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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 04.03.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 31/04
Rechtsgebiete: BGB, GBO
Vorschriften:
BGB § 883 | |
BGB § 891 | |
GBO § 71 |
2. Der Berechtigte einer Eigentumsvormerkung kann gegen die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Löschung eines dinglichen Rechts nicht Beschwerde einlegen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 1 sind als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen, das sie mit notarieller Urkunde vom 8.5.2003 an die Beteiligte zu 2 verkauften. Die Beteiligten zu 1 beantragten in dieser Urkunde, wegen Ablebens der Berechtigten das im Grundbuch eingetragene
Kellerrecht für die Landwirtin M. A., ... eingetragen am 9.6.1909/19.4.1950; hierher übertragen am 27.10.1980
zu löschen.
Das Grundbuchamt hat am 26.5.2003 für die Beteiligte zu 2 eine Eigentumsvormerkung eingetragen und das Kellerrecht gelöscht.
Die Beteiligten zu 3 und 4, die Tochter und der Enkel der im Kellerrecht bezeichneten M. A., verlangten vom Grundbuchamt, gegen die Löschung des Kellerrechts einen Amtswiderspruch einzutragen, weil es sich bei dem Kellerrecht um eine Grunddienstbarkeit und nicht um eine mit dem Tod der M. A. erloschene beschränkte persönliche Dienstbarkeit handle.
Das Grundbuchamt hat am 2.7.2003 einen Amtswiderspruch für den Beteiligten zu 4 als den derzeitigen Eigentümer des herrschenden Grundstücks eingetragen. Hiergegen haben die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 4.11.2003 "die Beschwerde der Beteiligten zu 2" zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2.
II.
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 hat Erfolg, das der Beteiligten zu 2 ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Beteiligte zu 2 sei "als Grundstückseigentümerin" beschwerdeberechtigt. Die Beschwerde habe jedoch keinen Erfolg. Durch die Löschung des Kellerrechts sei nämlich das Grundbuch unrichtig geworden, weil es sich bei diesem Recht um eine Grunddienstbarkeit gehandelt habe. Aus den vom Staatsarchiv vorgelegten Katasterauszügen und sonstigen Urkunden ergebe sich, dass das Kellerrecht bei allen Kauf- und Übergabeverträgen im Lauf der Jahrzehnte mitübertragen worden sei. Abzustellen sei insbesondere auf eine im Jahr 1950 vorgenommene Eintragung im Grundbuch, bei der anstelle einer namentlich bezeichneten bestimmten Person eine andere, nämlich Frau M. A. als neue Berechtigte im Grundbuch eingetragen worden sei. Der Amtswiderspruch gegen die Löschung des Kellerrechts sei somit zu Recht eingetragen worden. Da ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb des Grundstücks nicht stattgefunden habe, müsse es bei dem eingetragenen Amtswiderspruch verbleiben.
2. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist zulässig und begründet.
a) Gegen die Eintragung eines Amtswiderspruchs ist die unbeschränkte Beschwerde gegeben; § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO gilt nicht (BayObLGZ 1986, 294/297).
Die Beteiligten zu 1 sind beschwerdeberechtigt.
Das Landgericht hat zwar über die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1 wohl keine Entscheidung getroffen; dies bedarf aber keiner näheren Behandlung, weil sich jedenfalls durch die zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 (vgl. Demharter GBO 24. Aufl. § 78 Rn. 2 a.E.) deren Erstbeschwerde erledigt hat.
b) Der Amtswiderspruch gegen die Löschung des Kellerrechts ist zu löschen.
Nach § 53 GBO ist ein Amtswiderspruch einzutragen, wenn das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Grundbuch durch die Löschung des Kellerrechts unrichtig geworden ist; es bedarf somit keiner Entscheidung, ob das eingetragene Kellerrecht eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit oder eine Grunddienstbarkeit war.
Jedenfalls hat das Grundbuchamt durch die Löschung des Kellerrechts keine gesetzlichen Vorschriften verletzt.
Nach § 891 BGB gilt auch für das Grundbuchamt die widerlegbare Vermutung der Richtigkeit des durch das Grundbuch verlautbarten Rechtszustands (BayObLG Rpfleger 1992, 56; OLG Zweibrücken FGPrax 1997, 127). Im Grundbuch war ein Kellerrecht für eine bestimmte Person als Berechtigte eingetragen. Das Grundbuchamt hatte deshalb davon auszugehen, dass eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen ist. Ermittlungen durch Einschaltung des Staatsarchivs darüber, ob in Wirklichkeit ursprünglich oder später die Einräumung einer Grunddienstbarkeit gewollt war, waren nicht veranlasst. Selbst wenn eine Grunddienstbarkeit ursprünglich oder später vereinbart gewesen sein sollte, ist eine solche mangels Eintragung nie entstanden.
Nachdem die Sterbeurkunde der eingetragenen Berechtigten vorgelegt worden ist, hatte das Grundbuchamt zu Recht das Kellerrecht gelöscht.
3. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 ist zulässig, weil ihre Erstbeschwerde vom Landgericht zurückgewiesen worden ist (BayObLGZ 1986, 294/297).
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 ist jedoch unbegründet, weil bereits deren Erstbeschwerde von Anfang an unzulässig war; durch die Eintragung des Amtswiderspruchs ist nämlich eine etwaige durch guten Glauben erworbene Rechtsstellung der Beteiligten zu 2 nicht unmittelbar beeinträchtigt worden. Zwar ist für die Kenntnis der Unrichtigkeit des Grundbuchs in der Regel der Zeitpunkt maßgebend, zu dem sich der Rechtserwerb vollendet. Der bei Erwerb einer Vormerkung bestehende gute Glaube bleibt aber auch für den späteren Erwerb des durch die Vormerkung gesicherten dinglichen Rechts maßgebend. War also die Beteiligte zu 2 beim Erwerb der Eigentumsvormerkung hinsichtlich der Lastenfreiheit des Grundstücks in gutem Glauben, so ist dieser gute Glaube trotz Eintragung des Amtswiderspruchs auch für den Eigentumserwerb maßgeblich geblieben. Ebenso hätte sich ein Dritter, an den die Beteiligte zu 2 nach Eintragung des Amtswiderspruchs den Anspruch und die Vormerkung abgetreten hätte, darauf verlassen können und berufen dürfen, dass der Buchstand im Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung zu seinen Lasten nicht mehr verändert werden kann (BayObLG MittBayNot 1991, 78 f.).
4. Einer Entscheidung über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bedarf es nicht; die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten durch die Beteiligte zu 2 nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG (vgl. dazu BayObLGZ 1959, 448 f.) ist nicht veranlasst.
Ende der Entscheidung
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