keine Einwendungen erhoben. Nicht wesentlich ins Gewicht fällt, dass das Landgericht, wie im Übrigen auch die Beteiligten, bei der Berechnung die Jahresabrechnung 1999 zugrunde gelegt hat, obwohl die Jahresgesamtabrechnung und die Einzelabrechnungen 2000 angefochten sind. Es dürfte nämlich für beide Jahre von in etwa vergleichbaren Zahlen auszugehen sein.

bb) Durch den Beschluss über die Entlastung der Verwalterin (TOP 3) entsteht für die Antragsteller keine zusätzliche Beschwer (vgl. BayObLG NZM 2000f 685).

cc) Der Beschluss des Landgerichts enthält zwar keine Ausführungen dazu, wie hoch die Beschwer der Antragsteller durch TOP 8.1 zu bemessen ist. Es kann jedoch offen bleiben, ob sich die Antragsteller, denen nur ein Tiefgaragenstellplatz gehört, überhaupt an der Balkonsanierung zu beteiligen haben. Auch wenn dies der Fall sein sollte, kann dahinstehen, welcher Anteil auf sie entfallen würde, da es ausgeschlossen erscheint, dass aufgrund einer Beteiligung an den Kosten der Balkonsanierung der Beschwerdewert von 750 EUR überschritten würde. Aufgrund ihres Miteigentumsanteils von 42,63/10000 müssten sich die Antragsteller nur in Höhe von 0,004 % an den Sanierungskosten beteiligen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass Sanierungskosten in einer Höhe zu erwarten sind, die die Antragsteller mit einem Anteil belasten, der unter Berücksichtigung der übrigen Beschwerdepunkte zum Übersteigen der Beschwerdesumme von 750 EUR führen würde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Der Senat hält in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht einen Geschäftswert von 5000 EUR für angemessen, wobei nicht wesentlich ins Gewicht fällt, dass beim Amtsgericht noch ein weiterer Tagesordnungspunkt angefochten war. Das Landgericht hat übersehen, dass nach § 48 Abs. 3 WEG der Geschäftswert und nicht der Beschwerdewert festzusetzen ist. Die Entscheidung des Landgerichts ist deshalb in Nr. III entsprechend abzuändern.

Ende der Entscheidung

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